Wir sind das Licht

Wir sind das Licht

Hardcover
4.325
LichtEuropäischer LiteraturpreisDiätKrimi

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Beschreibung

Ein unkonventioneller, einzigartiger Roman – und die Geschichte einer stillen Radikalisierung Eine Wohnung, drei Frauen, ein Mann. Eine der Frauen ist tot. Als der Notarzt eintrifft, herrscht eine ruhige, ja unheimliche Atmosphäre, und er stellt fest: Elisabeth ist – vor den Augen ihrer Mitbewohner – verhungert. Muriel, Petrus und Elisabeth haben, jeder auf eigene Art, den Halt im Leben verloren. Elisabeths Schwester Melodie und der Verzicht auf Nahrung scheinen diese Lücke zu füllen. Was sich von innen – bis in den Tod – richtig anfühlt, ist von außen nur sehr schwer zu fassen. Gerda Blees erzählt aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, auch die Eltern, die Polizei oder der Tatort selbst kommen zu Wort. Für ihren herausragend modernen Debütroman erhielt sie zahlreiche Preise.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Hardcover
Seitenzahl
240
Preis
23.70 €

Autorenbeschreibung

Gerda Blees, geboren 1985, lebt in Haarlem, sie studierte Fine Arts an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam und unterrichtete an verschiedenen Universitäten. Ihr Romandebüt Wir sind das Licht wurde u.a. mit dem Nederlandse Boekhandelprijs und dem Europäischen Literaturpreis ausgezeichnet und ist 2022 bei Zsolnay, in der Übersetzung von Lisa Mensing, auf Deutsch erschienen.

Beiträge

10
Alle
5

Wir sind die Ignoranz.

"Ihre Mitbewohnerin stirbt vor ihren Augen und sie denken an nichts?" [S. 111] Die Autorin hat sich, laut ihrer Danksagung, für dieses Buch von den Nachrichten über den Tod einer Frau in einer Wohngruppe in Utrecht im Sommer 2017 inspirieren lassen. Das Besondere dabei sind nicht nur die unterschiedlichen Perspektiven aus denen die Geschichte erzählt wird, sondern vielmehr, dass dabei auch normalerweise stumme Beobachter, wie zum Beispiel Klang & Liebe, das Brot, der Zweifel oder aber auch der Tatort zu Wort kommen, was mittlerweile zwar ein bekanntes, aber durchaus unterhaltsames Stilmittel ist, auch wenn es sich im Grunde wie eine spezielle Art der Schreibübung liest. Durch die schier unendlichen Möglichkeiten bleibt das Buch dabei durchweg überraschend, da man nie weiß, wer oder was als nächstes seine Beobachtungen teilt. Und da die Kapitel relativ kurz gehalten sind, hatte ich es innerhalb von nur zwei Tagen beendet. Eine Frau stirbt und alle schauen dabei zu, und zwar wirklich alle! Wie das sein kann, erklärt sich die Autorin damit, dass sie die eigenen Interessen der Akteure stets an erster Stelle positioniert, was der Situation ab und an zwar etwas Humor beimischt, aber nicht von der pluralistischen Ignoranz ablenken kann, die im Grunde genau über die richtige Wunde kratzt und ein Gleichnis zwischen den Handlungsfähigen und den Nicht- Handlungsfähigen zieht. Im Grunde sind wir demnach alle Wollsocken... Passend dazu bleibt das Buch sprachlich eher nüchtern und auch die Dialoge haben kaum anderen Input zu bieten. Ein sehr besonderes, messerscharfes, unangenehmes, beklemmendes, modernes, aber vor Allem kluges Buch. Ich hoffe, wir bekommen hierzulande noch mehr von der Autorin zu lesen!

4.5

Der Roman der niederländischen Autorin Gerda Blees beschäftigt sich mit einer strafrechtlich und moralisch interessanten Frage: Wieviel Schuld trifft Menschen, die einem anderen Menschen beim Sterben 'zusehen'. Konkret geht es um eine Wohngruppe, die an 'Lichtnahrung' glaubt. Als das älteste und schwächste Mitglied dieser Wohngruppe stirbt, stellt der hinzugezogene Arzt einen nicht natürlichen Tod fest und die Kommissarin Liesbeth, die auch privat mit dem Thema Essstörungen zu tun hat, versucht daraus einen Fall zu machen, stößt dabei jedoch schnell an ihre Grenzen. Interessant ist weiterhin, dass teilweise Gegenstände wie z.B der Entsafter oder Räume wie z.B die Gefängniszelle die Geschichte erzählen. Sie fungieren als neutrale Beobachter und machen sich ihre eigenen Gedanken.

5

Gerda Blees erzählt von Menschen, die verzweifelt der Leere in ihrem Leben entgegenwirken. Mit selbstgewähltem Verzicht, sei es auf Nahrung oder materiellen Besitz, trotzen sie ihrer Hilflosigkeit ein Gefühl der Kontrolle ab; je mehr sich diese indes als Kartenhaus erweist, desto mehr gleitet der Verzicht ab ins Absurde. Muriel, Petrus, Melodie und Elisabeth verfallen skrupellosen Gurus, die für einen stolzen Preis ihr Heilversprechen predigen: Glaubst du nur daran, kannst du mit der richtigen Einstellung und disziplinierter Selbstkontrolle auch ohne Nahrung leben, vom Licht allein. Und so magern die Mitglieder dieser kleinen Kommune immer mehr ab, sehen dies indes keineswegs als Beweis dafür, getäuscht worden zu sein. Vielmehr zieht sie ein Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit in den Sog einer stillen Tragödie. Es sind nicht nur die Themen, eine Melange aus Vereinsamung, Manipulation und Sinnsuche, die das Buch zu einem außergewöhnlichen Leseerlebnis machen. So überraschend wie innovativ entspinnt sich die Handlung als vielstimmiger Choral, der nicht nur Menschen eine Stimme verleiht, sondern auch verschiedenen Wesenheiten, Gegenständen und sogar abstrakten Konzepten. So kommt die Nacht zu Wort, der Klang, die Liebe – aber auch der Tatort, der Entsafter und zwei Zigaretten. Ich fühlte mich an »Adas Raum« von Sharon Dodua Otoo erinnert! Dort sprechen zum Beispiel ein Reisigbesen, ein Türklopfer oder ein KZ-Zimmer. Doch »Wir sind Licht« ist keineswegs ein Abklatsch – die beiden Romane sind unverwechselbare Gemälde, die lediglich mit ähnlichen Farben und Pinseln gemalt wurden. Mit leichtem Strich und prägnanten Worten zeichnet Gerda Blees Charaktere, die nicht mehr viel zu geben haben, weil sie in jeglicher Hinsicht am Ende ihrer Kräfte sind. Die Tiefe ihrer Gedanken- und Gefühlswelt lässt sich mehr erahnen als erfassen, und dennoch wirken sie vielschichtig und gut ausgearbeitet. Überhaupt ist der Schreibstil eine Freude: anspruchsvoll, kreativ, fesselnd und klar – kurz gesagt: einzigartig. Dieses originell inszenierte Drama entfaltet eine subtile, fein nuancierte Wirkung – ein beeindruckendes Debüt!

4

Wir sind das Licht Gerda Blees Aus dem Niederländischen von Lisa Mensing Gelesen von C. Michels, J. Schümann, S. Mittelstädt und B. Fürmann Elisabeth stirbt auf ihrer Luftmatratze. „Glücklich, sanft und zufrieden ist sie entschlafen“, sagen ihre drei Mitbewohner aus der Wohngruppe "Klang und Liebe“ dem zuständigen Arzt. Die Realität sieht aber anders aus: Elisabeth ist verhungert und deshalb werden die drei Mitbewohner Melodie, Muriel und Petrus verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen keinen Krankenwagen gerufen zu haben. Ja, schlimmer: Sie haben gar nichts unternommen um Elisabeth zu retten, ihr nicht einmal etwas zu Essen gegeben! Melodie, Elisabeths Schwester, ist sich keiner Schuld bewusst. Sie ist der festen Überzeugung, dass es keinen Hilferuf gab und ihre drei anderen Bewohner waren ja auch davon überzeugt, dass man nur OHNE Nahrungsmittelaufnahme innere Reinheit erlangen kann. Dieses hat ihnen schließlich ein (gut genährter) Guru erzählt. Das Spezielle an diesen Buch ist, dass nicht - wie man jetzt denken könnte - die Mitbewohner diese Geschichten erzählen, sondern Gerätschaften aus dem Haushalt, der Gefängniszelle und einzelne Körperteile. Da kommt z.B. das Brot, der Entsafter, die Stifte, die Demenz und das Cello zu Wort. Alle haben etwas zu erzählen. Ja, sogar Elisabeths Körper erzählt seine eigene Geschichte - und das mitten auf dem Obduktionstisch. Alle haben eine Meinung und eine eigene Sichtweise und ich stelle ab und zu fest, dass die Gegenstände versuchen mich, den Hörer, zu beeinflussen. Doch am Ende bleibt die Frage: Hat Melodie ihre Mitbewohner manipuliert und sogar zugelassen, dass ihre Schwester stirbt? Das müsst ihr selber herausfinden, denn der Kühlschrank war immer offen - Elisabeth hätte sich nur Essen herausnehmen müssen! Gerda Blies hat hier wirklich ein gelungenes Roman-Debüt geschrieben. Die Idee mit den wechselnden Erzähler-Perspektiven ist unglaublich raffiniert und wurde sehr gut umgesetzt. Allerdings hat mich Melodies dominante Art und die Hilflosigkeit der Mitbewohner zwischendurch wahnsinnig genervt. Erwähnen möchte ich auch unbedingt die vier Sprecher, die dieses Hörbuch zu einem besonderen Erlebnis gemacht haben.

5

Wow! Was für eine spannende Erzähltechnik! Die Story beruht auf einer wahren Begebenheit, die sich erst vor ein paar Jahren so zugetragen hat. Klarer Schreibstil und ein interessantes Thema, das der stillen Radikalisierung. Absolute Empfehlung!

5

Was bin ich angetan, um nicht zu sagen restlos begeistert, von dem Debütroman von Gerda Blees. Wie oft liest man Bücher, die einen hohen Anspruch und großes Potenzial verheißen und einen mit unerfüllten Erwartungen zurücklassen. Bei „Wir sind das Licht“ ist das nicht der Fall. Im Gegenteil: der Roman ist ein Lichtblick, ein Jahreshighlight, ein Glücksgriff für alle Leser und Leserinnen, die Freude am Entdecken, am Neuen, am Innovativen haben und für die die Diskurs-Ebene eines Romans ebenso spannend ist wie die eigentliche Geschichte. In diesem Buch strahlt die Ebene der erzählerischen Vermittlung so hell, dass die Story der verhungerten Elisabeth fast zum Nebenschauplatz gerät. Elisabeth, Mitglied einer esoterischen Sekte, die sehr autoritär von ihrer Schwester Melodie geleitet wird, fällt der Annahme zum Opfer, dass der Mensch sich auch ausschließlich von Licht ernähren könnte. Auch wenn die Diskussion um eine mögliche Schuld der anderen Sektenmitglieder die Basis des Romans bildet, dient die eigentliche Handlung lediglich als Gerüst für die vor Energie, sprachlicher Abwechslung und detaillierter Selbstcharakterisierung strotzenden unterschiedlichen Erzählinstanzen. Voller Vorfreude erwartet man als Leser das nächste Kapitel um herauszufinden, aus welcher Perspektive der Vorfall nun im Sprachduktus eines sehr umfassenden pluralis majestatis geschildert wird. Das kann das „Licht“ sein oder auch die „Nacht“, vielleicht auch etwas ganz anderes, das hier aber nicht vorweggenommen werden soll. Alle Kapitel werden durch die unglaublich präzise Treffsicherheit mit der der Charakter der jeweiligen Erzählinstanz eingefangen wird, die Glaubhaftigkeit mit der das Eigeninteresse des Erzählers an dem Fall dargelegt wird und die manchmal schon gnadenlose Selbstentlarvung des Sprechers vereint. „Wir sind das Licht“ ist ein Roman, der auf kunstvolle Weise Objekten, Menschen und abstrakten Konzepten eine Stimme verleiht, die man so noch nicht gehört hat. Das Buch ist ein Fest des literarischen Anspruchs, welches sich erstmal abschreckend anhören mag, aber für niveauvollen Lesegenuss sorgt. Es ist besonders, faszinierend, einfallsreich, frisch, sehr unterhaltend und dabei in seiner Anlage schon fast genial. Schön, dass es solch ein Buch gibt, das sich traut, so facettenreich und unverbraucht die Handwerkskunst einer gediegenen Erzählperspektive aufzeigt.

4

"Wir sind das Licht" ist ein ungewöhnlicher und formal innovativer Roman, der mit einer beeindruckenden Erzählweise punktet. Sprachlich eine Wucht - inhaltlich auch!

5

Ungewöhnliche Perspektiven und packende Geschichte

Ein Frau stirbt im Beisein ihrer Mitbewohnenden. Die Polizei ermittelt. Gibt es eine Schuld? Gibt es Verantwortliche? Wie konnte es soweit kommen? Eine Geschichte über eine langsame Radikalisierung. Jedes Kapitel berichtet aus einer anderen Perspektive. Doch handelt es sich dabei nicht aus klassischen Sichtweisen. Diese Skurilität hat much sofort in das Buch gesogen. Dann kamen die Charaktere hinzu, dann die Hintergründe und am Ende stehe ich da mit einem neuen Buch in meinen Favoriten. Absolute Leseempfehlung! 🌞

Ungewöhnliche Perspektiven und packende Geschichte
4

Ein lesenswertes Debüt mit unkonventionellen Sichtweisen auf einen ungewöhnlichen Plot: Jemand fängt mit der sog. "Lichtnahrung" an und verhungert. Im Beisein der Wohngemeinschaft. Warum niemand einschreitet? Das wird im Buch auf bisweilen verstörende Weise ergründet.

5

Faszinierend geschriebene tragische Geschichte

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