Der Untertan
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Heinrich Mann (1871–1950) absolvierte eine Buchhandelslehre in Dresden und ein Verlagsvolontariat in Berlin, ehe er sich auf ausgedehnte Reisen durch Europa begab. Ab 1885 veröffentlichte er Erzählungen, ab 1894, inzwischen in München ansässig, Romane. Landesweites Aufsehen erregte das Erscheinen von «Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen» im Jahr 1905. Sein gesellschaftskritischer Roman «Der Untertan», begonnen noch vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, konnte erst 1918 publiziert werden. Im Februar 1933 emigrierte er unmittelbar vor dem Reichstagsbrand nach Nizza, 1940 in die Vereinigten Staaten. Er starb in Santa Monica/Kalifornien.
Beiträge
Ein intriganter opportunistischer Aufsteiger intrigiert, kriecht und steigt in der Kaiserzeit (Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert) auf. Erstaunlich hellsichtige Analyse des Menschentyps, der die Voraussetzung war, dass Deutschland und Österreich in die Katastrophe des ersten Weltkrieg schlittern konnten.
Für diesen Roman hätte Heinrich Mann durchaus den Nobelpreis verdient. Aber dann wäre sein kleiner Bruder Thomas noch eifersüchtiger auf ihn gewesen.
Satirisches Bild der Spätwilhelminischen Zeit
Heinrich Mann, ein Liebhaber von Details. Der Untertan ist meiner Meinung nach eine Satire, die die Gesellschaft zum Ende des 19. Jahrhunderts kritisiert. Es lassen sich viele zu der Zeit typische Motive erkennen, die fast stereotypisch aufgearbeitet werden durch bestimmte Personen oder Parteien. Mann nimmt den Leser mit durch das Leben des Diedrich Heßlings (oder auch Diedels) von der Kindheit, bis hin zur Familiengründung. Dieser Diederich personifiziert den „neuen Bürger“ ab 1888, der den liberalen Bürger (dargestellt als der alte Buck) der 48 Revolution ablöst, hin zum Idealismus. Ein sehr interessantes Buch, vorallem für Geschichtsinteressenten. Wärmstens zu empfehlen!
Ein Klassiker, den man gelesen haben muss
...endlich ist das Buch durch... Zeitweise doch etwas langatmig, das Ende dann wieder sehr humorvoll. Mein erster Mann, aber "Professor Unrat" wartet schon...
📝 „Wie wohl man sich fühlte bei geteilter Verantwortlichkeit und einem Selbstbewusstsein, dass kollektiv war!“ (S.15) 📝 „Die Macht, die über uns hingeht und deren Hufe wir küssen! Die über Hunger, Trotz und Hohn hingeht! Gegen die wir nichts können, weil wir sie alle lieben.“ (S.64) 📝 „Sie verführte ihn nicht mehr zu Träumereien vor Bildern, seit er einmal an einem Wurstgeschäft angehalten und ihr erklärt hatte, das sei für ihn der schönste Kunstgenuss.“ (S.86) 📝 „Ein Durchschnittsmensch mit gewöhnlichen Verstand, abhängig von Umgebung und Gelegenheit, mutlos, solange hier die Dinge schlecht für ihn standen, und von großem Selbstbewusstsein, sobald sie sich gewendet hatten.“ (S.237) 📖 Diederich tritt einer schlagenden Verbindung bei und findet seine Stärke im Bierkonsum und dem Verschwinden in der Gemeinschaft. Beflügelt durch die Liebe zu Agnes, fällt er durch diese Gefühle auch auf den Boden der Selbstzweifel. In seiner Heimatstadt Netzig sucht er nun nach Anerkennung durch die einflussreichen Herren der Stadt, ohne dabei einen Hehl aus seiner nationalen Monarchie-begeisterten Gesinnung zu machen. Im weiteren Verlauf droht diese Gesinnung sein einziger Antrieb zu werden. Dem egoistischen Diederich werden Plädoyers auf seine kaiserlich nationale Gesinnung, auch vor Gericht, enorm wichtig. Er versucht die Errichtung eines Kaiser-Denkmals durchzusetzen, um die Entstehung eines Säuglings-/Waisenheims zu verhindern. 💭 Das Buch war für mich eine harte Nuss - eine sehr langwierige Lektüre. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass für mich kein Spannungsbogen entsandt oder ich zwischenzeitlich immer wieder Pause von dem Frauen unterdrückenden politischen Heißsporn Diederich Heßling brauchte. Das soll das Werk von Heinrich Mann nicht schmälern. Im Gegenteil: Ich finde es super, wenn ein/e Autor/in es schafft, mir komplett andere Denkweisen zu eröffnen - gerade weil ich die Beweggründe Diederichs für engstirnig und radikal halte. Ich finde es beeindruckend, wie detailliert Heinrich Mann die Handlungen oder Aussagen der Figuren zu Papier bringt und somit deren Charakter beschreibt. Zeichnet Heinrich Mann noch zu Beginn das Bild eines emotionalen jungen Mannes, der auf der Suche nach der Liebe ist, kreisen Heßlings Gedanken im weiteren Verlauf fast ausnahmslos um den Kaiser. Ein heute noch aktuelles, warnendes Buch - ein Appell an die Freiheit, Vernunft und Demokratie. Ich kann es nur empfehlen.

Es ist tatsächlich eine „schauerliche Freude“, Hans Korte zuzuhören. Diederich Heßling ist kaisertreu, nationalistisch, obrigkeitshörig, feige, intrigant, herablassend, sich selbst überschätzend, arrogant, antisemitisch und ausschließlich auf den eigenen Vorteil bedacht. Ein durch und durch unsympathischer Mensch, dem Heinrich Mann in seiner Satire Wohlstand und Ansehen auf Kosten nicht weniger Mitmenschen verschafft. Wie ihm seine Intrigen und Manipulationen zum Erfolg verhelfen, ist absolut nachvollziehbar und deshalb so erschreckend, denn in Wirklichkeit ist Heßling nur ein ängstlicher kleiner Emporkömmling ohne echte eigene Überzeugung und ohne echtes Selbstbewusstsein. Macht in den Händen von Menschen wie ihm ist sehr gefährlich.
Eine langatmige Kritik an der wilhelminischen Kaiserzeit
Heinrich Mann nimmt uns mit auf eine Zeitreise in die späte Kaiserzeit unter Wilhelm II. Bereits vorab sollte jedem Leser bewusst sein, dass der Roman durchgehend den Kaiser, den Nationalismus und den Militarismus karikiert. Der Leser begleitet den treu ergebenen Nationalisten Diederich Heßling über weite Strecken seines Werdegangs – insbesondere auf seinem Weg zur fanatischen Kaiserverehrung. Durch Opportunismus und Machtmissbrauch gelingt es ihm, sich dem Kaiser anzupassen und daraus den größtmöglichen persönlichen Vorteil zu ziehen. Mann gelingt es meisterhaft, Diederich als absoluten Unsympathen zu etablieren. Über den gesamten Roman hinweg durchläuft er keine wirkliche Entwicklung und sucht stets den bequemsten Weg, indem er sich voller Überzeugung der Obrigkeit unterwirft. Gleichzeitig missbraucht er seine eigene Autorität rücksichtslos – sei es gegenüber seiner Familie, seinen Arbeitnehmern oder unliebsamen Weggefährten, die er bedenkenlos opfert, wenn es ihm nützt. Ich sehe definitiv die Berechtigung, Der Untertan auch heute als bedeutendes literarisches Werk einzuordnen – insbesondere wegen der scharfen Kritik an Autoritätsgläubigkeit und blindem Nationalismus, Themen, die auch in der Gegenwart nicht an Relevanz verloren haben. Dennoch verliert sich der Roman oft in einer übermäßigen Stereotypisierung. Diederich wird sehr plakativ dargestellt, während vielen anderen Figuren eine größere Mehrdimensionalität fehlt. Auch die Charakterentwicklung bleibt insgesamt schwach. Besonders bedauerlich ist, dass es kaum glaubwürdige Figuren gibt, die ernsthafte Systemkritik üben. Zwar werden einige kritische Charaktere eingeführt, doch sie bleiben im Handlungsverlauf blass, schwach oder leicht manipulierbar, was den Roman recht einseitig erscheinen lässt. Persönlich finde ich die Botschaft und die thematische Relevanz des Buches sehr ansprechend, doch musste ich mich phasenweise durch die lange, oft zähe Lektüre kämpfen. Heinrich Mann verliert sich stellenweise in ausschweifenden Passagen über gesellschaftliche Mechanismen, die stilistisch nicht mehr zeitgemäß wirken und das Lesen erschweren.
Dieses Buch als Hörbuch zu hören, war mehr als unterhaltsam. Heinrich Manns böser, ironischer Blick auf die damalige Gesellschaft ist großartig und auf den Punkt.
Bereits 1914 vollendet, wurde dieser Roman erst 1918 nach der Katastrophe des I Weltkriegs veröffentlicht. Sein Protagonist wächst als Sohn eines Papierfabrikanten in der fiktiven Stadt Netzing heran. Er wird als feige, schwächlich und falsch dargestellt. Seine Mutter verachtet er, für ihr empfindsames Gemüt, den Vater bewundert er für seine Autorität. Der Autor beschreibt, wie der Protagonist zum glühenden Anhänger des jungen Kaisers Wilhelm II wird. Nach dem Studium in Berlin kehrt er zurück und übernimmt die Papierfabrik des Vaters. Dort tyrannisiert er seine Mitarbeiter*innen, desavouiert die verhassten Sozialdemokraten und Liberalen in der Stadt und wünscht sich den Weltkrieg herbei. Im Jahr 1919 schreibt Kurt Tucholsky über dieses Buch, es sei das „Herbarium des deutschen Mannes“, und zeigt sich erstaunt von der Sehergabe des Autors, haben seine Prognosen doch auf dramatische Weise durch die Geschichte Bestätigung erfahren. Jahre später bescheinigt Rolf Schneider dem Buch eine „nahezu unheimliche Prophetie“ in Bezug auf Hitlerdeutschland. Inzwischen ist das Buch über 100 Jahre alt, und das wohl bekannteste Romanportrait des Wilhelminismus. Und auch heute macht die prognostische Kraft seines Autors den Roman zu einem der besten in Deutschland je geschriebenen. Kaum einem Werk ist es gelungen, die Stimmung einer Epoche so präzise einzufangen. Und kaum ein Roman zeigt uns die gefährlichen Parallelen dieser Epoche zu unserer Zeit auf. Beim Lesen wirkt es über weite Strecken, als sei die Sprache dem Heute entnommen. Die sogenannte Neue Rechte, und die zahlreichen deutschen Biedermänner, die wieder lauter und selbstbewusster werden – sie alle passen erschreckend gut in den Roman. Es bleibt zu hoffen, dass sich seine Prophezeiung nicht zum dritten Mal erfüllt.
Hab ich als 19-teilige Lesung vom Bayerischen Rundfunk gehört (https://www.br.de/mediathek/podcast/der-untertan-ein-jahrhundertroman-von-heinrich-mann/850 - Ich weiß nicht, wie lange es dort noch zur Verfügung steht) Manchenteils waren mir die ausschweifenden Lobreden auf Kaiser und Vaterland doch langweilig. Grundsätzlich aber ein interessantes Stück Zeitgeschichte
Diederich Heßling being a narrow minded nationalist asshole, but still so awkwardly human you can't actually hate him... Mr. Mann, please tell me how you did it.
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Autorenbeschreibung
Heinrich Mann (1871–1950) absolvierte eine Buchhandelslehre in Dresden und ein Verlagsvolontariat in Berlin, ehe er sich auf ausgedehnte Reisen durch Europa begab. Ab 1885 veröffentlichte er Erzählungen, ab 1894, inzwischen in München ansässig, Romane. Landesweites Aufsehen erregte das Erscheinen von «Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen» im Jahr 1905. Sein gesellschaftskritischer Roman «Der Untertan», begonnen noch vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, konnte erst 1918 publiziert werden. Im Februar 1933 emigrierte er unmittelbar vor dem Reichstagsbrand nach Nizza, 1940 in die Vereinigten Staaten. Er starb in Santa Monica/Kalifornien.
Beiträge
Ein intriganter opportunistischer Aufsteiger intrigiert, kriecht und steigt in der Kaiserzeit (Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert) auf. Erstaunlich hellsichtige Analyse des Menschentyps, der die Voraussetzung war, dass Deutschland und Österreich in die Katastrophe des ersten Weltkrieg schlittern konnten.
Für diesen Roman hätte Heinrich Mann durchaus den Nobelpreis verdient. Aber dann wäre sein kleiner Bruder Thomas noch eifersüchtiger auf ihn gewesen.
Satirisches Bild der Spätwilhelminischen Zeit
Heinrich Mann, ein Liebhaber von Details. Der Untertan ist meiner Meinung nach eine Satire, die die Gesellschaft zum Ende des 19. Jahrhunderts kritisiert. Es lassen sich viele zu der Zeit typische Motive erkennen, die fast stereotypisch aufgearbeitet werden durch bestimmte Personen oder Parteien. Mann nimmt den Leser mit durch das Leben des Diedrich Heßlings (oder auch Diedels) von der Kindheit, bis hin zur Familiengründung. Dieser Diederich personifiziert den „neuen Bürger“ ab 1888, der den liberalen Bürger (dargestellt als der alte Buck) der 48 Revolution ablöst, hin zum Idealismus. Ein sehr interessantes Buch, vorallem für Geschichtsinteressenten. Wärmstens zu empfehlen!
Ein Klassiker, den man gelesen haben muss
...endlich ist das Buch durch... Zeitweise doch etwas langatmig, das Ende dann wieder sehr humorvoll. Mein erster Mann, aber "Professor Unrat" wartet schon...
📝 „Wie wohl man sich fühlte bei geteilter Verantwortlichkeit und einem Selbstbewusstsein, dass kollektiv war!“ (S.15) 📝 „Die Macht, die über uns hingeht und deren Hufe wir küssen! Die über Hunger, Trotz und Hohn hingeht! Gegen die wir nichts können, weil wir sie alle lieben.“ (S.64) 📝 „Sie verführte ihn nicht mehr zu Träumereien vor Bildern, seit er einmal an einem Wurstgeschäft angehalten und ihr erklärt hatte, das sei für ihn der schönste Kunstgenuss.“ (S.86) 📝 „Ein Durchschnittsmensch mit gewöhnlichen Verstand, abhängig von Umgebung und Gelegenheit, mutlos, solange hier die Dinge schlecht für ihn standen, und von großem Selbstbewusstsein, sobald sie sich gewendet hatten.“ (S.237) 📖 Diederich tritt einer schlagenden Verbindung bei und findet seine Stärke im Bierkonsum und dem Verschwinden in der Gemeinschaft. Beflügelt durch die Liebe zu Agnes, fällt er durch diese Gefühle auch auf den Boden der Selbstzweifel. In seiner Heimatstadt Netzig sucht er nun nach Anerkennung durch die einflussreichen Herren der Stadt, ohne dabei einen Hehl aus seiner nationalen Monarchie-begeisterten Gesinnung zu machen. Im weiteren Verlauf droht diese Gesinnung sein einziger Antrieb zu werden. Dem egoistischen Diederich werden Plädoyers auf seine kaiserlich nationale Gesinnung, auch vor Gericht, enorm wichtig. Er versucht die Errichtung eines Kaiser-Denkmals durchzusetzen, um die Entstehung eines Säuglings-/Waisenheims zu verhindern. 💭 Das Buch war für mich eine harte Nuss - eine sehr langwierige Lektüre. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass für mich kein Spannungsbogen entsandt oder ich zwischenzeitlich immer wieder Pause von dem Frauen unterdrückenden politischen Heißsporn Diederich Heßling brauchte. Das soll das Werk von Heinrich Mann nicht schmälern. Im Gegenteil: Ich finde es super, wenn ein/e Autor/in es schafft, mir komplett andere Denkweisen zu eröffnen - gerade weil ich die Beweggründe Diederichs für engstirnig und radikal halte. Ich finde es beeindruckend, wie detailliert Heinrich Mann die Handlungen oder Aussagen der Figuren zu Papier bringt und somit deren Charakter beschreibt. Zeichnet Heinrich Mann noch zu Beginn das Bild eines emotionalen jungen Mannes, der auf der Suche nach der Liebe ist, kreisen Heßlings Gedanken im weiteren Verlauf fast ausnahmslos um den Kaiser. Ein heute noch aktuelles, warnendes Buch - ein Appell an die Freiheit, Vernunft und Demokratie. Ich kann es nur empfehlen.

Es ist tatsächlich eine „schauerliche Freude“, Hans Korte zuzuhören. Diederich Heßling ist kaisertreu, nationalistisch, obrigkeitshörig, feige, intrigant, herablassend, sich selbst überschätzend, arrogant, antisemitisch und ausschließlich auf den eigenen Vorteil bedacht. Ein durch und durch unsympathischer Mensch, dem Heinrich Mann in seiner Satire Wohlstand und Ansehen auf Kosten nicht weniger Mitmenschen verschafft. Wie ihm seine Intrigen und Manipulationen zum Erfolg verhelfen, ist absolut nachvollziehbar und deshalb so erschreckend, denn in Wirklichkeit ist Heßling nur ein ängstlicher kleiner Emporkömmling ohne echte eigene Überzeugung und ohne echtes Selbstbewusstsein. Macht in den Händen von Menschen wie ihm ist sehr gefährlich.
Eine langatmige Kritik an der wilhelminischen Kaiserzeit
Heinrich Mann nimmt uns mit auf eine Zeitreise in die späte Kaiserzeit unter Wilhelm II. Bereits vorab sollte jedem Leser bewusst sein, dass der Roman durchgehend den Kaiser, den Nationalismus und den Militarismus karikiert. Der Leser begleitet den treu ergebenen Nationalisten Diederich Heßling über weite Strecken seines Werdegangs – insbesondere auf seinem Weg zur fanatischen Kaiserverehrung. Durch Opportunismus und Machtmissbrauch gelingt es ihm, sich dem Kaiser anzupassen und daraus den größtmöglichen persönlichen Vorteil zu ziehen. Mann gelingt es meisterhaft, Diederich als absoluten Unsympathen zu etablieren. Über den gesamten Roman hinweg durchläuft er keine wirkliche Entwicklung und sucht stets den bequemsten Weg, indem er sich voller Überzeugung der Obrigkeit unterwirft. Gleichzeitig missbraucht er seine eigene Autorität rücksichtslos – sei es gegenüber seiner Familie, seinen Arbeitnehmern oder unliebsamen Weggefährten, die er bedenkenlos opfert, wenn es ihm nützt. Ich sehe definitiv die Berechtigung, Der Untertan auch heute als bedeutendes literarisches Werk einzuordnen – insbesondere wegen der scharfen Kritik an Autoritätsgläubigkeit und blindem Nationalismus, Themen, die auch in der Gegenwart nicht an Relevanz verloren haben. Dennoch verliert sich der Roman oft in einer übermäßigen Stereotypisierung. Diederich wird sehr plakativ dargestellt, während vielen anderen Figuren eine größere Mehrdimensionalität fehlt. Auch die Charakterentwicklung bleibt insgesamt schwach. Besonders bedauerlich ist, dass es kaum glaubwürdige Figuren gibt, die ernsthafte Systemkritik üben. Zwar werden einige kritische Charaktere eingeführt, doch sie bleiben im Handlungsverlauf blass, schwach oder leicht manipulierbar, was den Roman recht einseitig erscheinen lässt. Persönlich finde ich die Botschaft und die thematische Relevanz des Buches sehr ansprechend, doch musste ich mich phasenweise durch die lange, oft zähe Lektüre kämpfen. Heinrich Mann verliert sich stellenweise in ausschweifenden Passagen über gesellschaftliche Mechanismen, die stilistisch nicht mehr zeitgemäß wirken und das Lesen erschweren.
Dieses Buch als Hörbuch zu hören, war mehr als unterhaltsam. Heinrich Manns böser, ironischer Blick auf die damalige Gesellschaft ist großartig und auf den Punkt.
Bereits 1914 vollendet, wurde dieser Roman erst 1918 nach der Katastrophe des I Weltkriegs veröffentlicht. Sein Protagonist wächst als Sohn eines Papierfabrikanten in der fiktiven Stadt Netzing heran. Er wird als feige, schwächlich und falsch dargestellt. Seine Mutter verachtet er, für ihr empfindsames Gemüt, den Vater bewundert er für seine Autorität. Der Autor beschreibt, wie der Protagonist zum glühenden Anhänger des jungen Kaisers Wilhelm II wird. Nach dem Studium in Berlin kehrt er zurück und übernimmt die Papierfabrik des Vaters. Dort tyrannisiert er seine Mitarbeiter*innen, desavouiert die verhassten Sozialdemokraten und Liberalen in der Stadt und wünscht sich den Weltkrieg herbei. Im Jahr 1919 schreibt Kurt Tucholsky über dieses Buch, es sei das „Herbarium des deutschen Mannes“, und zeigt sich erstaunt von der Sehergabe des Autors, haben seine Prognosen doch auf dramatische Weise durch die Geschichte Bestätigung erfahren. Jahre später bescheinigt Rolf Schneider dem Buch eine „nahezu unheimliche Prophetie“ in Bezug auf Hitlerdeutschland. Inzwischen ist das Buch über 100 Jahre alt, und das wohl bekannteste Romanportrait des Wilhelminismus. Und auch heute macht die prognostische Kraft seines Autors den Roman zu einem der besten in Deutschland je geschriebenen. Kaum einem Werk ist es gelungen, die Stimmung einer Epoche so präzise einzufangen. Und kaum ein Roman zeigt uns die gefährlichen Parallelen dieser Epoche zu unserer Zeit auf. Beim Lesen wirkt es über weite Strecken, als sei die Sprache dem Heute entnommen. Die sogenannte Neue Rechte, und die zahlreichen deutschen Biedermänner, die wieder lauter und selbstbewusster werden – sie alle passen erschreckend gut in den Roman. Es bleibt zu hoffen, dass sich seine Prophezeiung nicht zum dritten Mal erfüllt.
Hab ich als 19-teilige Lesung vom Bayerischen Rundfunk gehört (https://www.br.de/mediathek/podcast/der-untertan-ein-jahrhundertroman-von-heinrich-mann/850 - Ich weiß nicht, wie lange es dort noch zur Verfügung steht) Manchenteils waren mir die ausschweifenden Lobreden auf Kaiser und Vaterland doch langweilig. Grundsätzlich aber ein interessantes Stück Zeitgeschichte
Diederich Heßling being a narrow minded nationalist asshole, but still so awkwardly human you can't actually hate him... Mr. Mann, please tell me how you did it.