Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

Hardcover
4.04
Psychologischer RomanUnterwerfungLektürehilfePsychogramm

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Beschreibung

In einem Militärinternat in der österreichischen Provinz wird ein Schüler erpresst, gedemütigt und gequält. Der junge Törleß beteiligt sich an diesem sadistischen Spiel seiner Kameraden, fasziniert von der Macht, die er auf Schwächere auszuüben vermag. Seine 'Verwirrungen' beschreiben einen schmerzhaft durchlebten Prozess der Entwicklung und Erkenntnis: die Pubertät. Wohl kein Werk der Literatur hat diese so schmerzlich-intensiv geschildert wie Robert Musils Roman.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Klassiker
Format
Hardcover
Seitenzahl
256
Preis
3.95 €

Autorenbeschreibung

Robert Musil (1880 - 1942), österreichischer Schriftsteller. Ausbildung beim Militär, Ingenieursstudium, Studium der Philosophie, Psychologie, Mathematik und Physik. Bibliothekar an der TH Wien, Redakteur der Neuen Rundschau in Berlin. 1914-1918 österreichisch-ungarischer Reserveoffizier an der italienisch-serbischen Front, 1931-1933 in Berlin. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten kehrt Musil nach Wien zurück. 1938 Emigration über Zürich nach Genf. Er arbeitet ohne Aussicht auf Publikation, immer mehr vereinsamend und trotz gesundheitlicher Probleme bis zu seinem Tod am Mann ohne Eigenschaften. Er muss alle zwei bis drei Monate um die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung in der Schweiz ansuchen und wartet vergeblich auf die Erlaubnis zur Einreise in die USA. Finanziell unterstützt wird er in diesen Jahren von Schweizer Hilfsorganisationen, einem Züricher Pfarrer und einem amerikanischen Ehepaar. Sämtliche Werke Musils werden in die Jahresliste 1941 des schändlichen und unerwünschten Schrifttums aufgenommen. Mitte Januar 1942 äußert Musil den Wunsch, den Mann ohne Eigenschaften "irgendwie abzuschließen". Musil stirbt am 15. April 1942 in Genf an Gehirnschlag. Martha Musil verstreut später seine Asche in einem Wald nahe Genf.Weitere Werke: Roman Die Verwirrung des Zöglings Törless (1906), Schauspiel Die Schwärmer (1921), Posse Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer (1923), Novellenzyklus Drei Frauen (1924), Essay- und Erzählband Nachlass zu Lebzeiten (1935).

Beiträge

4
Alle
4

Dunkel und überraschend

Mich hat die Dunkelheit, dieses Grauenhafte und Brutale in diesem Buch echt überraschst. Das stumpfe zusehen, von dem man liest, macht es umso krasser … Eine Geschichte die sehr spannend war - ich flog auch durch die Seiten - die aber an manchen Stellen echt Nerven gekostet haben, es nicht wegzulegen, aufgrund der gewaltdroheneden Vorstellungen …

4

Ich würde es als psychologische Pubertätsstudie bezeichnen. Man erhölt Einblicke in den Geist des jungen Kadetten Törleß und erlebt die verwirrten Gedanken, die Richtungen, in denen sie sich bewegen, die große Suche dahinter. Sehr gutes Buch,welches viel tiefgehender ist, als der Titel vermuten lässt.

5

Wer ist Törleß und was beschäftigt ihn? „Ihre Ränder verloren sich in dem ringsum zertretenen Boden und waren nur an zwei Reihen Akazienbäumen kenntlich, die traurig mit verdursteten, von Staub und Ruß erdrosselten Blättern zu beiden Seiten standen. Machten es diese traurigen Farben, machte es das bleiche, kraftlose, durch den Dunst ermüdete Licht der Nachmittagssonne: Gegenstände und Menschen hatten etwas Gleichgültiges, Lebloses Mechanisches an sich, als seien sie aus der Szene eines Puppentheaters genommen.“ Ein junges Männlein, das gleichgültig und leblos durch seine Welt wabert. Das Gefühl, nur ausgetreten Fußspuren zu folgen und entdeckt: da ist so unfassbar viel Unverstandenes in mir, ein unausgefülltes Nichts, eine Sehnsucht, die verstörenden Genuss findet, an Dingen, die nicht sein sollen. Hilflosigkeit, Orientierungslosigkeit, Angst vor subtilen Empfindeleien, das Gefühl etwas verloren zu haben, von dem er nicht weiß was es ist. „Er fühlte sich mehr denn je verlassen und auf verlornem Posten, aber in dieser Wehmut lag ein feines Vergnügen, ein Stolz, etwas Fremdes zu tun, einer unverstandenen Gottheit zu dienen. Und dann konnte wohl auch vorübergehend in seinen Augen etwas aufleuchten, das an den Aberwitz religiöser Ekstase gemahnte. Zu Beginn des Buches versucht Törleß in Relexionen diese Empfindungen und Gedanken zu fassen und fühlt sie zurückweichen. Das Reale entzieht sich dem Symbolischen. Er ermüdet schnell in diesen Reflexionen und zieht eine Mauer hoch. Grundsätzlich verhandelt Musil die Grenzen formaler Systeme, anhand von Kant und den Übergang vom Konkreten, Verstandesmäßigem zum Unbekannten, Unsagbaren, Metaphysischen. Törleß ist Positivismuskritik und ein Mahnmal, wie jemand auf dem Weg zur Subjektivierung krepiert – sich im Erwachsenenalter an eine formale, abstrakte Moral hängt, ohne konkreten Inhalt des moralischen Lebens. Er zählte dann zu jenen ästhetisch-intellektuellen Naturen, welchen die Beachtung der Gesetze und wohl auch teilweise der öffentlichen Moral eine Beruhigung gewährt, weil sie dadurch enthoben sind, über etwas Grobes, von dem feineren seelischen Geschehen Weitabliegendes nachdenken zu müssen, die aber eine gelangweilte Unempfindlichkeit mit dieser großen äußeren, ein wenig ironischen Korrektheit verbinden, sobald man ein persönlicheres Interesse für deren Gegenstände von ihnen verlangt. Hauptsache nicht Denken! Bitte keine Reflexivität! Keine Versöhnung mit dem Anderen! Schöngeistige Fassade aufgelegt und auf zum Überwinden und Verdrängen! Gesetzgebende Moral auf Post it gepinnt, angeklebt und die Finsternis umschifft. Huch, was machen die ganzen autoritären Gestalten hier? __________________________________ Mein überfordertes Geblubber nach dem ersten Read (2021-02): Ein sprachliches Fest- Musil versteht es die Pupertären Gefühlswirrungen in poetische, psychologisch ausdrucksstarke Worte und Beobachten zu packen, wie ich es noch nie gelesen habe. Jede Seite ist ein Fest mit Hunderten Möglichkeiten nachzusinnen. Ein Buch das ich nur sehr langsam lesen konnte, weil es eine solche Wucht hat.

3

Musils Bücher bekommen immer drei Sterne von mir, auch hier. Ein Zeichen völliger Ratlosigkeit, wie ich das Gelesene für mich werten soll. Im Vergleich zum Mann ohne Eigenschaften empfand ich beim Törleß den Erzähler wesentlich prägnanter und vor allem wertender. Das hat mich im ersten Drittel doch sehr überrascht und hielt mich auf Distanz zum Roman. Später ähnelt die Erzählweise dann aber immer mehr dem MoE, d.h. viel direkte Rede mit längeren essayhaften Einschüben über die verschiedensten Themen von Philosophie, Psychologie bis zur Mathematik. Auch ähnelte der Törleß als meist stiller Beobachter der sadistischen Grausamkeiten in seinem Internat charakterlich dem Ulrich aus MoE. Insofern empfand ich es interessant, diesen Roman quasi als Vorgeschichte zum sperrigen Meisterwerk des Autors zu lesen. Ich hatte vermutet, dass der Törleß eine Art Schülerroman wie Hesses Unterm Rad sei. Doch diese Bücher unterscheiden sich grundlegend. Musils Buch ist weit mehr als eine Gesellschaftskritik einer geschundenen Jugend. Es ist die selbstbewusste Stimme der Jugend, die eine neue Zeit proklamiert und die alten bürgerlichen Normen und Werte zerschlagen will. Und das tut sie nicht nur mit Worten und Gedankenspielen, sondern physisch anhand eines Sündenbocks, den sie auserkoren, zu quälen und zu erniedrigen. Der Mitschüler Basini wird gerade zu entmenschlicht, wenn er auf dem Dachboden geschlagen, gedemütigt und vergewaltigt wird. Das war mir teilweise zu explizit in der Gewaltdarstellung und las sich dadurch unangenehm. Aber Musil ergötzt sich nicht daran, sondern lenkt den Fokus mehr auf den Beobachter Törleß und seine Gedanken und Gefühle beim Betrachten der beklemmenden Geschehnisse. Das wirkt dann schon visionär, wie er Themen anspricht, die für ein Buch zu Beginn des 20. Jahrhunderts sicherlich ungewöhnlich und skandalös waren. Insbesondere wenn sich Törleß Gedanken um seine geschlechtliche Identität macht und homosexuelle Erfahrungen erlebt. Das hat mich beeindruckt. Zudem sind die beiden Sadisten Reiting und Beineberg in ihrer menschenverachtend Haltung ein Typus, den man mit den Nationalsozialisten gleich setzen möchte. Beschreibt Musil da schon eine sich erst 30 Jahre später auftretende Katastrophe? Der Gedanke drängt sich auf, aber der militärisch geprägten Reiting als Napoleon als Vorbild und der hat die Menschen auch verheizt in seinen barbarischen Kriegen. Das Dunkle im Menschen war schon immer da und Musil kann es gut beschreiben. Gestört hat mich allerdings der allwissende Erzähler, der aus der zeitlichen Distanz von mehreren Jahren immer wieder erklärend eingreift, wenn man selbst versucht, Schlüsse aus den Aussagen und dem Handeln der Personen zu schließen. Ich fühlte mich bevormundet und auch teilweise verwirrend zugequatscht, wenn mal so etwas wie eine Handlung entstand, die dann aber wieder durch eine längere Abhandlung abgewürgt wurde. Man muss schon Spaß am Fabulieren Musils haben, um an seinen Büchern Gefallen zu finden. Daher ist der Törleß ein guter Einstieg, wenn man sich dem Mann ohne Eigenschaften stellen will. Es war auf jeden Fall eine interessante Lektüre, aber ich bleibe weiterhin eher Anhänger der klassischen Erzählweise bei Romanen aus dieser Zeit und würde Mann, Hesse oder Fontane dem Musil vorziehen.

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