Mr. Goebbels Jazz Band
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Demian Lienhard, geboren 1987, aus Bern, hat in Klassischer Archäologie promoviert. Für sein Romandebüt Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat (FVA 2019) wurde er mit dem Schweizer Literaturpreis 2020 ausgezeichnet. Lienhards Roman Mr. Goebbels Jazz Band, für den er u. a. Stipendien von Pro Helvetia, dem Literarischen Colloquium Berlin, der Stadt Zürich und dem Aargauer Kuratorium erhielt und Rechercheaufenthalte in Galway, London und Berlin absolvierte, erscheint im Frühjahr 2023 in der FVA. Demian Lienhard lebt und arbeitet in Zürich.
Beiträge

Gutes und interessantes Buch
[𝕦𝕟𝕓𝕖𝕫𝕒𝕙𝕝𝕥𝕖 𝕎𝕖𝕣𝕓𝕦𝕟𝕘/ℝ𝕖𝕫𝕖𝕟𝕤𝕚𝕠𝕟𝕤𝕖𝕩𝕖𝕞𝕡𝕝𝕒𝕣] 𝕋𝕚𝕥𝕖𝕝: Mr. Goebbels Jazz Band 𝔸𝕦𝕤 𝕕𝕖𝕣 𝔽𝕖𝕕𝕖𝕣 𝕧𝕠𝕟: Demian Lienhard 𝕍𝕖𝕣𝕝𝕒𝕘: Frankfurter Verlagsanstalt 𝔾𝕖𝕝𝕖𝕤𝕖𝕟 𝕒𝕦𝕗: Deutsch Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen. Meine Bewertung erfolgt davon unabhängig. 𝔻𝕣𝕖𝕚 (𝕠𝕕𝕖𝕣 𝕞𝕖𝕙𝕣) 𝕎𝕠𝕖𝕣𝕥𝕖𝕣 𝕫𝕦𝕞 𝔹𝕦𝕔𝕙: Anders - Interessant - Gut 𝕀𝕟𝕙𝕒𝕝𝕥: Deutschland, 1940. Auf Beschluss von Joseph Goebbels wird, zu Propagandezwecken, der Radiosender "Germany Calling", sowie eine Band gegründet. Mitglieder der Jazz Band sind Personen, die wortwörtlich um ihr Leben spielen - Ausländer, Juden und Homosexuelle. William Joyce, alias Lord Haw-Haw, ein Flüchtling aus London, ist die Stimme des Senders. Um den Erfolg zu Dokumentieren soll der schweizer Schriftsteller Fritz Mahler einen Roman über "den Erfolg an der Front im Äther" schreiben. Dabei kommt er nicht so gut voran, wie er sollte und verzettelt sich langsam aber sicher in seinen Recherchen. 𝕄𝕖𝕚𝕟𝕖 𝕄𝕖𝕚𝕟𝕦𝕟𝕘: Das Buch war für mich eine Komplett neue Erfahrung. Nicht nur hatte ich vorher noch nie von William Joyce gehört, sondern auch die Jazz Band war mir vollkommen unbekannt. 🧐 Die Sprache ist leicht modernisiert, bleibt aber im Grunde sehr an die damalige Zeit angepasst. Dadurch bin ich doch über das ein oder andere Wort gestolpert (Bin ich die einzige die das Wort "irrlichtete" vorher noch nie gehört hat? 😂). Obwohl es ein durchaus ernstes Thema ist, ist doch ein unterschwelliger Humor und Wortwitz zwischen den Buchseiten zu finden, die die Stimmung in der damaligen Gesellschaft und die Misstrauensgesellschaft leichter verdaulich machen. Auch wenn trotzdem einige Szenen ein bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben. 🙁 Das Ende kam dann für mich doch sehr überraschend, war aber sehr gut. 𝕃𝕖𝕤𝕖𝕖𝕞𝕡𝕗𝕖𝕙𝕝𝕦𝕟𝕘? 👍🏻 Ich kann das Buch jedem empfehlen, der einen Blick auf die Jazz Band und William Joyce werfen möchten. Ich habe bei dem Buch auf jeden Fall eine Menge gelernt. 𝔼𝕦𝕣𝕖 𝕃𝕚𝕔𝕖𝕪 ☘️

3.5 - hatte seine Längen, aber dafür eine tolle Sprache!
Dieses Buch war ALLES was ich mir vorher NICHT vorgestellt hatte. 😄 Erwartet hatte ich einen historischen Roman über die Jazzband, die auf Goebbels Geheiß im Propaganda-Radiosender „Germany Calling“ in England und den USA gespielt wurde. Bekommen habe ich? Ja, was eigentlich? Ich war verwirrt, irritiert, belustigt, wütend, ermüdet, ungläubig, entsetzt, habe mich provoziert gefühlt und war immer wieder auf der Suche nach dem „Warum“. Ich habe mich wohl noch nie so viel über ein Buch ausgetauscht, was ja grundsätzlich nichts Schlechtes ist! Der Austausch auf dem @leseclubfestival (was übrigens richtig cool war, schaut unbedingt mal, wann es in eurer Stadt stattfindet!) mit den anderen Leser*innen und dem Autor hat nochmal Einiges in Perspektive gerückt. Für mich ist vor allem hängen geblieben, dass dieses Buch eigentlich ein weiteres Nachwort bräuchte, das die Ergebnisse des Leseclubs zusammenfasst. Anders als gedacht, steht die Jazzband nämlich nicht im Fokus. Viel mehr handelt es sich um den Werdegang des Moderators der Radiosendung und auf der Meta-Ebene immer wieder um die Schwierigkeiten, vor denen ein Autor steht, wie er im Buch langsam zur Kunstfigur stilisiert wird und darüber auch langsam verrückt wird. Gut zu erkennen auch im Nachwort - das Gott sei Dank nicht tatsächlich den sehr sympathischen Autor spiegelt. ;) Der extrem anspruchsvolle Schreibstil hat es mir jedoch sehr schwer gemacht, diese Intention zu erkennen. Mehrzeilige Schachtelsätze, extrem viele Synonyme für Alltagswörter und Fremdwörter - gemischt mit massiven Stilbrüchen und Lautmalereien. Ich halte mich eigentlich für eine Leserin, die gerne anspruchsvoll liest und auch mit altertümlicher Sprache habe ich kein Problem. Von meiner Mitleserin wurde der Stil mit den Texten verglichen, die man in Soziologie für die Uni lesen musste und ich kann da nur zustimmen. Hätten wir das Buch nicht für den Leseclub gelesen, dann hätte ich es wohl frustriert abgebrochen. Der Autor überzeichnet die Manuskripterstellung im Buch derart, dass es fast den Eindruck macht, als würden alle üblichen Schreibtipps mit Absicht missachtet. Hinzu kamen massive Zeitsprünge und ein unklarer Plot die es mir auch nicht leicht gemacht haben, mich zurecht zu finden. Bis zum Ende wusste man eigentlich nicht genau, wessen Perspektive dargestellt wird. Trotzdem gab es einige sprachliche Schönheiten, die ich mir rausgeschrieben habe. Auch wer gerne mit mindestens einem der Charaktere in einem Buch sympathisieren möchte, wäre mit „Mr. Goebbels Jazz Band“ nicht gut bedient. William Joyce und seine Frau sind blühende Faschisten und Antisemiten, der Autor im Buch ein selbstmitleidiger Kriegsgewinnler (Zitat des Autors), die Musiker der Jazz Band bleiben blass und austauschbar - so wie sie es rein historisch auch waren - oder wirken besonders skurril. Außerdem tauchten noch zig Nebenfiguren auf, die ich mir nicht alle merken konnte. An den Charakteren lässt sich auch die auf dem Klappentext beschriebene Ironie erkennen. Sie sind allesamt überzeichnet, wirken merkwürdig und stellenweise albern. Sie werden nicht zu Antagonisten erhoben, aber auch nicht moralisch grau dargestellt - was ich hinsichtlich der historischen Grundlage sehr begrüße. Der Autor hat sich im Übrigen sehr genau an die historischen Begebenheiten gehalten und sehr genau recherchiert. Frei erfunden ist letztendlich nur die Figur des Autors im Buch. Auch wurden im Leseclub Parallelen zur Jazzmusik entdeckt - davon hab ich aber leider keine Ahnung. Das Buch ist also letztendlich eine Empfehlung für alle, die sich nicht so sehr am Stil stoßen wie ich und etwas über William Joyce, die Propaganda-Mechanismen der Deutschen während des Krieges und die fiktiven möglichen Irrungen und Wirrungen eines Schriftstellers erfahren wollen.
Charlie and His Orchestra … sind 15 vollkommen unterschiedliche Künstler, deren einzigen Gemeinsamkeiten die Liebe zu ihrer Musik und ein perfekt geschnittener Smoking zu sein scheinen. Zu dieser Erkenntnis kommt der österreichische Schriftsteller Fritz Mahler, der 1941 von William Joyce alias Wilhelm Froehlich engagiert wird. Er soll einen Roman über Joseph Goebbels‘ gegen England gerichteten Propagandasender German Calling schreiben, dessen Zugpferd „Ein hauseigenes Orchester, sozusagen eine musikalische Schattenarmee … die in der Lage sei, die Briten Tag und Nacht mit dem allerfeinsten Propagandajazz zu bombardieren.“ (S. 18) ist. Mahler wird dafür extra nach Berlin geholt. Doch je länger er dort lebt, sich durch die Nachtclubs treiben lässt, in dem Versuch, sich mit den Musikern anzufreunden, die ihn auf Abstand halten, weil sie ihn für Goebbels Spion halten, um so weniger weiß er, woran er seine Handlung festmachen soll. Ihm fehlt der rote Faden, die Leitfigur. Mehr aus einer Laune heraus rückt er Froehlich in den Mittelpunkt – und plötzlich schreibt sich das Buch fast von allein. Statt eines Romans über den Sender und die Jazzband, die aus Ausländern, Juden und Homosexuellen besteht, versucht er sich an Froehlichs wechselvoller Biographie, der als englischer Nazi nach Deutschland kam. Währenddessen tobt um ihn herum der Krieg, von dem Mahler außer ein paar Bombenangriffen nichts mitzubekommen scheint. „Lange, verschnörkelte Sätze, altmodische Wörter, manierliche Wendungen …“ (S. 276) sagt Froehlich über Mahlers Roman, und genauso empfinde ich auch Demian Lienhards Schreibstil. Er kommt vom Hundertsten ins Tausendste, verliert sich in scheinbaren Nebensächlichkeiten, in Mahlers wirren Gedanken und Träumen. Alles ist irgendwie surreal, man weiß nie, ob es jetzt Dichtung oder Wahrheit ist und die Schlussbemerkungen inkl. Nachwort verwirren noch mehr. Darin erzählt Lienhard, dass er auf der Suche nach seiner Familiengeschichte in einem Archiv auf das Manuskript dieses Romans gestoßen ist und dieses jetzt veröffentlicht hätte. Vielleicht verstehe ich das literarische Konzept einfach nicht, vielleicht bin ich auch mit falschen Erwartungen an das Buch gegangen. Ich hatte gehofft, etwas über die einzelnen Musiker und ihre Schicksale zu erfahren und was Joyce im Radio erzählt, um die Hörer zu beeinflussen, stattdessen geht es um Mahlers Ringen um Worte. Wichtige Fakten werden in Nebensätze eingestreut, die man wie Perlen suchen muss. So erzählt ihm einer der Musiker in einer lauen Stunde, dass das Orchester sie vor der Front rette. „Zu wenig Jude, um von der Wehrpflicht befreit zu sein, aber zu viel, um als Deutscher durchzugehen.“ (S. 191) Auch wenn es nicht mein Buch war, lasst Euch davon bitte nicht abschrecken und bildet Euch eine eigene Meinung.

Bei Recherchen zu familiären Begebenheiten (zwei Vorfahren wurden wegen Hochverrats geköpft) stolpert der Schweizer Schriftsteller Demian Lienhard über den ebenfalls wegen Hochverrats hingerichteten Radiomoderator William Joyce und über ihn schließlich über die Jazzband "Charlie and his Orchestra", die der musikalischen Untermalung von Joyces NS-Propaganda-Radiosendung diente. Lienhard beschließt, einen Roman über dieses recht unbekannte historische Kapitel zu schreiben, indem er einen fiktiven Autor ein Buch über eben dieses Orchester verfassen lässt. Ich war sofort angefixt, als ich die Ankündigung zu diesem Titel las. Und ich wollte ihn so gerne mögen, Lienhards Roman "Mr. Goebbels Jazz Band". Aber irgendwie hat es so gar nicht gefunkt. Das lag an gleich mehreren Punkten: Ich hatte Probleme zu folgen. Struktur und Handlungsverlauf schienen mir zu wirr. Außerdem war das bewusste Spiel mit der Frage "Was ist Fiktion und was ist Realität?" (das sich bis ins Nachwort zieht) mir oft zu viel. Des Weiteren war ich mir nie sicher, ob Lienhard unterhalten oder aufklären will. Viele Stellen wirken stark gewollt ironisch-lustig, meinen Humor trafen sie nicht. Und letzten Endes (und dies auch schmerzhaft): die Sprache. Allein bei jedem "insofern, als dass ..." verspürte ich körperliche Schmerzen. Zuerst dachte ich "Wurde hier schlecht lektoriert?", aber das kann man sich bei einem so guten Verlag ja eigentlich nicht vorstellen. Und dann stieß ich auf eine Notiz am Ende des Romans (siehe Slide). Joa ... Meine erste Reaktion: Man kann es sich auch einfach machen. Gefolgt von der Frage: Was würde ich als Verlag "durchgehen lassen"? Was denkt ihr darüber? In der Goodreads-App gab es trotz meiner vielen Kritikpunkte drei Sterne von mir, da ich vorher noch nie von William Joyce gehört hatte und so (durch weitere Recherche) wieder eine Wissenlücke schließen konnte - und weil ich die Grundidee des Buches nach wie vor sehr gut finde, nur mit der Umsetzung nicht zurecht kam. Vielen Dank, liebe @revolutionbabyrevolution und die @frankfurter_verlagsanstalt für das Rezensionsexemplar inkl. Schoki, Brief des Autors und Cocktailrezept.
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Autorenbeschreibung
Demian Lienhard, geboren 1987, aus Bern, hat in Klassischer Archäologie promoviert. Für sein Romandebüt Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat (FVA 2019) wurde er mit dem Schweizer Literaturpreis 2020 ausgezeichnet. Lienhards Roman Mr. Goebbels Jazz Band, für den er u. a. Stipendien von Pro Helvetia, dem Literarischen Colloquium Berlin, der Stadt Zürich und dem Aargauer Kuratorium erhielt und Rechercheaufenthalte in Galway, London und Berlin absolvierte, erscheint im Frühjahr 2023 in der FVA. Demian Lienhard lebt und arbeitet in Zürich.
Beiträge

Gutes und interessantes Buch
[𝕦𝕟𝕓𝕖𝕫𝕒𝕙𝕝𝕥𝕖 𝕎𝕖𝕣𝕓𝕦𝕟𝕘/ℝ𝕖𝕫𝕖𝕟𝕤𝕚𝕠𝕟𝕤𝕖𝕩𝕖𝕞𝕡𝕝𝕒𝕣] 𝕋𝕚𝕥𝕖𝕝: Mr. Goebbels Jazz Band 𝔸𝕦𝕤 𝕕𝕖𝕣 𝔽𝕖𝕕𝕖𝕣 𝕧𝕠𝕟: Demian Lienhard 𝕍𝕖𝕣𝕝𝕒𝕘: Frankfurter Verlagsanstalt 𝔾𝕖𝕝𝕖𝕤𝕖𝕟 𝕒𝕦𝕗: Deutsch Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen. Meine Bewertung erfolgt davon unabhängig. 𝔻𝕣𝕖𝕚 (𝕠𝕕𝕖𝕣 𝕞𝕖𝕙𝕣) 𝕎𝕠𝕖𝕣𝕥𝕖𝕣 𝕫𝕦𝕞 𝔹𝕦𝕔𝕙: Anders - Interessant - Gut 𝕀𝕟𝕙𝕒𝕝𝕥: Deutschland, 1940. Auf Beschluss von Joseph Goebbels wird, zu Propagandezwecken, der Radiosender "Germany Calling", sowie eine Band gegründet. Mitglieder der Jazz Band sind Personen, die wortwörtlich um ihr Leben spielen - Ausländer, Juden und Homosexuelle. William Joyce, alias Lord Haw-Haw, ein Flüchtling aus London, ist die Stimme des Senders. Um den Erfolg zu Dokumentieren soll der schweizer Schriftsteller Fritz Mahler einen Roman über "den Erfolg an der Front im Äther" schreiben. Dabei kommt er nicht so gut voran, wie er sollte und verzettelt sich langsam aber sicher in seinen Recherchen. 𝕄𝕖𝕚𝕟𝕖 𝕄𝕖𝕚𝕟𝕦𝕟𝕘: Das Buch war für mich eine Komplett neue Erfahrung. Nicht nur hatte ich vorher noch nie von William Joyce gehört, sondern auch die Jazz Band war mir vollkommen unbekannt. 🧐 Die Sprache ist leicht modernisiert, bleibt aber im Grunde sehr an die damalige Zeit angepasst. Dadurch bin ich doch über das ein oder andere Wort gestolpert (Bin ich die einzige die das Wort "irrlichtete" vorher noch nie gehört hat? 😂). Obwohl es ein durchaus ernstes Thema ist, ist doch ein unterschwelliger Humor und Wortwitz zwischen den Buchseiten zu finden, die die Stimmung in der damaligen Gesellschaft und die Misstrauensgesellschaft leichter verdaulich machen. Auch wenn trotzdem einige Szenen ein bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben. 🙁 Das Ende kam dann für mich doch sehr überraschend, war aber sehr gut. 𝕃𝕖𝕤𝕖𝕖𝕞𝕡𝕗𝕖𝕙𝕝𝕦𝕟𝕘? 👍🏻 Ich kann das Buch jedem empfehlen, der einen Blick auf die Jazz Band und William Joyce werfen möchten. Ich habe bei dem Buch auf jeden Fall eine Menge gelernt. 𝔼𝕦𝕣𝕖 𝕃𝕚𝕔𝕖𝕪 ☘️

3.5 - hatte seine Längen, aber dafür eine tolle Sprache!
Dieses Buch war ALLES was ich mir vorher NICHT vorgestellt hatte. 😄 Erwartet hatte ich einen historischen Roman über die Jazzband, die auf Goebbels Geheiß im Propaganda-Radiosender „Germany Calling“ in England und den USA gespielt wurde. Bekommen habe ich? Ja, was eigentlich? Ich war verwirrt, irritiert, belustigt, wütend, ermüdet, ungläubig, entsetzt, habe mich provoziert gefühlt und war immer wieder auf der Suche nach dem „Warum“. Ich habe mich wohl noch nie so viel über ein Buch ausgetauscht, was ja grundsätzlich nichts Schlechtes ist! Der Austausch auf dem @leseclubfestival (was übrigens richtig cool war, schaut unbedingt mal, wann es in eurer Stadt stattfindet!) mit den anderen Leser*innen und dem Autor hat nochmal Einiges in Perspektive gerückt. Für mich ist vor allem hängen geblieben, dass dieses Buch eigentlich ein weiteres Nachwort bräuchte, das die Ergebnisse des Leseclubs zusammenfasst. Anders als gedacht, steht die Jazzband nämlich nicht im Fokus. Viel mehr handelt es sich um den Werdegang des Moderators der Radiosendung und auf der Meta-Ebene immer wieder um die Schwierigkeiten, vor denen ein Autor steht, wie er im Buch langsam zur Kunstfigur stilisiert wird und darüber auch langsam verrückt wird. Gut zu erkennen auch im Nachwort - das Gott sei Dank nicht tatsächlich den sehr sympathischen Autor spiegelt. ;) Der extrem anspruchsvolle Schreibstil hat es mir jedoch sehr schwer gemacht, diese Intention zu erkennen. Mehrzeilige Schachtelsätze, extrem viele Synonyme für Alltagswörter und Fremdwörter - gemischt mit massiven Stilbrüchen und Lautmalereien. Ich halte mich eigentlich für eine Leserin, die gerne anspruchsvoll liest und auch mit altertümlicher Sprache habe ich kein Problem. Von meiner Mitleserin wurde der Stil mit den Texten verglichen, die man in Soziologie für die Uni lesen musste und ich kann da nur zustimmen. Hätten wir das Buch nicht für den Leseclub gelesen, dann hätte ich es wohl frustriert abgebrochen. Der Autor überzeichnet die Manuskripterstellung im Buch derart, dass es fast den Eindruck macht, als würden alle üblichen Schreibtipps mit Absicht missachtet. Hinzu kamen massive Zeitsprünge und ein unklarer Plot die es mir auch nicht leicht gemacht haben, mich zurecht zu finden. Bis zum Ende wusste man eigentlich nicht genau, wessen Perspektive dargestellt wird. Trotzdem gab es einige sprachliche Schönheiten, die ich mir rausgeschrieben habe. Auch wer gerne mit mindestens einem der Charaktere in einem Buch sympathisieren möchte, wäre mit „Mr. Goebbels Jazz Band“ nicht gut bedient. William Joyce und seine Frau sind blühende Faschisten und Antisemiten, der Autor im Buch ein selbstmitleidiger Kriegsgewinnler (Zitat des Autors), die Musiker der Jazz Band bleiben blass und austauschbar - so wie sie es rein historisch auch waren - oder wirken besonders skurril. Außerdem tauchten noch zig Nebenfiguren auf, die ich mir nicht alle merken konnte. An den Charakteren lässt sich auch die auf dem Klappentext beschriebene Ironie erkennen. Sie sind allesamt überzeichnet, wirken merkwürdig und stellenweise albern. Sie werden nicht zu Antagonisten erhoben, aber auch nicht moralisch grau dargestellt - was ich hinsichtlich der historischen Grundlage sehr begrüße. Der Autor hat sich im Übrigen sehr genau an die historischen Begebenheiten gehalten und sehr genau recherchiert. Frei erfunden ist letztendlich nur die Figur des Autors im Buch. Auch wurden im Leseclub Parallelen zur Jazzmusik entdeckt - davon hab ich aber leider keine Ahnung. Das Buch ist also letztendlich eine Empfehlung für alle, die sich nicht so sehr am Stil stoßen wie ich und etwas über William Joyce, die Propaganda-Mechanismen der Deutschen während des Krieges und die fiktiven möglichen Irrungen und Wirrungen eines Schriftstellers erfahren wollen.
Charlie and His Orchestra … sind 15 vollkommen unterschiedliche Künstler, deren einzigen Gemeinsamkeiten die Liebe zu ihrer Musik und ein perfekt geschnittener Smoking zu sein scheinen. Zu dieser Erkenntnis kommt der österreichische Schriftsteller Fritz Mahler, der 1941 von William Joyce alias Wilhelm Froehlich engagiert wird. Er soll einen Roman über Joseph Goebbels‘ gegen England gerichteten Propagandasender German Calling schreiben, dessen Zugpferd „Ein hauseigenes Orchester, sozusagen eine musikalische Schattenarmee … die in der Lage sei, die Briten Tag und Nacht mit dem allerfeinsten Propagandajazz zu bombardieren.“ (S. 18) ist. Mahler wird dafür extra nach Berlin geholt. Doch je länger er dort lebt, sich durch die Nachtclubs treiben lässt, in dem Versuch, sich mit den Musikern anzufreunden, die ihn auf Abstand halten, weil sie ihn für Goebbels Spion halten, um so weniger weiß er, woran er seine Handlung festmachen soll. Ihm fehlt der rote Faden, die Leitfigur. Mehr aus einer Laune heraus rückt er Froehlich in den Mittelpunkt – und plötzlich schreibt sich das Buch fast von allein. Statt eines Romans über den Sender und die Jazzband, die aus Ausländern, Juden und Homosexuellen besteht, versucht er sich an Froehlichs wechselvoller Biographie, der als englischer Nazi nach Deutschland kam. Währenddessen tobt um ihn herum der Krieg, von dem Mahler außer ein paar Bombenangriffen nichts mitzubekommen scheint. „Lange, verschnörkelte Sätze, altmodische Wörter, manierliche Wendungen …“ (S. 276) sagt Froehlich über Mahlers Roman, und genauso empfinde ich auch Demian Lienhards Schreibstil. Er kommt vom Hundertsten ins Tausendste, verliert sich in scheinbaren Nebensächlichkeiten, in Mahlers wirren Gedanken und Träumen. Alles ist irgendwie surreal, man weiß nie, ob es jetzt Dichtung oder Wahrheit ist und die Schlussbemerkungen inkl. Nachwort verwirren noch mehr. Darin erzählt Lienhard, dass er auf der Suche nach seiner Familiengeschichte in einem Archiv auf das Manuskript dieses Romans gestoßen ist und dieses jetzt veröffentlicht hätte. Vielleicht verstehe ich das literarische Konzept einfach nicht, vielleicht bin ich auch mit falschen Erwartungen an das Buch gegangen. Ich hatte gehofft, etwas über die einzelnen Musiker und ihre Schicksale zu erfahren und was Joyce im Radio erzählt, um die Hörer zu beeinflussen, stattdessen geht es um Mahlers Ringen um Worte. Wichtige Fakten werden in Nebensätze eingestreut, die man wie Perlen suchen muss. So erzählt ihm einer der Musiker in einer lauen Stunde, dass das Orchester sie vor der Front rette. „Zu wenig Jude, um von der Wehrpflicht befreit zu sein, aber zu viel, um als Deutscher durchzugehen.“ (S. 191) Auch wenn es nicht mein Buch war, lasst Euch davon bitte nicht abschrecken und bildet Euch eine eigene Meinung.

Bei Recherchen zu familiären Begebenheiten (zwei Vorfahren wurden wegen Hochverrats geköpft) stolpert der Schweizer Schriftsteller Demian Lienhard über den ebenfalls wegen Hochverrats hingerichteten Radiomoderator William Joyce und über ihn schließlich über die Jazzband "Charlie and his Orchestra", die der musikalischen Untermalung von Joyces NS-Propaganda-Radiosendung diente. Lienhard beschließt, einen Roman über dieses recht unbekannte historische Kapitel zu schreiben, indem er einen fiktiven Autor ein Buch über eben dieses Orchester verfassen lässt. Ich war sofort angefixt, als ich die Ankündigung zu diesem Titel las. Und ich wollte ihn so gerne mögen, Lienhards Roman "Mr. Goebbels Jazz Band". Aber irgendwie hat es so gar nicht gefunkt. Das lag an gleich mehreren Punkten: Ich hatte Probleme zu folgen. Struktur und Handlungsverlauf schienen mir zu wirr. Außerdem war das bewusste Spiel mit der Frage "Was ist Fiktion und was ist Realität?" (das sich bis ins Nachwort zieht) mir oft zu viel. Des Weiteren war ich mir nie sicher, ob Lienhard unterhalten oder aufklären will. Viele Stellen wirken stark gewollt ironisch-lustig, meinen Humor trafen sie nicht. Und letzten Endes (und dies auch schmerzhaft): die Sprache. Allein bei jedem "insofern, als dass ..." verspürte ich körperliche Schmerzen. Zuerst dachte ich "Wurde hier schlecht lektoriert?", aber das kann man sich bei einem so guten Verlag ja eigentlich nicht vorstellen. Und dann stieß ich auf eine Notiz am Ende des Romans (siehe Slide). Joa ... Meine erste Reaktion: Man kann es sich auch einfach machen. Gefolgt von der Frage: Was würde ich als Verlag "durchgehen lassen"? Was denkt ihr darüber? In der Goodreads-App gab es trotz meiner vielen Kritikpunkte drei Sterne von mir, da ich vorher noch nie von William Joyce gehört hatte und so (durch weitere Recherche) wieder eine Wissenlücke schließen konnte - und weil ich die Grundidee des Buches nach wie vor sehr gut finde, nur mit der Umsetzung nicht zurecht kam. Vielen Dank, liebe @revolutionbabyrevolution und die @frankfurter_verlagsanstalt für das Rezensionsexemplar inkl. Schoki, Brief des Autors und Cocktailrezept.