Das Floß der Medusa

Das Floß der Medusa

Hardcover
4.116
MigrationKunstromanGeschichteRechtswalzer

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Beschreibung

18. Juli 1816: Vor der Westküste von Afrika entdeckt der Kapitän der Argus ein etwa zwanzig Meter langes Floß. Was er darauf sieht, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren: hohle Augen, ausgedörrte Lippen, Haare, starr vor Salz, verbrannte Haut voller Wunden und Blasen … Die ausgemergelten, nackten Gestalten sind die letzten 15 von ursprünglich 147 Menschen, die nach dem Untergang der Fregatte Medusa zwei Wochen auf offener See überlebt haben. Da es in den Rettungsbooten zu wenige Plätze gab, wurden sie einfach ausgesetzt. Diese historisch belegte Geschichte bildet die Folie für Franzobels epochalen Roman, der in den Kern des Menschlichen zielt. Wie hoch ist der Preis des Überlebens?
Haupt-Genre
Historische Romane
Sub-Genre
N/A
Format
Hardcover
Seitenzahl
592
Preis
26.80 €

Autorenbeschreibung

Franzobel, geboren 1967 in Vöcklabruck, erhielt u. a. den Ingeborg-Bachmann-Preis, den Arthur-Schnitzler-Preis, den Nicolas-Born-Preis und den Bayerischen Buchpreis. Bei Zsolnay erschienen zuletzt die in zahlreiche Sprachen übersetzten historischen Romane »Das Floß der Medusa« (2017), »Die Eroberung Amerikas« (2021) und »Einsteins Hirn« (2023).

Beiträge

13
Alle
3

„Das Meer hat immer recht“

Das Meer gilt nicht umsonst als eine Naturgewalt, der sich der Mensch nur begrenzt entgegenstellen kann. Besonders aufgrund fehlender Sicherheitskonzepte, mangelhafter Ausstattung an Bord und (kolonialen) Hochmutes gerieten und geraten Schiffe daher oft in Seenot - genau so wie die Medusa im Jahr 1816. Der Titel „Das Floß der Medusa“ lässt schon vermuten, dass einige der Passagiere einen Teil der Reise nicht auf der Fregatte, sondern auf einem improvisierten Bretterhaufen verbracht haben. Und das ist tatsächlich keine Fiktion, sondern hat so oder so ähnlich stattgefunden. Sicherlich hat sich Franzobel künstlerischen Freiheiten bedient, wenn er in der ersten Hälfte des Romans beschreibt und erzählt, wie und warum die Medusa in See sticht und später der Bau des Floßes notwendig wird. Während ich den rahmenhaften Einstieg in die Geschichte sehr spannend und fresseld empfand, waren mir weitere große Teile des Textes zu deskriptiv. Ausufernd erfahren wir etwas über zahlreiche Figuren, bekommen Namen und Beschreibungen von Aussehen und Charakter um die Ohren gehauen… Diese Informationen waren nicht alle unwichtig aber in der Fülle einfach zu erschlagend für meinen Geschmack. Bei der Stange gehalten hat mich vor allem die Kerngeschichte um Viktor, einem Schiffsjungen, der auf hoher See wirklich einiges einstecken muss. Auch die Charakterisierung des Kapitäns und der „höheren“ Besatzung war sehr unterhaltend, auch wenn mich das Verhalten oft sehr fassungslos gemacht hat. Als es dann zu den Ereignissen auf dem Floß kommt, kam wieder etwas Fahrt auf (leider nicht auf dem Floß aber immerhin in der Geschichte). Trotzdem war mir der gesamte Text etwas zu ausufernd, einige Szenen hätten getrost gestrichen werden können. Auch das Ende konnte mich leider nicht ganz überzeugen, passte aber gut zur Grundstimmung des Romans, die auch sprachlich durchgehend passend unterstrichen wurde. Besonders die Szene, in der (leider nur sehr kurz) die Perspektive einer Fliege eingenommen wurde, zeigte, dass Franzobel wirklich gute erzählerische Ideen hat - dieser Ansatz wurde aber leider nicht verfolgt.

5

Brutal - Ekelhaft - Ehrlich - Historisch

Raus aus meiner Komfortzone, also aus meinem Lieblingsgenre Thriller, hin zu einem historischen Roman. Wobei Geschichte so überhaupt nicht meines ist. Nur für mich war dieses Geschriebene teilweise brutaler, als in jedem Thriller. Es ist wirklich krass, wie es damals zugegangen ist, grob, derb, vulgär und überaus brutal. Eine absolut andere Zeit und ich bin tatsächlich froh da nicht schon gelebt zu haben. Gefesselt hat mich die Frage, wie kam es zu dem abgetrennten Fuss auf dem Floß? Eine Antwort habe ich erhalten und noch viel mehr Einblicke in die Abgründe einzelner Menschen, wenn es um das eigene Überleben geht.

4

Ein sehr ungewöhnliches Buch. Man könnte anhand der Beschreibung vermuten, dass es sich um einen historischen Roman über das tatsächlich im Jahr 1816 zugetragene Schicksal der Fregatte Medusa handelt. Doch Franzobel geht es nicht darum, die Begebenheiten rund um die Schiffskatastrophe so nahe an der Realität wie möglich zu erzählen. Er will auch kein ernsthaftes Psychogramm über Menschen im Überlebenskampf schreiben. Ich hatte das Gefühl, dass er schlichtweg eine unterhaltsame Geschichte erzählen wollte. Scheinbar im Widerspruch steht aber dazu der enorme Rechercheaufwand, der für ein solches Buch erforderlich war, insbesondere die Aneignung von einem umfangreichen nautischen Wissen, was nun nicht gerade der Heimathafen für einen oberösterreichischen Autor ist. Ungewöhnlich ist das Buch vor allem durch die Sprache und die ständige Verwendung von filmischen Hilfsmitteln zur Ausgestaltung der Erzählung. Franzobel wollte das Buch zunächst in der Sprache der Romantik schreiben, was nach seinen Angaben aber an seinem fehlenden Können hierfür scheiterte. Also erzählte er in der ihm eigenen, modernen Sprache und Begriffe. Statt einer Personenbeschreibung gibt es stattdessen fast wie in einem Drehbuch Castingvorschläge (der Lino-Ventura-Typ) für die einzelnen Figuren. Das ist oft witzig, kann aber dann auch mal zu aufdringlich werden. Franzobel schreibt so wie ein Comedian auf der Bühne performt. Meist hat man ein Lächeln auf den Lippen, doch manche Pointe sitzt einfach nicht. Insgesamt habe ich mich daran aber nicht gestört, sondern das Buch gerne zu Ende gelesen. Bedauerlich fand ich, dass Franzobel Dinge zur Ausschmückung erfindet. Dadurch weiß man am Ende nicht mehr, was Phantasie oder Wirklichkeit war. Denn trotz Fokussierung auf den Unterhaltungswert will der voyeuristische Teil in einem Leser am Ende doch wissen, welcher moralische Verfall Realität gewesen sein könnte. Nachdem die Medusa auf ihrem Weg von Frankreich in den Senegal kurz vor ihrem Ziel aufgrund der Inkompetenz der Schiffsführer auf Grund läuft und die meisten Geretteten (149 Personen) auf einem selbst gebauten Floß Platz finden, beginnt auf der rund zweiwöchigen Irrfahrt des Floßes das Hauen und Stechen auf dem Floß. Kein Buch für schwache Nerven, insbesondere, wenn am Ende nur noch der Kannibalismus hilft, das Überleben zu gewährleisten.

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Ein sehr ungewöhnliches Buch. Man könnte anhand der Beschreibung vermuten, dass es sich um einen historischen Roman über das tatsächlich im Jahr 1816 zugetragene Schicksal der Fregatte Medusa handelt. Doch Franzobel geht es nicht darum, die Begebenheiten rund um die Schiffskatastrophe so nahe an der Realität wie möglich zu erzählen. Er will auch kein ernsthaftes Psychogramm über Menschen im Überlebenskampf schreiben. Ich hatte das Gefühl, dass er schlichtweg eine unterhaltsame Geschichte erzählen wollte. Scheinbar im Widerspruch steht aber dazu der enorme Rechercheaufwand, der für ein solches Buch erforderlich war, insbesondere die Aneignung von einem umfangreichen nautischen Wissen, was nun nicht gerade der Heimathafen für einen oberösterreichischen Autor ist. Ungewöhnlich ist das Buch vor allem durch die Sprache und die ständige Verwendung von filmischen Hilfsmitteln zur Ausgestaltung der Erzählung. Franzobel wollte das Buch zunächst in der Sprache der Romantik schreiben, was nach seinen Angaben aber an seinem fehlenden Können hierfür scheiterte. Also erzählte er in der ihm eigenen, modernen Sprache und Begriffe. Statt einer Personenbeschreibung gibt es stattdessen fast wie in einem Drehbuch Castingvorschläge (der Lino-Ventura-Typ) für die einzelnen Figuren. Das ist oft witzig, kann aber dann auch mal zu aufdringlich werden. Franzobel schreibt so wie ein Comedian auf der Bühne performt. Meist hat man ein Lächeln auf den Lippen, doch manche Pointe sitzt einfach nicht. Insgesamt habe ich mich daran aber nicht gestört, sondern das Buch gerne zu Ende gelesen. Bedauerlich fand ich, dass Franzobel Dinge zur Ausschmückung erfindet. Dadurch weiß man am Ende nicht mehr, was Phantasie oder Wirklichkeit war. Denn trotz Fokussierung auf den Unterhaltungswert will der voyeuristische Teil in einem Leser am Ende doch wissen, welcher moralische Verfall Realität gewesen sein könnte. Nachdem die Medusa auf ihrem Weg von Frankreich in den Senegal kurz vor ihrem Ziel aufgrund der Inkompetenz der Schiffsführer auf Grund läuft und die meisten Geretteten (149 Personen) auf einem selbst gebauten Floß Platz finden, beginnt auf der rund zweiwöchigen Irrfahrt des Floßes das Hauen und Stechen auf dem Floß. Kein Buch für schwache Nerven, insbesondere, wenn am Ende nur noch der Kannibalismus hilft, das Überleben zu gewährleisten.

5

„Das Floß der Medusa“ ist ein Meisterwerk der Literatur, ein mächtiges Schauspiel und eine Darbietung dessen, was Wörter zu können vermögen, werden sie nur richtig eingesetzt. Eine ausführliche Rezension gibt es auf meinem Blog: https://buchweiser.com/2017/08/30/rezension-das-floss-der-medusa-von-franzobel/

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„Das Floß der Medusa“ ist ein Meisterwerk der Literatur, ein mächtiges Schauspiel und eine Darbietung dessen, was Wörter zu können vermögen, werden sie nur richtig eingesetzt. Eine ausführliche Rezension gibt es auf meinem Blog: https://buchweiser.com/2017/08/30/rezension-das-floss-der-medusa-von-franzobel/

3

Die Geschichte selbst ist unfassbar spannend. Zu sehen, wie sich eine Gesellschaft miteinander verhält und wie sich dieses Verhalten ändert - oder auch nicht - wenn die Umstände sich ändern, war insbesondere mit Blick auf die aktuelle Situation und vergangenen Monate / Jahre sehr bedrückend zu lesen. Gleichzeitig hält man heute vieles davon für deutlich wahrscheinlicher, als es wahrscheinlich noch vor ein paar Jahren gewesen wäre. Leider macht der Schreibstil und auch das Format (wann endet wörtliche Rede?) das Lesen sehr zähflüssig, darum nur 3/5 *.

4

Das Floß der Medusa ist ein großer historischer Roman über einen tragischen Schiffsuntergang. Im Jahre 1816 läuft die Fregatte Medusa aufgrund der Unfähigkeit ihres Kapitäns auf eine Sandbank vor der westafrikanischen Küste auf und sinkt. Die eine Hälfte der Passagiere kann sich auf Rettungsboote retten, die andere jedoch muss sich mit einem provisorisch und äußerst stümpferhaft zusammengezimmerten Floß begnügen, das so überfüllt ist, dass zu Beginn alle hüfttief im Wasser stehen. Zwei Wochen später wird dieses Floß von einem anderen Schiff entdeckt, mit noch 15 Überlebenden - von ursprünglich 147! Diese 15 überlebten nur, indem sie die Leichen der anderen verspeisten... All dies beruht auf einer wahren Begebenheit. Das Buch ist sehr gut geschrieben, besonders gefallen hat mir der ironische Stil des Autors. Er verwendet auch ein sehr interessantes Element, das mir in dieser Art so noch nicht untergekommen ist: In Romanen kommt es häufig vor, dass der Leser direkt angesprochen wird, so auch hier. Allerdings wird nun wirklich der Leser der heutigen Zeit angesprochen und zwar mit gezielten Vergleichen, die 1816 noch nicht möglich gewesen wären. So ist beispielsweise eine Szene schrecklich wie ein Stephen-King-Film, einer der Charaktere hat ein Alain-Delon-Gesicht, der Untergang der Medusa wird (sehr treffend) mit dem Untergang der Costa Concardia verglichen etc. Zunächst mutet dies etwas seltsam an, nach einer Weile macht es das Ganze jedoch sehr anschaulich. Ich habe dennoch ein paar Kritikpunkte. Zum einen fand ich die Zahl der einzelnen Charaktere und deren Geschichten ein wenig zu groß und damit unübersichtlich. Andererseits hätte ich mir am Schluss doch noch mehr zum Schicksal einiger Überlebender gewünscht, da war das Buch nämlich plötzlich sehr knapp, wogegen es sich am Anfang sogar etwas in die Länge zog. Dies lag auch daran, dass das Ende ja mehr oder weniger bekannt war, sogar über einige Überlebende wusste man von der ersten Seite an Bescheid. Die Spannung wird hierdurch zwar einigermaßen gemildert, bleibt aber keinesfalls auf der Strecke. Die Frage des Kannibalismus ist natürlich sehr interessant und auch provokant. Denn wie würde man selber in einer ähnlichen Situation reagieren, wenn das Verspeisen anderer Menschen die einzige Chance für das eigene Überleben bietet?

3

Ich bin ein Cheater und schmuggle hier meinen Leseeindruck ein, ohne das Buch vollständig gelesen zu haben. Bei ungefähr der Hälfte habe ich abgebrochen - bei einem Umfang von 589 Seiten sind das immerhin über 250 und ich will kurz darlegen, warum: Franzobel schreibt unglaublich gekonnt mit einem Stil, der die Charaktere und die Ereignisse regelmäßig mit bösem Humor auf die Schippe nimmt und sich dabei filmischen Mitteln bedient, die er aus einer allwissenden Erzählsicht explizit benennt. Ich hatte das Gefühl, von einer Mischung aus allwissendem Regisseur und lustigem Märchenonkel unterhalten zu werden. Während mich die Geschichte grundsätzlich sehr ansprach (ein kenterndes Schiff und zu wenige Rettungsboote, weswegen ein Teil der Passagiere auf ein selbstgebasteltes Floß ausweichen müssen) und ich sicher bin, dass Franzobel darin meisterhaft die Abgründe menschlichen Daseins in Extremsituationen darstellt, konnte ich den Ton und die Erzählweise leider nicht mehr länger durchhalten. Für mich war das irgendwann richtig anstrengend und quälend. Daher sind es in meinem Kopf 5 Sterne für das Können von Franzobel, aber da ich es abgebrochen habe wohl meines subjektiver Geschmacks geschuldet 1 Stern - ergibt dann eine gute Durchschnittsbewertung und lässt das Buch nicht ganz im Äther meiner Lesechronologie versinken :-)

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