Die Welt im Rücken

Die Welt im Rücken

Taschenbuch
3.812
Manische DepressionManisch-Depressive ErkrankungAbgrundEpisoden

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Beschreibung

«Wenn Sie bipolar sind, hat Ihr Leben keine Kontinuität mehr. Die Krankheit hat Ihre Vergangenheit zerschossen, und in noch stärkerem Maße bedroht sie Ihre Zukunft. Mit jeder manischen Episode wird Ihr Leben, wie Sie es kannten, weiter verunmöglicht. Die Person, die Sie zu sein und kennen glaubten, besitzt kein festes Fundament mehr. Sie können sich Ihrer selbst nicht mehr sicher sein. Und Sie wissen nicht mehr, wer Sie waren. Was sonst vielleicht als Gedanke kurz aufleuchtet, um sofort verworfen zu werden, wird im manischen Kurzschluss zur Tat. Jeder Mensch birgt wohl einen Abgrund in sich, in welchen er bisweilen einen Blick gewährt; eine Manie aber ist eine ganze Tour durch diesen Abgrund, und was Sie jahrelang von sich wussten, wird innerhalb kürzester Zeit ungültig. Sie fangen nicht bei null an, nein, Sie rutschen ins Minus, und nichts mehr ist mit Ihnen auf verlässliche Weise verbunden.»
Thomas Melle leidet seit vielen Jahren an der manisch-depressiven Erkrankung, auch bipolare Störung genannt. Er erzählt schonungslos und sprachlich brillant von seinem Umgang mit der Krankheit, von persönlichen Dramen und langsamer Besserung – und gibt so einen außergewöhnlichen Einblick in das, was in einem Erkrankten vorgeht. Die fesselnde Chronik eines zerrissenen Lebens, ein autobiografisch radikales Werk von höchster literarischer Kraft.
Das Buch stand auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2016 und hat Presse und Leser gleichermaßen begeistert.

Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
N/A
Format
Taschenbuch
Seitenzahl
352
Preis
14.40 €

Autorenbeschreibung

Thomas Melle, 1975 geboren, studierte Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie in Tübingen, Austin (Texas) und Berlin. Er ist Autor vielgespielter Theaterstücke und übersetzte u. a. William T. Vollmanns Roman «Huren für Gloria». Sein Debütroman «Sickster» (2011) war für den Deutschen Buchpreis nominiert und wurde mit dem Franz-Hessel-Preis ausgezeichnet. 2014 folgte der Roman «3000 Euro», der auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand. 2015 erhielt Thomas Melle, der in Berlin lebt, den Kunstpreis Berlin.

Beiträge

10
Alle
5

Unglaublich, welche Wucht dieses Buch hatte. Sicher eines der besten Bücher, die ich über psychische Erkrankungen gelesen habe. Es ist eine Autobiografie eines Schriftsteller, der unter massiver bipolarer Störung (Typ 1) leidet. Ich war erstaunt, dass das Buch gar nichts Fiktionales hatte, denn als Shortlist-Buch des Deutschen Buchpreises 2016 hatte ich mir etwas Anderes vorgestellt. Ich dachte, dass nur Romane aufgenommen werden. Aber was heißt schon Fiktion in diesem Zusammenhang? Ist die manische Phase eines Bipolaren nicht die reinste Fiktion überhaupt? Was sich da im Kopf des Manischen abspielt, ist der reinste Alptraum. Nichts ist real. Da ist der Kranke überzeugt, mit Madonna zu schlafen, Picasso ein Glas Rotwein übergeschüttet zu haben oder mit Lars von Trier auf einer Party zu sein. Jede Bewegung, jede Nachricht, jede Form von verbaler und nonverbalen Kommunikation bezieht Thomas Melle, der sich als Messias in der Zeit sieht, in seinen manischen Phasen auf sich selbst. Wie kann das Leben sich einem Menschen nur so sehr in den Weg stellen? Thomas Melle kommt aus einfachen Verhältnisse, schwierige Kindheit mit gewalttätigen Vater und depressiver Mutter, Scheidungskind, der seinen Weg an die Uni findet, Literaturwissenschaften studiert und während dieser Zeit erstmals den Boden unter den Füßen verliert. Ich wußte nicht, dass die Phasen von Manie und Depression so lange andauern können. Bei ihm sind es nicht Tage, sondern Monate. Mittlerweile hat er drei lange Maniephasen hinter sich. Er sagt über sich selbst, dass er aus drei Personen besteht, dem Manischen, dem Depressiven und dem Mann, der bei dem Wechsel von einem Pol zum Anderen erkennt, in was für Peinlichkeiten er sich und sein Umfeld in der zurückliegenden Phase gestürzt hat. Kann man sich wirklich so reflektiert an seine schlimmsten Wahrnehmungsstörungen erinnern, wie es Thomas Melle kann? Ich habe es ihm abgenommen. Es gibt viele Menschen, die unter Bipolarer Störung leiden, die wenigsten haben aber seine literarischen Fähigkeiten. Es gelingt ihm außergewöhnlich gut, in sich auftürmenden Wortkaskaden diese manische Sichtweise zu Papier zu bringen. Teilweise ging es mir schon zu nahe und das Verlangen, aus dieser seelischen Achterbahnfahrt auszusteigen war groß. Aber ich habe mich von dem Sog seiner Ausdrucksfähigkeit anziehen zu lassen und war für wenige Tage voll im Buch versunken. Das passiert nicht oft. Klare Leseempfehlung.

3.5

Autobiografie einer Person mit bipolarer Störung, anschaulich und spürbar, Schreibstil für mich etwas holprig, solide

2

bin leider gar nicht mit dem schreibstil und der erzählweise klargekommen.

4

Der Schriftsteller Thomas Melle dokumentiert in seiner Autobiografie die Erkrankung, an der er seit vielen Jahren leidet: Er ist bipolar. Früher nannte man das „manisch-depressiv“, und das ist, so Melle, der besser passende Ausdruck, auch wenn er den Versuch, die Krankheit mithilfe des neuen Begriffes zu entstigmatisieren, anerkennt. Bipolar, manisch depressiv, wie vielen anderen sicher auch war mir die Krankheit ein Begriff, ich wusste auch ungefähr, wie das Krankheitsbild aussieht, manische und depressive Phasen wechseln sich ab. Ich wusste, Carrie Fisher war bipolar und Stephen Fry ist es auch. Doch was die Manie wirklich bedeutet, das war mir nicht klar. Ich dachte, es handelt sich um eine Art euphorischen Zustand, doch tatsächlich sieht die Manie ganz anders aus, ist geprägt von Wahn, Paranoidität und einer Wesensveränderung der betroffenen Person. Thomas Melle leidet an einer besonders schweren Form der Bipolarität, die mit einem stark erhöhten Suizidrisiko verbunden ist. Seine Schilderungen seiner manischen Phasen machen betroffen, schockieren angesichts des Ausmaßes, in dem die Krankheit sein Leben zerstörte. Melles Sprache ist kraftvoll und ausdrucksstark, sehr literarisch und dabei klar, was mir ausgezeichnet gefallen hat. Melle konzentriert sich auf die drei Schübe der Manie, die er bisher durchgemacht hat und die sich in ihrer Schwere und Dauer jeweils steigerten. Er glaubt in diesen Phasen, dass sich die ganze Welt um ihn dreht, dass er jeden kennt und jeder ihn kennt, dass alles, Songtexte, Zeitungsartikel, Kinofilme, sich auf ihn beziehen. Die Krankheit zerstört seine zwischenmenschlichen Beziehungen, bedroht seine schriftstellerische Tätigkeit, lässt ihn in den finanziellen Abgrund stürzen. Mitleidhascherei ist mit Sicherheit das letzte, was Thomas Melle mit seiner Autobiografie erreichen will. Der empathische Leser kann jedoch nicht anders, als sich in ihn hineinzuversetzen und sich zu wünschen, die Krankheit möge ihn zukünftig in Ruhe lassen. Was Thomas Melle sicher eher beabsichtigte, ist, Aufklärung über die Krankheit zu betreiben und Verständnis für Betroffene allgemein zu generieren. Ich denke, dass er auch persönlich seinen Mitmenschen seine Verhaltensweisen erklären wollte. All dies gelingt ihm überzeugend in besonders lesenswerter Sprache. Zum Hörbuch: Man merkt Thomas Melle an, dass er kein geübter Sprecher ist, sein Vortrag klingt schon recht vorgelesen, dennoch finde ich es grundsätzlich gut, wenn ein Autor seine Biografie selber liest, es bringt den Text dem Leser automatisch näher. Darum kann ich das Hörbuch definitiv empfehlen.

4

Was für ein krasses Buch & eine krasse Erkrankung. Ich finde es so gut wie Thomas Melle das alles reflektiert.. Das muss einfach so hart sein. Finde es bloß etwas schade, dass er gefühlt viel weniger auf seine depressiven Episoden eingegangen ist als auf die manische Zeit, aber ok

5

Thomas Melles Offenheit mit der Krankheit Bipolarität ist bewundernswert, seine Darstellung ist beängstigend und verstörend wie das Flirren eines defekten Lichts im mit 300 km/h durch einen endlosen, dunklen Tunnel rasenden ICE. Innerlich hatte Melle schon Abschied genommen von seinem Leben, wie er offen eingesteht. Wenn der Teufel einmal die eigene Seele im Klammergriff hat, fühlt man sich wahrscheinlich wie im Brennofen der Hölle. Es ist dieses Grauen, das Melle mehrfach durchmachte. Nichts erscheint ihm mehr lebenswert. Man möchte ihm am liebsten zurufen: Halte durch, es geht vorbei. Thomas Melle hat mit "Die Welt im Rücken" eine nichtfiktionale Tragödie geschrieben, die fesselnd ist. Und mit dem Einblick in sein Innenleben hat er darüber hinaus einen wichtigen Beitrag geleistet, um das Krankheitsbild Bipolarität zu verstehen und den betroffenen Menschen ein bisschen mehr Verständnis entgegen bringen zu können.  Die vollständige Rezension: https://buecherherbst.wordpress.com/2016/10/16/rezension-thomas-melle-die-welt-im-ruecken-rowohlt-buecherherbst-buecherblog-der-fremde-im-eigenen-koerper/

4

Thomas Melle schreibt in "Die Welt im Rücken" über seine bipolare Störung und tut dies auf eine sehr eindrückliche und ernste, gleichzeitig auch auf eine sehr intime Art und Weise, die das Erzählte unheimlichen „nah“ wirken lässt. Es ist defintiv keine leichte Lektüre für nebenbei, doch durch seinen besonderen Erzählstil, gespickt von einer gewissen stellenweise komisch wirkenden Selbstreflexion bei gleichzeitiger Nüchternheit, kann er dieses schwierige Thema ein wenig entschärfen. Dennoch sind die Schilderungen, vor allem der manischen und depressiven Phasen, keineswegs leicht zu verdauen. Ich habe das Hörbuch, von Thomas Melle selbst gelesen, gehört und fand es unheimlich ergreifen und sehr authentisch. Allein der Titel und die grobe Kenntnis des Themas hat es auf meine Wunschliste befördert und ich bin froh, es nun gelesen bzw. gehört zu haben!

3

Wild, durcheinander, schnell und ja, halt irgendwie verrückt. Thomas Melle schreibt in seinem Buch "Die Welt im Rücken" über sein Leben mit einer bipolaren Erkrankung. Hierbei beleuchtet er jedoch nicht sachlich seinen Zustand, sondern er nimmt die Leser*innen mit auf seine Schübe. Das ist ganz schön anstrengend, aber es lässt einen eben auch nachvollziehen, was in ihm vorging und wie es sich anfühlt. Ich musste beim Lesen öfter an die Leute denken, die einem manchmal auf der Straße begegnen, die laut Selbstgespräche führen oder einen mit Dingen, die man nicht versteht auf einmal ansprechen oder manchmal auch anschreien. Und nach diesem Buch kann ich etwas besser nachvollziehen, wie sie die Sitation aus ihrer Perspektive wahrscheinlich wahrnehmen. Thomas Melle ist sehr ehrlich im Umgang mit seinem Verhalten und seiner Erkrankung. Er thematisiert auch, wie sich sein Umfeld dadurch verändert hat und wie schwierig es ist einen Job und Freundschaften zu pflegen. Aber auch die Kreativität und andere Vorzüge lernen wir durch ihn verstehen. Für alle, die mal einen Einblick in den Alltag eines bipolar erkrankten haben möchten, kann ich dieses Buch sehr empfehlen. Wer jedoch sachliche Erklärungen, ein How to oder fachliche Ausführungen sucht, ist hier falsch.

5

Unglaublich, welche Wucht dieses Buch hatte. Sicher eines der besten Bücher, die ich über psychische Erkrankungen gelesen habe. Es ist eine Autobiografie eines Schriftsteller, der unter massiver bipolarer Störung (Typ 1) leidet. Ich war erstaunt, dass das Buch gar nichts Fiktionales hatte, denn als Shortlist-Buch des Deutschen Buchpreises 2016 hatte ich mir etwas Anderes vorgestellt. Ich dachte, dass nur Romane aufgenommen werden. Aber was heißt schon Fiktion in diesem Zusammenhang? Ist die manische Phase eines Bipolaren nicht die reinste Fiktion überhaupt? Was sich da im Kopf des Manischen abspielt, ist der reinste Alptraum. Nichts ist real. Da ist der Kranke überzeugt, mit Madonna zu schlafen, Picasso ein Glas Rotwein übergeschüttet zu haben oder mit Lars von Trier auf einer Party zu sein. Jede Bewegung, jede Nachricht, jede Form von verbaler und nonverbalen Kommunikation bezieht Thomas Melle, der sich als Messias in der Zeit sieht, in seinen manischen Phasen auf sich selbst. Wie kann das Leben sich einem Menschen nur so sehr in den Weg stellen? Thomas Melle kommt aus einfachen Verhältnisse, schwierige Kindheit mit gewalttätigen Vater und depressiver Mutter, Scheidungskind, der seinen Weg an die Uni findet, Literaturwissenschaften studiert und während dieser Zeit erstmals den Boden unter den Füßen verliert. Ich wußte nicht, dass die Phasen von Manie und Depression so lange andauern können. Bei ihm sind es nicht Tage, sondern Monate. Mittlerweile hat er drei lange Maniephasen hinter sich. Er sagt über sich selbst, dass er aus drei Personen besteht, dem Manischen, dem Depressiven und dem Mann, der bei dem Wechsel von einem Pol zum Anderen erkennt, in was für Peinlichkeiten er sich und sein Umfeld in der zurückliegenden Phase gestürzt hat. Kann man sich wirklich so reflektiert an seine schlimmsten Wahrnehmungsstörungen erinnern, wie es Thomas Melle kann? Ich habe es ihm abgenommen. Es gibt viele Menschen, die unter Bipolarer Störung leiden, die wenigsten haben aber seine literarischen Fähigkeiten. Es gelingt ihm außergewöhnlich gut, in sich auftürmenden Wortkaskaden diese manische Sichtweise zu Papier zu bringen. Teilweise ging es mir schon zu nahe und das Verlangen, aus dieser seelischen Achterbahnfahrt auszusteigen war groß. Aber ich habe mich von dem Sog seiner Ausdrucksfähigkeit anziehen zu lassen und war für wenige Tage voll im Buch versunken. Das passiert nicht oft. Klare Leseempfehlung.

3

Faszinierend beschreibt Melle seinen Lebensweg mit seinen Höhen und Tiefen. Mit seinem Buch liefert er ein Stück Aufklärungsarbeit in Hinsicht auf bipolare Störung und psychische Erkrankungen im Allgemeinen. Allerdings lässt sich keine Spannungsmomente erkennen, die Geschichte fließt einfach vor sich hin, ohne Ziel. Außerdem schafft Melle es, sein Innerstes zu zeigen, ohne sich offenzulegen. Auch nach der Lektüre kann ich nicht sagen, was in ihm vorgegangen ist, ich kann ihn nach wie vor nicht verstehen.

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