Rote Kreuze
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Sasha Filipenko, geboren 1984 in Minsk, ist ein belarussischer Schriftsteller, der auf Russisch schreibt. Nach einer abgebrochenen klassischen Musikausbildung studierte er Literatur in St. Petersburg und arbeitete als Journalist, Drehbuchautor, Gag-Schreiber für eine Satireshow und als Fernsehmoderator. Sein Roman ›Die Jagd‹ war ein ›Spiegel‹-Bestseller. Sasha Filipenko ist leidenschaftlicher Fußballfan und wohnte bis 2020 in St. Petersburg. Er musste mit seiner Familie Russland verlassen und lebt in der Schweiz.
Beiträge
Rasante Lebensgeschichte in Zeiten des Stalin-Terrors - Ergreifend und schonungslos.
Selten bin ich mir bei einem Buch mit meiner Meinung so unsicher wie bei diesem. Einerseits ist es ein ganz besonderes Buch, dass ein Schicksal zeigt, von welchem es viele gibt. Die Geschichte der Protagonistin führt Einem Grausamkeit, vor Augen, die einem nicht menschlich erscheinen und ich habe größten Respekt vor der Recherchearbeit des Autoren. Das Buch ist voller Fakten und auch Einblicke in Dokumente bekommt man sehr viele. Teilweise sogar zu viel davon. Der Schreibstil war überragend, dass Buch ist sehr flüssig zu lesen und man merkt gar nicht wie die Seiten an einem vorbeifliegen, weil man so an die Geschichte gefesselt ist. Anfangs, muss ich sagen, war es aber nicht einfach sich an den Stil zu gewöhnen, da ständig zwischen den Perspektiven der beiden Protagonisten gewechselt wird und zusätzlich gibt es noch einen dritten Erzähler, der vergangene Geschichten der Protagonisten erzählt. Leider entspricht die Geschichte nicht wirklich dem, was der Klappentext verspricht. Es wird einem eine Geschichte von zwei ganz unterschiedlichen Freunden versprochen. Doch Alexanders Schicksal wird in der Geschichte nur ganz kurz behandelt, obwohl ich hier gerne mehr erfahren hätte. Auch Gespräche der beiden finden selten statt. Es sind eher sehr lange einzelne Monologe, die sich abwechseln.
Unglaublich gut. Ein schnörkelloser, sehr direkter Sprachstil und eine tragische Geschichte - auch wenn es etwas Dramatik gibt, ist dieses Buch sehr zu empfehlen.
Stalin-Russland war kein Spaß, das wissen wir alle. Was die Diktatur aber mit den Menschen angerichtet hat, welches Leid es verursacht hat, das erzählt Sasha Filipenko beispielhaft und – insbesondere für russische Verhältnisse – sehr rasant in seinem Roman „Rote Kreuze“, der gerade in die deutsche Sprache übersetzt im Diogenes-Verlag erschienen ist. Erzählt wird die Geschichte von Tatjana Alexejewna, die sich ihrem neuen Nachbarn, dem jungen Alexander anvertraut. Tatjana ist 90 Jahre alt und hat Alzheimer „Weil Gott Angst hat vor mir.“ Warum Gott vor ihr Angst hat? Das werden wir im Lauf der Geschichte noch erfahren – wie so vieles anderes, was sie am Anfang des Buches Alexander gegenüber andeutet. Anfangs wurde ich etwas überrumpelt. Bei russischer Literatur erwarte ich einen eher gemächlichen Einstieg und einen eher langsamen Erzählfluss. Sasha Filipenko dagegen kommt umgehend zur Sache – und legt bis zum Ende seines Romans ein ausgesprochen rasantes Tempo hin. Kein Wunder also, dass er es schafft, Stalin-Russland und die Umbrüche danach, in einem Roman von gerade einmal 288 Seiten unterzubringen – und das auch noch, ohne den Leser*innen allzu große Lücken zuzumuten. Im Gegenteil: Natürlich versammelt sich in Tatjanas Lebensgeschichte außerordentlich viel Leid. Und doch ist es realistisch genug erzählt, um die Leser*innen zu packen, sie mitleiden zu lassen – obwohl Tatjana gar nicht Mitleid heischend erzählt -, ihnen das Unfassbare näher zu bringen. Vor allem aber schafft es Filipenko, die Grausamkeit des Regimes herauszuarbeiten und gleichzeitig aufzuzeigen, was das Wissen um die Grausamkeit bei der Bevölkerung bewirkte. Mir gefiel Filipenkos Roman sehr. Ich mochte das Tempo – ich habe das Buch binnen eines Nachmittages gelesen -, das Thema und Tatjana, die ihr Leben auf eine Weise meisterte, die für mich nachvollziehbar erzählt wurde. Tatjana ist eine dieser Figuren, wie es sie wohl nur in Romanen geben kann, die aber gleichzeitig eine ganz reale Faszination auf mich ausüben und eine gewisse Vorbildfunktion übernehmen können. „Rote Kreuze“ basiert auf ganz realen Ereignissen und insbesondere einige Dokumente, die im Roman zitiert wurden, sind so unfassbar, dass ich anfangs dachte, sie seien vom Autor erdacht worden. Leider ist dem aber nicht so. Die im Roman zitierten Dokumente existieren tatsächlich. Es ist schrecklich! Umso schöner, dass Filipenko es schaffte, sie so in seinen Roman zu integrieren, dass sie ihre Wirkung voll entfalten können, ohne das Filipenko den Moralapostel spielt oder permanent mit erhobenem Zeigefinger erzählt. „Rote Kreuze“ hat mich mitgerissen, ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, als ich erst einmal mit der Lektüre begonnen hatte. Keine einzige Stelle, kein einziger Abschnitt ist zäh, die Geschichte spannend, der Schreibstil knapp und doch bildhaft schön. Das einzige, was mich persönlich ein bisschen gestört hat, ist die mir viel zu schnell entstehende Beziehung zwischen Sascha und Lera, einer weiteren Nachbarin (in Sashas Alter). Da war mir Filipenko dann doch ein bisschen zu rasant. Und auch Sashas Geschichte – so tragisch sie auch sein mag – war mir ein bisschen zu viel des Guten. Trotzdem: Am Ende bleibt ein fesselnder Roman über die dunkelste Zeit russischer Geschichte, den es sich zu lesen lohnt. Kaufen und lesen!
"Rote Kreuze" ist eine Geschichte gegen das Vergessen. Eine Geschichte über zwei Leben, die miteinander verbunden sind, und eine Geschichte über Schuld, Verlust und Trauma. Die beiden Protagonist*innen Alexander und Tatjana erzählen sich ihre Lebensgeschichten. Tatjanas Erzählungen handeln vom Zweiten Weltkrieg und Stalinismus, Alexanders vom Tod seiner Frau. Alexanders Teil ist meiner Meinung nach deutlich schwächer und weniger ausgearbeitet, aber glücklicherweise steht Tatjanas im Vordergrund. So lässt sich zusammenfassen, dass Sasha Filipenko ein gutes Buch über ein wichtiges Thema geschrieben hat.
Sehr interessant 😍 musste nur manchmal eine Seite nochmal lesen, weil ich auf Anhieb nicht ganz gecheckt habe, wer wer ist 😅
Alexander ist mit seiner drei Monate alten Tochter gerade in eine neue Wohnung in Minsk gezogen, als er ein rotes Kreuz auf seiner Wohnungstür findet. Seine Nachbarin Tatjana hat es dort angebracht. Bei ihr wurde Alzheimer diagnostiziert und die roten Kreuze, die sie zweitweise wo anbringt, weisen ihr den Weg nach Hause. Derzeitig ist vorrangig das Kurzzeitgedächtnis von der Alzheimer betroffen; an ihre Vergangenheit erinnert sich Tatjana noch sehr gut und davon berichtet sie Alexander detailgetreu. Tatjana Alexejewnas wurde im Jahr 1910 in London geboren und zog mit 9 Jahren mit ihrem Vater zurück in dessen Heimat Russland. Als sie älter wurde nahm sie dort ihr Studium auf und fand anschließen im Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten eine Arbeitsstelle. Zu der Zeit, als sie dort tätig war, brach der Zweite Weltkrieg, unter Stalins Herrschaft, aus. Ihr Mann war Soldat und wurde an die Front eingezogen. Sie erhielt von ihm zwei Briefe, doch danach hörte sie nichts mehr ihm. Das Schicksal von Tatjana, ihrem Mann und ihrer Tochter sowie von ihren Nachbar Alexander nehmen ihren Lauf. Der Großteil der Geschichte ist die Lebensgeschichte von Tatjana. Wider Erwarten zum Klappentext, nimmt die Geschichte von Alexander weniger Raum in dem Roman ein, was ich persönlich sehr schade finde. Zu Beginn des Buches fand ich etwas schwer in die Geschichte, da „Geschichte“ im Bereich der Weltkriege nicht generell zu meinen Interessen zählt. Trotzdem ist die Erzählung klar und durchgängig und man kann den Erzählungen von Tatjana mühelos folgen. In der Geschichte wird immer wieder klar, welche geheimen Informationen und Dokumente durch Tatjanas Hände gingen und mit welchem „Berg“ an Emotionen sie klar kommen musste, überhaupt als sie den Namen ihres Mannes auf einer Liste wiederfand. Welche das ist, lest in dem Buch. Fazit: Um die Geschichte der Protagonistin, Informationen zum zweiten Weltkrieg, Auszüge aus Originaldokumenten, willkürlichen Verhaftungen und Tötungen erkundet man trotzdem eine Geschichte, die emotional und extrem berührend ist. Es treffen zwei tragische Schicksale, zu Zeiten des Stalin Regimes, aufeinander. Es ist kaum zu fassen, was Menschen Menschen antun können, was sie aushalten müssen und unvorstellbar, wie sie damit umgingen mussten - wenn man bedenkt in was für einer angenehmen Welt wir leben (dürfen). Von meiner Seite eine klare Kauf- und Leseempfehlung! (unbezahlte Rezension, selbst gekauft)
Im belorussischen Minsk begegnen sich Tatjana Alexejewna und Alexander, der als neuer Mieter in ein Wohnhaus zieht. Sie ist über neunzig und hat mit Alzheimer zu kämpfen; er ist dreißig und hat vor kurzem seine Frau verloren. Sie erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichte, die jeweils Schicksalsschläge enthält. Das Buch stellt eine gut geschriebene Abrechnung mit der Sowjetnostalgie dar, die in Rußland und Belorus besonders verbreitet ist und von den Machthabern beider Länder gezielt gefördert wird. Die Schilderung ist kurz, ohne an Eindringlichkeit einzubüßen. Sowohl die Paranoia der großen Säuberungen vor dem Krieg als auch die Maßnahmen während des Krieges werden plastisch geschildert und durch bürokratische Zeugnisse in makabrer Weise illustriert. Filipenko beschreibt, wie die Erinnerung, die zu vergehen droht, bewahrt werden kann: Die Neunzigjährige, die mit Alzheimer ringt, erzählt den Jungen ihre Geschichte. Auch kämpft sie für den Erhalt von Kurapaty, dem Massengrab bei Minsk, um das es im Jahr 2001 heftige Konflikte gab. Auf der Suche nach Erklärungen macht sich auch Alexander schließlich auf, um etwas in Erfahrung zu bringen. Mehr auf meinem Blog "Notizhefte": https://notizhefte.com/2020/05/25/lebensgeschichten-ungeheuer-ist-viel/
Russische Geschichte? Um ehrlich zu sein habe ich mich kaum damit beschäftigt! Seid ihr geschichtsinteressiert? Oder meidet ihr eher Bücher die auf historischen Fakten basieren?
Darum geht es: Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt. Nach und nach erkennen die beiden ineinander das eigene gebrochene Herz wieder und schließen eine unerwartete Freundschaft, einen Pakt gegen das Vergessen. Es ist eine Geschichte über die Verluste, die jeden Menschen im Leben immer wieder hart treffen. Feinfühlig, aber sehr sachlich wird die Geschichte von Tatjana erzählt, und trifft so den Leser und weckt Fassungslosigkeit und Betroffenheit. Die roten Kreuze ziehen sich als feine Linien durch die Geschichte – erst durch die Vermittlung des Roten Kreuzes und dann durch die mit einem roten Kreuz markierte Tür der Protagonistin. So schmal das Buch ist, so wichtig ist sein Inhalt. Und – nicht nur in der derzeitigen Situation – macht mich wieder fassungslos, wie hilflos man ist im Angesicht einer kleinen Gruppen Menschen, die der Welt einen Stempel aufdrücken möchten und einfach nur alles Leben zerstört. Mich hat dieses Buch tief berührt und ich empfehle es unbedingt weiter! 5 von 5 Sterne
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Sasha Filipenko, geboren 1984 in Minsk, ist ein belarussischer Schriftsteller, der auf Russisch schreibt. Nach einer abgebrochenen klassischen Musikausbildung studierte er Literatur in St. Petersburg und arbeitete als Journalist, Drehbuchautor, Gag-Schreiber für eine Satireshow und als Fernsehmoderator. Sein Roman ›Die Jagd‹ war ein ›Spiegel‹-Bestseller. Sasha Filipenko ist leidenschaftlicher Fußballfan und wohnte bis 2020 in St. Petersburg. Er musste mit seiner Familie Russland verlassen und lebt in der Schweiz.
Beiträge
Rasante Lebensgeschichte in Zeiten des Stalin-Terrors - Ergreifend und schonungslos.
Selten bin ich mir bei einem Buch mit meiner Meinung so unsicher wie bei diesem. Einerseits ist es ein ganz besonderes Buch, dass ein Schicksal zeigt, von welchem es viele gibt. Die Geschichte der Protagonistin führt Einem Grausamkeit, vor Augen, die einem nicht menschlich erscheinen und ich habe größten Respekt vor der Recherchearbeit des Autoren. Das Buch ist voller Fakten und auch Einblicke in Dokumente bekommt man sehr viele. Teilweise sogar zu viel davon. Der Schreibstil war überragend, dass Buch ist sehr flüssig zu lesen und man merkt gar nicht wie die Seiten an einem vorbeifliegen, weil man so an die Geschichte gefesselt ist. Anfangs, muss ich sagen, war es aber nicht einfach sich an den Stil zu gewöhnen, da ständig zwischen den Perspektiven der beiden Protagonisten gewechselt wird und zusätzlich gibt es noch einen dritten Erzähler, der vergangene Geschichten der Protagonisten erzählt. Leider entspricht die Geschichte nicht wirklich dem, was der Klappentext verspricht. Es wird einem eine Geschichte von zwei ganz unterschiedlichen Freunden versprochen. Doch Alexanders Schicksal wird in der Geschichte nur ganz kurz behandelt, obwohl ich hier gerne mehr erfahren hätte. Auch Gespräche der beiden finden selten statt. Es sind eher sehr lange einzelne Monologe, die sich abwechseln.
Unglaublich gut. Ein schnörkelloser, sehr direkter Sprachstil und eine tragische Geschichte - auch wenn es etwas Dramatik gibt, ist dieses Buch sehr zu empfehlen.
Stalin-Russland war kein Spaß, das wissen wir alle. Was die Diktatur aber mit den Menschen angerichtet hat, welches Leid es verursacht hat, das erzählt Sasha Filipenko beispielhaft und – insbesondere für russische Verhältnisse – sehr rasant in seinem Roman „Rote Kreuze“, der gerade in die deutsche Sprache übersetzt im Diogenes-Verlag erschienen ist. Erzählt wird die Geschichte von Tatjana Alexejewna, die sich ihrem neuen Nachbarn, dem jungen Alexander anvertraut. Tatjana ist 90 Jahre alt und hat Alzheimer „Weil Gott Angst hat vor mir.“ Warum Gott vor ihr Angst hat? Das werden wir im Lauf der Geschichte noch erfahren – wie so vieles anderes, was sie am Anfang des Buches Alexander gegenüber andeutet. Anfangs wurde ich etwas überrumpelt. Bei russischer Literatur erwarte ich einen eher gemächlichen Einstieg und einen eher langsamen Erzählfluss. Sasha Filipenko dagegen kommt umgehend zur Sache – und legt bis zum Ende seines Romans ein ausgesprochen rasantes Tempo hin. Kein Wunder also, dass er es schafft, Stalin-Russland und die Umbrüche danach, in einem Roman von gerade einmal 288 Seiten unterzubringen – und das auch noch, ohne den Leser*innen allzu große Lücken zuzumuten. Im Gegenteil: Natürlich versammelt sich in Tatjanas Lebensgeschichte außerordentlich viel Leid. Und doch ist es realistisch genug erzählt, um die Leser*innen zu packen, sie mitleiden zu lassen – obwohl Tatjana gar nicht Mitleid heischend erzählt -, ihnen das Unfassbare näher zu bringen. Vor allem aber schafft es Filipenko, die Grausamkeit des Regimes herauszuarbeiten und gleichzeitig aufzuzeigen, was das Wissen um die Grausamkeit bei der Bevölkerung bewirkte. Mir gefiel Filipenkos Roman sehr. Ich mochte das Tempo – ich habe das Buch binnen eines Nachmittages gelesen -, das Thema und Tatjana, die ihr Leben auf eine Weise meisterte, die für mich nachvollziehbar erzählt wurde. Tatjana ist eine dieser Figuren, wie es sie wohl nur in Romanen geben kann, die aber gleichzeitig eine ganz reale Faszination auf mich ausüben und eine gewisse Vorbildfunktion übernehmen können. „Rote Kreuze“ basiert auf ganz realen Ereignissen und insbesondere einige Dokumente, die im Roman zitiert wurden, sind so unfassbar, dass ich anfangs dachte, sie seien vom Autor erdacht worden. Leider ist dem aber nicht so. Die im Roman zitierten Dokumente existieren tatsächlich. Es ist schrecklich! Umso schöner, dass Filipenko es schaffte, sie so in seinen Roman zu integrieren, dass sie ihre Wirkung voll entfalten können, ohne das Filipenko den Moralapostel spielt oder permanent mit erhobenem Zeigefinger erzählt. „Rote Kreuze“ hat mich mitgerissen, ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, als ich erst einmal mit der Lektüre begonnen hatte. Keine einzige Stelle, kein einziger Abschnitt ist zäh, die Geschichte spannend, der Schreibstil knapp und doch bildhaft schön. Das einzige, was mich persönlich ein bisschen gestört hat, ist die mir viel zu schnell entstehende Beziehung zwischen Sascha und Lera, einer weiteren Nachbarin (in Sashas Alter). Da war mir Filipenko dann doch ein bisschen zu rasant. Und auch Sashas Geschichte – so tragisch sie auch sein mag – war mir ein bisschen zu viel des Guten. Trotzdem: Am Ende bleibt ein fesselnder Roman über die dunkelste Zeit russischer Geschichte, den es sich zu lesen lohnt. Kaufen und lesen!
"Rote Kreuze" ist eine Geschichte gegen das Vergessen. Eine Geschichte über zwei Leben, die miteinander verbunden sind, und eine Geschichte über Schuld, Verlust und Trauma. Die beiden Protagonist*innen Alexander und Tatjana erzählen sich ihre Lebensgeschichten. Tatjanas Erzählungen handeln vom Zweiten Weltkrieg und Stalinismus, Alexanders vom Tod seiner Frau. Alexanders Teil ist meiner Meinung nach deutlich schwächer und weniger ausgearbeitet, aber glücklicherweise steht Tatjanas im Vordergrund. So lässt sich zusammenfassen, dass Sasha Filipenko ein gutes Buch über ein wichtiges Thema geschrieben hat.
Sehr interessant 😍 musste nur manchmal eine Seite nochmal lesen, weil ich auf Anhieb nicht ganz gecheckt habe, wer wer ist 😅
Alexander ist mit seiner drei Monate alten Tochter gerade in eine neue Wohnung in Minsk gezogen, als er ein rotes Kreuz auf seiner Wohnungstür findet. Seine Nachbarin Tatjana hat es dort angebracht. Bei ihr wurde Alzheimer diagnostiziert und die roten Kreuze, die sie zweitweise wo anbringt, weisen ihr den Weg nach Hause. Derzeitig ist vorrangig das Kurzzeitgedächtnis von der Alzheimer betroffen; an ihre Vergangenheit erinnert sich Tatjana noch sehr gut und davon berichtet sie Alexander detailgetreu. Tatjana Alexejewnas wurde im Jahr 1910 in London geboren und zog mit 9 Jahren mit ihrem Vater zurück in dessen Heimat Russland. Als sie älter wurde nahm sie dort ihr Studium auf und fand anschließen im Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten eine Arbeitsstelle. Zu der Zeit, als sie dort tätig war, brach der Zweite Weltkrieg, unter Stalins Herrschaft, aus. Ihr Mann war Soldat und wurde an die Front eingezogen. Sie erhielt von ihm zwei Briefe, doch danach hörte sie nichts mehr ihm. Das Schicksal von Tatjana, ihrem Mann und ihrer Tochter sowie von ihren Nachbar Alexander nehmen ihren Lauf. Der Großteil der Geschichte ist die Lebensgeschichte von Tatjana. Wider Erwarten zum Klappentext, nimmt die Geschichte von Alexander weniger Raum in dem Roman ein, was ich persönlich sehr schade finde. Zu Beginn des Buches fand ich etwas schwer in die Geschichte, da „Geschichte“ im Bereich der Weltkriege nicht generell zu meinen Interessen zählt. Trotzdem ist die Erzählung klar und durchgängig und man kann den Erzählungen von Tatjana mühelos folgen. In der Geschichte wird immer wieder klar, welche geheimen Informationen und Dokumente durch Tatjanas Hände gingen und mit welchem „Berg“ an Emotionen sie klar kommen musste, überhaupt als sie den Namen ihres Mannes auf einer Liste wiederfand. Welche das ist, lest in dem Buch. Fazit: Um die Geschichte der Protagonistin, Informationen zum zweiten Weltkrieg, Auszüge aus Originaldokumenten, willkürlichen Verhaftungen und Tötungen erkundet man trotzdem eine Geschichte, die emotional und extrem berührend ist. Es treffen zwei tragische Schicksale, zu Zeiten des Stalin Regimes, aufeinander. Es ist kaum zu fassen, was Menschen Menschen antun können, was sie aushalten müssen und unvorstellbar, wie sie damit umgingen mussten - wenn man bedenkt in was für einer angenehmen Welt wir leben (dürfen). Von meiner Seite eine klare Kauf- und Leseempfehlung! (unbezahlte Rezension, selbst gekauft)
Im belorussischen Minsk begegnen sich Tatjana Alexejewna und Alexander, der als neuer Mieter in ein Wohnhaus zieht. Sie ist über neunzig und hat mit Alzheimer zu kämpfen; er ist dreißig und hat vor kurzem seine Frau verloren. Sie erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichte, die jeweils Schicksalsschläge enthält. Das Buch stellt eine gut geschriebene Abrechnung mit der Sowjetnostalgie dar, die in Rußland und Belorus besonders verbreitet ist und von den Machthabern beider Länder gezielt gefördert wird. Die Schilderung ist kurz, ohne an Eindringlichkeit einzubüßen. Sowohl die Paranoia der großen Säuberungen vor dem Krieg als auch die Maßnahmen während des Krieges werden plastisch geschildert und durch bürokratische Zeugnisse in makabrer Weise illustriert. Filipenko beschreibt, wie die Erinnerung, die zu vergehen droht, bewahrt werden kann: Die Neunzigjährige, die mit Alzheimer ringt, erzählt den Jungen ihre Geschichte. Auch kämpft sie für den Erhalt von Kurapaty, dem Massengrab bei Minsk, um das es im Jahr 2001 heftige Konflikte gab. Auf der Suche nach Erklärungen macht sich auch Alexander schließlich auf, um etwas in Erfahrung zu bringen. Mehr auf meinem Blog "Notizhefte": https://notizhefte.com/2020/05/25/lebensgeschichten-ungeheuer-ist-viel/
Russische Geschichte? Um ehrlich zu sein habe ich mich kaum damit beschäftigt! Seid ihr geschichtsinteressiert? Oder meidet ihr eher Bücher die auf historischen Fakten basieren?
Darum geht es: Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt. Nach und nach erkennen die beiden ineinander das eigene gebrochene Herz wieder und schließen eine unerwartete Freundschaft, einen Pakt gegen das Vergessen. Es ist eine Geschichte über die Verluste, die jeden Menschen im Leben immer wieder hart treffen. Feinfühlig, aber sehr sachlich wird die Geschichte von Tatjana erzählt, und trifft so den Leser und weckt Fassungslosigkeit und Betroffenheit. Die roten Kreuze ziehen sich als feine Linien durch die Geschichte – erst durch die Vermittlung des Roten Kreuzes und dann durch die mit einem roten Kreuz markierte Tür der Protagonistin. So schmal das Buch ist, so wichtig ist sein Inhalt. Und – nicht nur in der derzeitigen Situation – macht mich wieder fassungslos, wie hilflos man ist im Angesicht einer kleinen Gruppen Menschen, die der Welt einen Stempel aufdrücken möchten und einfach nur alles Leben zerstört. Mich hat dieses Buch tief berührt und ich empfehle es unbedingt weiter! 5 von 5 Sterne