Die Verwandelten

Die Verwandelten

Taschenbuch
4.55

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Beschreibung

»Für mich der große deutsch-polnische Roman seit Günter Grass‘ Blechtrommel.« SWR2, Lesenswert Quartett, Denis Scheck

Eine nationalsozialistische Vorzeigemutter, die anderen beibringt, wie Kinder zu erziehen sind, doch über das Wichtigste, was sie verloren hat, niemals spricht. Eine Köchin, die lieber Frauen geliebt hätte als den Dienstherrn, unterwegs durch das zerstörte Deutschland im Sommer 1945. Ein Mädchen in München Solln, geboren in einem Lebensbornheim der SS. Eine alleinerziehende Anwältin von heute, die nach dem Tod ihrer Mutter unverhofft eine Wohnung in Wrocław erbt – und einen polnischen Zweig der Familie entdeckt. Alle Figuren dieses Romans verbindet ein Jahrhundert von Krieg und Nachkrieg, Flucht und Vertreibung, von Gewalt. Was bedeutet es, in einem Staat zu leben, der Menschenzucht betreibt? Und wie darüber schreiben, was den Frauen im Krieg geschieht? Was ihnen die Sprache nimmt. Was sie für immer verwandelt.

Ulrike Draesner gibt den Verwandelten ihre Stimmen zurück. Sie erfinden sich neu, wechseln Sprache und Land, überraschen sich selbst mit ihrem Mut, ihrem Humor, ihrer Kraft. Ein erschütternder Roman, bewegend, aufwühlend, zärtlich, klug.

»Wir hielten uns an den Händen, für die Kraft. Jede brauchte einen Menschen.«

Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Taschenbuch
Seitenzahl
608
Preis
15.50 €

Autorenbeschreibung

Ulrike Draesner, 1962 in München geboren, wurde für ihre Romane, Essays und Gedichte vielfach ausgezeichnet. Zuletzt erhielt sie den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung und den Großen Preis des Deutschen Literaturfonds für ihr Gesamtwerk, das multimediale Arbeiten und Übersetzungen einschließt. Ihr Roman Die Verwandelten war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Die Jahre 2015 bis 2017 verbrachte Draesner in England. Nach verschiedenen internationalen Gastdozenturen und Poetikvorlesungen ist sie seit April 2018 Professorin am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sie ist Mitglied der Akademie der Künste Berlin und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Draesner lebt mit ihrer Tochter in Berlin.

Beiträge

5
Alle
4.5

In „Die Verwandelten” von Ulrike Draesner erzählt die Autorin die Geschichten von Frauen über drei Generationen hinweg, die mit den traumatischen Folgen von Krieg zu kämpfen haben. Der Roman ist komplex konstruiert und ist aus mehreren Erzählperspektiven zusammengesetzt. Die Geschichte bietet einen tiefen Einblick in ein Stück mitteleuropäischer Frauengeschichte, die bis heute nachwirkt. Die Autorin bedient sich dabei einer sehr poetischen, dennoch klaren und reflektierenden Sprache und ist stets nah an den Figuren. Die Hauptfiguren des Romans sind Alissa, die in einem Heim des nationalsozialistischen “Lebensborn” zur Welt kam und von einem stramm nationalsozialistischen Paar adoptiert wurde, und Walla, die in Wrozlaw einen Kiosk betreibt. Beide Frauen sind geprägt von den Erfahrungen der Kriegs- und Nachkriegszeit in Deutschland und Polen. Und die junge Anwältin Kinga. Draesner schreibt über diese durch den Krieg „verwandelten“ Frauen und gibt ihnen so nachträglich eine Stimme und die Möglichkeit ihre Geschichte zu erzählen. Diese beinhaltet neben Flucht, Vertreibung und Gewalt auch einiges an Humor und Mut und beschreibt die Kraft die diese Frauen aufbringen mussten um nicht an den Umständen zu zerbrechen. Der Roman wühlt auf mit seiner bewegenden Geschichte, besticht darüber hinaus aber auch durch die Klugheit und Zärtlichkeit seiner Protagonistinnen. Insgesamt ist “Die Verwandelten” ein großartiger Roman, der die Gewalterfahrungen von Frauen im Krieg sichtbar macht (auch wenn auf explizite Gewaltdarstellungen verzichtet wird) und ihnen so eine Stimme verleiht.

5

„Die Verwandelten“ von Ulrike Draesner hat mich eingefangen und gefesselt, im Traum verfolgt und zuweilen Schmerzen bereitet. Der ca. 600 Seiten starke Roman erzählt von Frauenbiografien in der Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, und das habe ich so noch nicht gelesen. Die Handlung ist im Schwerpunkt im polnischen Wroclaw (Breslau) situiert und widmet sich der weiblichen Kraft zur Resilienz, dem Aushalten und Weiterleben nach missbräuchlichen und/oder übergriffigen Erfahrungen in einem zeithistorisch und gesellschaftlich belastenden Kontext. Bedrückend und durchdringend erzählen die Frauen, deren Biografien miteinander verwoben sind, von der selbstverständlichen Ausübung männlicher Macht und ihrer nahezu unerträglichen Zuspitzung in Form von Vergewaltigungen und Demütigungen während des Kriegsgeschehens. Aus den zugefügten seelischen und körperlichen Verletzungen gehen die Frauen buchstäblich verwandelt heraus, geben sich eine neue Ausrichtung oder gar neue Lebenserzählung und versuchen Verbindungen zu kappen, die schwer von der eigenen Existenz zu trennen sind. Sprachlich hervorragend und bildschöpferisch umgesetzt, führt der Roman vor Augen, dass weibliche Unterdrückung keine Frage der sozialen Zugehörigkeit ist. Da ist die gutsituierte Gerda, die sich für ihren Ehemann ritzt oder die Köchin Adele, deren Kind von ihrem ‚Dienstherrn‘ stammt und das sie diskret in ein Lebensbornheim bringen muss. Die eindringlichste Beschreibung erfahren die Figuren Else und Reni im Rahmen ihrer Fluchterfahrung. „Die Verwandelten“ ist kein düsterer Untergangstext, sondern gibt den Frauen jener Zeit eine Stimme, lässt die Leser:innen teilhaben an Entscheidungen und ihre Wirksamkeit auf die Gegenwart. FAZIT: Ein Buch, das ich kaum aus der Hand legen konnte. Hier stimmt für mich alles: Thema, Handlung, Konstruktion, Sprache. Keine leichte Unterhaltung und teilweise schwer zu verdauen, aber sehr lohnend. TW für Teile des Texts

3

„Wenn man wissen will, wer eine ist, schaut man auf ihr Bücherregal? Kinga schaute bei Partys in den Kühlschrank der Gastgeber. Bücherregale waren gern mal präpariert; den Kühlschrank vergaß jeder.“ Dieses Buch ist ein Klopper, bei dem ich leider manchmal zwischendurch den Faden verloren, dann aber auch viele interessante und sprachlich ausgefallene Stellen aufgesogen habe.

5

Ulrike Draesners Werk „Die Verwandelten“ war nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse. In meinen Augen völlig zu Recht. Es ist sprachgewaltig, tiefgreifend, erschütternd und zeichnet ein Bild von Frauen in verschiedenen Epochen. Es ist ein Buch der Gegensätze, zwischen Liebe und Hass, Ausgrenzung und Vereinigung, Freude und Schmerz. Es ist eine Suche nach Identität und die Notwendigkeit der Verwandlung. Es ist ein Brechen des Schweigens. - Thematisch ergründet die Autorin eine Familiengeschichte, erzählt aus der weiblichen Perspektive. Da ist Kinga, die junge Anwältin, die erst nach dem Tod ihrer Mutter Alissa auf die Spur ihrer Familie stößt. Doro, die nach und nach erkennt, dass in der Familie viele Geheimnisse herrschen. Allisa, geboren in einem Lebensbornheim und auf der Suche nach ihren Wurzeln. Walla/Reni die fast ihr Leben lang schweigt über ihre Geschichte. Else und Adele mit denen alles begann. 3 Generationen vom Nationalsozialismus bis in die Jetzt-Zeit. - Der Roman hat mich sowohl emotional, als auch intellektuell gefordert. Die sprachliche Ausarbeitung ist anspruchsvoll und verlangt Konzentration beim Lesen. Wechselnde Schreibstile, je nach erzählender Person, der Einbau von polnischen und schlesischen Worten, teils verwirrender Satzbau, aber auch die Poesie zwischen den Zeilen… Die Anstrengung hat sich gelohnt. Draesner schreibt über die Macht von Männern, die sie über Frauen ausüben, sie schreibt darüber, dass sie sich nehmen, was sie wollen, sie schreibt über die Qualen, die diese Unterdrückung verursacht. Das Kriegsgeschehen, die Flucht, das Leid, welches Frauen ertragen, von sexueller Belästigung und Vergewaltigung bis hin zu körperlicher Gewalt und Ausbeutung, stehen im Fokus. Die Autorin findet hier sehr ausdrucksstarke, klare Worte und ich kann nicht behaupten, dass es Spaß macht dies alles zu lesen. Es macht wütend, fassungslos, erzeugt Mitgefühl und zeugt von einer gewissen Ohnmacht. Nichtsdestotrotz ist es unglaublich wertvoll. Es gibt Frauen eine Stimme und bricht das Schweigen über die Geschehnisse der Kriegs- und Nachkriegszeit. Überdies zeigt sie die Nachwirkungen auf folgende Generationen auf, diese Haltlosigkeit, die daraus resultiert, wenn man seine Wurzeln nicht kennt. Die Lebensborn-Heime werden thematisiert und es wird einmal mehr klar, dass damals unglaublich viel im Argen lag. Es wurden damit „Zuchtanstalten“ für „gute Bürger“ geschaffen, Familien auseinander gerissen, Dokumente gefälscht. Ein Prozedere welches es fast unmöglich machte mehr über seine Herkunft zu erfahren. Auch psychische Erkrankungen spielen eine Rolle. Depressionen und PTBS waren nicht selten, wurden aber natürlich nicht als solche erkannt, geschweige denn behandelt. Nein, es gab Zeiten, als diese Erkrankungen sogar versteckt und von den Angehörigen verschleiert werden mussten, da sonst die Deportation drohte. Man könnte nun den Eindruck bekommen, dass der Roman erdrückend, schwer, hoffnungslos und traurig ist und dies mag zum Teil auch stimmen, aber er ist auch voller Freude an den kleinen Dingen, voller Mut. Er gibt den Frauen die Möglichkeit gehört zu werden und zeugt von einer unglaublichen Stärke. Ja die Handelnden haben unglaublich viel Leid erfahren, aber sie haben überlebt, sie haben sich neu erfunden und irgendwie weitergemacht. Während ich den letzten Satz geschrieben habe, überkommt mich wieder eine tiefe Wut und auch Verzweiflung, da ich einsehen muss, dass es immer noch aktuell ist. Klar herrscht gerade kein Krieg bei uns, wir müssen uns nicht um essen oder ein Dach über dem Kopf sorgen, und sicher ist für Frauen vieles besser geworden und trotzdem gibt es immer noch Frauen, die Überlebende sind, die versuchen müssen sich neu zu erfinden und irgendwie weiter machen. Letztendlich glaube ich, dass der Text uns auch sagen will, dass es immer noch ein Kampf ist, aber Schweigen keine Lösung darstellen kann.

5

Ein Mütter-Töchter-Großmütter-Adoptivtöchter-Roman über 100 Jahre deutsch-polnischer Geschichte. Draesner schreibt über Kriegstraumata, vererbte Traumata, Lebensumbrüche und das große Schweigen der Kriegskinder-Generation. So ein wichtiges Buch. Große Leseempfehlung

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