Im Menschen muss alles herrlich sein
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Sasha Marianna Salzmann ist Theaterautor:in, Essayist:in und Dramaturg:in. Salzmanns Theaterstücke, die international aufgeführt werden, wurden vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Kunstpreis Berlin 2020 und dem Kleist-Preis 2024. Außer sich, Salzmanns Debütroman, wurde 2017 mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung und dem Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet und stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Er ist in sechzehn Sprachen übersetzt. Für den zweiten Roman, Im Menschen muss alles herrlich sein, ebenfalls für den Deutschen Buchpreis nominiert, erhielt Salzmann den Preis der Literaturhäuser 2022 und den Hermann-Hesse-Preis 2022.
Beiträge
3/5
Alles beginnt mit einem Eklat. Während der Geburtstagsfeier ihrer Mutter Lena wird Edi(ta) im Hof zusammengeschlagen – Lena und ihre Freundin Tatjana beugen sich über sie, Tatjanas Tochter Nina beobachtet alles aus der Entfernung. Zwei Mütter, zwei Töchter und dazwischen jede Menge ungesagter Dinge, über das eigene Leben, die Zukunft, aber vor allem die Vergangenheit in der Sowjetunion. In „Im Menschen muss alles herrlich sein“ erzählt Sasha Marianna Salzmann die Handlung aus wechselnden Perspektiven und über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Ich-Erzählerin Nina kommt nur drei Mal kurz zu Wort, ihre Passagen sind jedoch nicht weniger eindrücklich. Den größeren Teil nehmen Lenas und Tatjanas Leben in der Sowjetunion, die Flucht und der Neuanfang in Deutschland ein. Edi erleben wir in der Gegenwart in Berlin und auf dem Weg zu bewusster Geburtstagsparty. Salzmann gelingt es, in klaren Worten und Sprachbildern die Situation der vier Frauen einzufangen. Lena studierte ursprünglich Medizin, um ihrer psychisch kranken Mutter zu helfen; in Deutschland darf sie nur noch Krankenschwester sein und sich um die Tochter und den arbeitslosen Mann kümmern. Auch Tatjana landete, schwanger mit Nina, in Berlin. In der Gegenwart verheimlicht sie etwas und Familie und Freunde schauen auf sie herab, weil sie allein lebt. Beiden Frauen fällt es schwer, über die Vergangenheit zu sprechen und beide liebe ihre Töchter sehr, wenn sie auch deren Verhalten nicht immer verstehen. Edita und Nina führen ein eigenes Leben, dennoch kommen sie nicht richtig von der Familie und der Vergangenheit los. Nina leidet unter Ängsten, verbringt die meiste Zeit in ihrer Wohnung und beschäftigt sich mit dem Zerfall der Sowjetunion. Edita überlegt, während ihres Volontariats eine Dienstreise in die Ukraine zu machen. Zur Metapher für diese Situation wird im Roman die Giraffe des georgischen Malers Pirosmani. Da er selbst nie eine gesehen hatte, malte er das Tier aus seiner Vorstellung - auch Edita und Nina bleibt nur ihre ganz eigene Vorstellung von der Lebensrealität ihrer Mütter. Ein Roman, den ich sehr gerne auf der Shortlist gesehen hätte.
3,5⭐️ Auf den ersten 200 Seiten begleiten wir primär Lena, beginnend in den 70ern als Kind in der ehemaligen Sowjetunion und enden in den frühen 90ern, schwanger und nach Deutschland ausgewandert. Lena sagt an einer Stelle im Erwachsenenalter, sich noch in der ehemaligen Sowjetunion befindend:“das Jetzt hat keine Konturen, man kann nichts greifen“. Und genauso fühlte sich für mich auch der Schreibstil bis dahin an- hölzern, mit dem Versuch der Poesie, philosophisch zu sein- fehl am Platz- da gehörte nichts so recht zusammen. Insofern passte der Stil zum Inhalt. Das wird aber erst später klar. Ich war jedenfalls nach 50-60 Seiten bereits geneigt abzubrechen. Mit Einsetzen der Erzählung aus Blickwinkel der Töchter Nina und Edi ändert sich der Schreibstil grundlegend und es kommt Leben in die Bude. Die Jungen Frauen führen tolle Monologe und versuchen die Welt ihrer Eltern und deren Wurzeln zu verstehen. Ich bin froh zuvor Das achte Leben- für Brilka gelesen zu haben und ein Grundverständnis für einige gesellschaftliche und politische Situationen mitgebracht zu haben. Einige Aspekte in „Im Menschen muss alles herrlich sein“ waren neu bzw. von einer ganz anderen Seite aufgezogen. Die Bücher ergänzen sich hier sehr gut. Allerdings ist auf Grund der Kürze dieses Buches nur ein kleiner Einblick in die verfahrene Situation der beiden Familien möglich. Das Buch kitzelt einen überall mal an und lässt mit dem Ende alles Offen und ungeklärt. War für mich recht unbefriedigend, da mir der Rest der Story nur häppchenweise Highlights bescheren konnte. Ja und diese Giraffe- wie das Schokoladending in Brilka für mich unnötig.
Tatjana und Lena sind in den 90ern aus der Ukraine nach Deutschland ausgewandert, um ihre Kindheit und Jugend im repressiven System der Sowjetunion hinter sich zu lassen. Ihre Töchter sind in Deutschland aufgewachsen - doch was bedeutet es, in eine Familie hineingeboren zu sein, die so viel von ihrer Geschichte und ihren Emotionen verschweigt? Die die gesamte Vergangenheit mitsamt all ihrer Ungerechtigkeiten und Greuel einfach nur vergessen will? Sasha Marianna Salzmann nimmt uns mit auf eine Reise durch die UkrSSR, die Zeit der Perestroika, den Fall des Sowjetregimes und eine ukrainisch-deutsche Migrationsgeschichte der 90er Jahre. Von Mariupol und Krywyj Rih bis nach Jena folgen wir Frauen, denen die Politik ihrer Zeit nur wenig Freiheiten gelassen hat. Und lernen, was es heißt, eine zerstörerische Vergangenheit nie richtig aufarbeiten zu können. Im letzten Jahr für den Deutschen Buchpreis nominiert ist "Im Menschen muss alles herrlich sein" jetzt aktueller denn je. Ich möchte sagen, dass die Geschichte gut und gerne doppelt so viele Buchseiten hätte in Anspruch nehmen dürfen. Wir bewegen uns durch viele Jahre und eine ereignisreiche Zeit, da bleibt bei nur 380 Seiten wenig Zeit für tiefe Emotionen. Die Charaktere sind für mich deshalb sehr abstrakt geblieben, aber vielleicht ist auch das nur ein Spiegel der fehlenden Emotionalität, die die Frauen das gesamte Buch über am eigenen Leib erfahren müssen. Alles in allem ein wirklich guter Roman, 3 von 5 Sterne von mir und gerade jetzt eine dicke Leseempfehlung.
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Autorenbeschreibung
Sasha Marianna Salzmann ist Theaterautor:in, Essayist:in und Dramaturg:in. Salzmanns Theaterstücke, die international aufgeführt werden, wurden vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Kunstpreis Berlin 2020 und dem Kleist-Preis 2024. Außer sich, Salzmanns Debütroman, wurde 2017 mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung und dem Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet und stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Er ist in sechzehn Sprachen übersetzt. Für den zweiten Roman, Im Menschen muss alles herrlich sein, ebenfalls für den Deutschen Buchpreis nominiert, erhielt Salzmann den Preis der Literaturhäuser 2022 und den Hermann-Hesse-Preis 2022.
Beiträge
3/5
Alles beginnt mit einem Eklat. Während der Geburtstagsfeier ihrer Mutter Lena wird Edi(ta) im Hof zusammengeschlagen – Lena und ihre Freundin Tatjana beugen sich über sie, Tatjanas Tochter Nina beobachtet alles aus der Entfernung. Zwei Mütter, zwei Töchter und dazwischen jede Menge ungesagter Dinge, über das eigene Leben, die Zukunft, aber vor allem die Vergangenheit in der Sowjetunion. In „Im Menschen muss alles herrlich sein“ erzählt Sasha Marianna Salzmann die Handlung aus wechselnden Perspektiven und über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Ich-Erzählerin Nina kommt nur drei Mal kurz zu Wort, ihre Passagen sind jedoch nicht weniger eindrücklich. Den größeren Teil nehmen Lenas und Tatjanas Leben in der Sowjetunion, die Flucht und der Neuanfang in Deutschland ein. Edi erleben wir in der Gegenwart in Berlin und auf dem Weg zu bewusster Geburtstagsparty. Salzmann gelingt es, in klaren Worten und Sprachbildern die Situation der vier Frauen einzufangen. Lena studierte ursprünglich Medizin, um ihrer psychisch kranken Mutter zu helfen; in Deutschland darf sie nur noch Krankenschwester sein und sich um die Tochter und den arbeitslosen Mann kümmern. Auch Tatjana landete, schwanger mit Nina, in Berlin. In der Gegenwart verheimlicht sie etwas und Familie und Freunde schauen auf sie herab, weil sie allein lebt. Beiden Frauen fällt es schwer, über die Vergangenheit zu sprechen und beide liebe ihre Töchter sehr, wenn sie auch deren Verhalten nicht immer verstehen. Edita und Nina führen ein eigenes Leben, dennoch kommen sie nicht richtig von der Familie und der Vergangenheit los. Nina leidet unter Ängsten, verbringt die meiste Zeit in ihrer Wohnung und beschäftigt sich mit dem Zerfall der Sowjetunion. Edita überlegt, während ihres Volontariats eine Dienstreise in die Ukraine zu machen. Zur Metapher für diese Situation wird im Roman die Giraffe des georgischen Malers Pirosmani. Da er selbst nie eine gesehen hatte, malte er das Tier aus seiner Vorstellung - auch Edita und Nina bleibt nur ihre ganz eigene Vorstellung von der Lebensrealität ihrer Mütter. Ein Roman, den ich sehr gerne auf der Shortlist gesehen hätte.
3,5⭐️ Auf den ersten 200 Seiten begleiten wir primär Lena, beginnend in den 70ern als Kind in der ehemaligen Sowjetunion und enden in den frühen 90ern, schwanger und nach Deutschland ausgewandert. Lena sagt an einer Stelle im Erwachsenenalter, sich noch in der ehemaligen Sowjetunion befindend:“das Jetzt hat keine Konturen, man kann nichts greifen“. Und genauso fühlte sich für mich auch der Schreibstil bis dahin an- hölzern, mit dem Versuch der Poesie, philosophisch zu sein- fehl am Platz- da gehörte nichts so recht zusammen. Insofern passte der Stil zum Inhalt. Das wird aber erst später klar. Ich war jedenfalls nach 50-60 Seiten bereits geneigt abzubrechen. Mit Einsetzen der Erzählung aus Blickwinkel der Töchter Nina und Edi ändert sich der Schreibstil grundlegend und es kommt Leben in die Bude. Die Jungen Frauen führen tolle Monologe und versuchen die Welt ihrer Eltern und deren Wurzeln zu verstehen. Ich bin froh zuvor Das achte Leben- für Brilka gelesen zu haben und ein Grundverständnis für einige gesellschaftliche und politische Situationen mitgebracht zu haben. Einige Aspekte in „Im Menschen muss alles herrlich sein“ waren neu bzw. von einer ganz anderen Seite aufgezogen. Die Bücher ergänzen sich hier sehr gut. Allerdings ist auf Grund der Kürze dieses Buches nur ein kleiner Einblick in die verfahrene Situation der beiden Familien möglich. Das Buch kitzelt einen überall mal an und lässt mit dem Ende alles Offen und ungeklärt. War für mich recht unbefriedigend, da mir der Rest der Story nur häppchenweise Highlights bescheren konnte. Ja und diese Giraffe- wie das Schokoladending in Brilka für mich unnötig.
Tatjana und Lena sind in den 90ern aus der Ukraine nach Deutschland ausgewandert, um ihre Kindheit und Jugend im repressiven System der Sowjetunion hinter sich zu lassen. Ihre Töchter sind in Deutschland aufgewachsen - doch was bedeutet es, in eine Familie hineingeboren zu sein, die so viel von ihrer Geschichte und ihren Emotionen verschweigt? Die die gesamte Vergangenheit mitsamt all ihrer Ungerechtigkeiten und Greuel einfach nur vergessen will? Sasha Marianna Salzmann nimmt uns mit auf eine Reise durch die UkrSSR, die Zeit der Perestroika, den Fall des Sowjetregimes und eine ukrainisch-deutsche Migrationsgeschichte der 90er Jahre. Von Mariupol und Krywyj Rih bis nach Jena folgen wir Frauen, denen die Politik ihrer Zeit nur wenig Freiheiten gelassen hat. Und lernen, was es heißt, eine zerstörerische Vergangenheit nie richtig aufarbeiten zu können. Im letzten Jahr für den Deutschen Buchpreis nominiert ist "Im Menschen muss alles herrlich sein" jetzt aktueller denn je. Ich möchte sagen, dass die Geschichte gut und gerne doppelt so viele Buchseiten hätte in Anspruch nehmen dürfen. Wir bewegen uns durch viele Jahre und eine ereignisreiche Zeit, da bleibt bei nur 380 Seiten wenig Zeit für tiefe Emotionen. Die Charaktere sind für mich deshalb sehr abstrakt geblieben, aber vielleicht ist auch das nur ein Spiegel der fehlenden Emotionalität, die die Frauen das gesamte Buch über am eigenen Leib erfahren müssen. Alles in allem ein wirklich guter Roman, 3 von 5 Sterne von mir und gerade jetzt eine dicke Leseempfehlung.