Ein anderes Land

Ein anderes Land

Audio-Disc
4.010
LgbtqColson WhiteheadCommunitySoziale Gerechtigkeit

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Beschreibung

Baldwins explizitester, leidenschaftlichster Roman
Warum hat Rufus Scott – ein begnadeter schwarzer Schlagzeuger aus Harlem – sich das Leben genommen? Wegen seiner Amour fou mit der weißen Leona, einer Liebe, die nicht sein durfte? Verzweifelt sucht Rufus’ Schwester Ida nach einer Erklärung. Aber sie findet nur Wahrheiten, die neue Wunden schlagen – auch Wahrheiten über sich selbst. Wie ihr Bruder war Ida lange bereit, sich selbst zu verleugnen, um ihren Traum zu verwirklichen, den Traum, Sängerin zu werden. Wie ihr Bruder trägt sie eine Wut auf die Weißen in sich, die sie diskriminieren. Bis jetzt. Baldwin verwickelt uns in ein gefährliches Spiel von Liebe und Hass – vor der Kulisse eines Amerikas, das sich selbst in Trümmer legt.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Weitere Themen
Format
Audio-Disc
Seitenzahl
N/A
Preis
29.95 €

Autorenbeschreibung

James Baldwin, 1924 in New York geboren, war und ist vieles: ein verehrter, vielfach ausgezeichneter Schriftsteller und eine Ikone der Gleichberechtigung aller Menschen, ungeachtet ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Herkunftmilieus. Er war der erste schwarze Künstler auf einem Cover des Time Magazine. Baldwin starb 1987 in Südfrankreich, aber sein Bann ist ungebrochen bis heute. Zuletzt erschien die Neuübersetzung des Romans Beale Street Blues, die Verfilmung von Barry Jenkins kam 2019 in die deutschen Kinos.

Beiträge

9
Alle
2.5

Interessante Perspektivierung von Rassismus. Sprachlich eher grob bis vulgär konnte es mich nicht begeistern. Gewalt gegen Frauen als Selbstverständlich dargestellt, kann gewollt sein, störte mich jedoch sehr. Der Plot konnte mein Interesse nicht wecken.

5

Intensiv

James Baldwin hat es auch mit diesem Werk geschafft, mich restlos zu begeistern. Es ist Wahnsinn wie die Charaktere, ihre Gefühle und Gedanken mich als Leser gefesselt und schier erdrückt haben. Die vielseitigen Geschichten und Beziehungen, in einer kalten, von Diskriminierung geprägten Welt, verbunden mit einer derart (Bild)gewaltigen Sprache, haben mich an den Seiten kleben lassen. Eine echter literarischer Schatz.

Intensiv
4

Nochmal!

Eins der Bücher, bei denen einmal lesen nicht reicht. Ich war sehr dankbar, als ich am Ende noch die Anmerkung der Übersetzerin und das Nachwort des Autors fand. Ich habe mir sehr viel Zeit mit dem Buch gelassen und konnte doch längst nicht alles erfassen. Das nächste Mal sollte es dann auf jeden Fall ein Buddy-Read sein. Es gibt sehr viel zu bereden, keinesfalls nur über Rassismus.

5

Baldwins Sprache ist ein Gedicht, ich bin immer aufs Neue begeistert von seiner eleganten Sprachgewalt. Er malt Bilder mit seinen Worten, baut scheinbar mühelos Atmosphäre auf; in jeder Passage schwingt eine Vielzahl von Bedeutungsmöglichkeiten und Themen mit. Manchmal hörst du geradezu den Jazz, der aus den diversen Clubs auf die Straßen hallt. Dennoch entpuppt sich auch dieser Roman wieder als unbequeme Lektüre: Jazz-Schlagzeuger Rufus ist ein Mann, der unter dem Druck einer Gesellschaft, in der er als Schwarzer stets und überall auf der Hut sein muss, zerbricht. Er wird bedroht, geschmäht und marginalisiert – leider ist das auch sechzig Jahre nach Erscheinen der Originalausgabe immer noch brandaktuell. So weit fühlt und leidet die:r Leser:in noch mit ihm mit, aber seine Wut, seine Angst und sein Hass entladen sich darin, dass er seine weiße Freundin Leona schlägt und demütigt und… Ja, vergewaltigt. Bis er nicht mehr damit leben kann, was aus ihm geworden ist. Baldwin spürt nach Rufus’ Selbstmord dem Leben seiner Schwester und seiner weißen Freunde nach, ohne dem sinnlosen Tod seines Protagonisten einen Sinn aufzuzwingen. Niemand wird dadurch geläutert oder erleuchtet. Niemand ist weniger gefangen in seinen persönlichen -Ismen. Ein wiederkehrendes Thema bei Baldwin: Unterdrückung und Gewalt gebären eine toxische Gesellschaft, die emotional verkrüppelte Menschen hervorbringt, sie von innen zerfrisst wie Krebs. Selbstverachtung wird zu Verachtung wird zu Gewalt. Baldwins Protagonisten sind der Inbegriff dieser fatalen Spirale und machen es den Leser:innen daher durchaus schwer. Sie quälen sich selbst, sie quälen andere, sie verzweifeln an ihrem eigenen pervertierten Selbst. Zwar kommt immer wieder die Liebe ins Spiel, in all ihren Facetten, doch sie bringt öfter das Unheil als das Heil – Leid, nicht Liebe, ist das einende Element der verschiedenen Episoden. Als moderne Leserin muss ich mich bei Baldwin insbesondere gegen die Homophobie und Frauenfeindlichkeit wappnen, die in fast jedem seiner Romane präsent ist. Aber sind diese nicht ein logischer Schluss? Seine Helden entladen ihre blinde Wut gegenüber den Menschen in ihrem Leben, die noch schwächer, noch machtloser sind als sie selbst. Das wird so eindringlich, so authentisch und verstörend beschrieben, dass es schwer sein kann, da noch zu trennen zwischen Autor und Werk. Aber in meinen Augen verdient es Baldwin und verdienen es auch seine Bücher, dass Leser:innen sich nicht verstricken in moralische Empörung und fehlgeleitete Verurteilung. Baldwin zeigt die Abgründe der Gesellschaft, doch er hat sie nicht verursacht, sondern gilt zu Recht als Ikone der Gleichberechtigung – don’t shoot the messenger! Seine Übersetzerin sagt indes über ihn: »Baldwin wollte keine Ikone sein, er wollte Zeugnis ablegen.« Und das tut er. Zugegeben, für mich ist „Ein anderes Land“ womöglich der schwächste von Baldwins Romanen, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Das kleinste Stückchen Gold ist immer noch Gold. Ja, großartige Szenen und komplexe Charaktere werden ein wenig geschmälert durch Längen in der Handlung. Ja, das Buch ist deutlich dialoglastiger, als ich es ansonsten von Baldwin kenne, was manchen Szenen stilistisch einen eher altbackenen Anstrich verleiht. Dennoch ist auch ein Baldwin mit Abstrichen immer noch großartig und ein unschätzbares, einmaliges Bild seiner Zeit; der Roman ist das Lesen auf jeden Fall mehr als wert! Dazu kommt noch, dass die Neuübersetzung von Miriam Mandelkow nach meinem Empfinden den Ton des Originals wesentlich besser trifft als die Übersetzung, die in den späten 70ern unter dem Titel „Eine andere Welt“ erschien. Daher lohnt sie sich auch für Leser:innen, die diese erste Übersetzung bereits gelesen haben. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Blog: https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-james-baldwin-ein-anderes-land

4

​​​​​​​​​Der schwarze Jazz-Musiker Rufus aus dem New Yorker Stadtteil Harlem begeht Suizid. Aber warum? Lag es an der tragischen Liebe zu seiner weißen Ex-Freundin Leona? Seine Schwester Ida leidet unter dem Tod ihres Bruders und sucht Antworten. Dabei muss sie sich auch ihrer eigenen Identität stellen und Wahrheiten erkennen, die neue Wunden aufzureißen drohen. Es ist wunderbar, dass die Bücher von James Baldwin neu übersetzt wurden, dass sie auch bei neuen Leser:innen Anklang finden und das Interesse wecken. Wie schon in »Nach der Flut das Feuer« und »Giovannis Zimmer« gefällt mir auch hier die Übersetzung von Miriam Mandelkow sehr. »Ein anderes Land« ist ein bewegendes Buch über Alltagsrassismus, Identität, Homosexualität und schmerzhafte Liebe. Baldwins poetischer Schreibstil wird hier ganz besonders deutlich, seine Metaphern erzeugen Kopfkino und lassen in die Atmosphäre des Buches abtauchen. New York in den 1950er Jahren: Eine kleine Gruppe junger Menschen begegnet sich regelmäßig, meist unter Einfluss von Alkohol, Drogen und Sex, im Nachtleben der Großstadt. Dabei haben sie eine Gemeinsamkeit, sie alle verzweifeln mehr oder weniger am Leben, hadern mit ihren Entscheidungen und ihrer Identität. Sie sind auf der Suche und wissen nicht wonach. Zu allererst wird das Leben von Rufus geschildert, einem schwarzen Jazz-Musiker, der auf einer Party die weiße Südstaatlerin Leona kennen lernt, mit der er eine Beziehung eingeht. Obwohl beide sich lieben, zerstören sie sich. Aggressionen und Gewalt bestimmen ihr gemeinsames Leben. Diese tragische Liebe mündet im Suizid von Rufus. Seine Freunde haben teilweise unterschiedliche Sichtweisen über Rufus´Charakter und die Beziehung zu Leona. Aber sie alle eint die große Trauer um Rufus. Auf der Suche nach Antworten erfahren wir als Leser:innen mehr über die Figuren des Romans, die nun zu Hauptcharakteren werden. Das raue Setting unterstreicht die Verzweiflung der handelnden Personen. Eines der großen Themen ist der Rassismus in den Vereinigten Staaten. Rufus´ Schwester Ida, die mit dem Tod ihres Bruders hadert, empfindet großen Hass gegenüber Weißen, weil sie selbst viel Diskriminierung erfahren musste. Auch in der Beziehung mit Vivaldo äußert sich ihre Verwundbarkeit auf tragische Weise. Weitere Charaktere scheitern an einem erfüllten Leben, weil sie ihren Platz darin verzweifelt zu finden versuchen. James Baldwins Sprachgewalt ist überwältigend, sein Gespür für menschliche Gefühle und Abgründe bemerkenswert. Die Unfähigkeit seiner Figuren zu lieben und der tiefe Wunsch nach Zugehörigkeit sind zentraler Bestandteil dieses Romans. Eine weitere wichtige Fürsprache Baldwins gegen den Rassismus und die Diskriminierung in der Welt. Baldwin schrieb mit Ein anderes Land einen leidenschaftlichen und kraftvollen Roman, so schmerzhaft und tragisch, aber wunderschön geschrieben. Er zeigt auf, wie Menschen an Vorurteilen zerbrechen.

4.5

wow! viel zum denken! polizeigewalt, beziehungen, rassismus

3

James Baldwin nimmt uns in seinem Roman “Ein anderes Land” mit in die Künstlerszene New Yorks der 1950er Jahre, beginnend mit Rufus, einem schwarzen Musiker, der mit der weißen Südstaatlerin Leona eine unglückliche Beziehung beginnt. Er begibt sich in eine Abwärtsspirale, aus der er sich nicht mehr zu retten weiß. Die Beziehung zu Leona fungiert als reiner Katalysator für das, was in Rufus bereits angelegt zu sein scheint, für das, was die Welt und die Gesellschaft aus ihm gemacht haben. Seine Schwester Ida ist der Überzeugung, dass ihm all dies nicht passiert wäre, wäre er weiß, und während sie eine Wut gegenüber der weiß dominierten Gesellschaft entwickelt, gerät sie als talentierte und aufstrebende Sängerin doch in deren Fänge und verliebt sich gleichzeitig in Vivaldo, den italienischstämmigen angehenden Schriftsteller und Freund ihres Bruder. Außerdem gehören zum Freundeskreis Cass und Richard, deren Wohnung als Mittelpunkt für Zusammentreffen der trinkenden und rauchenden Boheme fungiert, über die fortschreitenden Eheprobleme hinwegtäuschend. Als weitere Partei kommt Eric ins Spiel, der mit Rufus eine zeitlang anbandelte. Nach ein paar Jahren in Paris kommt er für seine Schauspielkarriere wieder zurück nach New York. Es ist ein mitreißender Roman, der die New Yorker Gesellschaft zu dieser Zeit wunderbar skizziert und - mal subtil, mal explizit - kritisiert und anprangert, jedoch nie ohne Fragezeichen, das die Leserin fordert, abzuwägen und weiterzudenken. Der Autor hat seine Figuren mit inneren Konflikten ausgestattet, die beim Hören/Lesen einnehmen und mitfühlen lassen. Wir werden konfrontiert mit schmierigen Produzenten, mit verwahrlosten Gestalten, mit dem schlimmsten Hunger und damit, was man alles tun würde, um diesen zu stillen. Baldwin macht die Spannweite auf, vom Traum des Erfolgs bis zu einem Leben im Schattendasein. Zwischen den Zeilen sickert die Trostlosigkeit unaufhaltsam durch. Ein Abstrampeln, um sich über Wasser zu halten, das an den blanken Nerven zieht. Auch Liebe wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet, oftmals mehr Schein als Sein, an die sich Protagonisten klammern, viel zu sehr mit ihrem eigenen Struggle beschäftigt, um sich wirklich auf die andere Person einzulassen. Über einige ausschweifende Dialoge hat er mich zeitweise verloren, die nichts zum Geschehen beitragen konnten. Außerdem war es für mich am Ende eine Schippe zu viel, und das unnötigerweise. Die Beweggründe der Protagonisten waren nicht mehr nachvollziehbar und Dinge passieren, die im bisherigen Verlauf nicht vorbereitet wurden. Vielleicht bin ich den Figuren doch nicht so nahe gekommen, wie ich anfangs dachte. Vielleicht blieben sie mir doch bis zum Ende fremd. Dennoch: Mein erstes Leseerlebnis mit James Baldwin war unglaublich eindrücklich und eine unbedingte Empfehlung!

5

>>Es ist sehr scher, damit zu leben,... Ich meine, mit dem Gefühl, dass man nie das ist, was man zu sein scheint – nie -, und andererseits ist das, was man zu sein scheint, in gewisser Weise wahrscheinlich fast genau das, was man ist. ...<>Wie steht man das alles durch? Wie lebt man, wenn man nicht lieben kann? Und wie lebt man, wenn man liebt? ...<<

5

Nicht nur sprachlich intensiv „Die Hoffnung muss jeden Tag neu erfunden werden.“ (James Baldwin) Mit „Ein anderes Land“ habe ich vor kurzem bereits meinen dritten Roman von James Baldwin gelesen. Und wieder hat er es geschafft, mich mit seinem kritischen Blick auf die weiße Gesellschaft bzw. den allgegenwärtigen Rassismus im New York der 1960er Jahre zu packen, zu faszinieren. So viel als Fazit vorab. Was bringt einen (durchaus) erfolgreichen schwarzen Jazzmusiker dazu, seinem Leben freiwillig ein Ende zu bereiten? Von dieser Frage ausgehend (und nach etwa einem Viertel der gut 570 Seiten) tritt Rufus, den die Leserschaft durch seine letzten Stunden bis hin zu seinem Selbstmord begleitet, in den Hintergrund. Stattdessen lernen wir nach und nach seinen Freundeskreis kennen, der zu einem Großteil aus Weißen besteht und begleiten sie durch die Zeit der Trauer und darüber hinaus. Baldwin gewährt den Leserinnen und Lesern dabei einen tiefen Blick in die Gefühlswelt von Menschen, die zwischen Verzweiflung, Hingabe und Liebe ihren „Platz“ suchen. Das gelingt ihm mit einer grandiosen Mischung aus Harlem-Slang (zart besaitet sollte die geneigte Leserschaft nicht sein) und poetisch-philosophischen Passagen. Natürlich erfahren wir auch wieder viel über den vorherrschenden und mürbemachenden Alltagsrassismus, (dem (nicht nur) die Schwarzen ausgesetzt waren und sind, sondern auch queere Menschen) der leider – wenn man sich die Entwicklungen der letzten Jahre vor Augen führt – nichts von seiner menschenverachtenden Durchschlagskraft verloren hat. Dazwischen gibt es immer wieder Auszüge aus oder zumindest die Erwähnung von Jazz- und Bluesstandards, was mich als Hörer dieser Musikrichtungen dazu animiert hat, eben jene Songs in einer Playlist zusammenzustellen (wer Interesse hat, melde sich *g*). Mich hat Baldwin (wieder einmal) überzeugen können und ich zücke deshalb nicht weniger als 5* und gebe eine glasklare Leseempfehlung aus. ©kingofmusic

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