Rückkehr nach Reims
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Didier Eribon, geboren 1953 in Reims, ist ein französischer Soziologe, Autor und Philosoph. Sein im Original 2009 erschienenes Buch Rückkehr nach Reims (st 5313) machte ihn 2016 auch im deutschsprachigen Raum berühmt. Der autofiktionale Essay wurde als literarisches Ereignis und als Schlüsseltext zum Aufstieg des Rechtspopulismus rezipiert. 2024 wurde er für sein Werk mit dem Prix de l’Académie de Berlin ausgezeichnet.
Beiträge
hab gedacht es könnte nicht schlimmer werden, aber es wurde leider auch nie besser ...
Ein so verdammt starkes Buch. Die Kombi aus autobiographischen Eindrücken, die alles so real machen, wie es ist, und sehr vielen sehr schlauen linken Gesellschaftsanalysen, hat mich krass umgehauen.
Stellt euch die Klassenfrage!
„Es kommt nicht darauf an, was man aus uns gemacht hat, sondern darauf, was wir aus dem machen, was man aus uns gemacht hat.” „Rückkehr nach Reims“ von Didier Eribon hat mich tief bewegt und mir zahlreiche Aha-Momente beschert. Das Buch verdeutlicht eindrucksvoll, wie Klassenzugehörigkeit als Diskriminierungserfahrung unser Leben prägt. Insgesamt ist Rückkehr nach Reims ein kraftvolles Werk, das die Komplexität von Identität, Scham und sozialer Mobilität beleuchtet. Es hat mir neue Perspektiven eröffnet und mich dazu angeregt, über meine eigenen Erfahrungen und Vorurteile nachzudenken. Ein absolut empfehlenswertes Buch und ein weiteres Jahreshighlight für mich.
Inhaltlich absolut stark, aber teilweise sehr anstrengend zu lesen.
Sehr bewegende autobiografische Geschichte mit interessanten Einblicken in vielseitige Bereiche des Lebens von Eribon: Zum einen bekommt man einen guten Eindruck über das Leben der französisch kommunistischen Arbeiterklasse (und der Wandlung nach rechts im späteren Verlauf). Außerdem erzählt Eribon über seine Erlebnisse in der Schwulenszene im Untergrund und beleuchtet seine inneren Zerrissenheit durch die größtenteils harte gesellschaftliche Ablehnung. Ich hatte manchmal Probleme mit dem Schreibstil. Erst fließt der Lesefluss so dahin und man ist total drin. Dann folgen seitenweise unglaublich lange und kompliziert geschriebene Sätze, übermäßig gespickt mit hochtrabenden intellektuellen Fachwörtern durch die der Lesefluss arg ins stocken kommt. Manche Dinge sind kompliziert und man kann sie nicht einfach beschreiben, für dieses Buch gilt dies in meinen Augen allerdings nicht. Es handelt sich um einen unnötigen intellektuellen Stempel und hätte auch einfacher formuliert werden können.
Interesse für Kunst oder Literatur hat stets, ob bewusst oder unbewusst, auch damit zu tun, dass man das Selbst aufwertet, indem man sich von jenen abgrenzt, die keinen Zugang zu solchen Dingen haben; es handelt sich um eine »Distinktion«, einen Unterschied im Sinne einer Kluft, die konstitutiv ist für das Selbst und die Art, wie man sich selbst sieht, und zwar immer im Vergleich zu den anderen – den »bildungsfernen« oder »unteren« Schichten etwa. Wie oft konnte ich in meinem späteren Leben als »kultivierte Person« die Selbstzufriedenheit besichtigen, die Ausstellungen, Konzerte und Opern vielen ihrer Besuchern bereiten. Dieses Überlegenheitsgefühl, das aus ihrem ewigen diskreten Lächeln ebenso spricht wie aus ihrer Körperhaltung, dem kennerhaften Jargon, dem ostentativen Wohlgefühl … In all diesen Dingen kommt die soziale Freude darüber zum Ausdruck, den kulturellen Konventionen zu entsprechen und zum privilegierten Kreis derer zu gehören, die sich darin gefallen, dass sie mit »Hochkultur« etwas anfangen können. Dieses Gehabe hat mich seit je eingeschüchtert, und doch tat ich alles dafür, so zu werden wie diese Leute, in kulturellen Kontexten dieselbe Lockerheit an den Tag zu legen und den Eindruck zu vermitteln, ich sei ebenfalls so geboren worden. Wenn die überlebende oder wiederhergestellte Bedeutung des »Wir« sich dermaßen gewandelt hat, dass nun nicht länger die »Arbeiter« den »Bourgeois« gegenüberstehen, sondern die »Franzosen« den »Ausländern«? Oder genauer: Wenn der Gegensatz zwischen »uns hier unten« und »denen da oben«, in den sich der zwischen Arbeitern und Bourgeois verwandelt hat (was schon nicht mehr dasselbe ist und jeweils unterschiedliche politische Schlussfolgerungen impliziert), plötzlich eine nationale und ethnische Komponente bekommt, weil »die da oben« als Befürworter einer Immigration wahrgenommen werden, deren Folgen »die da unten« angeblich jeden Tag zu ertragen haben, einer Einwanderung, die plötzlich für alle möglichen Übel verantwortlich gemacht wird? Die entfremdete Weltanschauung (den Ausländern die Schuld geben) verdrängt den politischen Begriff (gegen die Herrschaft ankämpfen). Ich entschied mich also für Bildung und »Kultur« und gegen den Männlichkeitskult der unteren Schichten.
Didier Eribon hat mit diesem Buch in Deutschland etwas ausgelöst, das längst überfällig war: das Sprechen über Scham und Diskriminierungserfahrungen aufgrund des sozialen Status. Die Art und Weise wie er die Scham beschreibt hat bei mir Gänsehaut ausgelöst und meine eigene Biografie vor mir abspulen lassen. Hierfür bekommt dieses Buch die drei Sterne. Die letzten Kapitel lesen sich allerdings wie Eribons Good Reads Profil und wirken etwas geschwollen. Außerdem zieht eribon meiner Meinung nach einen Fehlschluss, zu behaupten dass der Erfolg von rechten Parteien in Frankreich/Europa durch das Vergessen der armen Leute durch die Politik ist. Der Erfolg von rechten Parteien ist vor allem dadurch zu erklären, dass rassistische Erklärungsmuster in Mehrheitlich weißen Ländern Anschlussfähig sind. Menschen wählen rassistische Parteien, weil sie rassistisch sind. Auch wenn sie von sich jahrelang das Gegenteil behaupten. Es ist keine Überraschung, dass ausgerechnet Sahra Wagenknecht sich bei ihren absurden Reden gegen Identitätspolitik immer wieder auf Eribon bezieht und fordert, dass die "wahren Benachteiligten" nicht vergessen werden sollen.
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Autorenbeschreibung
Didier Eribon, geboren 1953 in Reims, ist ein französischer Soziologe, Autor und Philosoph. Sein im Original 2009 erschienenes Buch Rückkehr nach Reims (st 5313) machte ihn 2016 auch im deutschsprachigen Raum berühmt. Der autofiktionale Essay wurde als literarisches Ereignis und als Schlüsseltext zum Aufstieg des Rechtspopulismus rezipiert. 2024 wurde er für sein Werk mit dem Prix de l’Académie de Berlin ausgezeichnet.
Beiträge
hab gedacht es könnte nicht schlimmer werden, aber es wurde leider auch nie besser ...
Ein so verdammt starkes Buch. Die Kombi aus autobiographischen Eindrücken, die alles so real machen, wie es ist, und sehr vielen sehr schlauen linken Gesellschaftsanalysen, hat mich krass umgehauen.
Stellt euch die Klassenfrage!
„Es kommt nicht darauf an, was man aus uns gemacht hat, sondern darauf, was wir aus dem machen, was man aus uns gemacht hat.” „Rückkehr nach Reims“ von Didier Eribon hat mich tief bewegt und mir zahlreiche Aha-Momente beschert. Das Buch verdeutlicht eindrucksvoll, wie Klassenzugehörigkeit als Diskriminierungserfahrung unser Leben prägt. Insgesamt ist Rückkehr nach Reims ein kraftvolles Werk, das die Komplexität von Identität, Scham und sozialer Mobilität beleuchtet. Es hat mir neue Perspektiven eröffnet und mich dazu angeregt, über meine eigenen Erfahrungen und Vorurteile nachzudenken. Ein absolut empfehlenswertes Buch und ein weiteres Jahreshighlight für mich.
Inhaltlich absolut stark, aber teilweise sehr anstrengend zu lesen.
Sehr bewegende autobiografische Geschichte mit interessanten Einblicken in vielseitige Bereiche des Lebens von Eribon: Zum einen bekommt man einen guten Eindruck über das Leben der französisch kommunistischen Arbeiterklasse (und der Wandlung nach rechts im späteren Verlauf). Außerdem erzählt Eribon über seine Erlebnisse in der Schwulenszene im Untergrund und beleuchtet seine inneren Zerrissenheit durch die größtenteils harte gesellschaftliche Ablehnung. Ich hatte manchmal Probleme mit dem Schreibstil. Erst fließt der Lesefluss so dahin und man ist total drin. Dann folgen seitenweise unglaublich lange und kompliziert geschriebene Sätze, übermäßig gespickt mit hochtrabenden intellektuellen Fachwörtern durch die der Lesefluss arg ins stocken kommt. Manche Dinge sind kompliziert und man kann sie nicht einfach beschreiben, für dieses Buch gilt dies in meinen Augen allerdings nicht. Es handelt sich um einen unnötigen intellektuellen Stempel und hätte auch einfacher formuliert werden können.
Interesse für Kunst oder Literatur hat stets, ob bewusst oder unbewusst, auch damit zu tun, dass man das Selbst aufwertet, indem man sich von jenen abgrenzt, die keinen Zugang zu solchen Dingen haben; es handelt sich um eine »Distinktion«, einen Unterschied im Sinne einer Kluft, die konstitutiv ist für das Selbst und die Art, wie man sich selbst sieht, und zwar immer im Vergleich zu den anderen – den »bildungsfernen« oder »unteren« Schichten etwa. Wie oft konnte ich in meinem späteren Leben als »kultivierte Person« die Selbstzufriedenheit besichtigen, die Ausstellungen, Konzerte und Opern vielen ihrer Besuchern bereiten. Dieses Überlegenheitsgefühl, das aus ihrem ewigen diskreten Lächeln ebenso spricht wie aus ihrer Körperhaltung, dem kennerhaften Jargon, dem ostentativen Wohlgefühl … In all diesen Dingen kommt die soziale Freude darüber zum Ausdruck, den kulturellen Konventionen zu entsprechen und zum privilegierten Kreis derer zu gehören, die sich darin gefallen, dass sie mit »Hochkultur« etwas anfangen können. Dieses Gehabe hat mich seit je eingeschüchtert, und doch tat ich alles dafür, so zu werden wie diese Leute, in kulturellen Kontexten dieselbe Lockerheit an den Tag zu legen und den Eindruck zu vermitteln, ich sei ebenfalls so geboren worden. Wenn die überlebende oder wiederhergestellte Bedeutung des »Wir« sich dermaßen gewandelt hat, dass nun nicht länger die »Arbeiter« den »Bourgeois« gegenüberstehen, sondern die »Franzosen« den »Ausländern«? Oder genauer: Wenn der Gegensatz zwischen »uns hier unten« und »denen da oben«, in den sich der zwischen Arbeitern und Bourgeois verwandelt hat (was schon nicht mehr dasselbe ist und jeweils unterschiedliche politische Schlussfolgerungen impliziert), plötzlich eine nationale und ethnische Komponente bekommt, weil »die da oben« als Befürworter einer Immigration wahrgenommen werden, deren Folgen »die da unten« angeblich jeden Tag zu ertragen haben, einer Einwanderung, die plötzlich für alle möglichen Übel verantwortlich gemacht wird? Die entfremdete Weltanschauung (den Ausländern die Schuld geben) verdrängt den politischen Begriff (gegen die Herrschaft ankämpfen). Ich entschied mich also für Bildung und »Kultur« und gegen den Männlichkeitskult der unteren Schichten.
Didier Eribon hat mit diesem Buch in Deutschland etwas ausgelöst, das längst überfällig war: das Sprechen über Scham und Diskriminierungserfahrungen aufgrund des sozialen Status. Die Art und Weise wie er die Scham beschreibt hat bei mir Gänsehaut ausgelöst und meine eigene Biografie vor mir abspulen lassen. Hierfür bekommt dieses Buch die drei Sterne. Die letzten Kapitel lesen sich allerdings wie Eribons Good Reads Profil und wirken etwas geschwollen. Außerdem zieht eribon meiner Meinung nach einen Fehlschluss, zu behaupten dass der Erfolg von rechten Parteien in Frankreich/Europa durch das Vergessen der armen Leute durch die Politik ist. Der Erfolg von rechten Parteien ist vor allem dadurch zu erklären, dass rassistische Erklärungsmuster in Mehrheitlich weißen Ländern Anschlussfähig sind. Menschen wählen rassistische Parteien, weil sie rassistisch sind. Auch wenn sie von sich jahrelang das Gegenteil behaupten. Es ist keine Überraschung, dass ausgerechnet Sahra Wagenknecht sich bei ihren absurden Reden gegen Identitätspolitik immer wieder auf Eribon bezieht und fordert, dass die "wahren Benachteiligten" nicht vergessen werden sollen.