Der letzte weiße Mann

Der letzte weiße Mann

E-Book
4.010
Colson WhiteheadRomane Zum Thema RassismusProvokantLieblingsbuch Obama

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Beschreibung

Als Anders eines Morgens erwacht, stellt er fest, dass er sich verwandelt hat: Er ist nicht mehr weiß. Vollkommen erschüttert schließt er sich in seiner Wohnung ein, meldet sich krank. Nur Oona erzählt er von seiner Verwandlung, einer guten Freundin und gelegentlichen Geliebten. Irgendwann wagt er sich wieder hinaus in die Welt und zur Arbeit. »Wenn mir das passiert wäre, ich hätte mich umgebracht«, sagt sein Chef. Immer mehr Berichte über ähnliche Verwandlungen tauchen auf: Die weiße Mehrheit im Land scheint zur Minderheit zu werden. Und sie fühlt sich bedroht. Steht ein Umsturz der bestehenden Ordnung bevor? Bald herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände in der Stadt. Oona, mittlerweile selbst verwandelt, steht Anders zur Seite, in den Wirren dieser Zeit werden sie zu einem Liebespaar. Schließlich gibt es kaum mehr weiße Menschen in der Stadt, Anders’ Vater stirbt schwerkrank als der letzte weiße Mann. Die Unruhen klingen ab – aber gelingt es den Menschen nun, einander wirklich zu sehen?
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
E-Book
Seitenzahl
160
Preis
11.30 €

Autorenbeschreibung

MOHSIN HAMID, geboren in Lahore, Pakistan, studierte Jura in Harvard und Literatur in Princeton. Heute lebt er mit seiner Familie in Lahore und London. Seine Romane wurden in über 30 Sprachen übersetzt. ›Der Fundamentalist, der keiner sein wollte‹ wurde von Mira Nair verfilmt. Bei DuMont erschienen zuletzt die Romane ›Exit West‹ (2017) und ›So wirst du stinkreich im boomenden Asien‹ (2013) sowie der Essayband ›Es war einmal in einem anderen Leben‹ (2016). Mit ›Der Fundamentalist, der keiner sein

Beiträge

9
Alle
4.5

Überraschend

Anders, ein weißer, junger Mann, wird morgens wach und stellt fest, dass er über Nacht schwarz geworden ist. Was nun? Er meldet sich krank, versteckt sich und bekommt von anderen gesagt, dass sie sich an seiner Stelle umbringen würden. Doch dann werden immer mehr Menschen schwarz, es kommt zu Ausschreitungen und Aufständen. Gleichzeitig kommt er Oona, einer immer-mal-wieder-Liebschaft näher. Deren Mutter glaubt an eine Verschwörung und ist alles andere als begeistert, als ihre Tochter sich mit einem Farbigen einlässt. Ich hatte ein komplett anderes Buch erwartet und bin doch beeindruckt. Obwohl das Buch fast ausschließlich aus langen, verschachtelten und zerrissenen Sätzen besteht, lässt es sich leicht lesen. Die Ereignisse im "draußen" werden nur grob skizziert, dafür erfährt man ausführlich, wie es in Anders und Ooma aussieht. Tolles Buch, sehr empfehlenswert!

4.5

Was für ein Plot und welch gute Umsetzung! Ich hatte befürchtet, es könnte zu viel Kafka sein (auch wenn ich „Die Verwandlung“ mochte, war es jetzt nicht gerade der Schreibstil, der mich total umgehauen hat), aber Irrtum. Mohsin Hamid Schreibstil hat mich direkt in die Story reingezogen. Zwar hat es mich am Anfang wirklich stark an „Die Verwandlung“ erinnert, aber die Geschichte ist nicht in Anders Zimmer geblieben, sondern hat sich ausgeweitet auf die ganze (unbekannte) Stadt. Anders wacht eines Morgens auf und bemerkt, dass er sich in einen dunkelhäutigen Mann verwandelt hat. Er bekommt es mit der Angst zu tun und meldet sich krank. Geht kaum aus dem Haus und wenn, fühlt er sich bedroht, versteckt sein Gesicht, seine Hände und versucht niemanden anzuschauen. In seiner Panik ruft er Oona an, eine alte Highschool Liebe, die wieder zurück in die Stadt gezogen ist. Sie kommen sich näher und er fühlt sich nicht ganz so verlassen. Langsam verwandeln sich nach und nach immer mehr weiße Menschen in der Stadt. Es herrscht Panik, Angst, Unruhen und Gewalt auf den Straßen. Und neben all dem Chaos kommen die familiären Dramen von Anders und Oona langsam zur Ruhe. Trotz der langen Sätze war es ein leicht zu lesender Text. Es war eine Aneinanderreihung von Sätzen durch Kommata geteilt, wodurch der Text einen gewissen Rhythmus hatte, der in meinem Takt war. Mohsin Hamid hat hier nicht nur „die Absurdität des Konstrukts „Rasse““ beschrieben, sondern auch existenzielle Fragen des Menschen und Absurditäten im Ganzen (vielleicht musste ich deswegen kurz an Camus denken?!). Wie anpassungsfähig Menschen sind und das so eine Verwandlung auch ein Neuanfang sein kann. S.36 „[…]wie eisig kalt und unmenschlich das Weltall doch war, eine leblose Leere, genauso tot wie ihr Vater, und ihr Bruder, der ihm gefolgt war, der nie über ihn hinweggekommen war, und dieser Gedankengang riss ihr den Boden unter den Füßen weg, nahm ihr das Vertrauen an die Erde als Anker, sie spürte ihre Abwesenheit, ihr Bruder, ihr Vater, wie sie an ihr zerrten, das Nichts, das sie geholt hatte, das uns alle irgendwann holt, wie konnte es sein, dass es uns alle auslöscht, dann ein Klingeln, das Klingeln hörte auf, und Anders war dran.“ S.139 „[…]niemand in der Bar schien sich so richtig wohlfühlen, weder der Barkeeper noch die Männer am einzigen besetzten Tisch, und auch Anders und Oona nicht, keiner von ihnen, keiner dieser dunkelhäutigen, in Barlicht getauchten Menschen, die versuchten, sich in dieser vertrauten und doch so seltsamen Situation zurechtzufinden, und als Oona das merkte, fragte sie sich, ob es wirklich stimmte, oder ob die Leute automatisch unentspannt aussahen, wenn man dachte, sie wären unentspannt, so wie sie auch verrückt wirkten, wenn man dachte, sie wären verrückt, vielleicht sahen sie auch alle genauso aus wie immer, nur eben dunkelhäutig.“

5

Win ganz wunderbares Buch, das sich auf das Wesentliche konzentriert und dabei eine ganz herzerwärmende Geschichte erzählt. Ein Highlight!

2.5

Hamid schreibt darüber wie es ist anders zu sein, über Wandel, Veränderung und Abschied. Das ergibt eine sehr interessante Aufarbeitung des (Nicht-)Weißseins. Doch selten wurde Rassismus, Gewalt und Anarchie so ungewöhnlich ruhig in einem Roman dargestellt, was an der distanzierten und nüchternen Erzählung lag. Ob mir das gefällt oder nicht weiß ich noch nicht.

2

Kafkas Fußstapfen sind zu groß

So innovativ und interessant die Ausgangssituation, des Romans auch ist, so wenig konnte mich leider die Umsetzung packen. Nicht nur die distanzierte Erzählperspektive, sondern auch der inhaltliche Fokus auf der Familien- und Liebesbeziehung machten mir das Durchhalten schwer. Denn die Aspekte, die mich an der Prämisse des Buches interessiert hätten, wurden nur in Ansätzen oder auch gar nicht aufgegriffen. Der Anfang wirkte wie eine Anspielung auf Kafkas „Verwandlung“, konnte jedoch den sprachlichen und thematischen Anspruch nicht einlösen. Wie immer ist das natürlich Geschmackssache aber mein Fall war es leider nicht.

4

Eine Tages wacht Anders auf und stellt fest dass sich seine Hautfarbe verändert hat und er wird nicht der einzige bleiben, immer mehr mutieren zu dunkelhäutigen Menschen, was Verschwörungstheorien heraufbeschwört, Misstrauen und Angst beherrschen zunehmends die Stadt, es werden Bürgerwehren organisiert.. "Dies dämmerte ihm erst allmählich und dann ganz plötzlich, anfangs, als er nach seinem Handy griff, war es das Gefühl, dass das Morgenlicht seinen Unterarm in eine seltsame Farbe tauchte, dann, zu seinem Schrecken, kurz der Glaube, es läge jemand neben ihm im Bett, männlich, dunkelhäutig, wobei das zwar erschreckend schien, aber natürlich unmöglich war, und als er sah, dass, wenn er sich bewegte, der andere sich auch bewegte, wurde ihm klar, dass es in Wirklichkeit kein Mensch war, jedenfalls kein anderer Mensch, sondern nur er selbst. Anders" Anders wird zum unsichtbaren Mann: denn seine Freunde erkennen ihn nicht mehr und gleichzeitig wird er sichtbar: als Bedrohung allein durch seine Hautfarbe. In präziser Sprache und auf den Punkt gebrachten Sätzen vermag Hamid den Leser mitzunehmen und lässt ihn teilhaben an diesem Perspektivenwechsel. Gerne gelesen!

5

Poetisch schöner Text über Menschlichkeit und Menschsein. Wie ist es möglich dahinplätschernd und gleichzeitig so berührend zu schreiben, so viele Themen auf so wenige Seiten zu bringen und doch den Kern zu treffen. Beeindruckend.

3

Mohsin Hamids "Der letzte weiße Mann" - ein Fiebertraum von einem Buch: Anders wacht eines Morgens auf und muss feststellen, dass sich seine Hautfarbe auf wundersame Weise über Nacht verändert hat. Anders ist schwarz, in einem weißen Land. Mit der Zeit verwandeln sich immer mehr Menschen im ganzen Land, haben einfach plötzlich dunklere Haut, bürgerkriegsähnliche Zustände brechen aus. Wie geht eine Gesellschaft damit um, wenn sie dazu gezwungen ist, alle Vorurteile zu hinterfragen, ihre Wurzeln im Rassismus haben? Wir begleiten vier Figuren durch diesen monumentalen Umschwung: Anders, Anders' Vater, Anders' Freundin Oona und Oonas Mutter. Sie alle stehen in unterschiedlichsten emotionalen Verhältnissen zueinander und gehen mit der Veränderung in ihrem Land und in den Menschen, die sie lieben, ganz individuell um. Sie begegnen der neuen Hautfarbe an ihnen und um sich herum mit Angst, Wut, Gleichgültigkeit oder Erleichterung - und zeigen uns dabei, wie tief struktureller und individueller Rassismus noch immer in unserer Gesellschaft und in uns allen stecken. Mohsin Hamid reißt uns auf 157 Seiten mit blitzschneller Prosa durch ein unheimlich komplexes Thema. Man kann das Buch eigentlich nur an einem Tag lesen, so sprachgewaltig ist die Prosa, so fesselnd ist der Plot. Weglegen ist da schwierig. Allerdings fehlt aufgrund der Kürze am Ende auch die Tiefe. Gerne hätte ich mehr Zeit in Anders' Kopf verbracht, hätte gern die Geschichte seines Vaters gehört oder Oona besser verstanden. Diese Einblicke bleiben uns leider verwehrt, und das macht das Buch zu einem (beeindruckend hellen) Strohfeuer: Es ruft seine Nachricht laut, aber lang widerhallen wird sie in mir nicht. Deshalb 3.5 von 5 Sternen. Zu lesen lohnt es sich für jeden. Allemal.

4

Eines morgens wachte Anders, ein weißer Mann, auf und stellte fest, dass seine Haut sich unleugbar tiefbraun gefärbt hatte. So beginnt der 157-seitige Roman von Mohsin Hamid, in der Übersetzung von Nicolai von Schweder-Schreiner. Anders abreitet normalerweise in einem Gym, traut sich aber nach seiner Verwandlung zunächst nicht einmal vor die Tür. Seine Freundin Oona hilft ihm bei der Annäherung an seinen Vater und auch beim Gang aus dem Haus - schließlich muss er sich irgendwann seiner Umgebung zeigen. Doch genau hier liegt das Problem. Anders fühlt sich nicht nur anders, sondern meint auch, anders behandelt, gesehen zu werden, voller Misstrauen, Unbehagen und vorurteilsbehaftet. Er ist nicht der einzige, der diese Form der Verwandlung durchmacht und als sich die Fälle häufen und öffentlich werden, kommt es zu Gewaltausbrüchen und Morden. Erst ist es abends nicht mehr sicher, kurze Zeit später ist es auch tagsüber ratsam, das Haus nicht zu verlassen, sogar besser unterzutauchen. Ich muss zugeben, dass ich die Geschichte nicht vollends verstanden habe. Was will mir Hamid mit dem letzten weißen Mann (eine Figur in seinem Buch, auf die ich hier aufgrund von Spoileralarm nicht eingehen möchte). Was soll mir außerdem das Verhalten Oonas sagen, die sich zwischenzeitlich schminkt, als sei sie dunkelhäutig? Auch die Rolle von Oonas Mutter begreife ich nicht zur Gänze. Das ist schon so einiges, das sich mir nicht erschließt, jedoch mochte ich das Buch trotzdem gerne. Zum einen finde ich die Romanidee als solche interessant, was wäre, wenn eine weiße Person von einem auf den anderen Tag gezwungen ist, als Dunkelhäutige zu leben? Zum anderen fand ich die aAuseinandersetzung mit Anders Innenleben spannend: Welche Gefühle und Werte ergeben sich? Verändert sich der Mensch auch innerlich? Nimmt er schon aufgrund des Verhaltens anderer ihm gegenüber eine veränderte Haltung ein? Dieses Buch ist eine großartige Lektüre für Lesekreise und Diskussionsrunden, bietet sie doch sehr viel Gesprächspotential.

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