Ich nannte ihn Krawatte

Ich nannte ihn Krawatte

Taschenbuch
3.925
CocooningParkFreundschaftLeistungsgesellschaft

Durch das Verwenden dieser Links unterstützt du READO. Wir erhalten eine Vermittlungsprovision, ohne dass dir zusätzliche Kosten entstehen.

Beschreibung

Zwei Jahre lang hat er sich in seinem Zimmer vor der Welt da draußen versteckt. Nun wagt sich der junge Mann hinaus und eine Bank im Park wird ihm in den nächsten Wochen Stammplatz und Zuflucht. Ähnlich geht es einem deutlich älteren Mann in Anzug und Krawatte, der täglich die Bank gegenüber aufsucht. Zaghaft entsteht ein Dialog, in dem die beiden wildfremden Menschen beginnen, sich von ihrem Leben zu erzählen. Beide sind Außenseiter, die dem gesellschaftlichen Leistungs- und Erwartungsdruck nicht standhalten, die allein in der Verweigerung aktiv werden und ihren eigenen Weg suchen.

Unterrichtsmodule als kostenloser Download!

Haupt-Genre
Jugendbücher
Sub-Genre
Bildung
Format
Taschenbuch
Seitenzahl
128
Preis
9.50 €

Autorenbeschreibung

Milena Michiko Flasar wurde 1980 in St. Pölten geboren und ist eine österreichische Schriftstellerin japanischer Abstammung. Milena Michiko Flašar studierte Komparatistik, Germanistik und Romanistik in Wien und Berlin. Sie ist die Tochter einer japanischen Mutter und eines österreichischen Vaters und lebt als freie Schriftstellerin in Wien. Nebenbei unterrichtet sie Deutsch als Fremdsprache. Im Juni 2012 erhielt sie ein Stipendium und lebte im Gästehaus im „Literarischen Colloquium Berlin“. Nach ihrem Romandebüt „Ich bin', das 2008 erschien, folgte 2010 'Okaasan - Meine unbekannte Mutter'. Im November 2012 erhielt sie für ihr Buch „Ich nannte ihn Krawatte“ den österreichischen Literaturpreis „Alpha“ und gelangte auf die Longlist des Deutschen Buchpreises. Im April 2015 wurde der Roman mit dem Euregio-Schüler-Literaturpreis ausgezeichnet, einem internationalen Literaturpreis der deutsch-niederländisch-belgischen Grenzregion.

Beiträge

18
Alle
3.5

Was ist ein Hikikomori? In diesem Büchlein erfahrt Ihr es 👔🎏🫶💕

Milena Michiko Flašar ist die Tochter einer japanischen Mutter und eines österreichischen Vaters und lebt als Schriftstellerin in Wien. Das Buch basiert auf einer schönen Idee: Ein Hikikomori, so nennt man in Japan junge Menschen wie Taguchi, die ihr elterliches Zuhause nicht mehr verlassen, um sich nicht der Umwelt aussetzen zu müssen, einer Umwelt, die Leistung fordert und Anpassung, geht nach zwei Jahren doch wieder nach draußen, in einen Park, in die Anonymität. Dort lernt er eher widerwillig Herrn Ohara kennen.Anfangs saß man noch auf gegenüberliegenden Parkbänken und nahm einander kaum wahr, nach einigen Tagen aber sitzen die beiden nebeneinander auf einer Bank und beginnen dem anderen von sich zu erzählen. Taguchi erzählt von seinen Leiden als junger Mensch, wie er zwei etwa gleichaltrige Freunde verloren hat. Den einen durch einen Unfall, die andere, in die er sogar einmal verliebt gewesen war, wohl auch durch eigene Schuld, durch zusehen und zulassen, anstatt handelnd für sie einzutreten. Diese Erlebnisse haben ihn veranlasst, sich aus der Welt zurückzuziehen. Er lebt hinter verschlossener Tür bei seinen Eltern, verlässt das Zimmer nur, wenn niemand zu Hause ist, sperrte sich selbst bis vor kurzem völlig weg. Weil es eine Schande ist, einen Hikikomori zu Hause zu haben, unterstützen die Eltern diese freiwillige Abschottung und erzählen der Außenwelt, Taguchi sei im Ausland. Herr Ohara hat ganz andere Probleme. Er ist von seiner Firma gefeuert worden, hat also versagt, vor Scham darüber erzählt davon seiner Frau Kyoko nichts, statt dessen verbringt er seine Tage nun im Park, tut so, als ginge er täglich zur Arbeit, für welche seine Frau weiterhin täglich die Mittagsjause zubereitet. Die Ehe ist nicht glücklich verlaufen. Traditionell über eine Ehevermittlung eingefädelt erlebte sie ihre große Belastung, als den beiden ein schwer behindertes Kind geboren wurde. Herr Ohara kann das Kind nicht akzeptieren, während sich die Mutter hingebungsvoll darum kümmert. Doch das Kind stirbt bald. Der Kitt, der die Ehe zusammengehalten hat, wird noch unelastischer, man lebt nebeneinander, meist in Sprachlosigkeit gefangen. Vieles konnte mich an dem Buch begeistern, aber es gab auch Störfaktoren. Vor allem zu nennen: Redundanz. Trotz des schmalen Büchleins kommt es immer wieder dazu, z.B. wenn jemand weint, wird dieses „Weinen“ sehr ausgeschlachtet „Ich brach in Tränen aus“ berichtet der junge Mann (S. 125, letzte Zeile). Damit nicht genug finden sich auf der folgenden Seite sieben Mal Formen des Verbs „weinen“. Es ist auch oft vom Lachen die Rede: 16 Mal allein auf den Seiten 90 und 91. Bücher dürfen emotional berühren. Kritisch wird es für mich da, wo Handlung und Personen vorrangig im Interesse des Betroffenheitserlebens konstruiert werden bei gleichzeitig maßlosem Einsatz bestimmter künstlerischer Mittel. Dies wären dann klassische Merkmale von Kitsch. Insgesamt ein lesenswertes kleines Büchlein für zwischendurch. Ich habe bereits „Oben Erde unten Himmel“ von der Autorin gelesen, was mir besser gefallen hat. Dieses hier war ihr Debut und das merkt man auch. Ich wünsche der Autorin eine tolle Weiterentwicklung, sie hat viel Potential und auch ihr nächstes Buch werde ich lesen.

5

Der Wahnsinn. Ein Buch, welches mich definitiv noch lange beschäftigen wird.

4.5

Auf dieses Buch muss man sich einlassen wollen : Lebensgeschichten voller Tod, Trauer und unverarbeitetem Schmerz. Große sprachliche Schönheit, unvollendete Sätze. Poetisch, ernst und eine melancholische Stimmung, die einen gefangen nimmt oder auch verwirrt zurück lässt

5

Ein Herzensbuch voll sprachlicher Schönheit. Einsamkeit, Leere, vertane Chancen, Lebenserzählungen voller tragischer Wendungen bilden die melancholisch traurige Grundierung der Geschichte. Der heitere Unterton aus „Oben Erde unten Himmel“ fehlt hier und das Gelesene legt sich schwer auf’s Gemüt. Doch gelingt es, dem eine entlastende Leichtigkeit entgegenzusetzen, die dem zarten Neubeginn der erwachenden Freundschaft entspringt. Sehr lesenswert.

Seit „Oben Erde unten Himmel“ von Milena M. Flasar steckte ein Trennungsschmerz in mir, der nur durch mehr von Milena M. Flasaz heilbar zu sein schien. ICH NANNTE IHN KRAWATTE ist bereits 2012 erschienen und schon einen weiten erfolgreichen Weg durch mehrfache Preise, Übersetzungen und ein Theaterstück in Berlin gegangen. Für mich war es ein Nachhausekommen in die Arme eines geliebten Wesens. Dankbar lasse ich mich fallen in ihre poetische Sprache, die mich wieder in eine japanische Großstadt und wieder zu zwei Außenseitern am Rande der Leistungsgesellschaft führt. Zwei Männer, einer jung, einer älter, begegnen sich auf einer Parkbank. Beide haben sich - überfordert von den Anforderungen, Erwartungen und Enttäuschungen der Welt um sie herum – dorthin zurückgezogen, um auszuhalten und auszuharren. Der junge ist ein Hikikomori, ein Jugendlicher, der sich für Wochen, Monate, manchmal Jahre in seinem Zimmer im elterlichen Heim einschließt und sich dem Leben verweigert. Es gibt im Japanischen tatsächlich ein eigenes Wort dafür. Der ältere ist ein Salarymen, ein Firmenangestellter, der gekündigt wurde und weiterhin so tut, als ginge er jeden Morgen zur Arbeit. Aus unterschiedlichen Richtungen sind beide auf einen Punkt zugetrieben, an dem sie für andere unsichtbar, aber füreinander erkennbar sind. Sie beginnen erzählend sich selbst und einander zu begreifen und Halt im Anderen zu finden. „Er war da, hatte in mir Platz genommen, war eine Person geworden, über die ich sagen konnte: Ich erkenne sie wieder.“ Einsamkeit, Leere, vertane Chancen, Lebenserzählungen voller tragischer Wendungen bilden die melancholisch traurige Grundierung der Geschichte. Der heitere Unterton aus „Oben Erde unten Himmel“ fehlt hier und das Gelesene legt sich schwer auf’s Gemüt. Doch gelingt es, dem eine entlastende Leichtigkeit entgegenzusetzen, die dem zarten Neubeginn der erwachenden Freundschaft entspringt. Was bleibt ist eine bittersüße Melancholie, die mich durch die Seiten trägt. „Ich musste an die zähe Ewigkeit eines eben erst angebrochenen, endlos hingestreckten Tages denken. Die Gewissheit, dass er vergehen würde, war nichts gegen die fade Melancholie, mit der er verging, und Melancholie, dachte ich weiter, war das Wort, das uns beiden auf die Stirn geschrieben stand. Es verband uns. Wir trafen uns in ihm.“   Ich bin von meinem Trennungsschmerz geheilt, kann es nun erstmal gut sein und nachwirken lassen. Aber ich bin auch froh, dass es noch mehr von Milena M. Flasar zu entdecken gibt und freue mich darauf, dass sie der Welt noch viel schenken wird. Milena M. Flasar ICH NANNTE IHN KRAWATTE Verlag Klaus Wagenbach; 1. Edition (31. Januar 2012) P.S. Warum zieren Kois das Cover? Aus dem Text erschloss sich mir der Grund nicht, aber ich habe herausgefunden, dass der Koi tief in der japanischen Kultur verankerte Werte wie Stärke, Ausdauer und Strebsamkeit visualisiert.  

3

In "Ich nannte ihn Krawatte" von Milena Michiko Flašar geht es um zwei Personen, die sich auf einer Parkbank begegeben. Der eine alt, der andere ein junger Mann. Zwei aus dem Rahmen gefallene Personen. Der june Mann, Taguchi Hiro, ist ein so genannter "Hikikomori". Ein Hikikomori ist in Japan, ein Mensch, der sich in der Regel freiwillig in seiner Wohnung oder seinem Zimmer einschließt und den Kontakt zur Gesellschaft auf ein Minimum reduziert. Der alte Mann heißt Ohara Tetsu und ist 58 Jahre alt und ein so genannter "Salaryman" (das ist der japanische Begriff für männlicher Büroangestellter). Beide können den Druck des Alltags und der Gesellschaft nihct standhalten. Tage lang sitzen die beiden in einem Park und kommen langsam in ein Gespräch. Durch die Begenung und den Gesprächen mit dem älteren Mann nähert sich der junge Mann wieder seinen Eltern an. Man erfährt viel von der Vergangenheit der zwei Protagonisten. Die japanischen Begriffe werden im Buch super gut erklärt. Jedoch muss ich sagen, dass mich das Buch trotzdem nicht so beeindruckt hat. Vielleicht habe ich es zur falschen Zeit gelesen?

4

Eine einfühlsame Geschichte über zwei am Rande der japanischen Gesellschaft stehenden Personen, ihre sanfte Annäherung und ihren Weg zurück ins Leben. Ich hatte die Befürchtung, dass die Geschichte die Schicksale eines Hikikomori und eines arbeitslosen Salariman sehr stereotypisiert schildern würde. Diese hat sich jedoch überhaupt nicht bewahrheitet. Ganz im Gegenteil. Milena Michiko Flasar bietet hier eine gefühlvoll geschriebene Geschichte, die sich perfekt als Einstieg in die japanische Kultur eignet. Mehr zum Buch: https://youtu.be/fMtlXvkccXs

4

Ein kurzes, aber immens starkes Buch. Die Sprache ist klar, aber durchdringend. Das Werk erinnert mich an einen Teich. Je länger wir hinsehen, desto mehr sehen wir. Desto tiefer wird es. Jedoch kommt das Buch auch mit vielen Triggerwarnungen, aber es ist wichtig, dass wir über diese Themen sprechen. Dass wir uns Dinge vor Augen führen, die in unserer Gesellschaft nicht stimmen. Nicht nur in der japanischen, sondern auch in den westlichen. Denn auch wenn sich diese Themen auf unterschiedliche Weise sichtbar machen, so sind wir doch alle auf die eine oder andere Art davon betroffen. Deshalb empfand ich auch so ein tiefes (Mit-)Gefühl für die Figuren. Wir begleiten die Figuren durch ihr Leben, mit ihren Schicksalsschlägen. Erleben, wie sie sich ihren Fehlern und Ängsten stellen. Wie sie fallen und irgendwann versuchen, wieder aufzustehen. Es ist ein starkes Buch, das gerade durch seine Kürze sehr intensiv wird.

4

atmosphärisch und poetisch

Ein ruhiges Buch voller Melancholie von zwei Menschen, die sich auf einer Parkbank begegnen und sich ihrer Lebensgeschichte annähern. Sehr poetisch und einfühlsam beschrieben. Ich konnte die Trauer und Einsamkeit der Protagonisten gut nachempfinden. Auf jeden Fall ein Buch, das mich sehr berührt hat.

5

Wunderschön geschrieben und regt zum Nachdenken an!

4

Japaner sind klischeehaft bekannt für ihre Emsigkeit, Gehorsam und Leistungsbereitschaft. Aber auch für einen stark überhöhten Leistungsdruck, so dass es mich nicht verwundert, dass in vielen zeitgenössischen, japanischen Romanen Menschen die Titelrolle spielen, die diesem Druck nicht mehr gewachsen sind. Menschen, die aus Angst vor dem Leistungsdruck im Arbeitsleben das elterliche Haus nie verlassen, werden als "Hikikomori" bezeichnet. Ein solcher jugendlicher Außenseiter hat nach über zwei Jahren sein Zimmer verlassen und verbringt nun die Zeit auf einer Parkbank. Da trifft er täglich auf einen älteren Mann in Anzug und Krawatte. Der übliche, strebsame Einheitsangestellte in Grau, von denen Tausende durch die Großstadt huschen. Nur hat er seinen Job verloren aufgrund des Leistungsdrucks und traut sich nicht, dies seiner Frau zu beichten. Und so erzählen sich die Beiden ihre tragischen Lebensgeschichten. Das hat mir erstaunlich gut gefallen und selbst das Happy-End war zwar am Rande des Kitschs, aber für meinen Geschmack immer noch im Toleranzbereich. Sprachlich sehr schlicht, aber auch schön geschrieben. Gerade das letzte Wort des Buchs war so ungewöhnlich und so treffend an dieser Stelle. Die Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür, was für Qualen Menschen erleiden, die Angst haben, nicht mehr zur Gesellschaft zu passen. Lesenswert.

Beitrag erstellen