Metropol
Jetzt kaufen
Durch das Verwenden dieser Links unterstützt du READO. Wir erhalten eine Vermittlungsprovision, ohne dass dir zusätzliche Kosten entstehen.
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Eugen Ruge wurde 1954 in Soswa (Ural) geboren. Der diplomierte Mathematiker begann seine schriftstellerische Laufbahn mit Theaterstücken und Hörspielen. Für «In Zeiten des abnehmenden Lichts» wurde er unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Seitdem erschienen die Bände «Theaterstücke» und «Annäherung», die Romane «Cabo de Gata», «Follower» und zuletzt «Metropol».
Beiträge
Verwirrend am Anfang und dann überraschend spannend 🧐 😎 sehr lesenswert 👍🏻
Eugen Ruge erzählt die Geschichte seiner Großmutter im stalinistischen Russland. Partei, Geheimdienst, Verhaftungen, Heimlichkeiten, Eliten und Menschen die Schlange stehen um etwas Essen zu kaufen…Ich konnte mir vieles sehr gut vorstellen, da ich derartige Geschichten auch von meinen Großeltern kenne.
Eintauchen in Ruges Familiengeschichte, besonders spannend durch echte Dokumente aus dem russ. Staatsarchiv, kongenial gelesen von Noethen.
Wieviel Recherchearbeit Eugen Ruge in seinen Roman Metropol gesteckt hat, ist von Anfang an durch die immer wieder eingeschobenen Auszüge aus dem russischen Staatsarchiv spürbar und wird durch den Epilog, der die Entstehungsgeschichte dieses biographisch fundierten Romans nachzeichnet, noch ersichtlicher. "Dies ist die Geschichte, die du nie erzählt hast" wendet sich der Erzähler/Autor an seine bereits verstorbene Großmutter, die nach der Machtergreifung der Nazis als deutsche Kommunistin viereinhalb Jahre in Moskau gelebt hat. Und lässt uns dann - gestützt auf Angaben aus ihrer Kaderakte - nach Russland in das Jahr 1936 reisen, wo Charlotte für den "Außengeheimdienst" der Sowjetunion, den OMS, tätig ist. Im Laufe des Romans führt uns der Autor die Absurdität von Stalins Parteisäuberungen vor Augen und zeigt uns auch (aus unterschiedlichen Perspektiven), was es heißt, tagtäglich an diesem Ort zu dieser Zeit gelebt zu haben. Ruge liefert viele Details aus dem Alltag seiner Protagonisten, beschreibt ihre Gedankengänge, Handlungen und Gefühle. Dadurch wurde die Geschichte insgesamt sehr lebendig, fühlte sich für mich gen Ende hin - als ich zusammen mit den Protagonisten voller Ungewissheit warten, warten, warten musste - aber auch ein ganz klein wenig langatmig an. Im Grunde kann aber auch das als Pluspunkt des Romans genannt werden und als Beweis für die lebendige Schilderung des Geschehenen herangezogen werden. Mir hat der reale Bezug imponiert, und vor allem, dass der Autor es geschafft hat, das in den Auszügen aus der Kaderakte Angedeutete so gut zum Leben zu erwecken. Ich konnte zum Beispiel genau nachempfinden, auf welche sprachlichen Probleme die Protagonisten in ihrer neuen Heimat stießen, welche planwirtschaftsbedingten Probleme ihren Alltag erschwerten, welche elementare Hoffnung und welche tiefgehenden Ängste sie begleiteten, welche große Macht der stalinsche Terrorapparat hatte und wie sich das konkret zeigte. Fazit: Ein großer Roman, der ein Stück unglaublicher (Familien-)Geschichte lebendig nacherzählt. Kongenial gelesen von Ulrich Noethen, der sogar die Aussprache der russischen Namen und Begriffe gut gemeistert hat.
Sehr emotionale Geschichte. Ich konnte mich sehr gut in die Akteure hineinversetzen. Unglaublich ehrliche Sprache. Dieses Buch wird mit jedem Leser etwas machen
Metropol erzählt auf eine sehr sehr bedrückende Weise vom stalinistischen Terror und der Angst davor, dass einem dieser ereilen könnte. Ruge vollzieht die Geschichte seiner eigenen Großmutter nach - nein, er versetzt sich in die Großmutter hinein, auf eine intime, fast despektierliche Art, erzählt, wie es hätte sein, wie sie sich hätte fühlen können - als könnte er ihre Gedanken lesen. Seine Großmutter war deutsche Kommunistin. Sie heiratete nach einer ersten Ehe (aus der ein Sohn hervorging, der wiederum Vater von Eugen Ruge ist) einen kommunistischen Agenten und wurde dann selbst für den Nachrichtendienst der Komintern tätig. Was der alles getan hat, ist nicht nur wie bei vielen Geheimdiensten deswegen geheim, weil die Akten verschlossen bleiben und Geheimdienste nunmal (das letzte Mal dieses Wort in diesem Satz) geheim arbeiten. Es ist auch deswegen schwer zu erforschen, weil Stalin einen Großteil dieses Geheimdienstes ermorden ließ. Die, die übrig blieben, wie Ruges Großmutter und Stiefgroßvater, schwiegen. Ja, hier muss man immer wieder stocken, und sich das wieder vor Augen führen - Stalin, selbst Kommunist, ließ in den 30er Jahren erst in Schau-, dann Geheimprozessen Kommunisten umbringen. Manche schob er auch zu dem schon nazistischen Deutschland ab, das diese nicht selten auch jüdischen Menschen auf seine Weise empfing. Auch ein Todesurteil. Er brachte auch nicht nur irgendwelche Kommunisten im Dienste des Kommunismus um, sondern die Elite. Der Geheimdienst der Komintern war ja nicht irgendein Organ. Ihm wurde auf abwegigste Art eine Verschwörung angedichtet. Auch die, die ihm eine Verschwörung angedichtet hatten, wurde dann im Laufe der Jahre eine Verschwörung angedichtet, und die wurden dann auch hingerichtet. Dies erinnert auch an Schostakowitsch Lebensgeschichte im Bestseller [b:Der Lärm der Zeit|33857741|Der Lärm der Zeit|Julian Barnes|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1484421444l/33857741._SY75_.jpg|45799876]. Bucharin, Radek waren Führungspersonen in der Sowjetunion, sie waren selbst von der Richtigkeit ihrer politischen Ideologie zutiefst überzeugt. Teile der Weltöffentlichkeit aber glaubte, dass auch sie, nicht nur Trotzki und Sinojew, sich gegen Stalin verschworen hätten. So wurde auch eine Widerstandsmöglichkeit gegen den Nationalsozialismus zerstört - gegen den Stalin ja sowieso anfangs nicht allzuviel Widerstand zeigte. Mittendrin Ruges Großmutter, die entlassen wird und in einem Hotel jeden Tag bangen muss, mitten in der Nacht von der Geheimpolizei abgeholt zu werden. Also bettelte sie um Anerkennung und verriet Freunde, um ihr Leben zu retten. Warum gab es keinen Widerstand gegen Stalin? Die Mischung an Glaubenwollen an die Richtigkeit der eigenen Überzeugung, Glaubenwollen an das eigenen Überleben, Glaubenwollen an das Gute und Glaubenwollen, dass andere aber eventuell etwas falsch gemacht haben könnten, erschrickt. Ruge will, dass das auch uns heute erschrickt - natürlich könnten wir aus heutiger Perspektive Unverständnis gegenüber seiner Großmutter zeigen - doch man unterschätzt, wie schnell man selbst auch irgendwelchen Überzeugungen anhängt, an den Fortschritt glaubt und zugleich aus Angst vor dem eigenen Tod bereit ist alles zu tun - sich zu erniedrigen, falsch auszusagen, zu verraten. Ruge berichtet davon, dass seine Großmutter nie von dieser Zeit erzählte - es gab vielleicht zwei kleine Erwähnungen. Und es gab eine Stille bei einer Silvesterfeier, die Ruge so deutet, dass sie und sein Stiefgroßvater sich da ihrer verstorbenen Freund*innen erinnerten. In [b:In Zeiten des abnehmenden Lichts|17238399|In Zeiten des abnehmenden Lichts|Eugen Ruge|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1358114611l/17238399._SY75_.jpg|17367132] erzählt Ruge - nicht ganz so gut, weil weniger fesselnd und sehr ausholend - dann restliche Familiengeschichtsfragmente, deutlich intergenerationeller. Dort wird dann über den Aufenthalt in Mexiko und in der DDR berichtet. Er distanziert sich so auch auf gewisse Weise von seiner Familie, die ja auch in kommunistischen Regimen mittätig war. Gleichzeitig wirbt er aber auch für Verständnis für die historischen Umstände. Am Besten im Roman sind die originalen Dokumente (meist Denunziationen oder Bittschriften), die mit abgedruckt werden. Während die Gedanken und Gefühle der Großmutter erfunden sind, zeigen sie erschreckenderweise, was an der Geschichte stimmt: Die historischen Eckdaten. Auf einmal versteht man, dass dieser Roman von echten Menschen erzählt aus einer gar nicht so fernen Zeit.
Ein fantastisches Stück Zeitgeschichte in Form einer sehr persönlichen, fiktionalen Biografie. „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ war für mich schon einer der besten DDR-Romane, die ich je gelesen habe. Und Metropol hat mich sogar noch mehr bewegt, vielleicht weil ich noch nie sehr so sehr an einzelnen Schicksalen über die Grausamkeiten des Stalinismus informiert wurde. Ruges Großmutter und Stiefgroßvater waren als Kommunisten Anfang der 30er Jahre in die Sowjetunion emigriert und lebten ihre Ideale. Doch mit der großen Säuberungswelle waren plötzlich auch altgediente Parteigenossen nicht mehr vor der Willkür des Staatsapparats sicher. Eugen Ruge baut aus den geheimen Akten des russischen Staatsarchivs über die Jahre 1937/38 und die Kaderakte seiner Oma eine Geschichte über Angst, Verrat und Loyalität in der Gefangenschaft im Nobelhotel Metropol in Moskau. Die große Stärke des Autors ist in meinen Augen seine Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle seiner Personen glaubhaft in Worte zu fassen. Er macht dabei kein Hehl daraus, dass er viele Lücken mit seiner Fantasie gefüllt, um die Fakten erlebbar zu machen. Insbesondere der sehr ehrliche und offene Epilog über die Entstehungsgeschichte des Buchs ist ein besonderer Höhepunkt. Absolute Leseempfehlung.
Ein fantastisches Stück Zeitgeschichte in Form einer sehr persönlichen, fiktionalen Biografie. „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ war für mich schon einer der besten DDR-Romane, die ich je gelesen habe. Und Metropol hat mich sogar noch mehr bewegt, vielleicht weil ich noch nie sehr so sehr an einzelnen Schicksalen über die Grausamkeiten des Stalinismus informiert wurde. Ruges Großmutter und Stiefgroßvater waren als Kommunisten Anfang der 30er Jahre in die Sowjetunion emigriert und lebten ihre Ideale. Doch mit der großen Säuberungswelle waren plötzlich auch altgediente Parteigenossen nicht mehr vor der Willkür des Staatsapparats sicher. Eugen Ruge baut aus den geheimen Akten des russischen Staatsarchivs über die Jahre 1937/38 und die Kaderakte seiner Oma eine Geschichte über Angst, Verrat und Loyalität in der Gefangenschaft im Nobelhotel Metropol in Moskau. Die große Stärke des Autors ist in meinen Augen seine Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle seiner Personen glaubhaft in Worte zu fassen. Er macht dabei kein Hehl daraus, dass er viele Lücken mit seiner Fantasie gefüllt, um die Fakten erlebbar zu machen. Insbesondere der sehr ehrliche und offene Epilog über die Entstehungsgeschichte des Buchs ist ein besonderer Höhepunkt. Absolute Leseempfehlung.
Ähnliche Bücher
AlleBeschreibung
Autorenbeschreibung
Eugen Ruge wurde 1954 in Soswa (Ural) geboren. Der diplomierte Mathematiker begann seine schriftstellerische Laufbahn mit Theaterstücken und Hörspielen. Für «In Zeiten des abnehmenden Lichts» wurde er unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Seitdem erschienen die Bände «Theaterstücke» und «Annäherung», die Romane «Cabo de Gata», «Follower» und zuletzt «Metropol».
Beiträge
Verwirrend am Anfang und dann überraschend spannend 🧐 😎 sehr lesenswert 👍🏻
Eugen Ruge erzählt die Geschichte seiner Großmutter im stalinistischen Russland. Partei, Geheimdienst, Verhaftungen, Heimlichkeiten, Eliten und Menschen die Schlange stehen um etwas Essen zu kaufen…Ich konnte mir vieles sehr gut vorstellen, da ich derartige Geschichten auch von meinen Großeltern kenne.
Eintauchen in Ruges Familiengeschichte, besonders spannend durch echte Dokumente aus dem russ. Staatsarchiv, kongenial gelesen von Noethen.
Wieviel Recherchearbeit Eugen Ruge in seinen Roman Metropol gesteckt hat, ist von Anfang an durch die immer wieder eingeschobenen Auszüge aus dem russischen Staatsarchiv spürbar und wird durch den Epilog, der die Entstehungsgeschichte dieses biographisch fundierten Romans nachzeichnet, noch ersichtlicher. "Dies ist die Geschichte, die du nie erzählt hast" wendet sich der Erzähler/Autor an seine bereits verstorbene Großmutter, die nach der Machtergreifung der Nazis als deutsche Kommunistin viereinhalb Jahre in Moskau gelebt hat. Und lässt uns dann - gestützt auf Angaben aus ihrer Kaderakte - nach Russland in das Jahr 1936 reisen, wo Charlotte für den "Außengeheimdienst" der Sowjetunion, den OMS, tätig ist. Im Laufe des Romans führt uns der Autor die Absurdität von Stalins Parteisäuberungen vor Augen und zeigt uns auch (aus unterschiedlichen Perspektiven), was es heißt, tagtäglich an diesem Ort zu dieser Zeit gelebt zu haben. Ruge liefert viele Details aus dem Alltag seiner Protagonisten, beschreibt ihre Gedankengänge, Handlungen und Gefühle. Dadurch wurde die Geschichte insgesamt sehr lebendig, fühlte sich für mich gen Ende hin - als ich zusammen mit den Protagonisten voller Ungewissheit warten, warten, warten musste - aber auch ein ganz klein wenig langatmig an. Im Grunde kann aber auch das als Pluspunkt des Romans genannt werden und als Beweis für die lebendige Schilderung des Geschehenen herangezogen werden. Mir hat der reale Bezug imponiert, und vor allem, dass der Autor es geschafft hat, das in den Auszügen aus der Kaderakte Angedeutete so gut zum Leben zu erwecken. Ich konnte zum Beispiel genau nachempfinden, auf welche sprachlichen Probleme die Protagonisten in ihrer neuen Heimat stießen, welche planwirtschaftsbedingten Probleme ihren Alltag erschwerten, welche elementare Hoffnung und welche tiefgehenden Ängste sie begleiteten, welche große Macht der stalinsche Terrorapparat hatte und wie sich das konkret zeigte. Fazit: Ein großer Roman, der ein Stück unglaublicher (Familien-)Geschichte lebendig nacherzählt. Kongenial gelesen von Ulrich Noethen, der sogar die Aussprache der russischen Namen und Begriffe gut gemeistert hat.
Sehr emotionale Geschichte. Ich konnte mich sehr gut in die Akteure hineinversetzen. Unglaublich ehrliche Sprache. Dieses Buch wird mit jedem Leser etwas machen
Metropol erzählt auf eine sehr sehr bedrückende Weise vom stalinistischen Terror und der Angst davor, dass einem dieser ereilen könnte. Ruge vollzieht die Geschichte seiner eigenen Großmutter nach - nein, er versetzt sich in die Großmutter hinein, auf eine intime, fast despektierliche Art, erzählt, wie es hätte sein, wie sie sich hätte fühlen können - als könnte er ihre Gedanken lesen. Seine Großmutter war deutsche Kommunistin. Sie heiratete nach einer ersten Ehe (aus der ein Sohn hervorging, der wiederum Vater von Eugen Ruge ist) einen kommunistischen Agenten und wurde dann selbst für den Nachrichtendienst der Komintern tätig. Was der alles getan hat, ist nicht nur wie bei vielen Geheimdiensten deswegen geheim, weil die Akten verschlossen bleiben und Geheimdienste nunmal (das letzte Mal dieses Wort in diesem Satz) geheim arbeiten. Es ist auch deswegen schwer zu erforschen, weil Stalin einen Großteil dieses Geheimdienstes ermorden ließ. Die, die übrig blieben, wie Ruges Großmutter und Stiefgroßvater, schwiegen. Ja, hier muss man immer wieder stocken, und sich das wieder vor Augen führen - Stalin, selbst Kommunist, ließ in den 30er Jahren erst in Schau-, dann Geheimprozessen Kommunisten umbringen. Manche schob er auch zu dem schon nazistischen Deutschland ab, das diese nicht selten auch jüdischen Menschen auf seine Weise empfing. Auch ein Todesurteil. Er brachte auch nicht nur irgendwelche Kommunisten im Dienste des Kommunismus um, sondern die Elite. Der Geheimdienst der Komintern war ja nicht irgendein Organ. Ihm wurde auf abwegigste Art eine Verschwörung angedichtet. Auch die, die ihm eine Verschwörung angedichtet hatten, wurde dann im Laufe der Jahre eine Verschwörung angedichtet, und die wurden dann auch hingerichtet. Dies erinnert auch an Schostakowitsch Lebensgeschichte im Bestseller [b:Der Lärm der Zeit|33857741|Der Lärm der Zeit|Julian Barnes|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1484421444l/33857741._SY75_.jpg|45799876]. Bucharin, Radek waren Führungspersonen in der Sowjetunion, sie waren selbst von der Richtigkeit ihrer politischen Ideologie zutiefst überzeugt. Teile der Weltöffentlichkeit aber glaubte, dass auch sie, nicht nur Trotzki und Sinojew, sich gegen Stalin verschworen hätten. So wurde auch eine Widerstandsmöglichkeit gegen den Nationalsozialismus zerstört - gegen den Stalin ja sowieso anfangs nicht allzuviel Widerstand zeigte. Mittendrin Ruges Großmutter, die entlassen wird und in einem Hotel jeden Tag bangen muss, mitten in der Nacht von der Geheimpolizei abgeholt zu werden. Also bettelte sie um Anerkennung und verriet Freunde, um ihr Leben zu retten. Warum gab es keinen Widerstand gegen Stalin? Die Mischung an Glaubenwollen an die Richtigkeit der eigenen Überzeugung, Glaubenwollen an das eigenen Überleben, Glaubenwollen an das Gute und Glaubenwollen, dass andere aber eventuell etwas falsch gemacht haben könnten, erschrickt. Ruge will, dass das auch uns heute erschrickt - natürlich könnten wir aus heutiger Perspektive Unverständnis gegenüber seiner Großmutter zeigen - doch man unterschätzt, wie schnell man selbst auch irgendwelchen Überzeugungen anhängt, an den Fortschritt glaubt und zugleich aus Angst vor dem eigenen Tod bereit ist alles zu tun - sich zu erniedrigen, falsch auszusagen, zu verraten. Ruge berichtet davon, dass seine Großmutter nie von dieser Zeit erzählte - es gab vielleicht zwei kleine Erwähnungen. Und es gab eine Stille bei einer Silvesterfeier, die Ruge so deutet, dass sie und sein Stiefgroßvater sich da ihrer verstorbenen Freund*innen erinnerten. In [b:In Zeiten des abnehmenden Lichts|17238399|In Zeiten des abnehmenden Lichts|Eugen Ruge|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1358114611l/17238399._SY75_.jpg|17367132] erzählt Ruge - nicht ganz so gut, weil weniger fesselnd und sehr ausholend - dann restliche Familiengeschichtsfragmente, deutlich intergenerationeller. Dort wird dann über den Aufenthalt in Mexiko und in der DDR berichtet. Er distanziert sich so auch auf gewisse Weise von seiner Familie, die ja auch in kommunistischen Regimen mittätig war. Gleichzeitig wirbt er aber auch für Verständnis für die historischen Umstände. Am Besten im Roman sind die originalen Dokumente (meist Denunziationen oder Bittschriften), die mit abgedruckt werden. Während die Gedanken und Gefühle der Großmutter erfunden sind, zeigen sie erschreckenderweise, was an der Geschichte stimmt: Die historischen Eckdaten. Auf einmal versteht man, dass dieser Roman von echten Menschen erzählt aus einer gar nicht so fernen Zeit.
Ein fantastisches Stück Zeitgeschichte in Form einer sehr persönlichen, fiktionalen Biografie. „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ war für mich schon einer der besten DDR-Romane, die ich je gelesen habe. Und Metropol hat mich sogar noch mehr bewegt, vielleicht weil ich noch nie sehr so sehr an einzelnen Schicksalen über die Grausamkeiten des Stalinismus informiert wurde. Ruges Großmutter und Stiefgroßvater waren als Kommunisten Anfang der 30er Jahre in die Sowjetunion emigriert und lebten ihre Ideale. Doch mit der großen Säuberungswelle waren plötzlich auch altgediente Parteigenossen nicht mehr vor der Willkür des Staatsapparats sicher. Eugen Ruge baut aus den geheimen Akten des russischen Staatsarchivs über die Jahre 1937/38 und die Kaderakte seiner Oma eine Geschichte über Angst, Verrat und Loyalität in der Gefangenschaft im Nobelhotel Metropol in Moskau. Die große Stärke des Autors ist in meinen Augen seine Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle seiner Personen glaubhaft in Worte zu fassen. Er macht dabei kein Hehl daraus, dass er viele Lücken mit seiner Fantasie gefüllt, um die Fakten erlebbar zu machen. Insbesondere der sehr ehrliche und offene Epilog über die Entstehungsgeschichte des Buchs ist ein besonderer Höhepunkt. Absolute Leseempfehlung.
Ein fantastisches Stück Zeitgeschichte in Form einer sehr persönlichen, fiktionalen Biografie. „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ war für mich schon einer der besten DDR-Romane, die ich je gelesen habe. Und Metropol hat mich sogar noch mehr bewegt, vielleicht weil ich noch nie sehr so sehr an einzelnen Schicksalen über die Grausamkeiten des Stalinismus informiert wurde. Ruges Großmutter und Stiefgroßvater waren als Kommunisten Anfang der 30er Jahre in die Sowjetunion emigriert und lebten ihre Ideale. Doch mit der großen Säuberungswelle waren plötzlich auch altgediente Parteigenossen nicht mehr vor der Willkür des Staatsapparats sicher. Eugen Ruge baut aus den geheimen Akten des russischen Staatsarchivs über die Jahre 1937/38 und die Kaderakte seiner Oma eine Geschichte über Angst, Verrat und Loyalität in der Gefangenschaft im Nobelhotel Metropol in Moskau. Die große Stärke des Autors ist in meinen Augen seine Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle seiner Personen glaubhaft in Worte zu fassen. Er macht dabei kein Hehl daraus, dass er viele Lücken mit seiner Fantasie gefüllt, um die Fakten erlebbar zu machen. Insbesondere der sehr ehrliche und offene Epilog über die Entstehungsgeschichte des Buchs ist ein besonderer Höhepunkt. Absolute Leseempfehlung.