Die Arbeit der Vögel

Die Arbeit der Vögel

Hardcover
4.85
ErinnerungDichterWiderstandPreisgekrönte Autorin

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Beschreibung

Auf der Flucht vor den Deutschen gelangt Walter Benjamin im September 1940 auf einem alten Schmugglerpfad vom französischen Grenzort Banyuls-sur-Mer ins nordspanische Portbou. Tags darauf setzt er seinem Leben ein Ende. Acht Jahrzehnte später nimmt Marica Bodrožić den letzten Weg des großen deutschen Schriftstellers und Philosophen zum Anlass, um über unsere Zeit, die Komplexität von Lebensläufen und Identität, Freundschaft und Flucht nachzudenken. Für sie wird der Gang über die Pyrenäen zu einem luziden Denkweg, auf dem die Natur als synästhetisches Gefüge mitspricht. Die äußere Bergwelt verschmilzt mit der inneren Lebenslandschaft. Kunstvoll webt Marica Bodrožić in ihren Gedankenstrom die Schicksale auch anderer Intellektueller ein, die der Gewalt des 20. Jahrhunderts ausgesetzt waren – etwa der Widerstandskämpferin Lisa Fittko oder des Dichters Ossip Mandelstam. Entstanden ist dabei eine überzeitliche Wanderung durch die inneren Landschaften der Seele, die das schmerzverzahnte Gedächtnis mit dem leuchtenden Kern von Poesie verbindet. »Ein großes Projekt des Denkens ganz im Geiste Benjamins.« (Paul Reitter).
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Hardcover
Seitenzahl
352
Preis
24.70 €

Autorenbeschreibung

Marica Bodrožić wurde 1973 in Dalmatien geboren. 1983 siedelte sie nach Hessen über. Sie schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays, die in über sechzehn Sprachen übersetzt wurden. Für ihr bisheriges Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Walter-Hasenclever-Literaturpreis, dem Manès-Sperber-Literaturpreis für ihr Gesamtwerk sowie dem Irmtraud-Morgner-Preis. Marica Bodrožić lebt mit ihrer Familie als freie Schriftstellerin in Berlin und in einem kleinen Dorf in Mecklenburg.

Beiträge

3
Alle
5

Dieses außerordentliche Werk von Marica Bodrožić ist eine Sammlung von Gedanken, Erinnerungen, Betrachtungen der Landschaft, dem Ergründen verschiedener Zusammenhänge mit einer unheimlich gehaltvollen Sprache, welche dem Ganzen einen Tiefgang verleiht und somit ganz weit entfernt ist von einem schnellen Leseerlebnis. Dieses Buch fordert Zeit und Raum um in seiner Gänze aufgenommen werden zu können. Es geht in dem Buch darum, dass sich die Autorin auf den gleichen Weg macht von Frankreich über die Pyrenäen, mit ihrem Mann und im 4. Monat schwanger, wie damals Walter Benjamin. Doch Walter Benjamin geht diesen Weg damals 1940 aus größter Not. Aus Angst vor der Auslieferung an die Gestapo, wählt er in einem kleinen katalanischen Ort namens Port Bou den Freitod. Er wurde als Jude, Kommunist und Intellektueller von den Nationalsozialisten verfolgt und lebte seit 1933 in Frankreich. Bodrožić bezeichnet ihr Buch selbst als „Denk-, Essay- und Erzählprojekt“ und ich finde diese Beschreibung ziemlich gelungen. Auf ihrem gedanklichen Weg in das vergangene Jahrhundert begleiten sie viele wichtige Menschen, persönlich wie auch politisch. Der Weg Walter Benjamins ist Leitpfad und tritt gleichzeitig auch in den Hintergrund. Sie lässt teilhaben an Fragmente ihrer Kindheit, Erinnerungen die noch bis heute an ihr haften. Es treten immer wieder einzelne Personen hervor, leisten ihren Beitrag und ziehen weiter. "Das Sehen sieht in mir zurück und führt mich zu jenem Rest Vergangenheit, der sich als Essenz im Jetzt gerettet hat, der von der grünen Natur meines dalmatinisch-mediterranen Hinterlandes rührt. Die sozialistischen Pioniere meiner Kindheit sind eine lächelnde Bild-Einheit darin. Wie musikalische Ähren wogen sie in mir hin und her, heller Weizen im Wind, frei noch von den späteren Beschriftungen der politischen Zeit sind sie mit einem Mal hier und machen, ätherisch kundig, jene Pyrenäen-Reise mit. Dieses Wogen ist es, das sich mit der Bergluft und mit meinen Lungen verbündet und mich Schritt für Schritt herausfordert.“ Ich habe auch einen längeren Anlauf gebraucht um richtig in dieses Buch einzutauchen. Denn das muss man, wenn man es richtig lesen will, eintauchen. Es ist viel mehr ein Gefühl, ein sich auf den Worten treiben lassen und sich von den Gedanken führen lassen, als nur ein lesen. Ich kann es wärmstens empfehlen, ich habe es auch schon verschenkt und kann nur ermutigen sich die Zeit zu nehmen sich auf diese besondere Sprache einzulassen. Vielen Dank an @luchterhandverlag und @bloggerportal für das Rezensionsexemplar!

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Das Buch hatte ich schon in der Verlagsvorschau ins Auge gefasst, zwischen den Jahren lag ich mit einem grippalen Infekt im Bett, da war dann endlich Zeit, sich auf die Wanderung auf den Spuren von Walter Benjamin zu begeben. Marica Bodrozić Sprache ist - schwer in Worte zu fassen. Poetisch, bildgewaltig, in einigen Passagen für mich nicht mehr zu fassen, doch immer wieder folgen dann Seiten, die mich seufzen, mich das Buch an die Brust drücken lassen, so schön sind ihre Worte, so unbeschreiblich. Ich wandere mit ihr durch die Pyrenäen, durch die Geschichte, durch ihre Empfindungen. Und ich unterstreiche und markiere, oh ja, so viele Markierungen! Namen, die ich schon oft gehört, mich aber nie näher mit ihnen befasst habe. Das möchte ich nachholen. Aber vor allem markiere ich viele schöne Worte, solche wie „Gedankenkoffer“, „seelische Taubstummheit“; ja und alleine der Untertitel „ Seelenstenogramme“, was für ein tolles Wort!

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5

Wow - ein Highlight für alle Sprach- und Literaturliebhaber*innen! 🤩

Mit „Die Arbeit der Vögel“ habe ich mein zweites Buch der Autorin Marica Bodrozić gelesen und ebenso ins Herz geschlossen wie „Das Herzflorett“. Es ist eins dieser Bücher, aufgrund dessen ich Literatur so sehr liebe. Bodrozić beherrscht die Kunst des Nature Writing und nimmt uns mit auf eine poetische Reise durch die Natur, aber auch durch Seelenlandschaften. Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Walter Benjamin inspirierte Bodrozić zum Schreiben dieses Buches. Aber warum?! 1940 flieht er vor den Deutschen von Frankreich nach Spanien, wo er kurz nach seiner Ankunft Suizid begeht. Wir wandern mit „Die Arbeit der Vögel“ nun auf vergangenen Pfaden durch die Pyrenäen und die Autorin schafft Assoziationen zu anderen Intellektuellen und Widerstandskämpfern. Es ist ein Zusammenspiel aus Erzählkunst, essayistischen Passagen, einer Offenbarung ihrer Denkstruktur und Erinnerungsbildern. Thematisch bewegen wir uns zwischen Faschismus, Verfolgung, Flucht, Gefangenschaft, Stalinismus, Exil und Widerstand. Auch Zitate von Literaten wie Adorno, Toni Morrison oder C.G. Jung sind in ihrem Text verbaut und haben mich zwischendurch gedanklich verweilen lassen während meiner Lektüre durch die insgesamt 46 Seelenstenogramme. Die 1973 geborene Autorin verwebt in diesem Buch auch ihre Kindheitserfahrungen, vor allem ihre Zeit in Dalmatien, wo sie in rudimentären Verhältnissen heranwuchs und eine schöne Zeit an der Seite ihres Großvaters verleben durfte. Denn 1983 verschlägt es sie und ihre Eltern (als Wanderarbeiter) nach Deutschland, wo sie eine auf vom Krieg geprägte Generation treffen, die die Bedeutsamkeit von Zeitzeugen und die Relevanz für folgende Generationen ins Epizentrum ihrer persönlichen Erfahrungen stellten und verdeutlichten, dass alles miteinander verwoben ist. Marica Bodrozić holt mit „Die Arbeit der Vögel“ die Geschichte in die Gegenwart. Ein Buch, das ich mindestens genauso gerne gelesen habe wie „Das Herzflorett“ (vielleicht sogar ein kleines bisschen lieber). An alle Sprachliebhaber*innen: Hier wartet ein wahrer Literaturbrilliant auf Euch - eins der wenigen Bücher, das mich auf allen Ebenen überzeugt hat, danke Marica Bodrozić! Die mehrjährige Arbeit an diesem Buch hat sich mehr als gelohnt, ich hoffe es wird den Weg ins Bücherregal aller Menschen finden, deren Liebe zur Literatur ebenso groß ist wie meine - Herzensempfehlung!

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