Brüder

Brüder

Hardcover
3.814
VerlustDdrSchicksalAußenseiter

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Beschreibung

Zwei Männer. Zwei Möglichkeiten. Zwei Leben. Jackie Thomae stellt die Frage, wie wir zu den Menschen werden, die wir sind. Mick, ein charmanter Hasardeur, lebt ein Leben auf dem Beifahrersitz, frei von Verbindlichkeiten. Und er hat Glück – bis ihn die Frau verlässt, die er jahrelang betrogen hat. Gabriel, der seine Eltern nie gekannt hat, ist frei, aus sich zu machen, was er will: einen erfolgreichen Architekten, einen eingefleischten Londoner, einen Familienvater. Doch dann verliert er in einer banalen Situation die Nerven und steht plötzlich als Aggressor da – ein prominenter Mann, der tief fällt. Brüder erzählt von zwei deutschen Männern, geboren im gleichen Jahr, Kinder desselben Vaters, der ihnen nur seine dunkle Haut hinterlassen hat. Die Fragen, die sich ihnen stellen, sind dieselben. Ihre Leben könnten nicht unterschiedlicher sein.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Hardcover
Seitenzahl
432
Preis
23.70 €

Beiträge

6
Alle
3

Zunächst hat es etwas gebraucht, bis ich Eingang in die Geschichte fand, aber dann war es wirklich interessant. Ich fand die Geschichte von Gabriel interessanter und konnte sie in einem Rutsch durchlesen, während Micks Geschichte sich für mich etwas gezogen hat. Es fühlte sich teilweise auch an wie zwei Bücher, die dann zusammengetan wurden. Ich hatte die Erwartung, dass die Beziehung zum Vater mehr aufgegriffen wird bzw. der Umgang damit, dass es die Beziehung nicht gab. Aber es ist eher eine Darstellung von zwei Leben, die durch einen gemeinsamen abwesenden Vater unbewusst verbunden sind. Wenn man weniger Erwartungen hat, findet man, denke ich, schneller Eingang in die Geschichte. Das Ende hatte ich mir genauso erhofft! Ich würde mir dazu sehr gerne einen zweiten Teil wünschen, da mich interessieren würde, wie es weitergeht.

4

Wie motiviert ihr euch dazu, Ladenhüter endlich mal zu lesen? --- Ich mag das Wort SUB-Leiche nicht, daher die Formulierung Ladenhüter. "Brüder", der zweite Roman der deutschen Journalistin Jackie Thomae, steht schon seit 2019 in meinem Regal; war damals für den Deutschen Buchpreis nominiert. Nun musste erst der #blackhistorymonth kommen, um das Buch in die Hand zu nehmen. Ein Glück! --- In diesem Roman geht es - wie der Titel schon vermuten lässt - um die beiden Brüder Mick und Gabriel, die abgesehen vom Geburtsjahr, ihrem Heimatland (die DDR) und ihrem Vater keine nennenswerten Gemeinsamkeiten zu haben scheinen. Mick, der von Kindesbeinen an das positive Feedback seines Umfelds gewohnt ist, will sich nicht festlegen. Auf keine Frau. Auf keine Karriere. Auf keinen Lebensplan. Die Sorge, etwas zu verpassen, lässt ihn von Party zu Party ziehen, von Frau zu Frau. Gabriel auf der anderen Seite macht in London Karriere als Banker, heiratet, bekommt einen Sohn, erleidet einen Burnout - er beherrscht die Klaviatur des modernen Geschäftsmannes einwandfrei. --- Anders als der Klappentext vermuten lässt, habe ich diesen Roman nicht als hochdramatische/tragische Selbstfindungssuche zweier Schwarzer Männer in der DDR empfunden. Zumal die Frauen der Brüder auch gaanz viel Raum und sogar eigene Erzählstimmen erhalten; ein Aspekt, der mir ausgesprochen gut gefallen hat! Ich habe das Buch vielmehr als Auseinandersetzung mit der Generation der 70er Jahre verstanden. Die Beziehungsgeflechte zwischen den beiden Männern und ihren Frauen werden sehr feinsinnig betrachtet - mit einem sehr scharfen Blick für die Details des zwischenmenschlichen Miteinanders. Selbstverständlich geht es auch darum, was es für den jungen Mick und den jungen Gabriel bedeutet (hat), "der Einzige" zu sein. Mit einer anderen Hautfarbe. Ohne Vater aufwachsend. Diese Einzigartigkeit führt bei Jackie Thomae allerdings nicht zwangsläufig zum Außenseiterdasein oder Mobbing. Sie zeigt außerdem sehr eindrücklich, dass Menschen nicht zwangsläufig die gleichen Gefühle haben, "nur" weil sie die Familienkonstellation teilen. Ein absolut spannender Blickwinkel! --- Von meiner Seite eine ganz große Leseempfehlung!

5

Sooo ein gutes Buch!!! <3

4

Ich bin mit sehr gemischten Gefühlen an "Brüder" herangetreten - die eine Hälfte meiner Familie war der Meinung, ich solle es unbedingt lesen, weil ich es bestimmt lieben werde. Die andere Hälfte fand es ganz furchtbar. Also habe ich es gelesen, um mir ein eigenes Bild der Geschichte über die zwei Halbbrüder, die sich nicht kennen, zu machen. Die Struktur der Geschichte hat mich zunächst etwas verwirrt, denn Jackie Thomae erzählt die Geschichte nicht etwa ineinander verwoben, sondern hintereinander. Zu Beginn geht es um den älteren Bruder in den 1980er und 1990er Jahren und anschließend um den jüngeren Bruder während der 2000er und 2010er Jahren. "Brüder" war für mich kein Roman, der mich von Beginn an gefesselt hat. Aber das Dranbleiben hat sich gelohnt, denn Jackie Thomae behandelt eine Fülle von relevanten, aktuellen Themen, ohne dabei je einen drohenden Zeigefinger zu heben.

5

„Brüder“ erzählt die Geschichten von Mick und Gabriel, die von ihrem Vater nur die dunkle Hautfarbe geerbt haben. Ihre Leben nehmen geradezu gegensätzliche Verläufe, bis sie sich lose überschneiden. Im ersten Teil des Buches folgen wir dem Leben von Mick, 1985 bis 2000. Mick bringt sich schon als Jugendlicher ständig in Schwierigkeiten: er trinkt und kokst und dealt und versucht, mit Klein- bis Großkriminalität das schnelle Geld zu machen. Dazu kommen bedeutungslose Frauengeschichten, fragwürdige Freunde und eine generelle Haltlosigkeit. Er ist kein schlechter Kerl, eigentlich nicht, nur auf Abwege geraten – immer wieder. Was machst du denn, du bist doch nicht dumm? Warum dieser ganze Schwachsinn, du bist doch kreativ? Das wollte ich ihn beim Lesen immer wieder fragen. Man ahnt, er könnte das, was er sucht, finden, wenn er nur endlich einen Gang runterschalten und seine eigenen Ressourcen ausloten würde. Denn die hat er; da ist ganz viel Potential, das er nur nicht ausschöpft. Dann kommt in einem Intermezzo Idris zu Wort, der Vater. Man erfährt etwas über seinen Hintergrund: Wie es ihn aus dem Senegal in die DDR verschlug und wieder zurück. Was ihn motivierte. Wie es kam, dass er im selben Jahr zwei Söhne von zwei verschiedenen Frauen bekam. Letztendlich bleibt jedoch nur eines mit absoluter Sicherheit stehen: er ließ beide Mütter und beide Söhne im Stich. Ein Samenspender also, kein Vater – doch jetzt langsam in einem Alter, in dem er seine ganze Familie um sich versammeln will. Der zweite Teil des Buches schließt zeitlich an den ersten an und handelt von Gabriel. Gabriel ist diszipliniert, karriereorientiert und dabei gleichzeitig ein Advokat sozialer Gerechtigkeit. Sein Leben verläuft strikt nach Schema, er überlässt nichts dem Zufall. Albert, sein Sohn im Teenager-Alter, rebelliert gegen diese Starre, und seine Frau Fleur predigt ihm schon seit langem, er leide an Burnout, was er vehement abstreitet. Es ist Albert, der Dreadlocks trägt, während Gabriel sich von einer Freundin anhören muss, er sei ein „Oreo“ – außen schwarz, innen weiß, ein Möchtegern-Weißer. Als er schließlich unter dem Karrieredruck zerbricht und eine schwarze Studentin aus banalstem Grund demütigt, muss er sich vor Gericht verantworten und wird als Rassist gebrandmarkt. Im Epilog, der 2017 spielt, laufen die Geschichten zusammen. Mick und Gabriel kennen sich nicht, sie wissen noch nicht einmal voneinander, bis Idris sie kontaktiert. Man kann sich ohnehin kaum vorstellen, dass sie sich mögen würden – ich habe mich immer wieder dabei ertappt, wie ich nach Gemeinsamkeiten suchte und mich stattdessen an frappanten Unterschieden stieß. Gemeinsam haben sie tatsächlich nur ihre Haltlosigkeit: beide wissen so gut wie nichts über ihre Herkunft und die Kultur ihres Vaters, sie nennen keine tragfähige afrodeutsche Identität Ihr eigen. Die Auflösung wird nicht so vollständig und nahtlos vollzogen, wie man es sich als Leser vielleicht gewünscht hätte. Dennoch: da schließen sich Kreise, da eröffnen sich neue Möglichkeiten, und mehr kann man sich nicht erwarten. Ein erzwungenes Allround-Happy-End würde dem Buch nicht gerecht werden, es ist schon gut so, wie es ist. So unterschiedlich die Brüder sind, so unterschiedlich lesen sich auch die beiden Teile des Buches. Das führt zu einem drastischen stilistischen Bruch, der aber als passendes Stilmittel unterstreicht, wie gegensätzlich die Brüder in jeder Hinsicht sind. Das Leben von Mick wird in der dritten Person erzählt. Das wirkt mal wie eine augenzwinkernde Gaunerschmonzette, mal wie ein Spannungsroman. Gabriel hingegen spricht nüchtern und vernunftsbetont in der ersten Person, und auch seine Frau Fleur kommt direkt in der Ich-Perspektive zu Wort. Es kommen viele Themen zur Sprache – Rassismus, gesellschaftlicher Druck, Familie, die Zustände in der DDR –, doch keines davon wird so plakativ überreizt, dass dahinter die subtile Charakterisierung der beiden Brüder verloren gehen würde. Die Autorin ist ohnehin eine Meisterin der Grauzonen. Hier ist nichts und niemand eindeutig gut oder schlecht. Sie spricht von verpassten und ergriffenen Chancen, von Akzeptanz und Verrat, von Glücks- und Unglücksfällen… Von verschiedenen Leben, deren Echos über Generationen widerhallen, ob man davor die Ohren verschließt oder nicht. Daraus ergibt sich ein beeindruckender Tiefgang, dem die Leichtigkeit dennoch nicht abhanden kommt. Die Charaktere wirken so echt, dass ich immer noch das Gefühl habe, ihre Leben müssten nun, wo ich das Buch beendet habe, auch ohne mich weiterlaufen. Sie sind in jeder Hinsicht vielschichtig und stimmig, so dass man auch dann gewillt ist, ihren Geschichten zu folgen, wenn sie schlechte Entscheidungen treffen. Fazit Mick und Gabriel sind schwarz. Mehr hat ihr Vater Idris ihnen bisher nicht geschenkt. Sie wissen nichts voneinander, ihre Leben verlaufen so unterschiedlich, wie es nur möglich ist: Mick ist der mit der kleinkriminellen Jugend, Gabriel ist der studierte Architekt. Dennoch ist es Gabriel, der die Nerven verliert und eine Studentin so attackiert und demütigt, dass die Sache vor Gericht geht. Als Idris seine Söhne kennenlernen will, überschneiden sich die drei Leben. Jackie Thomae erzählt das mit Leichtigkeit, unterhaltsam und doch keineswegs banal. Ein Buch, dem man Zeit geben sollte, das dabei aber nie langweilig wird. Dieser Rezension erschien zunächst auf meinem Blog: https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-jackie-thomae-brueder/

2

Das Buch, das mir auf der Longlist des Deutschen Buchpreises mit am Interessantesten erschien, konnte mir leider so gar nichts geben. Irgendwie hat mir der komplette Spannungsbogen gefehlt, die Geschichte ist (trotz verschiedener Perspektiven) nur so dahingeplätschert. Die Geschichte als solche, das anfängliche Leben der Halbbrüder Mick und Gabriel konnte ich gut nachvollziehen, da ich mich in der gleichen Altersklasse bewege und ebenso im östlichen Teil Deutschlands meine Kindheit und Jugend verbracht habe. In den Klassen über und unter mir waren auch einige Kinder, die eine deutsche Mutter und einen afrikanischen Vater hatten, der ebenso durch Abwesenheit glänzte, wie der der beiden Protagonisten. Auch die Party-90er Jahre, sowohl in Deutschland als auch auf den Britischen Inseln, sind mir gut bekannt..... in vielerlei Hinsicht. Gefehlt hat mir vor allem ein wirklicher Entwicklungsprozess..... bei Mick und auch bei Gabriel. Bei ersterem erfährt man aufgrund der Fakten wiederum, dass der wohl irgendwann einmal stattgefunden haben muss. Zu Gabriel gibt es diese Erkenntnis nicht, zumindest nicht für mich. Es reicht einfach nicht, aus verschiedenen Perspektiven den jeweiligen Ist-Zustand aneinanderzureihen. Irgendwie sollten alle Fäden dann auch mal rund zusammenkommen. Leider konnte ich das bei dieser Geschichte nicht sehen und so blieben mir deren Akteure auch bis zum Schluss relativ fremd. Schade.....

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