Nullerjahre

Nullerjahre

Taschenbuch
4.079

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Beschreibung

Die Nachwendezeit zwischen den Stralsunder Plattenbauten – während viele Erwachsene die Suche nach einem Platz im neuen System aufgeben, suchen sich Hendrik und seine Freunde Auswege aus der Langeweile. Und andere Vorbilder.

Langsam zerfallen die Frontlinien der Baseballschlägerjahre, die Springerstiefel werden von Turnschuhen abgelöst, Rechtsrock von Gangsterrap, die Optionen bleiben dieselben: Fressen oder gefressen werden. Im Kindergarten, in der Schule und im Fußballverein haben sie gelernt, dass der Klügere nur so lange nachgibt, bis er der Dümmere ist. Und so ist das Ziel klar: härter werden. Stumpfer werden. Die Mittel finden sich – Kraftsport, Drogen, Rap.

Hendrik Bolz erzählt von den ostdeutschen Nullerjahren, und erklärt uns ein Stück bundesrepublikanische Gegenwart.

»Eine Mischung aus Popliteratur, Coming-of-Age-Geschichte, Memoiren und sozialwissenschaftlicher Recherche«Bayerischer Rundfunk

Haupt-Genre
Biografien
Sub-Genre
Kunst & Unterhaltung
Format
Taschenbuch
Seitenzahl
352
Preis
14.40 €

Autorenbeschreibung

Hendrik Bolz, geboren 1988 in Leipzig, zog Ende der Nullerjahre von Stralsund nach Berlin, wo er ein Studium in den Sand setzte, in der Redaktion der Internetseite rap.de arbeitete und schließlich beschloss, selbst Rapper zu werden. Heute bildet er eine Hälfte der Band Zugezogen Maskulin und ist Host des Podcasts »Zum Dorfkrug«.

Beiträge

39
Alle
3

Ein Blick in die raue Seele der Nullerjahre

Ein Buch, das mich neugierig gemacht hat – weil ich selbst ein Nullerjahre-Kind bin, weil auch ich mit sechs nach Neubrandenburg gezogen bin, weil ich den Osten von innen kenne. Einige der Erfahrungen, die Henrik Bolz beschreibt, sind mir tatsächlich vertraut. Die grauen Fassaden, die orientierungslose Wut, die suchende Jugend. Aber vieles war für mich auch weit weg: Die Gewalt, der harte Drogenkonsum, diese ständige Aggression. Meine Welt war ruhiger, reflektierter, vielleicht auch geschützter. Was mir gefehlt hat, war die Sprache. Sie hat mich nicht mitgenommen – zu direkt, zu plakativ, manchmal fast atemlos. Vielleicht war das Absicht, vielleicht sollte genau das den Takt dieser verlorenen Jahre abbilden. Für mich blieb es trotzdem oft zu flach. Nullerjahre war für mich deshalb weniger ein literarisches Erlebnis als ein Wiedersehen mit einem Ort – aber ohne das Gefühl, wirklich angekommen zu sein.

Ein Blick in die raue Seele der Nullerjahre
4.5

Dieses Buch lässt mich ein wenig sprachlos zurück. Nachdem ich kürzlich bereits an der Premiere von „Mit der Faust in die Welt schlagen“ im Kino teilnehmen durfte, war mir die Thematik einer trostlosen Jugend in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung nicht fremd. Nichtsdestotrotz ist es immer wieder erschreckend zu lesen, wie sich so eine Perspektivlosigkeit, gepaart mit der Tristesse der Umgebung aus Arbeitslosigkeit, rassistischem und sexistischem Gedankengut, auf das Sozialverhalten junger Menschen auswirkt. Diese Umstände beschreibt Hendrik Bolz in Nullerjahre so anschaulich, dass man durchgängig das Gefühl hat, selbst in diesen Plattenbauten in Stralsund zu verwahrlosen. Dieses Verhalten findet in den Gedanken der Protagonisten keine Reflexion oder ein Umlenken, auch wenn das Outro dieses bei Hendrik selbst vermuten lässt. Das macht dieses Buch jedoch nur umso ehrlicher, kann aber auf bestimmte Personengruppen sicherlich verstörend wirken. Eine sehr anschauliche Erzählweise aus der Ich-Perspektive lässt dieses Buch und die Jugend von Hendrik Bolz sehr einfach in die Köpfe der lesenden Person kommen. Umso mehr man sich mit einer derartigen Thematik beschäftigt, desto klarer kann man sich vorstellen, warum es auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung noch so eine gedankliche Kluft zwischen West- und Ostdeutschland gibt und man lange noch nicht in den Köpfen der Menschen ein geeintes Deutschland hat. Auch wenn politische Themen eher grob angerissen werden, ist dieses Buch ein interessantes Fallbeispiel für die Politisierung von jungen Menschen außerhalb der eigenen sozialen Sphären; jedenfalls wenn man nicht gerade aus einer Drogen, Alkohol und Gewalt verherrlichenden Szene kommt. Kein Buch für jemanden mit schwachen Nerven, aber mehr als aufschlussreich. Einzig die Zeitsprünge in einigen Kapiteln scheinen ein wenig verworren und lassen einen daran zweifeln, ob diese wirklich so zusammengehören. Aber die Gesamtgeschichte lässt vermuten, dass es die Umstände der berauschenden Substanzen auch wenig zulassen, einen reinen Kopf zu haben.

4.5

Harter Tobak

Puh, das war intensiv und oft kaum auszuhalten. Öfter war ich kurz davor abzubrechen, wenn die Spirale aus Drogen, Gewalt und vulgärer Sprache sich über lange Passagen zog. Hendrik Bolz legt hier ein Zeugnis ab, das die Jugend der Nachwendezeit im Ostdetschland skizziert. Ein Strudel aus dem 'sich betäuben', immer der stärkere sein zu müssen, bloß nichts fühlen dürfen. Noch geprägt von den Ausläufern einer DDR Erziehung und gleichzeitig schon einem zurückgelassen fühlen in der neuen Welt des geeinten Deutschlands. Das Fehlen beinahe sämtlicher Erwähnung von Eltern (und damit der Möglichkeit, dieser Jugend Halt, Richtung und Hoffnung zu geben) spricht eine so deutliche Sprache. Vieles hab ich selbst so erlebt, wenn auch glücklicherweise nicht in einem solchen Ausmaß. Gefühle von Scham, Wunsch nach Abstand und schlicht Verdrängung. Kein Buch für zarte Nerven, das aber hilft, hier und da die Entwicklungen im Osten bis heute etwas nachzuvollziehen. Auch weil Bolz immer wieder Fakten zum politischen Status der jeweiligen Zeit einfließen lässt.

5

MV und seine gruseligsten Seiten

Hendrik Bolz erzählt beeindruckend über die seiner Jugend, zwischen Nazis, Drogen, Gewalt und irgendwie bisschen Selbstfindung. Es war sehr gut geschrieben, man konnte es flüssig lesen und es sehr gut verstehen, vor allem , wenn man auch Mv kommt (wie ich). Die gleichen Probleme gab es 10 Jahre später nämlich auch noch, wenn auch nicht mehr ganz so extrem, wie im Buch beschrieben. Super Buch.

5

Gewalt in den Nullerjahren

Das ist ein nachträglicher Bericht, ich habe das Buch schon vor ca. 1,5 Jahren gelesen. Es hat mir so gut gefallen, dass ich immer mal wieder daran denken muss und es jetzt auch zu meinen Lieblingsbüchern sortiert habe. Es ist ein hartes Buch über Gewalt, es ist vulgär und lässt nichts aus. Was ich besonders mag ist, dass es nichts beschönigt und nichts auslässt. Ähnlich zu Christiane F. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo könnte man eine abschreckende Wirkung vermuten. Aber genau wie bei diesem Buch geht es nicht nur um Abschreckung, sondern auch um Aufklärung. Es regt nämlich zum Nachdenken an. Wie war es eigentlich in Mecklenburg, im Osten, in Stralsund in den „Nullerjahren“? Die Antwort: Perspektivlosogkeit, Armut, Drogen, Nazis und Gewalt. So erzählt zumindest Bolz aus seiner Kindheit und Jugend, wie er selbst gemobbt hat und gleichzeitig Angst hatte. Wie ein Junge sein musste und dass er nicht weinen durfte. Die literarische Darstellung hat mich ebenfalls sehr überzeugt. Da Hendrik Bolz auch Rapper ist, geschieht in diesem Buch alles sehr schnell, durch Ellipsen, Wiederholungen und einem schnellen Rhythmus. Für mich ist das Buch so stark, dass ich Lust habe, es noch einmal zu lesen.

4

Rückblick auf eine Jugend im Sumpf von Gewalt und Drogen. Schonunglos brutal berichtet Hendrik Bolz über sein Aufwachsen in einem ostdeutschen Plattenbaugebiet, dessen sozialräümliche Ressourcen durch Wegzug und Segregation zunehmend verschwinden. Zwischen Leerstand und Verfall entwickelt sich hier eine jugendliche Subkultur, die quasi ohne Elterngeneration aufwächst, weil diese in den Fallstricken der Nachwendezeit hängen geblieben ist. Das Recht des Stärkeren scheint das einzige, was Halt gibt und Zusammengehörigkeit stiftet. Interessant, allerdings auch zuweilen kaum zu ertragen, ist dabei vor allem die Perspektive aus dem Innenkreis einer gewaltverherrlichenden Jugendgruppe heraus. Teilweise stilistisch etwas zu dick aufgetragen und leider auch einige Wortwiederholungen und Grammatikfehler, die so nicht hätten sein müssen.

2.5

Gute Story leider nicht mein Stil

Das Buch Nullerjahre ist definitiv nichts für schwache Nerven! Der Autor und Protagonist Hendrik (btw der Typ von Zugezogen Maskulin) erzählt über seine Kindheit und Jugend in Mecklenburg Vorpommern. Geprägt von Gewalt, Drogen und Rassismus. Was als wahnsinnig interessante Erzählung beginnt zieht sich sehr in die Länge. Das hat aber nichts mit der Geschichte an sich zu tun, sondern mit dem Schreibstil. Ich denke wem der Schreibstil gefällt hat hier ein absolut gutes Buch für sich gefunden. Meins war’s nicht. Schade!

4

Erschütternd. Dieses Buch macht nachdenklich!

Dieses Buch reiht sich in meine Leseerlebnisse der letzten Monate ein und ergänzt die Erzählungen von Clemens Meyer und Domenico Müllensiefen. Zeitlich spielt Nullerjahre ca. 10 Jahre später zu Beginn des neuen Jahrtausends in einer Plattenbausiedlung in Stralsund. Eine Jugend geprägt von Drogen, Gewaltexzessen gegen jeden der Schwäche zeigt und die Abwesenheit von Liebe. Es ist streckenweise nur schwer auszuhalten. Der Autor verarbeitet hier seine eigenen Erfahrungen der Jugend und blickt zurück, nachdem er 13 Jahre zuvor nach Berlin zum Studieren ging. Mit einer großen Offenheit und sehr ehrlich beschreibt er sich als einen Teil der harten Jungs, der auch zuschlägt, sich daran aufgeilt und Unmengen an Drogen konsumiert. Ich habe mich streckenweise gefragt, wie er diesem Sumpf überhaupt entfliehen konnte, wie er den Absprung geschafft hat. Den Abschluss des Buches macht ein Nachwort von Manja Präkels, die ihre Jugen in der Nachwendezeit in der ostdeutschen Provinz verbracht hat, geprägt von der Angst vor den Glatzen und deren stumpfen Gewalt. Sie ordnet das Buch in ihre Erfahrungen ein. Maja Präsens Buch "Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß" ist auch sehr zu empfehlen. Fazit: Kein Buch für besinnliche Stunden unterm Weihnachtsbaum, aber ein wichtiger Beitrag, um die Geschehnisse im Osten der Republik nach der Wende und bis heute zu verstehen.

Erschütternd. Dieses Buch macht nachdenklich!
3

Eine verstörende Gewalt- und Drogenspirale

Eine durchaus authentische Biographie, die Bolz hier erzählt über das Aufwachsen im Osten Deutschlands. Eine Kindheit, Jugend und frühes Erwachsenendasein geprägt von Gewalt, Drogen, Antisemitismus, Rassismus, Sexismus. Zwischendurch ist sehr schwierig zu verarbeiten und die Triggerwarnungen zu Beginn des Buches sind durchaus angemessen. Doch, so authentisch dies alles ist, so handelt es sich bei dem Buch quasi nur um reine Abfolgen von Beschreibungen über Gewalt- und Drogenexzesse bis hin zu stärken depressiven Episoden. Und das alles, wenn man von den seltenen historischen Kontexteinschüben absieht, ohne jede Einordnung oder Reflexion des Autors über seine Taten. Auch werden die direkten familiären Umstände nie betrachtet. Wie war das Elternhaus, wo woran direkte Verwandte? Alle im selben Strudel gefangen? Man weiß es schlicht nicht, sein Leben besteht nur aus seinen Freunden, die mit ihm in den Abgrund gleiten. So bleibt das Buch in seiner Summe leider gefangen in einer trostlosen, deprimierenden Stimmung einer sehr deprimierenden Kindheit. Ich gestehe dem Autor zu, dass er sich ziemlich sicher während des Schreibens sehr viel mit dem Geschriebenen und seiner eigenen Kindheit auseinandergesetzt hat, nur kommt dies im Text quasi nicht rüber. Schade, da wäre mehr drin gewesen, da die Thematik und die Umstände so ungemein wichtig sind.

4.5

Ein mitreißender Erlebnisbericht

Es ist schon erstaunlich: Eine Kindheit und Jugend, die nahezu zeitgleich mit meiner stattfand, gerade mal ein Bundesland weiter nordöstlich. Die Referenzen, die Ereignisse, das ist mir alles sehr nah. Aber im Laufe der Erzählung ließ mich jedes Umblättern nur noch ungläubiger zurück. Dabei finde ich den Erzählstil im Stile eines Gedankenstroms großartig. Dadurch ist man ganz nah dran an den Charakteren, den Protagonisten und Antagonisten im Alltag des Autors. Und der lässt einen viele Emotionen durchleben. Vor allem eine, die immer, mehr oder minder subtil, unter der Oberfläche mitschwingt: Angst. Vor anderen, vor sich selbst. Und vor der Ungewissheit, welcher Scheiß wohl als nächstes passieren wird. Große Leseempfehlung!

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