Das Herzflorett
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Marica Bodrožić wurde 1973 in Dalmatien geboren. 1983 siedelte sie nach Hessen über. Sie schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays, die in über sechzehn Sprachen übersetzt wurden. Für ihr bisheriges Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Walter-Hasenclever-Literaturpreis, dem Manès-Sperber-Literaturpreis für ihr Gesamtwerk sowie dem Irmtraud-Morgner-Preis. Marica Bodrožić lebt mit ihrer Familie als freie Schriftstellerin in Berlin und in einem kleinen Dorf in Mecklenburg.
Beiträge
Großartig!
Pepsi, aufgewachsen in Herzegowina, ohne ihre Eltern, immer nur umhergereicht bei verschiedenen Verwandten. Eine coming of age Geschichte wie ein Lied, poetisch, voller Herz und Herzschmerz und voller Leid. Im Refrain tauchen vor allem immer die geliebte Schwester Herzmandel auf, aber auch Tschernobyl, die Tapetenmenschen, das Herzflorett und das Reisspiel. Als die Eltern sie und ihre Geschwister nach Deutschland, Hessen, einem kleinen Dorf in den Taunus holen, wird das Leben von Pepsi nicht leichter, nur weniger Hunger hat sie. Aber das Leben mit den Eltern ist ein hartes. "Vor lauter Arbeit und noch mehr Arbeit gucken Pepsis Eltern ununterbrochen auf die Uhr, nie in die Gesichter ihrer Kinder..." Was Pepsi rettet ist ihre Freundschaft zu Kristina und die Bücher. Angefangen mit einem Lexikon, liest sie sich durch alles was sie bekommen kann. Um sich zu schützen vor der Alkohosucht des Vaters, der sie immer wieder damit bestraft, stundenlang auf rohen Reiskörnern zu knien, oder der bösartigen Mutter, die sie am Baum am Ende der Straße aufhängen will und "sie werde natürlich ein Feuer unter dem Baum machen und Pepsi nicht nur aufhängen, sondern vor den Augen aller verbrennen." Selten habe ich so ein kraftvolles, poetisches und zutiefst schmerzvolles Buch gelesen in dem die Hoffnung und die Liebe auch zu den Eltern, immer zu sehen und zu spüren waren. Herzegowina, Herzmandel, Herzblick und Herzflorett, so viel Herz in diesem Buch! Große Leseempfehlung 💕
Eine Jugend zwischen Zerrisenheit und Selbsverwirklichung - ein wahrer Leseschatz! 🤩
„Herzflorett“ war mein erstes Buch der Autorin Marica Bodrožić, aber „Die Arbeit der Vögel“ liegt hier schon in den Startlöchern, weil mich dieser Roman vollumfänglich begeistern konnte. Also, worum geht es? „Herzflorett“ erzählt eine poetische Coming-of-Age-Geschichte, die in Jugoslawien und Deutschland, zwischen dem Taunus und Dalmatien, spielt und sich mit Gegensätzen in der Kultur und Generationen auseinandersetzt. Während Pepsi mit Sehnsucht an die Geräusche, Gerüche und Bilder ihrer ländlichen Kindheit zurückdenkt, wird ihre Heimat von Krieg zerstört. Immer mehr Flüchtlinge – Verwandte und Bekannte – finden Zuflucht in ihrem Zuhause. „Herzflorett“ wird aus der Perspektive der dritten Person und chronologisch erzählt, mit gelegentlichen Rückblenden. Die sieben Kapitel umfassen jeweils mehrere Jahre und konzentrieren sich auf entscheidende Momente, darunter die Tschernobyl-Katastrophe, der Fall des Eisernen Vorhangs und der Krieg in Jugoslawien. Pepsi genießt die sengende Hitze auf dem Hof ihres Großvaters in Dalmatien. Ihre Tage verbringt sie draußen, barfuß im Gras, den Blick in den Himmel gerichtet. Dennoch kann sie es kaum erwarten, Jugoslawien zu verlassen und wieder mit ihrer Familie in Deutschland vereint zu sein. Es ist Anfang der 1980er Jahre, und ihre Eltern sind ins Ausland gezogen, um Arbeit zu finden, während Pepsi von einem Verwandten zum nächsten geschickt wird und sich nirgendwo wirklich zugehörig fühlt. Doch das erträumte Wiedersehen im Westen mit ihren Eltern und Geschwistern erweist sich als enttäuschend. In der Schule wird Pepsi entweder übersehen oder gemobbt. Zuhause hat sich ihr Vater, der sich bei der Arbeit auf Baustellen den Rücken verletzt hat, dem Alkohol zugewandt. Ihre Mutter arbeitet unermüdlich, um die Familie zu versorgen, ist jedoch zu erschöpft, um sich ihren Kindern zuzuwenden. Beide Eltern machen wiederholt klar, dass sie Angst davor haben, dass ihre Töchter den westlichen Einflüssen verfallen und „verdorben“ werden könnten. In ihrer jüngeren Schwester findet Pepsi ihre einzige Vertraute. Trotz der schwierigen Umstände entwickelt Pepsi eine Leidenschaft für die deutsche Sprache (und für Aleksandar), die sie mithilfe eines gebrauchten Wörterbuchs lernt. Doch als sie ihren Eltern mitteilt, dass sie die Schule abschließen und studieren möchte, lehnen diese ab – schließlich ist sie kein Junge. Mit einer Ausbildung zur Buchhändlerin gelingt es ihr schließlich, genügend Geld zu sparen, um das Elternhaus zu verlassen und in eine kleine eigene Wohnung zu ziehen. Ein Wendepunkt in ihrem Leben, der zugleich ein Ende und Neubeginn markiert. Bodrožić gelingt es, sinnliche Naturbeschreibungen mit tiefgründigen, teils humorvollen Beobachtungen über kulturelle Unterschiede zu verbinden. So erzählt sie die Geschichte einer jungen Frau, die unbeirrt für ihre Unabhängigkeit kämpft. Ein Buch, das zeigt, das Freiheit nicht für alle Menschen selbstverständlich ist, aber wie wichtig es ist, sich diese zu erkämpfen. Die perfekte Lektüre für Leser*innen, die den Mut finden wollen, ihre Passionen auszuleben und Lebensziele zu verwirklichen - von Pepsi können wir viel lernen, danke Marica Bodrožić für dieses großartige Buch!
Dieses Buch ist kein einfacher Roman, es ist eine seelische Grenzerfahrung - doch eine sehr lehrreiche. Große Empfehlung für alle, die fühlen wollen, wie Literatur unser Innerstes berühren kann und dass Sanftheit auch Stärke ist. 🤺
Pepsi wächst als Kind jugoslawischer Eltern in einem hessischen Dorf auf, gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern. Wir begleiten sie knapp 10 Jahre lang bis zu ihrem 18. Lebensjahr. Währenddessen können wir beobachten, wie der Einfluss und der Erziehungsstil der Eltern die Entwicklung der Kinder bestimmen und prägen - und wie Pepsi trotzdem ihren Weg geht. 🤺 Marica Bodrožić hat mit „Das Herzflorett“ ein sprachlich zartes und zugleich so poetisches Werk erschaffen. Ich hatte während der Lektüre immer wieder ein Bild im Kopf: ein Seidentuch, das durch Dornenbüsche und Stacheldraht gezogen wird, und das dabei zwar immer wieder Fäden zieht, aber nie ganz kaputt geht. Pepsi muss durch ihre Eltern so schlimme Gewalt erleben - körperlich und psychisch, dass es wirklich schwer zu ertragen ist. Die Worte der Mutter sind so schlimm, so grausam und so unvorstellbar. Doch Pepsi leistet stillen Widerstand. Mich hat Pepsis Wesen tief beeindruckt: Wenn es zu schlimm wird, wird sie still, blickt in die Natur und findet dort Erlösung. Harmonie und Freundlichkeit der Welt gegenüber sind ihr Weg. Sie hat alles durchlebt – Erniedrigung, Machtmissbrauch, Brutalität – doch nie lässt sie sich von Hass, Wut oder Rachelust leiten. Stattdessen schlägt sie in ihrem Lexikon nach, was sie nicht versteht. Und es gelingt ihr, die Gewalt der Eltern zu interpretieren und sie nicht auf sich selbst zu beziehen. Sie lernt, dass sie selbst keine Schuld trifft und dass ihre Eltern eigene Erfahrungen auf die Kinder projizieren. Was vielleicht nüchtern klingt, ist durch die Sprache der Autorin so nah und intim aus Pepsis Augen zu sehen, dass es mich oftmals erstarren lässt. Und was für mich zurückbleibt, ist ganz ganz große Bewunderung für Pepsis wunderschönen Charakter.

Im Herzpunkt trifft dann das Sprechen ihrer Mutter sie so wie, das stellt sich Pepsi vor, ein Messer, das sie wendet und dreht, so wie es ihr gerade gefällt, ein Pfeil, der sie wie das Florett der fechtenden Olympiaken trifft und der sie zwingt, in sich zu ruhen und nichts zu sagen, einen Schritt zurück zu treten und zu schauen, was als Nächstes passiert, was die Frau, die ihre Mutter ist, noch zu ihr sagt, was sie sagen wird, was sie gesagt haben wird in einer Zukunft, die jedes Mal zur Gegenwart wird und als Stich im Herzpunkt erst eine Not und dann jedes Mal eine Ruhe nach sich zieht, und Pepsi merkt, dass bei ihr das Gleiche wie beim Fechten passiert, irgendetwas an den Worten ihrer Mutter versetzt sie in Gewahrsein, und sie versteht mit einem Mal, dass sie die Kraft verlieren würde, ginge sie jedes Mal auf die Einladung ihrer Mutter zum Kampf ein und würde dann selbst zur Kämpfenden. - Zitat, Seiten 110, 111 Mit diesem Roman hat Marica Bodrožić eine autobiographisch gefärbte Geschichte in die Hände des Lesenden gelegt, die von der Sehnsucht eines Menschen berichtet, der sich von Herzen wünscht, mit anderen verbunden zu sein und einer Aufarbeitung von schweren Traumata, die dessen Kindheit- und Jugendzeit überschatten. Sie erzählt, wie Bücher eine Stütze in abgründigen Zeiten darstellen, aber auch von der gefährlichen Wirkung der Worte. Eingebettet in den historischen Kontext der 1980er und 1990er Jahre berichtet sie über das Fremdsein in Deutschland und über das Zerbröckeln eines Heimatlandes. Und sie beschreibt, wie sie ein Stück vom Himmel wiederfand, der die Protagonistin als Mensch fühlen lässt, der diese immer sein wollte. Wie die Autorin ist auch Pepsi in der Herzegowina geboren und beim Großvater aufgewachsen. Vom Hunger und der Stille der Einsamkeit gedrängt, lernt sie eifrig das ABC, um ihren Eltern, die als Gastarbeiter in Deutschland leben von ihrer Sehnsucht zu berichten, dort, im fernen Norden mit ihrer Familie vereint zu sein. Als es schließlich soweit ist, erkennt sie schnell, die grausame Realität, die ihre großen Erwartungen zerstören: ihr Vater ist ein Säufer und Sadist und ihre Mutter ist seine nüchterne und nicht minder boshafte Gefährtin. Das Herz der erschütternden Protagonistin wendet sich ihrer jüngeren Schwester, Herzmandel genannt zu, und die neu erlernte Sprache bietet ihr mit Büchern kleine Fluchten im Taschenlampenlicht dunkler Nächte. Werden die Überlebensstrategien der Protagonistin aufgehen und sie ihren ganz persönlichen Sehnsuchtsort trotz der schwierigen Umstände erreichen? Der Roman liest sich wie die Aufarbeitung eines Kindheitstrauma. Außerdem merkt man dem Text die Lyrikerin an, die hier mit vielen Symbolen und Metaphern arbeitet. Der Schreibstil ist sehr lebendig und wird durch die Textgestaltung, die im Blocksatz mit ganz wenigen Absätzen gestaltet ist, unterstützt. Die Sätze scheinen beim Lesen auf einem einzufließen, sie reißen, trotz inneren Widerständen mit und man glaubt fast, kleine Wunden zu spüren, die dieses Mitreißen erzeugt. Auch die Wahrnehmung wird geschärft: man spürt den kühlen Schatten des Mandelbaumes und riecht den würzigen Geruch des Annakrauts, aber auch der unerträgliche und erstickende Rauch der Zigaretten umgibt die Nase und man spürt den Schmerz, der durch das Knien auf trockenen Reiskörnern entsteht, die sich in die Haut pressen. Diese intensiv erzählte Geschichte ist sicherlich nicht für jeden geeignet. Insbesondere Menschen, die in ihrer eigenen Vergangenheit schwere Traumata erlebt haben, seien ausdrücklich gewarnt. Und auch für sensible Lesende, kann diese Lektüre eine besonders schwierige und aufwühlende Lektüre sein. Wer sollte dessen ungeachtet diesem Buch Aufmerksamkeit schenken? Alle, die in den 1980er Jahren aufgewachsen sind, alle, die sich fragen, wie es ist, als Fremde in Deutschland anzukommen, alle, die eine Schwester sind oder haben (und sie von Herzen lieben) und alle, die ihren eigenen Sehnsuchtsort suchen, oder bereits gefunden haben. FAZIT Diese Lektüre hat mich aufgewühlt und mir den Schlaf geraubt. Am Anfang dachte ich an die Grasharfe von Truman Capote, auch wenn es hier kein Präriegras, sondern Annakraut, gibt und der Paternosterbaum durch den Mandelbaum ersetzt wird. Aber in gewisser Weise geht es auch hier um Erlösung und der Sehnsucht nach dem Paradies. Gegen Ende klang Mockingbird von Eminem in meinen Kopf, auch wenn der Text nicht ganz passt war dieser Ohrwurm wohl von meinem Wunsch ausgelöst, dass eine verwandte Seele dem Kind Pepsi versprechen könnte, das alles gut wird. Die Lektüre ist wie ein Stich ins Herz, daher wappnet euch, bevor ihr das Buch aufschlagt. Das Leben ist ein Kampf, aber manchmal ist es auch eine Geschichte. Seid ihr bereit?
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Marica Bodrožić wurde 1973 in Dalmatien geboren. 1983 siedelte sie nach Hessen über. Sie schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays, die in über sechzehn Sprachen übersetzt wurden. Für ihr bisheriges Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Walter-Hasenclever-Literaturpreis, dem Manès-Sperber-Literaturpreis für ihr Gesamtwerk sowie dem Irmtraud-Morgner-Preis. Marica Bodrožić lebt mit ihrer Familie als freie Schriftstellerin in Berlin und in einem kleinen Dorf in Mecklenburg.
Beiträge
Großartig!
Pepsi, aufgewachsen in Herzegowina, ohne ihre Eltern, immer nur umhergereicht bei verschiedenen Verwandten. Eine coming of age Geschichte wie ein Lied, poetisch, voller Herz und Herzschmerz und voller Leid. Im Refrain tauchen vor allem immer die geliebte Schwester Herzmandel auf, aber auch Tschernobyl, die Tapetenmenschen, das Herzflorett und das Reisspiel. Als die Eltern sie und ihre Geschwister nach Deutschland, Hessen, einem kleinen Dorf in den Taunus holen, wird das Leben von Pepsi nicht leichter, nur weniger Hunger hat sie. Aber das Leben mit den Eltern ist ein hartes. "Vor lauter Arbeit und noch mehr Arbeit gucken Pepsis Eltern ununterbrochen auf die Uhr, nie in die Gesichter ihrer Kinder..." Was Pepsi rettet ist ihre Freundschaft zu Kristina und die Bücher. Angefangen mit einem Lexikon, liest sie sich durch alles was sie bekommen kann. Um sich zu schützen vor der Alkohosucht des Vaters, der sie immer wieder damit bestraft, stundenlang auf rohen Reiskörnern zu knien, oder der bösartigen Mutter, die sie am Baum am Ende der Straße aufhängen will und "sie werde natürlich ein Feuer unter dem Baum machen und Pepsi nicht nur aufhängen, sondern vor den Augen aller verbrennen." Selten habe ich so ein kraftvolles, poetisches und zutiefst schmerzvolles Buch gelesen in dem die Hoffnung und die Liebe auch zu den Eltern, immer zu sehen und zu spüren waren. Herzegowina, Herzmandel, Herzblick und Herzflorett, so viel Herz in diesem Buch! Große Leseempfehlung 💕
Eine Jugend zwischen Zerrisenheit und Selbsverwirklichung - ein wahrer Leseschatz! 🤩
„Herzflorett“ war mein erstes Buch der Autorin Marica Bodrožić, aber „Die Arbeit der Vögel“ liegt hier schon in den Startlöchern, weil mich dieser Roman vollumfänglich begeistern konnte. Also, worum geht es? „Herzflorett“ erzählt eine poetische Coming-of-Age-Geschichte, die in Jugoslawien und Deutschland, zwischen dem Taunus und Dalmatien, spielt und sich mit Gegensätzen in der Kultur und Generationen auseinandersetzt. Während Pepsi mit Sehnsucht an die Geräusche, Gerüche und Bilder ihrer ländlichen Kindheit zurückdenkt, wird ihre Heimat von Krieg zerstört. Immer mehr Flüchtlinge – Verwandte und Bekannte – finden Zuflucht in ihrem Zuhause. „Herzflorett“ wird aus der Perspektive der dritten Person und chronologisch erzählt, mit gelegentlichen Rückblenden. Die sieben Kapitel umfassen jeweils mehrere Jahre und konzentrieren sich auf entscheidende Momente, darunter die Tschernobyl-Katastrophe, der Fall des Eisernen Vorhangs und der Krieg in Jugoslawien. Pepsi genießt die sengende Hitze auf dem Hof ihres Großvaters in Dalmatien. Ihre Tage verbringt sie draußen, barfuß im Gras, den Blick in den Himmel gerichtet. Dennoch kann sie es kaum erwarten, Jugoslawien zu verlassen und wieder mit ihrer Familie in Deutschland vereint zu sein. Es ist Anfang der 1980er Jahre, und ihre Eltern sind ins Ausland gezogen, um Arbeit zu finden, während Pepsi von einem Verwandten zum nächsten geschickt wird und sich nirgendwo wirklich zugehörig fühlt. Doch das erträumte Wiedersehen im Westen mit ihren Eltern und Geschwistern erweist sich als enttäuschend. In der Schule wird Pepsi entweder übersehen oder gemobbt. Zuhause hat sich ihr Vater, der sich bei der Arbeit auf Baustellen den Rücken verletzt hat, dem Alkohol zugewandt. Ihre Mutter arbeitet unermüdlich, um die Familie zu versorgen, ist jedoch zu erschöpft, um sich ihren Kindern zuzuwenden. Beide Eltern machen wiederholt klar, dass sie Angst davor haben, dass ihre Töchter den westlichen Einflüssen verfallen und „verdorben“ werden könnten. In ihrer jüngeren Schwester findet Pepsi ihre einzige Vertraute. Trotz der schwierigen Umstände entwickelt Pepsi eine Leidenschaft für die deutsche Sprache (und für Aleksandar), die sie mithilfe eines gebrauchten Wörterbuchs lernt. Doch als sie ihren Eltern mitteilt, dass sie die Schule abschließen und studieren möchte, lehnen diese ab – schließlich ist sie kein Junge. Mit einer Ausbildung zur Buchhändlerin gelingt es ihr schließlich, genügend Geld zu sparen, um das Elternhaus zu verlassen und in eine kleine eigene Wohnung zu ziehen. Ein Wendepunkt in ihrem Leben, der zugleich ein Ende und Neubeginn markiert. Bodrožić gelingt es, sinnliche Naturbeschreibungen mit tiefgründigen, teils humorvollen Beobachtungen über kulturelle Unterschiede zu verbinden. So erzählt sie die Geschichte einer jungen Frau, die unbeirrt für ihre Unabhängigkeit kämpft. Ein Buch, das zeigt, das Freiheit nicht für alle Menschen selbstverständlich ist, aber wie wichtig es ist, sich diese zu erkämpfen. Die perfekte Lektüre für Leser*innen, die den Mut finden wollen, ihre Passionen auszuleben und Lebensziele zu verwirklichen - von Pepsi können wir viel lernen, danke Marica Bodrožić für dieses großartige Buch!
Dieses Buch ist kein einfacher Roman, es ist eine seelische Grenzerfahrung - doch eine sehr lehrreiche. Große Empfehlung für alle, die fühlen wollen, wie Literatur unser Innerstes berühren kann und dass Sanftheit auch Stärke ist. 🤺
Pepsi wächst als Kind jugoslawischer Eltern in einem hessischen Dorf auf, gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern. Wir begleiten sie knapp 10 Jahre lang bis zu ihrem 18. Lebensjahr. Währenddessen können wir beobachten, wie der Einfluss und der Erziehungsstil der Eltern die Entwicklung der Kinder bestimmen und prägen - und wie Pepsi trotzdem ihren Weg geht. 🤺 Marica Bodrožić hat mit „Das Herzflorett“ ein sprachlich zartes und zugleich so poetisches Werk erschaffen. Ich hatte während der Lektüre immer wieder ein Bild im Kopf: ein Seidentuch, das durch Dornenbüsche und Stacheldraht gezogen wird, und das dabei zwar immer wieder Fäden zieht, aber nie ganz kaputt geht. Pepsi muss durch ihre Eltern so schlimme Gewalt erleben - körperlich und psychisch, dass es wirklich schwer zu ertragen ist. Die Worte der Mutter sind so schlimm, so grausam und so unvorstellbar. Doch Pepsi leistet stillen Widerstand. Mich hat Pepsis Wesen tief beeindruckt: Wenn es zu schlimm wird, wird sie still, blickt in die Natur und findet dort Erlösung. Harmonie und Freundlichkeit der Welt gegenüber sind ihr Weg. Sie hat alles durchlebt – Erniedrigung, Machtmissbrauch, Brutalität – doch nie lässt sie sich von Hass, Wut oder Rachelust leiten. Stattdessen schlägt sie in ihrem Lexikon nach, was sie nicht versteht. Und es gelingt ihr, die Gewalt der Eltern zu interpretieren und sie nicht auf sich selbst zu beziehen. Sie lernt, dass sie selbst keine Schuld trifft und dass ihre Eltern eigene Erfahrungen auf die Kinder projizieren. Was vielleicht nüchtern klingt, ist durch die Sprache der Autorin so nah und intim aus Pepsis Augen zu sehen, dass es mich oftmals erstarren lässt. Und was für mich zurückbleibt, ist ganz ganz große Bewunderung für Pepsis wunderschönen Charakter.

Im Herzpunkt trifft dann das Sprechen ihrer Mutter sie so wie, das stellt sich Pepsi vor, ein Messer, das sie wendet und dreht, so wie es ihr gerade gefällt, ein Pfeil, der sie wie das Florett der fechtenden Olympiaken trifft und der sie zwingt, in sich zu ruhen und nichts zu sagen, einen Schritt zurück zu treten und zu schauen, was als Nächstes passiert, was die Frau, die ihre Mutter ist, noch zu ihr sagt, was sie sagen wird, was sie gesagt haben wird in einer Zukunft, die jedes Mal zur Gegenwart wird und als Stich im Herzpunkt erst eine Not und dann jedes Mal eine Ruhe nach sich zieht, und Pepsi merkt, dass bei ihr das Gleiche wie beim Fechten passiert, irgendetwas an den Worten ihrer Mutter versetzt sie in Gewahrsein, und sie versteht mit einem Mal, dass sie die Kraft verlieren würde, ginge sie jedes Mal auf die Einladung ihrer Mutter zum Kampf ein und würde dann selbst zur Kämpfenden. - Zitat, Seiten 110, 111 Mit diesem Roman hat Marica Bodrožić eine autobiographisch gefärbte Geschichte in die Hände des Lesenden gelegt, die von der Sehnsucht eines Menschen berichtet, der sich von Herzen wünscht, mit anderen verbunden zu sein und einer Aufarbeitung von schweren Traumata, die dessen Kindheit- und Jugendzeit überschatten. Sie erzählt, wie Bücher eine Stütze in abgründigen Zeiten darstellen, aber auch von der gefährlichen Wirkung der Worte. Eingebettet in den historischen Kontext der 1980er und 1990er Jahre berichtet sie über das Fremdsein in Deutschland und über das Zerbröckeln eines Heimatlandes. Und sie beschreibt, wie sie ein Stück vom Himmel wiederfand, der die Protagonistin als Mensch fühlen lässt, der diese immer sein wollte. Wie die Autorin ist auch Pepsi in der Herzegowina geboren und beim Großvater aufgewachsen. Vom Hunger und der Stille der Einsamkeit gedrängt, lernt sie eifrig das ABC, um ihren Eltern, die als Gastarbeiter in Deutschland leben von ihrer Sehnsucht zu berichten, dort, im fernen Norden mit ihrer Familie vereint zu sein. Als es schließlich soweit ist, erkennt sie schnell, die grausame Realität, die ihre großen Erwartungen zerstören: ihr Vater ist ein Säufer und Sadist und ihre Mutter ist seine nüchterne und nicht minder boshafte Gefährtin. Das Herz der erschütternden Protagonistin wendet sich ihrer jüngeren Schwester, Herzmandel genannt zu, und die neu erlernte Sprache bietet ihr mit Büchern kleine Fluchten im Taschenlampenlicht dunkler Nächte. Werden die Überlebensstrategien der Protagonistin aufgehen und sie ihren ganz persönlichen Sehnsuchtsort trotz der schwierigen Umstände erreichen? Der Roman liest sich wie die Aufarbeitung eines Kindheitstrauma. Außerdem merkt man dem Text die Lyrikerin an, die hier mit vielen Symbolen und Metaphern arbeitet. Der Schreibstil ist sehr lebendig und wird durch die Textgestaltung, die im Blocksatz mit ganz wenigen Absätzen gestaltet ist, unterstützt. Die Sätze scheinen beim Lesen auf einem einzufließen, sie reißen, trotz inneren Widerständen mit und man glaubt fast, kleine Wunden zu spüren, die dieses Mitreißen erzeugt. Auch die Wahrnehmung wird geschärft: man spürt den kühlen Schatten des Mandelbaumes und riecht den würzigen Geruch des Annakrauts, aber auch der unerträgliche und erstickende Rauch der Zigaretten umgibt die Nase und man spürt den Schmerz, der durch das Knien auf trockenen Reiskörnern entsteht, die sich in die Haut pressen. Diese intensiv erzählte Geschichte ist sicherlich nicht für jeden geeignet. Insbesondere Menschen, die in ihrer eigenen Vergangenheit schwere Traumata erlebt haben, seien ausdrücklich gewarnt. Und auch für sensible Lesende, kann diese Lektüre eine besonders schwierige und aufwühlende Lektüre sein. Wer sollte dessen ungeachtet diesem Buch Aufmerksamkeit schenken? Alle, die in den 1980er Jahren aufgewachsen sind, alle, die sich fragen, wie es ist, als Fremde in Deutschland anzukommen, alle, die eine Schwester sind oder haben (und sie von Herzen lieben) und alle, die ihren eigenen Sehnsuchtsort suchen, oder bereits gefunden haben. FAZIT Diese Lektüre hat mich aufgewühlt und mir den Schlaf geraubt. Am Anfang dachte ich an die Grasharfe von Truman Capote, auch wenn es hier kein Präriegras, sondern Annakraut, gibt und der Paternosterbaum durch den Mandelbaum ersetzt wird. Aber in gewisser Weise geht es auch hier um Erlösung und der Sehnsucht nach dem Paradies. Gegen Ende klang Mockingbird von Eminem in meinen Kopf, auch wenn der Text nicht ganz passt war dieser Ohrwurm wohl von meinem Wunsch ausgelöst, dass eine verwandte Seele dem Kind Pepsi versprechen könnte, das alles gut wird. Die Lektüre ist wie ein Stich ins Herz, daher wappnet euch, bevor ihr das Buch aufschlagt. Das Leben ist ein Kampf, aber manchmal ist es auch eine Geschichte. Seid ihr bereit?