Spitzweg

Spitzweg

Hardcover
3.035
KunstgeschichteFreundschaftKünstlerRoman Für Männer

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Beschreibung

Ein Kunstdiebstahl aus Liebe - Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2022 | Shortlist

»Ich habe mir nie viel aus Kunst gemacht.« Als zufriedener Kunstbanause offenbart sich der Erzähler zu Beginn und berichtet davon, wie Carl, bewunderter Freund, ihn mit seiner Spitzweg-Begeisterung vom Gegenteil überzeugt. In der Mitte des Geschehens: eine Dreiecksbeziehung, ein hochbegabtes Mädchen und der verräterische Diebstahl eines Gemäldes. Durch raffinierte Rachepläne wird die Schülerfreundschaft auf ihre schwerste Probe gestellt.

Eckhart Nickel erzählt wie in »Hysteria« die Geschichte einer Obsession: War darin von der Natur nur noch künstliche Reproduktion übrig, wird nun die Kunst zur zweiten Natur des Menschen.

Eine raffinierte Kritik an der Bildvergötterung der sozial verwahrlosten Digitalgesellschaft und ihrer allmächtigen Instagrammatik.

»Drei Schüler fliehen aus der banalen Realität in die Welt der Kunst und drohen sich darin zu verlieren: ›Spitzweg‹ ist die Geschichte einer frühen Liebe, ein literarisches Vexierspiel und ein Bildungsroman, der das Zauberhaft-Verrückte der Romantik in unsere kontrollbesessene Gegenwart holt ... Eckhart Nickel ist ein fantastischer Erzähler! «Niklas Maak


Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Hardcover
Seitenzahl
256
Preis
22.70 €

Autorenbeschreibung

Eckhart Nickel, geboren 1966 in Frankfurt/M., studierte Kunstgeschichte und Literatur in Heidelberg und New York. Er gehörte zum popliterarischen Quintett »Tristesse Royale« (1999) und debütierte 2000 mit dem Erzählband »Was ich davon halte«. Nickel leitete mit Christian Kracht die Literaturzeitschrift »Der Freund« in Kathmandu. Heute schreibt er u.a. für die FAS, die SZ und die ZEIT. Bei Piper erschien u.a. die »Gebrauchsanweisung für Portugal« und die Reiseerzählungen »Von unterwegs« (2021). Beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2017 wurde er für den Beginn von »Hysteria« mit dem Kelag-Preis ausgezeichnet und war auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2018. Im Jahr 2019 stand er auf der Shortlist des Franz-Hessel-Preises und erhielt den Friedrich-Hölderlin-Förderpreis der Stadt Bad Homburg. 2022 wurde er von der Stadt Baden-Baden mit dem Baldreit-Stipendium ausgezeichnet. Sein hochgelobter neuer Roman »Spitzweg« (2022) schaffte es direkt auf Platz 1 der SWR Bestenliste Juli/August 2022 sowie auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2022.

Beiträge

12
Alle
2

Gähn! Bemüht Kann man lesen, kann es sich aber auch sparen Gibt ja noch genug gute Bücher zu lesen

3

Das Buch spielt nur an zwei Tagen und begleitet 2 Abiturienten, welche mit Sprache und Kleidung aus der Zeit gefallen zu sein scheinen. Die mir sympatischste Protagonistin, spielt nur eine Nebenrolle, obwohl sich irgendwie alles um sie, Kirsten, dreht. Das war mir alles zu gestelzt, die Sprache, die dargestellten Menschen und alles. Vielleicht fehlen mir auch ein bis drei Diplome für diesen Roman, der mit Fremdwörtern und Kunstwissen nur so um sich schmeißt. Was mich ebenso umtreibt ist die Frage, warum der Autor der Hauptfigur Carl ausgerechnet dem Maler als Liebingskünstler angedeihen lässt, der nachweislich pädophil war?! Mein Resümee, vor allem zu Carl, aber irgendwie auch zu dem ganzen Roman: keiner mag Klugscheißer 😉

Das Buch spielt nur an zwei Tagen und begleitet 2 Abiturienten, welche mit Sprache und Kleidung  aus der Zeit gefallen zu sein scheinen. Die mir sympatischste Protagonistin,  spielt nur eine Nebenrolle, obwohl sich irgendwie alles um sie, Kirsten, dreht.
Das war mir alles zu gestelzt, die Sprache, die dargestellten Menschen und alles. Vielleicht fehlen mir auch ein bis drei Diplome für diesen Roman,  der mit Fremdwörtern und Kunstwissen nur so um sich schmeißt. 
Was mich ebenso umtreibt ist die Frage, warum der Autor der Hauptfigur Carl ausgerechnet dem Maler als Liebingskünstler angedeihen lässt, der nachweislich pädophil war?!
Mein Resümee,  vor allem zu Carl, aber irgendwie auch zu dem ganzen Roman: keiner mag Klugscheißer 😉

Totaler Fehlkauf

Ich habe 22 Euro bezahlt. Als erzieherische Maßnahme an mich selber, habe ich mich durchgekämpft. You get, what you pay for??? Da bin ich uneins. Ich dachte, es wäre ganz anders. Am Anfang kam es als normaler Roman daher und dann war es nur noch Krampf (für mich). Habe mich gewundert, das sich die nur 254 Seiten, wie ein normaler Roman anfühlen, zumal das Schriftbild normal ist. Die Seiten bestehen aus sehr dicken Papier. Drum prüfe, wer sich ewig (an ein Buch) bindet, ob sich nicht doch was besseres findet. Ps: es war schon gut geschrieben, aber dieses ewige lamentieren… Deshalb scheu ich mich nur 1 Stern zu geben.

1

Leider gar nicht mein Fall

Der Titel und die Tatsache dass eine der Personen Carl heißt, ließ mich etwa Fanzine anderes erwarten als dieses Buch ist. Ich habe mich durch die ersten 80 Seiten gequält - sorry nicht mein Fall.

2

Immer wieder schwankte ich hier zwischen super spannend und geschwollen langweilig.

🖼️🎨 𝘚𝘪𝘦 𝘮𝘶𝘴𝘵𝘦𝘳𝘵𝘦 𝘣𝘦𝘵𝘰𝘯𝘵 𝘨𝘦𝘯𝘢𝘶 𝘥𝘪𝘦 𝘣𝘦𝘳𝘦𝘪𝘵𝘴 𝘯𝘢𝘩𝘦𝘻𝘶 𝘷𝘰𝘭𝘭𝘦𝘯𝘥𝘦𝘵𝘦 𝘡𝘦𝘪𝘤𝘩𝘯𝘶𝘯𝘨, 𝘳𝘢̈𝘶𝘴𝘱𝘦𝘳𝘵𝘦 𝘴𝘪𝘤𝘩 𝘥𝘢𝘯𝘯 𝘨𝘦𝘥𝘦𝘩𝘯𝘵 𝘶𝘯𝘥 𝘴𝘱𝘳𝘢𝘤𝘩 𝘴𝘤𝘩𝘭𝘪𝘦𝘴𝘴𝘭𝘪𝘤𝘩 𝘮𝘪𝘵 𝘵𝘰𝘯𝘭𝘰𝘴𝘦𝘳 𝘚𝘵𝘪𝘮𝘮𝘦 𝘪𝘩𝘳 𝘜𝘳𝘵𝘦𝘪𝘭: »𝘈𝘶𝘴𝘨𝘦𝘴𝘱𝘳𝘰𝘤𝘩𝘦𝘯 𝘨𝘦𝘭𝘶𝘯𝘨𝘦𝘯, 𝘙𝘦𝘴𝘱𝘦𝘬𝘵: 𝘔𝘶𝘵 𝘻𝘶𝘳 𝘏𝘢̈𝘴𝘴𝘭𝘪𝘤𝘩𝘬𝘦𝘪𝘵!« Was ist Kunst? Fenster auf die Welt und Spiegel der Seele oder doch nur ein Rätselbild, in dem man »Original und Fälschung unterscheidet? In »Spitzweg« lernt der Erzähler durch den exzentrischen Carl, der kurz vor dem Abitur neu auf seine Schule kommt, wie das geht: Kunst als Daseinsform. Gemeinsam huldigen sie in einem erhabenen Versteck dem Schönen. Als die von beiden bewunderte Kirsten ein Selbstporträt anfertigt, dem die Lehrerin »Mut zur Hässlichkeit« bescheinigt, überstürzen sich die Ereignisse: Kunstwerke entstehen und verschwinden, das Mädchen taucht auf und wieder ab, und eine fieberhafte Suche beginnt, auf der die Drei immer wieder in die Abgründe des Lebens schauen. »Spitzweg« ist aber auch die Geschichte zweier junger Männer, die der Wahrheit unserer Existenz auf der Spur sind und sich in einer Verfolgungsiagd am Zug wähnen, während sie längst Erfüllungsgehilfen weiblicher Masterpläne sind. 💭 Welch Auf und Ab ich mit diesem Buch durchgestanden habe. Ich habe mir viel davon versprochen. Aber immer wieder schwankte ich hier zwischen super spannend und geschwollen langweilig. Der Plot liefert von vorn bis hinten einen richtig guten Grundstein. Dennoch, so vieles passt einfach nicht dazu. Der namenlose Ich-Erzähler bleibt mir auch irgendwie fremd und Carl redet wie ein Kunst-Professor, nicht wie ein Abiturient. Das Buch will ein Coming-of-Age Roman sein, aber Ausdruck und Sprache schlagen einfach einen völlig anderen Weg ein. Vielleicht ist dieses Buch etwas für Kunstliebhaber. Ich war jedoch froh, als ich die letzte Seite erreicht hatte - immer wieder kurz davor abzubrechen. Schade. ⭐️⭐️

Immer wieder schwankte ich hier zwischen super spannend und geschwollen langweilig.
4

Ein eigenwilliger Ausflug durch die Kunstgeschichte und zugleich die Geschichte eines Schülerstreiches - oder drei. Ich mochte den schrägen Humor und den anachronistisch anmutenden Erzählstil sehr, der das ganze beinahe ein wenig wie eine Konferenz versehentlicher Zeitreisender wirken lässt.

2

Noch so ein Roman, der sich durch ständiges Nebengeplänkel irgendwie aufbläst. Ich glaube, mir fehlt gerade der Nerv für so viel sinnlose Abschweiferei. Und die drei Figuren, die Abiturient:innen sein sollen, betragen und unterhalten sich wie Grundschüler eines abhanden gekommenen und längst vergangenen Jahrhunderts, was eher eine schmerzlich kindische und leider auch vorhersehbare Geschichte entstehen lässt. Nicht begeistert...

0.5

Der unbeliebte, klugscheißerische Hipster unter den Büchern.

Das Buch war anstrengend. Der Plot ist kaum vorhanden und es macht absolut keinen Spaß das Buch zu lesen. Sofern man kein Kunststudium mit Bestnoten abgeschlossen hat, kommt man sich beim Lesen einfach nur dumm vor. Da werden Bilder und Künstler besprochen, die man erst einmal nach googeln muss, um überhaupt eine Ahnung zu haben, worum es eigentlich geht. Das Buch hat es geschafft, mit vielen, sehr vielen Wörtern einfach nichts zu sagen sondern einfach nur eloquent und gebildet zu klingen ohne es zu sein.

Der unbeliebte, klugscheißerische Hipster unter den Büchern.
3

Das Buch wollte für mich im Endeffekt wohl einfach nicht zünden.

Der Schüler Carl trägt altmodische Sockenhalter und kredenzt seinen Freunden in seinem dekadenten kleinen ‘Kunstversteck’ Madeira, After Eight und Edelzigaretten. Er hält mäandernde Monologe über Kunst, Musik und Literatur, wirft mit Zitaten und cleveren Anspielungen nur so um sich und pflegt eine blasierte pseudo-bescheidene Herablassung. Lange fiel es mir schwer, den Roman zu ‘verzeitlichen’, da Carl in seinem ekzentrischen Habitus genauso gut vor 150 Jahren hätte leben können – tatsächlich befinden wir uns indes im 21. Jahrhundert. Hier wird jugendliche Rebellion quasi umgedreht, und das hat augenzwinkernd-amüsante Momente: Rückkehr zum Biedermeier statt provokanter Kleidung oder Piercings. Die verschämte Anbetung des Erzählers eines selbsterklärten Kunstbanausen, der das Gefühl hat, bei soviel weltgewandter Bildung gar nicht mithalten zu können, ist Carl gewiss und wird von ihm gönnerhaft anerkannt. Mehr als einmal nennt er den Erzähler »mein Schüler, mein Geschöpf«, wenn der etwas Kluges von sich gegeben hat, und beansprucht den vermeintlichen Verdienst so für sich. Komplettiert wird diese seltsame, ungleichgewichtige Freundschaft durch die Mitschülerin Kirsten, eine überaus begabte Künstlerin, die von der Kunstlehrerin durch ein doppeldeutiges Lob bloßgestellt wurde: Kirstens Selbstporträt sei gelungen und zeuge von einem »Mut zur Hässlichkeit«. Autsch. Ein Affront, findet Carl, dieser »Schlachtruf der Unbarmherzigkeit« schreie nach Rache. Kurzerhand ersinnt er einen Plan, ohne Kirsten erstmal zu fragen, ob die das überhaupt will. Geht es hier überhaupt um sie, oder ist dies nur eine weitere Gelegenheit für Carl, seine Intelligenz und seine gepflegte Überlegenheit zu demonstrieren? Nach kurzem Widerstand willigt Kirsten ein ihren Selbstmord vorzutäuschen, indem sie ins Kunstversteck ‘verschwindet’ und nur ein von ihr angefertigtes Gemälde hinterlässt: eine zum Selbstbildnis abgewandelte Kopie des berühmten Gemäldes ‘Ophelia’ von John Everett Millais, das Hamlets tragische Geliebte zeigt, wie sie vor ihrem Ertrinken im Fluss treibt. Sicherlich wird die Kunstlehrerin nur einen Blick darauf werfen, sofort die Bedeutung erkennen und von Schuldgefühlen überwältigt werden! (Angemerkt sei, dass Kirsten solch ein meisterhaftes Gemälde anscheinend in wahrer Rekordzeit bewältigen kann.) Dieser Plan hat gravierende Lücken, gerät schnell auf Abwege. Das wäre angesichts des jugendlichen Alters der Verschwörer und der damit einhergehenden unvermeidlichen Selbstüberschätzung sicher zu verschmerzen, doch werden die Möglichkeiten dieses Handlungsstranges in meinen Augen nicht voll ausgeschöpft. Die Handlung löst sich hier für mein Empfinden etwas zu sehr von der Reflexion, so dass die wunderbar gewiefte Wechselwirkung zwischen dem ‘was’ und dem ‘warum’ ein wenig verloren geht. Übrigens: Eine Schülerin verschwindet, ein Selbstmord ist zu befürchten, und niemand ruft die Polizei? Hmm. Überhaupt bleiben Geschehnisse hier des Öfteren ohne Konsequenzen, dafür enden manche Entwicklungen abrupt und unerklärt. Woran ich immer wieder verzweifelte das war Carls geradezu performativ zur Schau getragene Bildung, augenscheinlich ermöglicht durch Privileg und Wohlstand. Das hat einen Beigeschmack von Gatekeeping, sieht man den Erzähler doch geradezu verzweifelt danach haschen, in Carls Augen ‘gebildet genug’ zu sein. Zwar wird dies abgemildert durch feine Ironie, durch einen altmodisch verbrämten, an Heinz Rühmann erinnernden Humor, und doch, und doch … Immer wieder beschlich mich die Frage nach der Zugänglichkeit: Wer kann diesen Roman lesen, wer kann sich an den zahlreichen kleinen ‘Ostereiern’ erfreuen, wer klappt das Buch zu mit einem frustrierten Gefühl der Unzulänglichkeit? Ich selber habe das Privileg genossen, an einem humanistischen, altsprachlichen Gymnasium mein Abitur gemacht zu haben, inklusive Großem Latinum. Damit bewege ich mich zumindest ein Stück weit in Carls Sphären, aber gerade deshalb kam mir immer wieder der Gedanke: So kunstsinnig und edel spricht kein Jugendlicher, gebildet oder nicht. (Was in geringerem Ausmaße auch für Kirsten und den Erzähler gilt.) Über lange Strecken des Buches wird Carl in meinen Augen daher zum Inbegriff der Künstlichkeit – nicht mal mehr literarische Kunstfigur, nur noch pure selbstherrliche Manieriertheit. …oder? Ist das verbose Selbstdarstellung? Ist das verzweifelt nach außen getragene Sinnsuche? Diese Ambivalenz ist sicher Absicht, zwingt Leser:innen jedoch, die Geschichte stets aus kritischer Distanz zu verfolgen, was sie meines Empfindens einer möglichen emotionalen Ebene beraubt. Das Emotionale tritt deutlich zurück hinter dem Intellektuellen – also der Domäne, in der Carl sich sicher und in Kontrolle fühlt. Zugegeben, hinter den ganzen aus der Zeit gefallenen Formulierungen verstecken sich überaus interessante Gedanken zu Kunst und Natur, Künstlichkeit und Natürlichkeit im abstrakteren Sinne, Identität zwischen Selbstaufgabe und Selbstsucht. Und natürlich verneigt sich der Roman auch vor Carl Spitzweg, weckt die Lust der Leser:innen, sich eingehender mit seiner Kunst zu beschäftigen. Als Aufstand gegen die schnelllebige, oberflächliche Selfie-Kultur der Gegenwart wenden sich die Mitglieder unseres jugendlichen Triumvirats der Vergangenheit zu, verweigern sich damit auch einer Gegenwart, der sinngebende Strukturen zum Opfer fallen. Gemeinsam haben die drei Jugendlichen wohl nicht von ungefähr die Dekonstruktion ihrer Familien, insbesondere durch abwesende Elternteile. Dieser Verlust jeden sicheren Halts wird in einer späteren Schlüsselszene noch einmal bildlich dargestellt, als eine Figur aus einem Gemälde herausgeschnitten wird und nur noch eine geradezu eloquente Leerstelle hinterlässt. In der Kunst finden sie sich wieder, hier suchen sie nach dem schmerzlich vermissten Sinn. Fazit Ein gebildeter junger Lebemann, wie aus der Zeit gefallen. Ein Kunstbanause, bezaubert und dennoch verunsichert. Eine Künstlerin, die aufs Schmählichste beleidigt wurde. Alle drei gehen noch auf die Schule, kommen zusammen in einem Racheplot, der mit der Vortäuschung von Selbstmord beginnt und mit einer Verfolgungsjagd im Museum eine unerwartete Wendung nimmt. Das spielt in der Gegenwart, entzieht sich jedoch der Oberflächlichkeit einer zusehends sinnentleerten Gesellschaft. Das ist raffiniert, originell, intelligent geschrieben, gehaltvoll. Das ist ein echter Bildungsroman, der dich herausfordert und dabei doch unterhält. Aber. Ja, leider gibt es für mich ein ‘Aber’ – ein ureigenes, höchstpersönliches. Für mich ist Carl der Schlüsselcharakter, mit dem alles steht und fällt. Und auch wenn sein Gebaren der Rebellion gegen eine digital regierte, sozial verkümmerte Welt entspringt, spricht daraus doch die übersättigte, prätentiöse Arroganz eines in der Vergangenheit verwurzelten Bildungsbürgertums. Das wird aufgebrochen durch spöttische Ironie und einen zunehmend magisch-realistischen Handlungsverlauf, und dennoch wirkte die detailverliebte Zuschaustellung von Bildung auf mich zunehmend ermüdend – und zunehmend künstlich. Ich hatte mit jeder Seite mehr das Gefühl, dass das genüssliche Geflecht der vielen, vielen Querverweise weniger anregend auf mich wirkte als vielmehr erdrückend. Gleichwohl möchte ich meine Anerkennung dafür aussprechen, wie gekonnt Eckart Nickel diese Geschichte konstruiert hat. Ich verneige mir vor diesem filigranen und dennoch tiefgründigen Wechselspiel von Gesellschaftssatire, Kunstgeschichte und schierer Sprachkunst. Aber. Da ist es wieder, das vermaledeite ‘Aber’. Aber das Buch wollte für mich im Endeffekt wohl einfach nicht zünden.

4

Als Kind war ich fasziniert von einem kleinen Bildchen, das in unserem Esszimmer neben der Tür zur Küche hing: Ein kranker, alter Mann in einer Dachkammer mit einem Stapel Bücher neben seinem Bett. Sicherlich könnte Carl - der fünfzehnjährige Gymnasiast in Eckhart Nickels Roman “Spitzweg” - das Gemälde “Der arme Poet” von Carl Spitzweg vortrefflich beschreiben und interpretieren, die Besonderheiten hervorheben und ein tieferes Verständnis sowie eine Begeisterung in seinem Gegenüber für das Werk entfachen. Für mich war es damals ein Kuriosum, das ich nicht in Worte fassen konnte, das aber sicherlich bereits damals mein Interesse für Kunst und Malerei zum Vorschein brachte. Der für den Deutschen Buchpreis nominierte Roman war daher ein Muss für mich. Darin schmieden Carl und der namenlose Protagonist einen Racheplan gegen ihre Kunstlehrerin, nachdem diese der Mitschülerin Kirsten beim Zeichnen eines Selbstporträts “Mut zur Hässlichkeit” attestiert. Kirsten stürmt daraufhin aus dem Zimmer und ein kleines schelmisches Abenteuer entspinnt sich, wobei die Handlung meist in den Hintergrund rückt. Nickel lässt seinen Protagonisten Carl referieren über kunsttheoretische Themen und verpasst den Charakteren und Schauplätzen einen aus der Zeit gefallenen Flair, geschmückt mit zahlreichen Verweisen auf Kunst und Popkultur. Der Detailreichtum, mit dem Nickel die Szenerien versieht, spiegelt die Liebe und Leidenschaft zur analogen Kunst wieder und macht nicht nur auf Plotebene ein Versteckspiel auf, sondern lässt auch den Leser immer wieder in Geheimtüren, Schubladen und gesperrte Museumsräume spitzeln und fündig werden. Was Kunst überhaupt ist, was sie bedeutet und wie man sich ihr nähert, wird hier nicht explizit beantwortet, aber mit einer Vielzahl an Motiven spielerisch verarbeitet. Für mich eine großartige Lektüre, die nur an wenigen Stellen für meinen Geschmack zu theoretisch wurde, aber durch etwas Schalk im Nacken und schöne Ideen schnell wieder auflockern konnte. Ich schaue jetzt definitiv anders auf meinen Spitzweg-Kunstdruck im Wohnzimmer (“Zwei Türken im Kaffeehaus”) :-D Danke mal wieder an Papierstau Podcast und den wunderbaren Buchclub, bei dem wir uns wieder hervorragend austauschen konnten!

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