Hässlichkeit

Hässlichkeit

Hardcover
4.3122

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Beschreibung

Vom Sehen und Gesehenwerden, von Selbstbildern und Selbstzweifeln – Moshtari Hilal schreibt über Hässlichkeit Dichte Körperbehaarung, braune Zähne, große Nasen: Moshtari Hilal befragt Ideen von Hässlichkeit. In ihrem einzigartigen Buch schreibt sie von Beauty Salons in Kabul als Teil der US-Invasion, von Darwins Evolutionstheorie, von Kim Kardashian und von einem utopischen Ort im Schatten der Nase. Ihre Erkundungen, Analysen und Erinnerungen, ihre Bildzitate und eigenen Zeichnungen führen in jenen innersten Bereich, in dem jedes Selbstverständnis auf dem Prüfstand steht. Warum fürchten wir uns vor dem Hässlichen? Poetisch und berührend, intim und hochpolitisch erzählt Moshtari Hilal von uns allen, wenn sie von den Normen erzählt, mit denen wir uns traktieren.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Kurzgeschichten
Format
Hardcover
Seitenzahl
224
Preis
23.70 €

Autorenbeschreibung

Moshtari Hilal ist Künstlerin, Kuratorin und Autorin, sie lebt in Hamburg. Sie studierte Islamwissenschaft in Hamburg, Berlin und London mit Schwerpunkt auf Gender und Dekoloniale Studien und ist Mitgründerin des Kollektivs Afghan Visual Arts and History sowie des Rechercheprojekts Curating Through Conflict with Care. Bei Hanser erschien zuletzt "Hässlichkeit" (2023).

Merkmale

2 Bewertungen

Stimmung

Traurig
Witzig
Gruselig
Erotisch
Spannend
Romantisch
Verstörend
Nachdenklich
Informativ
Herzerwärmend
69%
N/A
N/A
N/A
N/A
N/A
71%
94%
90%
40%

Hauptfigur(en)

Sympathisch
Glaubwürdig
Entwickelnd
Vielschichtig
80%
78%
68%
59%

Handlungsgeschwindigkeit

Schnell50%
Langsam50%
Mittel0%
Variabel0%

Schreibstil

Einfach0%
Komplex100%
Mittel0%
Bildhaft (50%)Poetisch (100%)Außergewöhnlich (100%)

Beiträge

22
Alle
5

Schön hässlich

Wow, was für ein Cover - was für ein Buch. Ich habe noch nie wirklich über das Konzept „Hässlichkeit“ nachgedacht und vor allem darüber, woher unsere Vorstellung von Schönheit und somit auch Hässlichkeit kommt. Dabei ist so vieles, was Moshtari Hilal aus eigener Erfahrung berichtet oder wiedergibt, so einleuchtend. Besonders aufschlussreich empfand ich das breite Spektrum der Beurteilungen, die zum Ergebnis „hässlich“ führen. Deine Nase sieht nicht aus wie von Kim Kardashian? - hässlich. Du hast zu viele Haare am Körper - hässlich. Du hast Merkmale an dir, die dich zu einem besonderen und unverwechselbaren Individuum machen? - Oh nein, du bist einfach nur hässlich. Die bedeutendsten Erkenntnisse bestanden für mich darin, dass „Hässlichkeit“ die eigentliche Norm und „Schönheit“ ein nicht erreichbares Trugbild darstellt. Der Begriff der Hässlichkeit soll dabei vor allem ausgrenzen, verletzlich machen und Abweichungen von einer kapitalistischen und somit menschenfeindlichen Projektion markieren. Wir sollten dieses mit Scham befleckte Wort allerdings neu denken, es mit Selbstbewusstsein füllen und es als Stärke umdeuten - Moshtari Hilals Text ist dafür ein zentraler Grundstein und für mich schon jetzt ein Must-Read für jede(n).

5

Oberflächlich verspricht Moshtari Hilals Essay „Hässlichkeit“ ein persönliches Erkunden vom und Aushandeln des Hässlichkeitsbegriff/s. Für mich war dieses Buch jedoch so viel mehr als das, eine diachrone Reise zwischen Kunst und Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft. Eine Reise, die zugleich analytisch und inhaltsreich ist, aber auch sehr intim daherkommt. Hilals Sprache kann geradlinig und klar sein, beim nächsten Umblättern schon zart und poetisch. „Hässlichkeit“ ist - kaum verwunderlich, die Autorin ist ebenfalls Künstlerin - ein kleines Kunstwerk, dessen Stärken für mich neben dem bereits Genannten vor allem im Ausdehnen seines Genres liegen, den kleinen und doch wirksamen Wechselspielen aus Subjekt und Objekt, Bild und Sprache.   Ja, jede:r von uns (gut, der eine vielleicht mehr, die andere weniger) leidet letztlich unter dem normierten Verständnis von Schönheit und Hässlichkeit. Auch mein Leben haben diese Dichotomie und die sich darin etablierten Ideale phasenweise stark geprägt - und tun es immer noch. Ob es die Brust-OP war, die ich mir als junge Frau so sehnlichst herbeigewünscht habe, als meine Brüste einfach aufhörten, zu wachsen. Oder ob es Narben sind, die mich mehr stören als sie wohl sollten. Gleichzeitig - und das muss einem in dieser Position einfach klar sein - befinde ich mich in der stark rassistisch und durch Kolonialisierung geprägten Hierarchisierung immer noch weit oben - gehöre ich doch zu jenen beschriebenen Mädchen, deren Beine knieaufwärts bloß golden schimmerten. Normschönheit ist in dieser Welt ein verdammtes Privileg.   Ich möchte noch erwähnen, dass mich das Kapitel über Krankheit und Sterblichkeit wahnsinnig berührt hat. Vor nicht einmal zwei Wochen habe ich den mitunter wichtigsten Menschen in meinem Leben sterben sehen, meine Mama. Mit noch frischen Bildern im Kopf und Kummer im Herzen haben mich folgende Worte stark bewegt, ein bisschen auch friedlich gestimmt:   „Nichts ist hässlich an dem Anblick eines geliebten Menschen, der in Krankheit seinen Körper verliert, am Anblick einer Ruine, von der wir wissen, was sich in ihr verbirgt hinter, unter, vor ihren Trümmern.“ (S.176) Ich verneige mich vor diesem Kunstwerk eines Buches. Ein herzlicher Dank geht an Hanser für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars - und an die Autorin für die heilsamen, richtigen Worte zur richtigen Zeit.

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5

Ein ganz besonderes und einzigartiges Buch - ein must read! Es ist politisch und gesellschaftskritisch, aber auch poetisch und künstlerisch.

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5

Wem nützt die Hässlichkeit als Konzept, als Perspektive, als Ordnungsmacht und Mittel der Ausgrenzung? Für Moshtari Hilal beginnen die Scham und die Ablehnung ihres Körpers schon früh: mit ihrer großen Nase, mit dunklen Haaren an Beinen, Armen und an der Oberlippe. Sie beginnt, eine Idealversion von sich zu imaginieren, eine andere Frau, in die sie sich verwandeln und deren Identität sie sich vermeintlich mittels Anpassung erarbeiten kann. Es ist ein Fass ohne Boden, immer wieder den eigenen Körper einzuhegen in die engen Grenzen von Schönheit, die Gesellschaften zugestehen. Moshtari Hilal schreibt davon, welchen Zweck Hässlichkeit gesellschaftlich erfüllt und wie der zunehmende Druck, die optimierte Version von sich selbst zu sein, Verantwortung in das Individuum verlagert. Je normalisierter es wird, bearbeitete, gefilterte Versionen von uns selbst online zu präsentieren, je alltäglicher es wird, Schönheitskorrekturen vornehmen zu lassen, desto auffälliger wird die Abweichung von der Norm, desto mehr wird idealtypische Schönheit auch eine Klassenfrage. „Hässlichkeit“ erzählt vom Zusammenhang zwischen Darwins Evolutionstheorie und sogenannten Freakshows. Von den US-amerikanischen „Ugly Laws“, die zwischen 1867 und 1974 reglementierten, wer im öffentlichen Raum gesehen werden konnte und sich sehen lassen durfte – und wer aufgrund einer Erkrankung, aufgrund von Obdachlosigkeit oder Armut geeignet war, ein „hässliches Bild“ abzugeben und deshalb abgesondert werden musste. Es erzählt von den Anfängen der Schönheitschirurgie, die vor allem im Kontext medizinischer Rekonstruktion gefragt war. Bis vor allem Männer begannen, Regelwerke der Schönheit zu etablieren. Bis Körperformen rassifiziert wurden und insbesondere die „jüdische Nase“ Anlass war, sich operieren zu lassen. Bis Gesellschaften begannen, das Abweichende mit dem Hässlichen gleichzusetzen und das Hässliche als übliche Begleiterscheinung des Delinquenten zu betrachten. Wer hässlich war, war vermutlich ein:e Straftäter:in. Wer krank war, behindert, unförmig oder sonstwie unansehnlich, war eine Gefahr. Für die Gesellschaft, aber auch das individuelle Verständnis von Schönheit. Denn Schönheit ist temporär, Schönheit ist vergänglich, Schönheit ist willkürlich. Die Abwesenheit von Schönheit ist immer auch Erinnerung an die eigene Vergänglichkeit und Fragilität, ans Menschsein. Moshtari Hilals Essay ist ein herausragender Text. Klug, einfühlsam, suchend, versöhnlich, aber auch ohne Illusionen gegenüber der Langlebigkeit von Schönheitsidealen und ihren zerstörerischen Konqeuenzen. Bislang habe ich noch keinen Text gelesen, der sich auf so eine Art mit Hässlichkeit als Konzept auseinandersetzt, nicht nur vor dem Hintergrund gegenwärtiger Entwicklungen, sondern mit dem Blick auf historisch gewachsene Ideen, die auch heute noch Wirkung haben.

5

Politisch und gesellschaftskritisch, poetisch und schonungslos , nah und persönlich...

Woher kommt die Angst vor der Hässlichkeit? Woher kommt der Hass für die Hässlichkeit? Dieses Buch hat komplett neue Perspektiven für mich eröffnet. Moshtari Hilal hat Worte für Situationen, Gefühle, Konstrukte gefunden, die in mir bisher nur unausgesprochen schwelten, unfähig, Worte dafür zu finden.

4

Ein Buch an das ich noch oft denken werde!

Für alle, die hin und wieder oder manchmal auch sehr stark mit sich, dem eigenen Körper, Kommentaren von außen oder einfach dem Druck der Schönheit zu kämpfen haben, ist „Hässlichkeit“ enorm wichtig. Es ist kein leichtes Buch, das muss es auch nicht, aber es ist sehr lehrreich und ein Spiegel für vermutlich sehr viele Menschen. Darüber hinaus ist es gespickt mit Feminismus, Anti-Rassismus und Anti-Ableismus! Also ein Muss auf ganz vielen Ebenen.

4

Schnell gelesen und zwischendurch viel nachgedacht. Ihre Poesie und Kunst runden den Inhalt perfekt ab. Hat mir sehr gefallen!

Woher kommt der Hass für Hässlichkeit? Und warum haben wir solche Angst vor ihr? Moshtari Hilal nimmt Lesende mit auf ihre Versöhnung mit der „Hässlichkeit“. Sie schreibt von Darwins Evolutionstheorie, US-amerikanischen „Freak-Shows“, behaarten Frauenkörpern, Nasen-OPs und Einbalsamierungen. Hilal geht auf westliche Schönheitsideale und ihre rassistische sowieso sexistische Geschichte ein. Auf verurteilende Blicke, gemeine Kommentare und die letztendliche Selbstakzeptanz. „Die Versöhnung mit der Hässlichkeit […] verlangt von mir mehr, nämlich, meine Menschlichkeit und Sterblichkeit anzuerkennen.“ Hilal vereint wissenschaftliche Recherche mit Poesie und Kunst. Auch wenn viele Informationen nicht neu sind, ist es ein sehr aufschlussreiches und leicht zu lesendes Buch, welches definitiv zum Nachdenken und Reflektieren anregt. Vor allem in Zeiten von Social Media und einer Überflutung und Priorisierung von „Schönheit“ ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass gesellschaftlich-ästhetische Ideale eben nicht zwanghaft erstrebt werden müssen.

5

Ein wunderbares Werk über Schönheit und Hässlichkeit, behaarte Frauenkörper, große Nasen und die Angst vor dem Tod und unser aller Vergänglichkeit. Tolle Anekdoten aus dem Leben der Autorin, unterlegt mit Poesie, Bildern und interessanten historischen Bezügen. Es wird viel vor dem Hintergrund von westlichen Schönheitsidealen analysiert, wie Schönheitsoperationen mit Eugenik zusammenhängt oder auch wie Lücken in der Evolutionstheorie sexistische Standards gesetzt haben. Ich wünschte fast, das Buch wäre länger, gibt es doch noch so viele andere absurde Schönheitsideale, über die man sich aufregen könnte. Aber Hilal bleibt bei dem, was für sie am greifbarsten ist und diese Authentizität macht das Buch aus.

4.5

„Wenn wir uns bestätigt fühlen, wovon fühlen wir uns bestätigt?“ (S. 209) Moshtari Hilal reflektiert und sinniert über die Hässlichkeit bezugnehmend auf ihre eigene Geschichte und mit Blick auf die Weltgeschichte.

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