Das siebte Kreuz

Das siebte Kreuz

Hardcover
3.714
SolidaritätGerechtigkeitNationalsozialismusFlucht

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Beschreibung

"Das siebte Kreuz, dieses große literarische Kunstwerk, ist ein Roman gegen die Diktatur schlechthin." Marcel Reich-Ranicki Dieser Roman, der zuerst 1942 in englischer Sprache, kurz darauf im mexikanischen Exilverlag El Libro Libre in deutscher Sprache erschien, machte die Autorin weltberühmt. Er wurde zu einem Bestseller. Der Stoff wurde 1942 in einer Comic-Fassung und in der Verfilmung des österreichischen Emigranten Fred Zinnemann 1944 in den USA populär, noch bevor der Roman seine Leser in Deutschland erreichte. Von allen Werken der Seghers ist er unumstritten das bekannteste. Er wendet ein populäres, in der trivialen Unterhaltungskunst gern benutztes Erzählmuster an: eine Fluchtgeschichte. Sieben Gefangene sind aus dem KZ Westhofen entflohen. Sie haben die längst und eindeutig gegen sie entschiedene Machtfrage neu gestellt. Mit ihrer Flucht unterlaufen sie ihre Ohnmacht und nehmen für ihre Selbstbehauptung äußerste Bewährungsproben ihrer physischen und psychischen Kräfte auf sich. Aber nur einem von ihnen gelingt die Flucht. Sie habe mit dieser Fluchtgeschichte, sagte Anna Seghers, die Struktur des ganzen Volkes aufrollen wollen. Aus der Perspektive des sozialen Romans schafft sie die bedeutendste analytische Darstellung der nationalsozialistisch formierten Gesellschaft. Der Roman zerlegt die Motive der funktionierenden Mitmacher, der kalkulierenden Karrieristen, der eingeschüchterten früheren Oppositionellen, der Funktionsträger des Regimes und derjenigen, die dem Flüchtling helfen. Das Nachwort zur Entstehung und zur Rezeption macht deutlich, inwiefern Anna Seghers versuchte, einem Weltzustand, den sie keineswegs beschönigt, so etwas wie eine Hoffnung abzutrotzen, und wie das Gelingen des Romans damit zu tun hat, daß die Suggestion der Hoffnung ständig ihre Widerlegung mit sich führt.

Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Klassiker
Format
Hardcover
Seitenzahl
504
Preis
35.00 €

Autorenbeschreibung

Netty Reiling wurde 1900 in Mainz geboren. (Den Namen Anna Seghers führte sie als Schriftstellerin ab 1928.) 1920-1924 Studium in Heidelberg und Köln: Kunst- und Kulturgeschichte, Geschichte und Sinologie. Erste Veröffentlichung 1924: „Die Toten auf der Insel Djal“. 1925 Heirat mit dem Ungarn Laszlo Radvanyi. Umzug nach Berlin. Kleist-Preis. Eintritt in die KPD. 1929 Beitritt zum Bund proletarisch- revolutionärer Schriftsteller. 1933 Flucht über die Schweiz nach Paris, 1940 in den unbesetzten Teil Frankreichs. 1941 Flucht der Familie auf einem Dampfer von Marseille nach Mexiko. Dort Präsidentin des Heinrich-Heine-Klubs. Mitarbeit an der Zeitschrift „Freies Deutschland“. 1943 schwerer Verkehrsunfall. 1947 Rückkehr nach Berlin. Georg-Büchner-Preis. 1950 Mitglied des Weltfriedensrates. Von 1952 bis 1978 Vorsitzende des Schriftstellerverbandes der DDR. Ehrenbürgerin von Berlin und Mainz. 1978 Ehrenpräsidentin des Schriftstellerverbandes der DDR. 1983 in Berlin gestorben.Romane: Die Gefährten (1932); Der Kopflohn (1933); Der Weg durch den Februar (1935); Die Rettung (1937); Das siebte Kreuz (1942); Transit (1944); Die Toten bleiben jung (1949); Die Entscheidung (1959); Das Vertrauen (1968). Zahlreiche Erzählungen und Essayistik.

Beiträge

9
Alle
4

Heute möchte euch das Buch „Das siebte Kreuz“ von Anna Seghers, erschienen im Jahre 1942 im mexikanischen Exilverlag El Libro Libre sowie in englischer Sprache in den Vereinigten Staaten vorstellen. Das erste Kapitel erschien bereits 1939 in der Moskauer Zeitschrift Internationale Literatur. Der Roman zeigt sowohl die Brutalität des Nazi-Regimes als auch die Menschlichkeit und den Mut Einzelner. Es ist ein Plädoyer für Widerstand und Zivilcourage. Das titelgebende siebte Kreuz steht sinnbildlich für die sieben Fluchtversuche - sechs Kreuze bleiben besetzt, das siebte bleibt leer. Der Roman spielt im nationalsozialistischen Deutschland und erzählt die Geschichte von sieben Häftlingen, die aus dem Konzentrationslager Westhofen fliehen. Einer von ihnen, Georg Heisler, gelingt es, sich trotz zahlreicher Gefahren und Verfolgungen durch das NS-Regime in Freiheit zu retten. Auf seiner Flucht trifft er auf verschiedene Menschen, von denen einige ihm helfen, andere ihn verraten. Der Schreibstil der Autorin ist anspruchsvoll und oft verschachtelt, was das Lesen gerade zu Beginn erschwert. Sie verwendet viele Perspektivwechsel und einen auktorialen Erzähler, der tief in die Gedanken- und Gefühlswelt verschiedener Figuren eindringt. Der Stil ist nüchtern, zugleich aber auch sehr detailliert und reflektierend. Stilmittel wie innere Monologe, Rückblenden und symbolische Elemente - etwa das titelgebende Kreuz - werden gezielt eingesetzt, um die psychologische Tiefe und die politische Dimension der Geschichte zu betonen. Durch die Vielzahl an Figuren und die komplexe Erzählweise kann der Einstieg in den Roman anstrengend wirken. Mit der Zeit entwickelt sich jedoch ein dichter Erzählfluss, der die beklemmende Atmosphäre der NS-Zeit eindringlich vermittelt. Besonders hervorheben möchte ich die Vielschichtigkeit der Figuren, die die Geschichte realistisch und berührend machen. Ein interessanter Fakt war für mich, dass das Buch in der DDR als Schullektüre und als Musterbeispiel für antifaschistische Literatur galt. Außerdem gibt es in meinem Kiez das Anna-Seghers-Museum, welches sich in der ehemaligen Wohnung der Schriftstellerin befindet und einen authentischen Einblick in ihr Leben und Werk bieten soll. Dieses Museum werde ich auf jeden Fall noch nachholen. Das siebte Kreuz hat mich besonders bewegt, weil es eine persönliche Verbindung zu meiner eigenen Familiengeschichte gibt. Einer der flüchtigen Häftlinge im Buch trägt den Namen Beutler - genau wie mein Urgroßvater Reinhold Beutler, der Spanienkämpfer war und später wegen Hochverrats im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert wurde. Als ich den Anfang des Romans las und von der Flucht aus dem Lager erfuhr, hat mich das tief getroffen. Die bedrückende Atmosphäre, die Angst, aber auch der Wille zum Widerstand erinnerten mich stark an das, was mein Vorfahre durchleben musste. Die Geschichte wurde für mich dadurch greifbarer und emotional noch intensiver. Es ist nicht nur ein historischer Roman - für mich ist es auch ein stilles Zeugnis von dem, was war und nie vergessen werden darf. Aus diesen Gründen vergebe ich dem Buch 4 von 5 Sternen. ✨️

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5

Ein Buch über Hitlerdeutschland (wie es im Untertitel heißt), welches nicht zur Nachkriegsliteratur zählt, sondern von einer Deutschen noch vor dem Krieg geschrieben wurde. Schon alleine diese Tatsache, stellt den Roman besonders heraus. Anna Seghers schrieb ihn in Frankreich nach ihrer Flucht aus Mainz Ende der 30er Jahre und verarbeitete darin die Erlebnisse von Strafgefangenen aus Konzentrationslagern. Mir war gar nicht bewusst, das die ersten KZs schon 1933 errichtet wurden zur Inhaftierung von politische Andersdenkenden. Insofern spielt die Judenverfolgung in diesem Buch noch keine Rolle, da sie erst nach diesem Roman ins Rollen kam. Diese Review enthält Spoiler! In der Nähe von Worms gab es in Osthofen tatsächlich zu Beginn des Dritten Reiches ein KZ. Anna Seghers verlegt ihre Handlung ins KZ Westhofen, quasi der Nachbarort von Osthofen, den es wirklich gibt. Dort fliehen an einem Montag morgen im Jahr 1937 bei einem Außeneinsatz sieben Gefangene. Die Flucht der Hauptperson Georg Heisler dauert im Folgenden sieben Tage und so ist das Buch in sieben Kapitel aufgebaut. Der tobende Lagerleiter läßt daraufhin sieben Platanen am Rande des Lagers fällen und funktioniert die Baumstümpfe zu sieben Kreuze um. Man merkt bereits im ersten Kapitel, dass dieses Buch voller Symbolik steckt, nicht nur wegen der mystischen Zahl Sieben, sondern auch wegen der vielen christlichen Symbole, die Anna Seghers einfließen läßt. Und das hat mich wirklich gewundert, denn die Autorin als überzeugte Kommunisten und später eine der bekanntesten Schriftstellerinnen der DDR, ist erstaunlich religiös, doch ihre Vorgehensweise ist nicht plakativ, sondern für mich irgendwie geheimnisvoll und interpretationsbedürftig. Denn statt der drei Kreuze auf Golgatha haben wir sieben Kreuze , wobei das letzte Kreuz leer bleibt, denn Georg gelingt als Einzigem die Flucht und am Ende hängen nur vier Geflohene an den Kreuzen. Ein Anderer stirbt eines natürlichen Todes kurz vor seinem Heimatdorf und ein Weiterer nimmt sich das Leben kurz vor seiner Ergreifung. Doch was bedeutet nun das leere Kreuz? Im Gegensatz zu Jesus kann Georg (der Name eines Heiligen) dem Kreuz entgehen. Ist seine Form der Flucht die Errettung oder die Erlösung? Man könnte es fast meinen. Auch auf dem Weg durch das Rhein-Main-Gebiet in den sieben Fluchttagen tauchen immer wieder christliche Symbole auf. Ein Mann begeht einen Verrat, ein Anderer stellt sich seinen Häschern und sogar der Sündenfall wird von Seghers eingeflochten, in dem der alte Schulfreund und Äpfelhändler Georgs Frau Äpfel anbietet, um konspirativ Informationen weiterzuleiten. Der geschenkte Apfel führt in die Freiheit und nicht in die Verdammnis. Mir haben diese Symbole unheimlich gut gefallen und ich bin sicher, dass es noch viel mehr zu entdecken gab. Manches blieb mir auch bis zum Schluss unklar, z.B. welche Rolle der Schäfer Ernst aus Georgs Heimatdorf hatte. Der Schäfer als Gottvater, der über alles wacht, aber nicht eingreift? Das war in der Tat ein Buch, welches die eigene Phantasie anregt. Der Schreibstil ist auch außergewöhnlich. Es ist keinesfalls so, dass Georg als strahlender Held dargestellt wird. Die Stimmung im Buch bleibt gedrückt, alle sind von Zweifel geplagt und schauen pessimistisch in die Zukunft, teilweise sogar resignierend. Vielleicht hat es deswegen manchen Funktionären der DDR nicht so recht gefallen. Umrahmt wird die Geschichte durch einen unbekannten Gefangenen als auktorialen Erzähler, während der überwiegende Teil der Geschichte eigentlich personelle Erzählung ist und dies meist in Form innerer Monologe, was wirklich eine große Konzentration für mich erforderte, da die Gedanken fließen und ich teilweise nicht mehr wusste, wer „er“ oder was „es“ ist. So musste ich immer mal wieder zurückblättern, um korrekt in die Gedanken einzutauchen. Allerdings weckte dieser Schreibstil auch ein sehr eindringliches Gefühl in mir. Erschwerend kam noch hinzu, dass auf der Flucht eine Vielzahl von Menschen den Weg des Geflohenen kreuzen. Ich bin sicher, dass ich bei einem nochmaligen Lesen weitere Symbole oder Interprerationsmöglichkeiten entdecken würde. Wirklich ein sehr beeindruckendes und spannendes Buch und für mich einer der besten Romane, die ich über das Leben im Dritten Reich mit seinen vielfältigen Charakteren gelesen habe.

4

Wie hättest Du Dich entschieden? Wie hättest Du gehandelt? Wäre die Angst größer gewesen als Dein Gewissen? Die politische Neigung Anna Seghers wird zwar deutlich, aber bleibt im Hintergrund. Sie ist präsent, aber nicht aufdringlich. Weitaus mehr Augenmerk liegt auf den (moralischen) Entscheidungen der Figuren. Man gerät ins Grübeln über sich selbst und was man in so einer Situation gemacht hätte. Etwas gestört (aber wirklich nur minimal) haben mich die dauernden Verniedlichungen (Lädchen, Wägelchen, Holzklötzchen, usw.). Und ich bin unendlich dankbar für das "Happy End". Wäre das nicht so, hätte ich heulen müssen.

0.5

7 Tage, die sich wie 7 Jahre anfühlten

Ich las dieses Buch in der Oberstufe im Deutsch LK. Ich hatte immer große Freude am Lesen und auch an Schullektüren. Doch dieses Buch brach mich. Es zog sich so gottlos lange hin. Privat würde ich es mir nie kaufen

3

Leider konnte ich mich gar nicht auf das Buch konzentrieren, obwohl es so interessant ist. Zudem gab es zu viele Personenwechsel und dass auch mehrmals in den einzelnen Kapiteln und Unterkapiteln, sodass es schwierig war in einen Leseflusd zu kommen...

3

Leider konnte ich mich gar nicht auf das Buch konzentrieren, obwohl es so interessant ist. Zudem gab es zu viele Personenwechsel und dass auch mehrmals in den einzelnen Kapiteln und Unterkapiteln, sodass es schwierig war in einen Leseflusd zu kommen...

3.5

Es geht nicht nur um Georg, sondern auch, wie seine Mitmenschen Nazi-Deutschland erleben.

4

S i e b e n ist die Summe aus drei und vier, die Zahl zwischen sechs und acht, eine natürliche Zahl, ungerade und eine Primzahl. In der Symbolik wird sie je nach Kulturraum als Glückszahl oder umgekehrt betrachtet. Abgesehen von ihrer Anzahligkeit hat sie eine Sonderfunktion: die sieben Zwerge im Märchen, die sieben Weltwunder, die Schöpfung der Welt in sieben Tagen und die sieben Tage einer Woche. Es werden sieben Platanen für sieben Ausbrecher aus den KZ gefällt, die binnen sieben Tagen wieder eingefangen werden sollen. Übrigens der Name HEISLER besteht auch aus sieben Buchstaben. Georg Heisler, der pollitische Häftling, festgenommen wegen regimentkritischen Äußerungen, flüchtet mit dem Ziel, sich im Exil im Ausland abzusetzen, mit sechs weiteren Insassen aus dem KZ. Der Lagerkommandant setzt eine siebentägige Frist, um die Häftlinge infolge einer Verfolgung ins KZ zurückzubringen und jeden an den Pranger, in diesem Fall an den Kreuzen vorzuführen, um zu zeigen, dass es keine Hoffnung auf Flucht aus dem Lager gibt. An sechs Platanen werden an den Ausbrecher Exempel statuiert, doch eine bleibt frei. „Wir fühlten alle, wie tief und furchtbar die äußeren Mächte in den Menschen hineingreifen können, bis ins sein Innerstes, aber wir fühlten auch, dass es im Innersten etwas gab, was unangreifbar war und unverletzbar.“ Dies ist der letzte Satz aus dem Roman, derjenige, der aufzeigt, dass es Hoffnung und verschiedene Charaktere während des NS-Regimes gab, die trotz aller Umstände sich nicht an die damaligen aufgesetzten Regeln hielten. Hilfe und Solidarität war begleitet mit der Frage, ob man das eigene Leben riskieren möchte, sich und Angehörige der Gefahr aussetzt, aber gleichzeitig gekoppelt an die Frage, ob die Verweigerung der Hilfe, der Verrat mit dem Gewissen vereinzubaren ist. Andererseits das Wissen eines Flüchtlings, der mit seiner Tat nicht nur Verbündete in Gefahr bringt, sondern auch unbeteiligte Personen, nur weil man einen Bekanntschaftsgrad nachweisen kann. Die ständige Angst doch erwischt zu werden ein treuer Weggefährte ist, sowie das Verlassen auf den eigenen Instinkt, das Glück und den Zufall, weil kein geschmiedeter Plan weiterhilft. Seghers verwendet viele verschachtelte Sätze sowie fügt Zwischenhandlungen bei, damit weist sie aber auf Hintergrundgeschehen und Rückblenden. So kann man den Werdegang und Handlungen der Charaktere viel besser nachvollziehen. Darüberhinaus begibt man sich als Leser mit auf die Flucht und wandert durch alle Gesellschaftsschichten und dem Alltagsleben. Dieses Buch ist ein tiefer Roman, der stark ist, viel zu sagen und zu geben hat, somit unvergesslich sich als Klassiker der Exilliteratur etabliert hat. Netty Reiling alias Anna Seghers ergreift mit ihrem Werk offensichtlich Partei, zeigt aber ein authentisches Bild jener Zeit.

5

Ein Buch über Hitlerdeutschland (wie es im Untertitel heißt), welches nicht zur Nachkriegsliteratur zählt, sondern von einer Deutschen noch vor dem Krieg geschrieben wurde. Schon alleine diese Tatsache, stellt den Roman besonders heraus. Anna Seghers schrieb ihn in Frankreich nach ihrer Flucht aus Mainz Ende der 30er Jahre und verarbeitete darin die Erlebnisse von Strafgefangenen aus Konzentrationslagern. Mir war gar nicht bewusst, das die ersten KZs schon 1933 errichtet wurden zur Inhaftierung von politische Andersdenkenden. Insofern spielt die Judenverfolgung in diesem Buch noch keine Rolle, da sie erst nach diesem Roman ins Rollen kam. Diese Review enthält Spoiler! In der Nähe von Worms gab es in Osthofen tatsächlich zu Beginn des Dritten Reiches ein KZ. Anna Seghers verlegt ihre Handlung ins KZ Westhofen, quasi der Nachbarort von Osthofen, den es wirklich gibt. Dort fliehen an einem Montag morgen im Jahr 1937 bei einem Außeneinsatz sieben Gefangene. Die Flucht der Hauptperson Georg Heisler dauert im Folgenden sieben Tage und so ist das Buch in sieben Kapitel aufgebaut. Der tobende Lagerleiter läßt daraufhin sieben Platanen am Rande des Lagers fällen und funktioniert die Baumstümpfe zu sieben Kreuze um. Man merkt bereits im ersten Kapitel, dass dieses Buch voller Symbolik steckt, nicht nur wegen der mystischen Zahl Sieben, sondern auch wegen der vielen christlichen Symbole, die Anna Seghers einfließen läßt. Und das hat mich wirklich gewundert, denn die Autorin als überzeugte Kommunisten und später eine der bekanntesten Schriftstellerinnen der DDR, ist erstaunlich religiös, doch ihre Vorgehensweise ist nicht plakativ, sondern für mich irgendwie geheimnisvoll und interpretationsbedürftig. Denn statt der drei Kreuze auf Golgatha haben wir sieben Kreuze , wobei das letzte Kreuz leer bleibt, denn Georg gelingt als Einzigem die Flucht und am Ende hängen nur vier Geflohene an den Kreuzen. Ein Anderer stirbt eines natürlichen Todes kurz vor seinem Heimatdorf und ein Weiterer nimmt sich das Leben kurz vor seiner Ergreifung. Doch was bedeutet nun das leere Kreuz? Im Gegensatz zu Jesus kann Georg (der Name eines Heiligen) dem Kreuz entgehen. Ist seine Form der Flucht die Errettung oder die Erlösung? Man könnte es fast meinen. Auch auf dem Weg durch das Rhein-Main-Gebiet in den sieben Fluchttagen tauchen immer wieder christliche Symbole auf. Ein Mann begeht einen Verrat, ein Anderer stellt sich seinen Häschern und sogar der Sündenfall wird von Seghers eingeflochten, in dem der alte Schulfreund und Äpfelhändler Georgs Frau Äpfel anbietet, um konspirativ Informationen weiterzuleiten. Der geschenkte Apfel führt in die Freiheit und nicht in die Verdammnis. Mir haben diese Symbole unheimlich gut gefallen und ich bin sicher, dass es noch viel mehr zu entdecken gab. Manches blieb mir auch bis zum Schluss unklar, z.B. welche Rolle der Schäfer Ernst aus Georgs Heimatdorf hatte. Der Schäfer als Gottvater, der über alles wacht, aber nicht eingreift? Das war in der Tat ein Buch, welches die eigene Phantasie anregt. Der Schreibstil ist auch außergewöhnlich. Es ist keinesfalls so, dass Georg als strahlender Held dargestellt wird. Die Stimmung im Buch bleibt gedrückt, alle sind von Zweifel geplagt und schauen pessimistisch in die Zukunft, teilweise sogar resignierend. Vielleicht hat es deswegen manchen Funktionären der DDR nicht so recht gefallen. Umrahmt wird die Geschichte durch einen unbekannten Gefangenen als auktorialen Erzähler, während der überwiegende Teil der Geschichte eigentlich personelle Erzählung ist und dies meist in Form innerer Monologe, was wirklich eine große Konzentration für mich erforderte, da die Gedanken fließen und ich teilweise nicht mehr wusste, wer „er“ oder was „es“ ist. So musste ich immer mal wieder zurückblättern, um korrekt in die Gedanken einzutauchen. Allerdings weckte dieser Schreibstil auch ein sehr eindringliches Gefühl in mir. Erschwerend kam noch hinzu, dass auf der Flucht eine Vielzahl von Menschen den Weg des Geflohenen kreuzen. Ich bin sicher, dass ich bei einem nochmaligen Lesen weitere Symbole oder Interprerationsmöglichkeiten entdecken würde. Wirklich ein sehr beeindruckendes und spannendes Buch und für mich einer der besten Romane, die ich über das Leben im Dritten Reich mit seinen vielfältigen Charakteren gelesen habe.

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