Schattenzeit
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Oliver Hilmes, 1971 geboren, wurde in Zeitgeschichte promoviert und arbeitet als Kurator für die Stiftung Berliner Philharmoniker. Seine Bücher über widersprüchliche und faszinierende Frauen „Witwe im Wahn. Das Leben der Alma Mahler-Werfel“ (2004) und „Herrin des Hügels. Das Leben der Cosima Wagner“ (2007) wurden zu großen Verkaufserfolgen. 2011 folgte „Liszt. Biographie eines Superstars”, danach „Ludwig II. Der unzeitgemäße König” (2013) sowie „Berlin 1936. Sechzehn Tage im August“ (2016), das in viele Sprachen übersetzt und zum gefeierten Bestseller wurde. Zuletzt erschienen “Das Verschwinden des Dr. Mühe. Eine Kriminalgeschichte aus dem Berlin der 30er Jahre” (2019) und "Schattenzeit. Deutschland 1943: Alltag und Abgründe" (2023).
Beiträge
Nationalsozialismus, Wehrkraftzersetzung, Volksgerichtshof, Pianist, Verfolgung, Denunziation, Höfer, späte Gerechtigkeit, Emigration, Drittes Reich
WECHSELSEITIGKEIT Impulsiv und unbedacht kann man es nennen, was der junge und erfolgreiche Pianist Karlrobert Kreiten im Frühjahr 1943 gegenüber der Vermieterin einer Übergangsbleibe und Jugendfreundin seiner Mutter äußert. Doch diese Unbedachtheit wird Folgen haben für den 27jährigen Berliner mit einem niederländischen Pass. Nachdem er, genervt vom Hitler-Wahn seiner Vermieterin, der sich u.a. in der Omnipräsenz von Hitlerbildern in der Wohnung äußert, ihr gegenüber Hitler als Wahnsinnigen und den Krieg als bereits verloren bezeichnet, reicht diese nach der Rücksprache mit Freundinnen und Nachbar*innen Anzeige bei der Gestapo ein. Kreiten wird verhaftet, monatelang verhört und schließlich wegen Feinbegünstigung und Wehrkraftzersetzung angeklagt und von Roland Freisler, einem berüchtigten Nazi-Richter des Volksgerichtshofes zum Tode verurteilt. Kreiten wird kaum sechs Monate nach seiner privaten Äußerung am 7. September 43 in Plötzensee an einem Fleischerhaken aufgehängt. An 250 Gefangenen wird in diesen Tagen, die als „Plötzenseer Blutnächte“ bezeichnet werden, ein beschleunigter Vollzug des Todesurteils durchgeführt – einige von ihnen waren nicht einmal zum Tod verurteilt worden. Die Nazis wollen ein Exempel an widerständigen Künstler*innen statuieren und zudem wurde ein Teil der Haftanstalt durch eine Bombe zerstört und es muss Platz geschaffen werden. Kreitens Eltern, selbst erfolgreiche Musiker*innen, und seine Anwälte, die unter Einbeziehung aller Kontakte zur Prominenz jener Zeit versucht hatten, eine Begnadigung zu erwirken, erfahren nicht nur zu spät vom Gerichtstermin ihres Sohnes, sondern auch erst im Nachhinein von dessen Tod. Oliver Hilmes nutzt den Fall des jungen Klaviergenies um die Dynamiken des Jahres 1943 zu illustrieren und verleiht diesem Schicksal dadurch zugleich besondere Tragik. Die Wehrmacht hat die Schlacht um Stalingrad verloren, dass der Krieg nicht mehr zum erhofften und beschworenen „Endsieg“ Deutschlands führen wird, ist ein offenes Geheimnis für alle, die es sehen wollen und doch peitscht Göbbels die Öffentlichkeit weiter an und schwört sie auf eine Radikalisierung der Kriegsführung ein. Eine Kriegsführung, die sich schon lange nicht mehr nur nach außen richtet, sondern ebenso radikal gegen Widerstand innerhalb der eigenen Grenzen vorgeht. In vignettenartigen, kurzen Absätzen zeigt Oliver Hilmes historische Kipppunkte dieses Jahres und verbindet diese zunehmend mit den Entwicklungen im Leben Karlrobert Kreitens. Dabei zeigt sich, dass die mörderische Ideologie, der Antiintellektualismus der Nazis und die Forderung nach einem „Totalen Krieg“ keine theoretischen Abstrakte waren, sondern dass diese zeitnah, deutlich spürbare Konsequenzen hatten für Kreiten und andere. Hilmes zeichnet das Bild eines jungen Mannes, der voller Hoffnung und mit alterstypischer Naivität auf sein Leben blickt und doch am Ende erhobenen Hauptes in den Tod geht. Dieser Gang in den Tod ist es, der die Beschäftigung mit den Opfern, die in Plötzensee hingerichtet wurden (z.B. auch Mildred Harnack und ihr Mann ebenso wie Harro Schulze-Boysen und seine Frau Libertas) für mich zu einer besonderen im Kontext der Beschäftigung mit den Opfern der Nazis macht, denn hier stellt sich die Quellenlage bisweilen so dar, dass in Form der Aussagen der Geistlichen des Gefängnisses Informationen über die letzten Aussagen und Minuten der Häftlinge vorliegen, die sich zwischen schwer erträglich und sehr berührend bewegen. Hilmes zeigt allerdings auf einer übergeordneten Ebene durch die Montage der Auszüge aus der allgemeinen Historie dieses Jahres mit denen aus einem individuellen Leben auch, wie Geschichtsschreibung funktioniert und dass diese immer gezwungenermaßen Re-Konstruktion ist. Durch Auslassungen und Fokussierungen zieht „Schattenzeit“ nachvollziehbare Verbindungen zwischen diesen beiden Ebenen, die aber eben doch der Wahl des Autors unterliegen und so eine Deutung der Fakten darstellen. So ist das erzählende Sachbuch nicht nur Erinnerungsbuch an ein Opfer der Nazis und Zeitdiagnose, sondern auch gelungene Illustration geschichtswissenschaftlichen Arbeitens und Denkens.
Ein so erschütterndes wie empfehlenswertes Buch über die Auswirkungen der Hitler'schen Diktatur auf einige Widersprechende. Gut erzählt, mMn teilweise schulwürdig. Tipp: Unbedingt in die Rezension von _erlesenes reinschauen!
Ein grandioses Sachbuch über die wohl dunkelste Zeit deutscher Geschichte. Da es im Stil eines Romans geschrieben ist, wird man regelrecht in diese Zeit zurückversetzt und ist zunehmend in der Lage, die einzelnen Geschichten - wenn auch nur ansatzweise - mitzufühlen. Nicht selten war ich völlig fassungslos, wozu Menschen in der Lage sind.
In seinem neuen Roman gibt Oliver Wilmes einen Überblick über das ereignisreiche Jahr 1943. Tagebuchauszüge, offizielle Dokumente, Zeitzeugenberichte usw. schildern „Alltag und Abgründe“. Extrem gut recherchiert und aufbereitet - ein Buch, das wahre Ereignisse beschreibt und mich fassungslos und betroffen zurücklässt. Absolut lesenswert!
REZENSION SCHATTENZEIT - DEUTSCHLAND 1943: ALLTAG UND ABGRÜNDE von Oliver Hilmes Ich habe mich mal aus meiner Komfortzone gewagt und ein Sachbuch gelesen. Da das Buch wie ein Roman geschrieben ist, lässt es sich angenehm lesen. Obwohl das Thema so ein dunkles Kapitel der Geschichte behandelt, hat es mir sehr gut gefallen. Ich fand es sehr interessant und gebe 5/5 ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ Sterne.

Deutschland 1943, wie war da der Alltag - für die Opfer und für die Täter*innen. Erzählt wird vorrangig die Geschichte des jungen aufstrebenden Pianisten Karlrobert Kreiten, der 1943 aufgrund einer Bemerkung gegenüber einer Freundin seiner Mutter ins Gefängnis kommt, wo er hingerichtet wird. Erzählt wird auch die Geschichte seiner Familie und deren verzweifelte Versuche ihrem Sohn zu helfen. Angerissen wird auch die unrühmliche Rolle von Werner Höfer, der trotz seiner Nazivergangenheit später jahrzehntelang den Frühschoppen im deutschen Fernsehen moderieren durfte - so wie die Geschichte von Hans Rosenthal. Ein hochinteressantes Buch!
Berührend, obwohl man alles schon weiß….
Oliver Hilmes schafft es wieder einmal, Historisches literarisch zum Leben zu erwecken. Alltag und Abgründe verbindet meisterhaft mehrere Schicksale. Natürlich kennt man sie alle und trotzdem ist man noch mehr berührt, wenn es einem Autor gelingt Figuren so zum Leben zu erwecken, dass man sich mit ihnen tief verbunden fühlt. Und für mich immer wieder erschreckend, wie schmal derGrat ist auf dem man wandelt, wenn man in einer Diktatur lebt. Ein falsches Wort zur falschen Zeit am falschen Ort kann das Leben kosten. Wie schnell wird man unfreiwillig zum Helden, Opfer, Mitläufer, Täter?? Freuen wir uns über die Banalität unseres noch unbeschwerten Alltags.
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Oliver Hilmes, 1971 geboren, wurde in Zeitgeschichte promoviert und arbeitet als Kurator für die Stiftung Berliner Philharmoniker. Seine Bücher über widersprüchliche und faszinierende Frauen „Witwe im Wahn. Das Leben der Alma Mahler-Werfel“ (2004) und „Herrin des Hügels. Das Leben der Cosima Wagner“ (2007) wurden zu großen Verkaufserfolgen. 2011 folgte „Liszt. Biographie eines Superstars”, danach „Ludwig II. Der unzeitgemäße König” (2013) sowie „Berlin 1936. Sechzehn Tage im August“ (2016), das in viele Sprachen übersetzt und zum gefeierten Bestseller wurde. Zuletzt erschienen “Das Verschwinden des Dr. Mühe. Eine Kriminalgeschichte aus dem Berlin der 30er Jahre” (2019) und "Schattenzeit. Deutschland 1943: Alltag und Abgründe" (2023).
Beiträge
Nationalsozialismus, Wehrkraftzersetzung, Volksgerichtshof, Pianist, Verfolgung, Denunziation, Höfer, späte Gerechtigkeit, Emigration, Drittes Reich
WECHSELSEITIGKEIT Impulsiv und unbedacht kann man es nennen, was der junge und erfolgreiche Pianist Karlrobert Kreiten im Frühjahr 1943 gegenüber der Vermieterin einer Übergangsbleibe und Jugendfreundin seiner Mutter äußert. Doch diese Unbedachtheit wird Folgen haben für den 27jährigen Berliner mit einem niederländischen Pass. Nachdem er, genervt vom Hitler-Wahn seiner Vermieterin, der sich u.a. in der Omnipräsenz von Hitlerbildern in der Wohnung äußert, ihr gegenüber Hitler als Wahnsinnigen und den Krieg als bereits verloren bezeichnet, reicht diese nach der Rücksprache mit Freundinnen und Nachbar*innen Anzeige bei der Gestapo ein. Kreiten wird verhaftet, monatelang verhört und schließlich wegen Feinbegünstigung und Wehrkraftzersetzung angeklagt und von Roland Freisler, einem berüchtigten Nazi-Richter des Volksgerichtshofes zum Tode verurteilt. Kreiten wird kaum sechs Monate nach seiner privaten Äußerung am 7. September 43 in Plötzensee an einem Fleischerhaken aufgehängt. An 250 Gefangenen wird in diesen Tagen, die als „Plötzenseer Blutnächte“ bezeichnet werden, ein beschleunigter Vollzug des Todesurteils durchgeführt – einige von ihnen waren nicht einmal zum Tod verurteilt worden. Die Nazis wollen ein Exempel an widerständigen Künstler*innen statuieren und zudem wurde ein Teil der Haftanstalt durch eine Bombe zerstört und es muss Platz geschaffen werden. Kreitens Eltern, selbst erfolgreiche Musiker*innen, und seine Anwälte, die unter Einbeziehung aller Kontakte zur Prominenz jener Zeit versucht hatten, eine Begnadigung zu erwirken, erfahren nicht nur zu spät vom Gerichtstermin ihres Sohnes, sondern auch erst im Nachhinein von dessen Tod. Oliver Hilmes nutzt den Fall des jungen Klaviergenies um die Dynamiken des Jahres 1943 zu illustrieren und verleiht diesem Schicksal dadurch zugleich besondere Tragik. Die Wehrmacht hat die Schlacht um Stalingrad verloren, dass der Krieg nicht mehr zum erhofften und beschworenen „Endsieg“ Deutschlands führen wird, ist ein offenes Geheimnis für alle, die es sehen wollen und doch peitscht Göbbels die Öffentlichkeit weiter an und schwört sie auf eine Radikalisierung der Kriegsführung ein. Eine Kriegsführung, die sich schon lange nicht mehr nur nach außen richtet, sondern ebenso radikal gegen Widerstand innerhalb der eigenen Grenzen vorgeht. In vignettenartigen, kurzen Absätzen zeigt Oliver Hilmes historische Kipppunkte dieses Jahres und verbindet diese zunehmend mit den Entwicklungen im Leben Karlrobert Kreitens. Dabei zeigt sich, dass die mörderische Ideologie, der Antiintellektualismus der Nazis und die Forderung nach einem „Totalen Krieg“ keine theoretischen Abstrakte waren, sondern dass diese zeitnah, deutlich spürbare Konsequenzen hatten für Kreiten und andere. Hilmes zeichnet das Bild eines jungen Mannes, der voller Hoffnung und mit alterstypischer Naivität auf sein Leben blickt und doch am Ende erhobenen Hauptes in den Tod geht. Dieser Gang in den Tod ist es, der die Beschäftigung mit den Opfern, die in Plötzensee hingerichtet wurden (z.B. auch Mildred Harnack und ihr Mann ebenso wie Harro Schulze-Boysen und seine Frau Libertas) für mich zu einer besonderen im Kontext der Beschäftigung mit den Opfern der Nazis macht, denn hier stellt sich die Quellenlage bisweilen so dar, dass in Form der Aussagen der Geistlichen des Gefängnisses Informationen über die letzten Aussagen und Minuten der Häftlinge vorliegen, die sich zwischen schwer erträglich und sehr berührend bewegen. Hilmes zeigt allerdings auf einer übergeordneten Ebene durch die Montage der Auszüge aus der allgemeinen Historie dieses Jahres mit denen aus einem individuellen Leben auch, wie Geschichtsschreibung funktioniert und dass diese immer gezwungenermaßen Re-Konstruktion ist. Durch Auslassungen und Fokussierungen zieht „Schattenzeit“ nachvollziehbare Verbindungen zwischen diesen beiden Ebenen, die aber eben doch der Wahl des Autors unterliegen und so eine Deutung der Fakten darstellen. So ist das erzählende Sachbuch nicht nur Erinnerungsbuch an ein Opfer der Nazis und Zeitdiagnose, sondern auch gelungene Illustration geschichtswissenschaftlichen Arbeitens und Denkens.
Ein so erschütterndes wie empfehlenswertes Buch über die Auswirkungen der Hitler'schen Diktatur auf einige Widersprechende. Gut erzählt, mMn teilweise schulwürdig. Tipp: Unbedingt in die Rezension von _erlesenes reinschauen!
Ein grandioses Sachbuch über die wohl dunkelste Zeit deutscher Geschichte. Da es im Stil eines Romans geschrieben ist, wird man regelrecht in diese Zeit zurückversetzt und ist zunehmend in der Lage, die einzelnen Geschichten - wenn auch nur ansatzweise - mitzufühlen. Nicht selten war ich völlig fassungslos, wozu Menschen in der Lage sind.
In seinem neuen Roman gibt Oliver Wilmes einen Überblick über das ereignisreiche Jahr 1943. Tagebuchauszüge, offizielle Dokumente, Zeitzeugenberichte usw. schildern „Alltag und Abgründe“. Extrem gut recherchiert und aufbereitet - ein Buch, das wahre Ereignisse beschreibt und mich fassungslos und betroffen zurücklässt. Absolut lesenswert!
REZENSION SCHATTENZEIT - DEUTSCHLAND 1943: ALLTAG UND ABGRÜNDE von Oliver Hilmes Ich habe mich mal aus meiner Komfortzone gewagt und ein Sachbuch gelesen. Da das Buch wie ein Roman geschrieben ist, lässt es sich angenehm lesen. Obwohl das Thema so ein dunkles Kapitel der Geschichte behandelt, hat es mir sehr gut gefallen. Ich fand es sehr interessant und gebe 5/5 ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ Sterne.

Deutschland 1943, wie war da der Alltag - für die Opfer und für die Täter*innen. Erzählt wird vorrangig die Geschichte des jungen aufstrebenden Pianisten Karlrobert Kreiten, der 1943 aufgrund einer Bemerkung gegenüber einer Freundin seiner Mutter ins Gefängnis kommt, wo er hingerichtet wird. Erzählt wird auch die Geschichte seiner Familie und deren verzweifelte Versuche ihrem Sohn zu helfen. Angerissen wird auch die unrühmliche Rolle von Werner Höfer, der trotz seiner Nazivergangenheit später jahrzehntelang den Frühschoppen im deutschen Fernsehen moderieren durfte - so wie die Geschichte von Hans Rosenthal. Ein hochinteressantes Buch!
Berührend, obwohl man alles schon weiß….
Oliver Hilmes schafft es wieder einmal, Historisches literarisch zum Leben zu erwecken. Alltag und Abgründe verbindet meisterhaft mehrere Schicksale. Natürlich kennt man sie alle und trotzdem ist man noch mehr berührt, wenn es einem Autor gelingt Figuren so zum Leben zu erwecken, dass man sich mit ihnen tief verbunden fühlt. Und für mich immer wieder erschreckend, wie schmal derGrat ist auf dem man wandelt, wenn man in einer Diktatur lebt. Ein falsches Wort zur falschen Zeit am falschen Ort kann das Leben kosten. Wie schnell wird man unfreiwillig zum Helden, Opfer, Mitläufer, Täter?? Freuen wir uns über die Banalität unseres noch unbeschwerten Alltags.