Serge
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Yasmina Reza, 1959 geboren, ist Schriftstellerin, Regisseurin und Schauspielerin und die meistgespielte zeitgenössische Theaterautorin. Bei Hanser erschienen u.a. »Glücklich die Glücklichen« (Roman, 2014), »Babylon« (Roman, 2017), für den sie mit dem Prix Renaudot 2016 ausgezeichnet wurde, »Kunst« (Schauspiel, 2018), »Der Gott des Gemetzels« (Schauspiel, 2018), »Bella Figura« (Schauspiel, 2019), »Drei Mal Leben« (Schauspiel, 2019), »Anne-Marie die Schönheit« (2019), »Serge« (Roman, 2022) und »James Brown trug Lockenwickler« (Schauspiel, 2023). Für ihr Werk wurde sie zuletzt mit dem Jonathan-Swift-Preis 2020, dem Premio Malaparte 2021, dem Prix de l'Académie de Berlin 2022 und dem Prix Mondial Cino del Duca 2024 ausgezeichnet. Das Theaterstück Der Gott des Gemetzels wurde 2011 sehr erfolgreich von Roman Polanski verfilmt, hochkarätig besetzt mit Jodie Foster, Kate Winslet, Christoph Waltz und John C. Reilly.
Beiträge
Mich hat das Buch leider nicht abgeholt. Ich hab mich mit dem Schreibstil schwer getan, wurde mit den Charakteren nicht warm & der Humor war auch nicht meiner. Schade, aber ich fand das Buch langweilig.
Interessanter Klappentext, der leider wenig hergibt und rüberbringt als Roman. Irgendwie unausgegoren und verwirrend vom Schreibstil her, da nie ganz klar ist, wann gesprochen wird und wann nicht. Zusätzlich wird in den Erzählperspektiven hin- und hergewechselt. Nach dem sehr guten "Babylone" leider eher enttäuschend.
Serge ist ein Roman über Familie und Erinnerung. Die drei Geschwister Jean, Serge und Nana könnten unterschiedlicher kaum sein. Dennoch begeben sie sich, nach dem Tod ihrer Mutter, auf eine gemeinsame Reise nach Polen. In Auschwitz wurden die Vorfahren ihrer ungarischen Mutter ermordet. Die drei jüdischen Franzosen machen sich also auf die Suche ihrer eigenen Vergangenheit bzw. Identität. In der Gedenkstätte Auschwitz erleben sie, wie aus diesem Ort eine Attraktion für Touristen geworden ist. Und müssen sich selbst die Frage stellen, wie man denn überhaupt angemessen gedenken kann. Die Autorin schafft es wunderbar, die unterschiedlichen Charaktere darzustellen. Man verfolgt sehr gerne ihre Dialoge. Oft ist es komisch, oft auch tragisch. Es gibt Spannungen und Meinungsverschiedenheiten. Dies war mein erstes Buch von Yasmina Reza. Ich fand den Schreibstil sehr ansprechend. Am Anfang hatte ich aber meine Probleme damit, wer nun wer ist und wer mit wem verwandt ist. Das liegt daran, dass alles aus der Sicht von Jean geschrieben ist. Der Besuch von Auschwitz und der Gedenkstätte, aus der Sicht von Jean, hat mir am besten Gefallen. Und den Schluss fand ich auch sehr geschickt. Insgesamt fand ich das Buch sehr amüsant, tragisch und melancholisch. Keine leichte Lektüre, aber durchaus empfehlenswert.

Ich fand es nicht fesselnd, nicht lustig. Ich bin nicht in den plot eingetaucht. Icvvkonnte keine innere Bühne dntwickeln. Schade, ich hatte mich sehr drauf gefreut.
Der Klappentext von „Serge“ verspricht Antworten auf „große Fragen“: „Was bedeutet Familie? Was heißt jüdisch sein? Wie umgehen mit Alter, Krankheit und Tod?“ Tja, was soll ich sagen, auch nach der Lektüre von „Serge“ weiß ich nicht mehr über diese Themen. Zur Frage nach der Bedeutung von Familie: Nach Yasmin Reza ist Familie ein mehr oder weniger loser Menschenverbund aus Geschwistern samt Anhang, die sehr wenig voneinander wissen, sich nicht besonders leiden können, nicht gut miteinander umgehen, sich gegenseitig unter Druck setzen und, um Zusammenhalt zu beschwören, in unregelmäßigen Abständen in Anekdoten aus der Vergangenheit schwelgen. Was jüdisch sein bedeutet, kann ich dem Roman beim besten Willen nicht entnehmen. Die, durchaus zentrale, Reise nach Auschwitz begründet keine jüdische Identität, sie dient der Autorin vielmehr als berechtigte Kritik an der massentauglichen Inszenierung von Gedenkstätten und dem damit verbundenen wenig sensiblen Tourismus. Bezüglich des Umgangs mit den bedrückenden Drei - Alter, Krankheit und Tod - hat „Serge“ mir nur sehr eindrucksvoll und überspitzt dargelegt, dass Männer offensichtlich gar nicht mit diesen Themen umgehen können. Mit zunehmendem Alter offenbart sich die Unreife der männlichen Figuren stärker, im Angesicht der Krankheit werden Untersuchungen am liebsten vertagt und Tod ist etwas das eher abgewickelt und absolviert wird – wobei ich zugeben muss, dass ausgerechnet die Einäscherung der Mutter noch die „humorvollste“ Episode dieses Romans, der angeblich „bissig, zärtlich und herzzerreißend komisch“ ist, darstellt. Bissig mag der Roman in Passagen sein, vor allem in seinem tatsächlich besten Augenblick, dem Auschwitz-Aufenthalt von Serge, seinen Geschwistern und der Nichte. Hier wird nicht nur schonungslos der Umgang mit Erinnerung und Gedenken enthüllt, sondern es kommt auch so etwas wie eine sinnvolle, durchgängige und nachvollziehbare Handlung auf – das einzige Mal im gesamten Roman. Leider ist die Reise recht kurz und mit der Heimkehr nach Paris gleitet der Roman wieder in öde, langweilig zu lesende und willkürlich erscheinende Alltagsepisoden ab, die sich vor allem durch Banalität auszeichnen. Die Hauptfiguren dieses Romans, der Erzähler Jean und sein Bruder Serge, sind träge, langweilige, alternde Männer aus der Kategorie nerviger Onkel, neben dem man auf Familienfesten ungern sitzen würde, weil er nur an sich selbst interessiert ist und nichts geregelt bekommt, aber immer noch der verklärten Selbstwahrnehmung verhaftet ist, sehr bald ganz groß rauszukommen. Sprachlich und stilistisch ist der Roman ebenfalls enttäuschend. Der Humor mag für viele Leute funktionieren – meiner ist es nicht, von der angeblichen Zärtlichkeit ist allenfalls auf den letzten, sehr bemühten Seiten etwas zu spüren. Diese sind dann aber inhaltlich so mit künstlicher Tragik überfrachtet, dass man den Eindruck bekommt, die Autorin hätte auf den letzten Metern an ihren Figuren noch etwas gutmachen wollen. Eine langweilige Leserfahrung, die ich nicht weiterempfehlen kann.
Interessante Konstellationen und Figuren. Aber auch einige nicht so gute Story Ideen (aus denen sie aber das beste macht) und überflüssige nebenstorys
Genial banal Lasst euch von der Überschrift nicht ablenken, liebe Leser:innen! Denn genial finde ich „Serge“ von Yasmina Reza (erschienen 2022 im Carl Hanser Verlag und aus dem Französischen übersetzt von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel) weiß Gott nicht. Banal – ja, das trifft es (leider) eher. Yasmina Reza erzählt auf gut 200 Seiten die Geschichte einer nicht gerade typischen jüdischen Familie aus Paris. Die Geschwister Popper (Serge, Jean – aus dessen Ich-Perspektive der Roman geschrieben ist – und Nana) machen sich nichts aus der Religion ihrer Eltern, aber in erster Linie auch nichts aus sich selbst. Nach dem Tod der Mutter, die „[…]diese Kuddelmuddelkiste, unsere Familie geschaukelt [hat]“ (S. 13) erst recht nicht. Da mutet der Vorschlag von Serge´s Tochter Josephine, einen Ausflug nach Auschwitz zu machen, augenrollend merkwürdig an, wird aber trotz aller Unwägbarkeiten und Fragezeichen nach der Sinnhaftigkeit (auch im Nachhinein) „Ich antwortete, ich hätte mir nichts Bestimmtes von dieser Reise erwartet und sei noch unschlüssig, was sie gebracht habe." (S. 156) von den drei Geschwistern und Josephine angetreten. Und die groß angekündigte Besichtigung von Auschwitz und Birkenau nimmt dann (leider) nur einen geringen Teil der Handlung ein. Und ist genau DER Teil, der mich am meisten überzeugen konnte. Hier zeigt Yasmina Reza meiner Meinung nach, wozu sie schriftstellerisch in der Lage ist – nämlich kritisch den Massentourismus an Orten der Erinnerungskultur mit Selfies vor den Gaskammern („Seht, ich war in Auschwitz!“ = 100.000 Likes; überspitzt dargestellt!) anzuprangern und zu hinterfragen. Ja, wir brauchen Orte, an denen wir an die Grauen des Nazi-Regimes erinnert werden. Und ja, wir brauchen von Generation zu Generation Autor:innen, die sich damit auseinandersetzen, um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Ja, ich weiß – im Angesicht der momentanen Situation klingt das zynisch. Was wir jedoch nicht brauchen, sind 100 Millionen Fotos auf Smartphones und in (a)sozialen Netzwerken von diesen Orten – mit Shorts, Sonnenbrille etc. und dem perfekten Filter perfekt in Szene gesetzt. Vor und nach dieser Episode strotzt der Roman jedoch vor Banalitäten und absurden Situationen, die mich mehr haben gähnen und Fragezeichen auf der Stirn erscheinen lassen als dass ich davon begeistert war. Die Charaktere sind durchweg unsympathisch und wenn an einer Stelle doch mal vernünftiges Personal auftritt, bleibt es bei einem (unpersönlichen) Kurzauftritt. Für einige Leser:innen mag Yasmina Reza einen feingeistigen Humor haben; ich konnte an genau EINER Stelle im Buch herzhaft lachen. Aber was für die Banalitäten gilt, kommt auch hier zur Anwendung: jede:r sieht es anders und darf es auch anders bewerten. Für den Ausflug der Geschwister Popper nach Auschwitz, den dadurch gewonnenen neuen Kenntnissen (die Judenrampe kannte ich zuvor nicht) und die zwei/ drei gelungenen Absätze vom Schlage eines „[...] der außerstande ist, sich an irgendeinem Ort zu erfreuen, ohne sogleich darauf zu hoffen, ihn wieder zu verlassen, unter dem Vorwand, er müsse sein Leben lang fliehen. Unser Vater sagte, er hat Hummeln im Hintern, immer ist es irgendwo anders besser! In seinen Augen war das kein gutes Omen. Er sah in dieser Ruhelosigkeit nur Eitelkeit, er sah darin nur Irrsinn oder Krankheit. Ich habe nie geglaubt, dass es sich um schlichte Ruhelosigkeit handelte. Die Vögel sind weder ruhelos noch verrückt. Sie suchen den besten Ort und finden ihn nicht. Alle Welt glaubt an einen besseren Ort.“ (S. 161/162) vergebe ich 2,5 (3)*. Schade; ich hatte definitiv mehr erwartet. ©kingofmusic
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Autorenbeschreibung
Yasmina Reza, 1959 geboren, ist Schriftstellerin, Regisseurin und Schauspielerin und die meistgespielte zeitgenössische Theaterautorin. Bei Hanser erschienen u.a. »Glücklich die Glücklichen« (Roman, 2014), »Babylon« (Roman, 2017), für den sie mit dem Prix Renaudot 2016 ausgezeichnet wurde, »Kunst« (Schauspiel, 2018), »Der Gott des Gemetzels« (Schauspiel, 2018), »Bella Figura« (Schauspiel, 2019), »Drei Mal Leben« (Schauspiel, 2019), »Anne-Marie die Schönheit« (2019), »Serge« (Roman, 2022) und »James Brown trug Lockenwickler« (Schauspiel, 2023). Für ihr Werk wurde sie zuletzt mit dem Jonathan-Swift-Preis 2020, dem Premio Malaparte 2021, dem Prix de l'Académie de Berlin 2022 und dem Prix Mondial Cino del Duca 2024 ausgezeichnet. Das Theaterstück Der Gott des Gemetzels wurde 2011 sehr erfolgreich von Roman Polanski verfilmt, hochkarätig besetzt mit Jodie Foster, Kate Winslet, Christoph Waltz und John C. Reilly.
Beiträge
Mich hat das Buch leider nicht abgeholt. Ich hab mich mit dem Schreibstil schwer getan, wurde mit den Charakteren nicht warm & der Humor war auch nicht meiner. Schade, aber ich fand das Buch langweilig.
Interessanter Klappentext, der leider wenig hergibt und rüberbringt als Roman. Irgendwie unausgegoren und verwirrend vom Schreibstil her, da nie ganz klar ist, wann gesprochen wird und wann nicht. Zusätzlich wird in den Erzählperspektiven hin- und hergewechselt. Nach dem sehr guten "Babylone" leider eher enttäuschend.
Serge ist ein Roman über Familie und Erinnerung. Die drei Geschwister Jean, Serge und Nana könnten unterschiedlicher kaum sein. Dennoch begeben sie sich, nach dem Tod ihrer Mutter, auf eine gemeinsame Reise nach Polen. In Auschwitz wurden die Vorfahren ihrer ungarischen Mutter ermordet. Die drei jüdischen Franzosen machen sich also auf die Suche ihrer eigenen Vergangenheit bzw. Identität. In der Gedenkstätte Auschwitz erleben sie, wie aus diesem Ort eine Attraktion für Touristen geworden ist. Und müssen sich selbst die Frage stellen, wie man denn überhaupt angemessen gedenken kann. Die Autorin schafft es wunderbar, die unterschiedlichen Charaktere darzustellen. Man verfolgt sehr gerne ihre Dialoge. Oft ist es komisch, oft auch tragisch. Es gibt Spannungen und Meinungsverschiedenheiten. Dies war mein erstes Buch von Yasmina Reza. Ich fand den Schreibstil sehr ansprechend. Am Anfang hatte ich aber meine Probleme damit, wer nun wer ist und wer mit wem verwandt ist. Das liegt daran, dass alles aus der Sicht von Jean geschrieben ist. Der Besuch von Auschwitz und der Gedenkstätte, aus der Sicht von Jean, hat mir am besten Gefallen. Und den Schluss fand ich auch sehr geschickt. Insgesamt fand ich das Buch sehr amüsant, tragisch und melancholisch. Keine leichte Lektüre, aber durchaus empfehlenswert.

Ich fand es nicht fesselnd, nicht lustig. Ich bin nicht in den plot eingetaucht. Icvvkonnte keine innere Bühne dntwickeln. Schade, ich hatte mich sehr drauf gefreut.
Der Klappentext von „Serge“ verspricht Antworten auf „große Fragen“: „Was bedeutet Familie? Was heißt jüdisch sein? Wie umgehen mit Alter, Krankheit und Tod?“ Tja, was soll ich sagen, auch nach der Lektüre von „Serge“ weiß ich nicht mehr über diese Themen. Zur Frage nach der Bedeutung von Familie: Nach Yasmin Reza ist Familie ein mehr oder weniger loser Menschenverbund aus Geschwistern samt Anhang, die sehr wenig voneinander wissen, sich nicht besonders leiden können, nicht gut miteinander umgehen, sich gegenseitig unter Druck setzen und, um Zusammenhalt zu beschwören, in unregelmäßigen Abständen in Anekdoten aus der Vergangenheit schwelgen. Was jüdisch sein bedeutet, kann ich dem Roman beim besten Willen nicht entnehmen. Die, durchaus zentrale, Reise nach Auschwitz begründet keine jüdische Identität, sie dient der Autorin vielmehr als berechtigte Kritik an der massentauglichen Inszenierung von Gedenkstätten und dem damit verbundenen wenig sensiblen Tourismus. Bezüglich des Umgangs mit den bedrückenden Drei - Alter, Krankheit und Tod - hat „Serge“ mir nur sehr eindrucksvoll und überspitzt dargelegt, dass Männer offensichtlich gar nicht mit diesen Themen umgehen können. Mit zunehmendem Alter offenbart sich die Unreife der männlichen Figuren stärker, im Angesicht der Krankheit werden Untersuchungen am liebsten vertagt und Tod ist etwas das eher abgewickelt und absolviert wird – wobei ich zugeben muss, dass ausgerechnet die Einäscherung der Mutter noch die „humorvollste“ Episode dieses Romans, der angeblich „bissig, zärtlich und herzzerreißend komisch“ ist, darstellt. Bissig mag der Roman in Passagen sein, vor allem in seinem tatsächlich besten Augenblick, dem Auschwitz-Aufenthalt von Serge, seinen Geschwistern und der Nichte. Hier wird nicht nur schonungslos der Umgang mit Erinnerung und Gedenken enthüllt, sondern es kommt auch so etwas wie eine sinnvolle, durchgängige und nachvollziehbare Handlung auf – das einzige Mal im gesamten Roman. Leider ist die Reise recht kurz und mit der Heimkehr nach Paris gleitet der Roman wieder in öde, langweilig zu lesende und willkürlich erscheinende Alltagsepisoden ab, die sich vor allem durch Banalität auszeichnen. Die Hauptfiguren dieses Romans, der Erzähler Jean und sein Bruder Serge, sind träge, langweilige, alternde Männer aus der Kategorie nerviger Onkel, neben dem man auf Familienfesten ungern sitzen würde, weil er nur an sich selbst interessiert ist und nichts geregelt bekommt, aber immer noch der verklärten Selbstwahrnehmung verhaftet ist, sehr bald ganz groß rauszukommen. Sprachlich und stilistisch ist der Roman ebenfalls enttäuschend. Der Humor mag für viele Leute funktionieren – meiner ist es nicht, von der angeblichen Zärtlichkeit ist allenfalls auf den letzten, sehr bemühten Seiten etwas zu spüren. Diese sind dann aber inhaltlich so mit künstlicher Tragik überfrachtet, dass man den Eindruck bekommt, die Autorin hätte auf den letzten Metern an ihren Figuren noch etwas gutmachen wollen. Eine langweilige Leserfahrung, die ich nicht weiterempfehlen kann.
Interessante Konstellationen und Figuren. Aber auch einige nicht so gute Story Ideen (aus denen sie aber das beste macht) und überflüssige nebenstorys
Genial banal Lasst euch von der Überschrift nicht ablenken, liebe Leser:innen! Denn genial finde ich „Serge“ von Yasmina Reza (erschienen 2022 im Carl Hanser Verlag und aus dem Französischen übersetzt von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel) weiß Gott nicht. Banal – ja, das trifft es (leider) eher. Yasmina Reza erzählt auf gut 200 Seiten die Geschichte einer nicht gerade typischen jüdischen Familie aus Paris. Die Geschwister Popper (Serge, Jean – aus dessen Ich-Perspektive der Roman geschrieben ist – und Nana) machen sich nichts aus der Religion ihrer Eltern, aber in erster Linie auch nichts aus sich selbst. Nach dem Tod der Mutter, die „[…]diese Kuddelmuddelkiste, unsere Familie geschaukelt [hat]“ (S. 13) erst recht nicht. Da mutet der Vorschlag von Serge´s Tochter Josephine, einen Ausflug nach Auschwitz zu machen, augenrollend merkwürdig an, wird aber trotz aller Unwägbarkeiten und Fragezeichen nach der Sinnhaftigkeit (auch im Nachhinein) „Ich antwortete, ich hätte mir nichts Bestimmtes von dieser Reise erwartet und sei noch unschlüssig, was sie gebracht habe." (S. 156) von den drei Geschwistern und Josephine angetreten. Und die groß angekündigte Besichtigung von Auschwitz und Birkenau nimmt dann (leider) nur einen geringen Teil der Handlung ein. Und ist genau DER Teil, der mich am meisten überzeugen konnte. Hier zeigt Yasmina Reza meiner Meinung nach, wozu sie schriftstellerisch in der Lage ist – nämlich kritisch den Massentourismus an Orten der Erinnerungskultur mit Selfies vor den Gaskammern („Seht, ich war in Auschwitz!“ = 100.000 Likes; überspitzt dargestellt!) anzuprangern und zu hinterfragen. Ja, wir brauchen Orte, an denen wir an die Grauen des Nazi-Regimes erinnert werden. Und ja, wir brauchen von Generation zu Generation Autor:innen, die sich damit auseinandersetzen, um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Ja, ich weiß – im Angesicht der momentanen Situation klingt das zynisch. Was wir jedoch nicht brauchen, sind 100 Millionen Fotos auf Smartphones und in (a)sozialen Netzwerken von diesen Orten – mit Shorts, Sonnenbrille etc. und dem perfekten Filter perfekt in Szene gesetzt. Vor und nach dieser Episode strotzt der Roman jedoch vor Banalitäten und absurden Situationen, die mich mehr haben gähnen und Fragezeichen auf der Stirn erscheinen lassen als dass ich davon begeistert war. Die Charaktere sind durchweg unsympathisch und wenn an einer Stelle doch mal vernünftiges Personal auftritt, bleibt es bei einem (unpersönlichen) Kurzauftritt. Für einige Leser:innen mag Yasmina Reza einen feingeistigen Humor haben; ich konnte an genau EINER Stelle im Buch herzhaft lachen. Aber was für die Banalitäten gilt, kommt auch hier zur Anwendung: jede:r sieht es anders und darf es auch anders bewerten. Für den Ausflug der Geschwister Popper nach Auschwitz, den dadurch gewonnenen neuen Kenntnissen (die Judenrampe kannte ich zuvor nicht) und die zwei/ drei gelungenen Absätze vom Schlage eines „[...] der außerstande ist, sich an irgendeinem Ort zu erfreuen, ohne sogleich darauf zu hoffen, ihn wieder zu verlassen, unter dem Vorwand, er müsse sein Leben lang fliehen. Unser Vater sagte, er hat Hummeln im Hintern, immer ist es irgendwo anders besser! In seinen Augen war das kein gutes Omen. Er sah in dieser Ruhelosigkeit nur Eitelkeit, er sah darin nur Irrsinn oder Krankheit. Ich habe nie geglaubt, dass es sich um schlichte Ruhelosigkeit handelte. Die Vögel sind weder ruhelos noch verrückt. Sie suchen den besten Ort und finden ihn nicht. Alle Welt glaubt an einen besseren Ort.“ (S. 161/162) vergebe ich 2,5 (3)*. Schade; ich hatte definitiv mehr erwartet. ©kingofmusic