Daheim
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Judith Hermann wurde 1970 in Berlin geboren. Ihrem Debüt »Sommerhaus, später« (1998) wurde eine außerordentliche Resonanz zuteil. 2003 folgte der Erzählungsband »Nichts als Gespenster«. Einzelne dieser Geschichten wurden 2007 für das Kino verfilmt. 2009 erschien »Alice«, fünf Erzählungen, die international gefeiert wurden. 2014 veröffentlichte Judith Hermann ihren ersten Roman, »Aller Liebe Anfang«. 2016 folgten die Erzählungen »Lettipark«, die mit dem dänischen Blixen-Preis für Kurzgeschichten ausgezeichnet wurden. Für ihr Werk wurde Judith Hermann mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter dem Kleist-Preis und dem Friedrich-Hölderlin-Preis. 2021 erschien der Roman »Daheim«, der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert wurde, und für den Judith Hermann mit dem Bremer Literaturpreis 2022 ausgezeichnet wurde. Zuletzt erschien 2023 bei S. FISCHER »Wir hätten uns alles gesagt«, basierend auf den Frankfurter Poetikvorlesungen, die Judith Hermann im Frühjahr 2022 hielt. Dafür erhielt sie den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis. Die Autorin lebt und schreibt in Berlin. Literaturpreise:Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2023Preis der LiteraTour Nord 2022Bremer Literaturpreis 2022Rheingau Literatur Preis 2021Blixenprisen 2018 für »Lettipark«Erich-Fried-Preis 2014Friedrich-Hölderlin-Preis 2009Kleist-Preis 2001Hugo-Ball-Förderpreis 1999Förderpreis zum Bremer Literaturpreis 1999
Beiträge
Hat mir gefallen. Irgendwie. Gefühlt ist nicht viel passiert, aber die Art der Beschreibung der Personen hat mich sehr gefesselt, sodass ich das (zugegebenermaßen schmale) Buch sehr schnell durch hatte.
❤️
Weiß nicht so recht was ich zu dem Buch sagen soll, wahrscheinlich fehlt mir hier der Sinn zur Interpretation um es richtig zu verstehen. Ich merke einfach immer wieder das Bücher die literarisch Gefeiert werden nicht meins sind.
Melancholie
Das ist mein zweites Buch von Judith Hermann. Vorher habe ich schon Alice gelesen. Ich finde, wenn man ihre Bücher liest, fühlt man sich Einsam aber auch gehalten. Ich fande die Charaktere tragisch. Tragisch in dem Sinne, dass sie mir alle leid Taten. Außnahmslos alle! Bei jedem liest man die Unzufriedenheit raus. Man liest Geschichten wie sie einem selbst oder jedem Nebenan passieren können. Ich liebe die Sprache des Buches aber es hat mich traurig zurück gelassen. Ich möchte jedem helfen. Ich würde am liebsten eine Interpretation des Buches von der Autorin lesen. Ja, es steht viel zwischen den Zeilen aber vieles was man sich selbst in seinem Kopf bildet. Vlt ist das die intension des Buches. Judith Hermann schafft es immer nüchtern und Melancholisch zu schreiben. Sie bildet interessante Charaktere. Ich bin bei der Autorin immer zwiegeapalten und doch lese ich ihre Bücher gerne, weil sie Gedanken wieder spiegelt, die man vlt selbst hat.
Mich hat das Buch leider nicht gekriegt. Zu viele Metaphern, der Schreibstil nicht unterhaltend und irgendwie eigenartig. Vielleicht war es aber auch nicht der richtige Zeitpunkt für mich.
Wow - dystopisch, real, ein echter literarischer Leckerbissen (nicht nur) für Sprachliebhaber*innen! 👏🤩
Judith Hermann ist eine der bekanntesten deutschen Gegenwartsautorinnen - dem Umstand, dass ich noch nichts von ihr gelesen hatte, habe ich nun endlich mit „Daheim“ Abhilfe verschaffen. Es beginnt mit einer Rückerinnerung einer jungen Frau, die vor 30 Jahren ein Angebot von einem Bühnenmagier erhielt, als Jungfrau (in dem berühmten Trick mit der zersägten Jungfrau) mit ihm auf eine Schiffsreise zu gehen. Nachdem sie sich das eine Woche durch den Kopf gehen ließ, sagt sie „Ja“ - packt ihre Koffer, verlässt ihre Wohnung, zögert aber im letzten Moment und geht nicht auf diese Schiffsreise - sie fühlt sich zerrissen: „Seitdem ich denken kann, habe ich die Fähigkeit, mich in mich selbst zurückzuziehen, eine Schnecke, die in ihr Haus kriecht, eines dieser Spinnentiere, das sich zu einer Kugel zusammenrollt. Es war unbequem in der Kiste, nicht anstrengend, trotzdem unbequem, und es gab diesen einen Moment, in dem ich dachte, ich würde ohnmächtig werden, sie hätten mir was in den Eistee getan, und wenn ich wieder zu mir kommen würde, wäre ich lebendig begraben. Und einen Moment später dachte ich, ich wäre tatsächlich in zwei Hälften geteilt - nicht körperlich, eher im Kopf. Vielleicht im Herzen. Mein Herz war in zwei Hälften geteilt, ich war da, und ich war ganz woanders.“ Dann springen wir 30 Jahre in die Zukunft - sie hat gerade ihren Mann verlassen, ihre Tochter ist inzwischen erwachsen geworden, hat sich selbstständig gemacht und besucht ihren Bruder, der eine Kneipe im Norden Deutschlands betreibt, jobbt da als Bedienung. Nun beginnt eine der seltsamsten Liebesgeschichten, die ich seit langem gelesen habe, denn diese Frau wohnt in einem Häuschen und hat ein Problem mit einem Marder - der Bruder einer nebenan wohnenden Künstlerin installiert ihr eine Marderfalle ins Dach. Seines Zeichens Schweinebaron (er leitet einen Massentierbetrieb in Qualtierhaltung) bändelt er mit unserer sehr klugen und reflektierten Protagonistin an (für mich ist diese Liaison eine der ungewöhnlichsten, die ich bisher gelesen habe). Sprachlich finde ich Judith Hermanns Erzählstil unverwechselbar und kann nun gut nachvollziehen, warum sie so hochgelobt wird. Sie lässt den Leser*innen ihren Raum, aber lauscht den Menschen ganz genau hinterher und verbaut ihre Wahrnehmung in ihre Figuren - was sich ebenso zaghaft, wie urkomisch widerspiegeln kann. Ihr Bruder z.B. verliebt sich in eine Figur namens Nike, die aus sehr dysfunktionalen Familienverhältnissen kommt - da würde man denken, dass es gleich in einen politischen Mitleidsdiskurs mündet, aber im Gegenteil, sie bleibt distanziert bezüglich ihrer Meinung und der Beobachtung ihrer Figuren. Echte Menschenkenntnis beweist sie für mich in ihrer Figur des Schweinebarons - er hat auf eine ganz burschikose Weise Sex mit unserer Protagonistin, da wird nicht lange gefackelt. Da lädt er sie einmal zum Essen ein und hat überhaupt nichts vorbereitet (kein Candlelight Dinner oder co) - er geht in den Nebenraum der Küche, öffnet die Tiefkühltruhe und hält sämtlichen Inhalt zu ihrer Auswahl in die Luft, wie gefrorene Schweineschnitzel, Blumenkohl usw. und sie wünscht sich dazu frische geschälte und gekochte Kartoffeln, ein Wunsch, den er weniger nachvollziehen kann (eine der hinreißendste Szenen für mich - denn er fand es vollkommen überflüssig, Kartoffeln, die man erstmal schälen muss zu kochen hahaha). Am nächsten Tag heißt es dann: „Meine Handgelenke riechen schwach nach Sperma, Aftershave, Ammoniak.“ Was für eine eindrückliche Beschreibung, die noch einmal mehr Judith Hermanns Sprachfertigkeit beweist! Die Kombination der Gerüche aus Sex, Massentierhaltung und dem Aftershave fangen sowas von perfekt die Figur dieses Schweinebauern in dem Moment ein, chapeau! Die Art, wie die Autorin die Figuren darstellt, schafft eine Art Gegengewicht, ja sogar Zartheit, wo es eigentlich um Gewalt, Vergewaltigung oder Mord geht (Triggerwarnung!). Dystopische Aspekte sind ebenso verwoben in den Roman, wie das Thema Klimawandel - sie stellt die Welt dar, wie sie ist, in all ihrer Unvollkommenheit, was durchaus sehr unschön sein kann und glaube ich einer der Gründe sein kann, warum dieses Buch nicht nur Liebhaber hat - denn die Realität in der wir leben ist eben nicht schön und hoffnungsvoll. Mit „Daheim“ hat sich Judith Hermann einen festen Platz in meinem Bücherherz verdient und ich freue mich, dass bereits einige weitere Bücher von ihr erschienen sind - „Sommerhaus, später“ habe ich schon vor Beendigung meiner Lektüre gekauft, denn ich brauchte dringend Nachschub und konnte nicht mit dem Gedanken leben, jetzt erstmal „Tschüss“ zu dieser großartigen Erzählerin zu sagen. An alle Sprachliebhaber*innen: Sofern ihrs noch nicht getan habt: Lest unbedingt mal in eins ihrer Werke rein - sie schreibt sooo besonders und vielleicht nehmt ihr sie ja auch (wie ich!) in Euer Leserepertoire auf!
Mit dem Zitat „Die stärkste Liebesgeschichte, die ich seit langem gelesen habe." (Druckfrisch, Denis Schenk) wird das Buch „Daheim“ von Judith Hermann betitelt. Ich frag mich wieso? Ich glaube ich bin wohl eine der wenigen denen das Buch nicht gefallen hat. Für mich hatte das Buch leider nicht wirklich eine Handlung. Kann auch sein, dass ich das Buch einfach nicht verstanden oder zur falschen Zeit gelesen habe
Wirft Fragen auf und lässt Platz für eigene Antworten.
Daheim* Judith Hermann Mal eben die Slow-Motion Taste des Lebens zu drücken, ist oft nicht möglich...zu schnell wollen Entscheidungen getroffen und tausend Dinge erledigt werden. Judith Hermann allerdings schafft es mit ihrem Buch in den Fluss der Zeit einzugreifen. In halber Geschwindigkeit erzählt sie die Geschichte ihrer 47-jährigen Protagonistin, die sich nach dem Auszug der Tochter und der Trennung von ihrem Mann an die Nordsee zurückgezogen hat. Wundersamer Weise schien auch meine Zeit während des Lesens langsamer zu laufen. Die Ruhe, die die Protagonistin sucht und die dieses Buch mit einer gewissen Mischung aus Nüchternheit und Melancholie ausstrahlt, ergriff mich. "Daheim" ist eines dieser leisen Bücher, das dabei aber jede Menge Fragen aufwirft und Platz für eigene Antworten lässt. " [...] und ich staune darüber, dass ich tatsächlich immer noch glaube entscheiden zu können, wer ich sein will und sein könnte." S.116 Wer mich kennt, der weiß, dass ich die leisen Töne liebe. In die Reihe von "Stoner" und "Tante Martl" reiht sich nun "Daheim" ein und ich bin sicher, dass ich noch oft daran denken werde. 5 von 5 🌟
Ein atmosphärisch melancholischer Roman mit faszinierenden Charakteren. 👌
Zuerst ratlos und dann doch ein bisschen verliebt: So ging es mir mit „Daheim" von Judith Hermann. Ja, doch, ich mag das Buch. Ich mag die melancholische, entschleunigte Stimmung; dieses Leben, das einfach passiert. Es ist keine Story, die nicht in wenigen Sätzen erzählt wäre. Aber sie ist großartig erzählt. Und in jeder Kleinigkeit findet sich irgendeine Bedeutung, irgendein Bezug. Worum gehts: Eine Frau Ende Vierzig zieht an die Küste und hilft dort als Kellnerin in der Kneipe ihres älteren Bruders aus. Sie lernt ihre unkonventionelle Nachbarin Mimi kennen -und Mimis Bruder, Arild. Zwischen Arild und unserer Protagonistin entwickelt sich eine Affäre - einfach so, fast schon nebenbei. Ohne großes Trara, ohne viel Klimbim. Die eingestreuten Erinnerungen an ihr früheres Leben stehen im Kontrast zur Gegenwart: Erinnerungen an die verpasste Chance, als junges Mädchen nach Singapur zu gehen. An die Tochter, die durch die Welt reist. An ihren Ex-Mann, der in Räumen voller Erinnerungen lebt. Im Gegensatz dazu das leere Haus, in dem sie nun lebt. Mimi, die nackt durch den Garten läuft und die Gezeiten auf Leinwand einfängt. Der wortkarge Arild, der an die Küste gehört und nie woanders sein wird. Bei all dem geht es nicht um die Suche nach der richtigen Entscheidung, den richtigen Weg. Es geht um einen Neuanfang. Und dafür muss man Loslassen. Das Kind, die großen Träume und die Räume voller Erinnerungen. Es steckt keine Wehmut darin, keine echte Trauer um verpasste Chancen, sondern ein Ankommen. Ganz sanft und beiläufig. Man mag das belanglos finden und vielleicht ist es das auch - weil eben das Leben oft so ist: einfach dahinplätschernd. Und der Autorin gelingt es, diese Belanglosigkeit schon allein durch die Sprache derart in den Fokus zu rücken, dass man über das tragische Schicksal der Nike fast hinwegsieht, über den Blick in den Schweinestall, in dem die Grausamkeit der Massentierhaltung sichtbar wird, über den Ex-Mann, der als Messie kaum Platz in der eigenen Wohnung hat. Und so gehen die wirklich tragischen Dinge im Alltag unter - worin wiederum eine ganz eigene Tragik liegt.

Beschreibung
Autorenbeschreibung
Judith Hermann wurde 1970 in Berlin geboren. Ihrem Debüt »Sommerhaus, später« (1998) wurde eine außerordentliche Resonanz zuteil. 2003 folgte der Erzählungsband »Nichts als Gespenster«. Einzelne dieser Geschichten wurden 2007 für das Kino verfilmt. 2009 erschien »Alice«, fünf Erzählungen, die international gefeiert wurden. 2014 veröffentlichte Judith Hermann ihren ersten Roman, »Aller Liebe Anfang«. 2016 folgten die Erzählungen »Lettipark«, die mit dem dänischen Blixen-Preis für Kurzgeschichten ausgezeichnet wurden. Für ihr Werk wurde Judith Hermann mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter dem Kleist-Preis und dem Friedrich-Hölderlin-Preis. 2021 erschien der Roman »Daheim«, der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert wurde, und für den Judith Hermann mit dem Bremer Literaturpreis 2022 ausgezeichnet wurde. Zuletzt erschien 2023 bei S. FISCHER »Wir hätten uns alles gesagt«, basierend auf den Frankfurter Poetikvorlesungen, die Judith Hermann im Frühjahr 2022 hielt. Dafür erhielt sie den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis. Die Autorin lebt und schreibt in Berlin. Literaturpreise:Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2023Preis der LiteraTour Nord 2022Bremer Literaturpreis 2022Rheingau Literatur Preis 2021Blixenprisen 2018 für »Lettipark«Erich-Fried-Preis 2014Friedrich-Hölderlin-Preis 2009Kleist-Preis 2001Hugo-Ball-Förderpreis 1999Förderpreis zum Bremer Literaturpreis 1999
Beiträge
Hat mir gefallen. Irgendwie. Gefühlt ist nicht viel passiert, aber die Art der Beschreibung der Personen hat mich sehr gefesselt, sodass ich das (zugegebenermaßen schmale) Buch sehr schnell durch hatte.
❤️
Weiß nicht so recht was ich zu dem Buch sagen soll, wahrscheinlich fehlt mir hier der Sinn zur Interpretation um es richtig zu verstehen. Ich merke einfach immer wieder das Bücher die literarisch Gefeiert werden nicht meins sind.
Melancholie
Das ist mein zweites Buch von Judith Hermann. Vorher habe ich schon Alice gelesen. Ich finde, wenn man ihre Bücher liest, fühlt man sich Einsam aber auch gehalten. Ich fande die Charaktere tragisch. Tragisch in dem Sinne, dass sie mir alle leid Taten. Außnahmslos alle! Bei jedem liest man die Unzufriedenheit raus. Man liest Geschichten wie sie einem selbst oder jedem Nebenan passieren können. Ich liebe die Sprache des Buches aber es hat mich traurig zurück gelassen. Ich möchte jedem helfen. Ich würde am liebsten eine Interpretation des Buches von der Autorin lesen. Ja, es steht viel zwischen den Zeilen aber vieles was man sich selbst in seinem Kopf bildet. Vlt ist das die intension des Buches. Judith Hermann schafft es immer nüchtern und Melancholisch zu schreiben. Sie bildet interessante Charaktere. Ich bin bei der Autorin immer zwiegeapalten und doch lese ich ihre Bücher gerne, weil sie Gedanken wieder spiegelt, die man vlt selbst hat.
Mich hat das Buch leider nicht gekriegt. Zu viele Metaphern, der Schreibstil nicht unterhaltend und irgendwie eigenartig. Vielleicht war es aber auch nicht der richtige Zeitpunkt für mich.
Wow - dystopisch, real, ein echter literarischer Leckerbissen (nicht nur) für Sprachliebhaber*innen! 👏🤩
Judith Hermann ist eine der bekanntesten deutschen Gegenwartsautorinnen - dem Umstand, dass ich noch nichts von ihr gelesen hatte, habe ich nun endlich mit „Daheim“ Abhilfe verschaffen. Es beginnt mit einer Rückerinnerung einer jungen Frau, die vor 30 Jahren ein Angebot von einem Bühnenmagier erhielt, als Jungfrau (in dem berühmten Trick mit der zersägten Jungfrau) mit ihm auf eine Schiffsreise zu gehen. Nachdem sie sich das eine Woche durch den Kopf gehen ließ, sagt sie „Ja“ - packt ihre Koffer, verlässt ihre Wohnung, zögert aber im letzten Moment und geht nicht auf diese Schiffsreise - sie fühlt sich zerrissen: „Seitdem ich denken kann, habe ich die Fähigkeit, mich in mich selbst zurückzuziehen, eine Schnecke, die in ihr Haus kriecht, eines dieser Spinnentiere, das sich zu einer Kugel zusammenrollt. Es war unbequem in der Kiste, nicht anstrengend, trotzdem unbequem, und es gab diesen einen Moment, in dem ich dachte, ich würde ohnmächtig werden, sie hätten mir was in den Eistee getan, und wenn ich wieder zu mir kommen würde, wäre ich lebendig begraben. Und einen Moment später dachte ich, ich wäre tatsächlich in zwei Hälften geteilt - nicht körperlich, eher im Kopf. Vielleicht im Herzen. Mein Herz war in zwei Hälften geteilt, ich war da, und ich war ganz woanders.“ Dann springen wir 30 Jahre in die Zukunft - sie hat gerade ihren Mann verlassen, ihre Tochter ist inzwischen erwachsen geworden, hat sich selbstständig gemacht und besucht ihren Bruder, der eine Kneipe im Norden Deutschlands betreibt, jobbt da als Bedienung. Nun beginnt eine der seltsamsten Liebesgeschichten, die ich seit langem gelesen habe, denn diese Frau wohnt in einem Häuschen und hat ein Problem mit einem Marder - der Bruder einer nebenan wohnenden Künstlerin installiert ihr eine Marderfalle ins Dach. Seines Zeichens Schweinebaron (er leitet einen Massentierbetrieb in Qualtierhaltung) bändelt er mit unserer sehr klugen und reflektierten Protagonistin an (für mich ist diese Liaison eine der ungewöhnlichsten, die ich bisher gelesen habe). Sprachlich finde ich Judith Hermanns Erzählstil unverwechselbar und kann nun gut nachvollziehen, warum sie so hochgelobt wird. Sie lässt den Leser*innen ihren Raum, aber lauscht den Menschen ganz genau hinterher und verbaut ihre Wahrnehmung in ihre Figuren - was sich ebenso zaghaft, wie urkomisch widerspiegeln kann. Ihr Bruder z.B. verliebt sich in eine Figur namens Nike, die aus sehr dysfunktionalen Familienverhältnissen kommt - da würde man denken, dass es gleich in einen politischen Mitleidsdiskurs mündet, aber im Gegenteil, sie bleibt distanziert bezüglich ihrer Meinung und der Beobachtung ihrer Figuren. Echte Menschenkenntnis beweist sie für mich in ihrer Figur des Schweinebarons - er hat auf eine ganz burschikose Weise Sex mit unserer Protagonistin, da wird nicht lange gefackelt. Da lädt er sie einmal zum Essen ein und hat überhaupt nichts vorbereitet (kein Candlelight Dinner oder co) - er geht in den Nebenraum der Küche, öffnet die Tiefkühltruhe und hält sämtlichen Inhalt zu ihrer Auswahl in die Luft, wie gefrorene Schweineschnitzel, Blumenkohl usw. und sie wünscht sich dazu frische geschälte und gekochte Kartoffeln, ein Wunsch, den er weniger nachvollziehen kann (eine der hinreißendste Szenen für mich - denn er fand es vollkommen überflüssig, Kartoffeln, die man erstmal schälen muss zu kochen hahaha). Am nächsten Tag heißt es dann: „Meine Handgelenke riechen schwach nach Sperma, Aftershave, Ammoniak.“ Was für eine eindrückliche Beschreibung, die noch einmal mehr Judith Hermanns Sprachfertigkeit beweist! Die Kombination der Gerüche aus Sex, Massentierhaltung und dem Aftershave fangen sowas von perfekt die Figur dieses Schweinebauern in dem Moment ein, chapeau! Die Art, wie die Autorin die Figuren darstellt, schafft eine Art Gegengewicht, ja sogar Zartheit, wo es eigentlich um Gewalt, Vergewaltigung oder Mord geht (Triggerwarnung!). Dystopische Aspekte sind ebenso verwoben in den Roman, wie das Thema Klimawandel - sie stellt die Welt dar, wie sie ist, in all ihrer Unvollkommenheit, was durchaus sehr unschön sein kann und glaube ich einer der Gründe sein kann, warum dieses Buch nicht nur Liebhaber hat - denn die Realität in der wir leben ist eben nicht schön und hoffnungsvoll. Mit „Daheim“ hat sich Judith Hermann einen festen Platz in meinem Bücherherz verdient und ich freue mich, dass bereits einige weitere Bücher von ihr erschienen sind - „Sommerhaus, später“ habe ich schon vor Beendigung meiner Lektüre gekauft, denn ich brauchte dringend Nachschub und konnte nicht mit dem Gedanken leben, jetzt erstmal „Tschüss“ zu dieser großartigen Erzählerin zu sagen. An alle Sprachliebhaber*innen: Sofern ihrs noch nicht getan habt: Lest unbedingt mal in eins ihrer Werke rein - sie schreibt sooo besonders und vielleicht nehmt ihr sie ja auch (wie ich!) in Euer Leserepertoire auf!
Mit dem Zitat „Die stärkste Liebesgeschichte, die ich seit langem gelesen habe." (Druckfrisch, Denis Schenk) wird das Buch „Daheim“ von Judith Hermann betitelt. Ich frag mich wieso? Ich glaube ich bin wohl eine der wenigen denen das Buch nicht gefallen hat. Für mich hatte das Buch leider nicht wirklich eine Handlung. Kann auch sein, dass ich das Buch einfach nicht verstanden oder zur falschen Zeit gelesen habe
Wirft Fragen auf und lässt Platz für eigene Antworten.
Daheim* Judith Hermann Mal eben die Slow-Motion Taste des Lebens zu drücken, ist oft nicht möglich...zu schnell wollen Entscheidungen getroffen und tausend Dinge erledigt werden. Judith Hermann allerdings schafft es mit ihrem Buch in den Fluss der Zeit einzugreifen. In halber Geschwindigkeit erzählt sie die Geschichte ihrer 47-jährigen Protagonistin, die sich nach dem Auszug der Tochter und der Trennung von ihrem Mann an die Nordsee zurückgezogen hat. Wundersamer Weise schien auch meine Zeit während des Lesens langsamer zu laufen. Die Ruhe, die die Protagonistin sucht und die dieses Buch mit einer gewissen Mischung aus Nüchternheit und Melancholie ausstrahlt, ergriff mich. "Daheim" ist eines dieser leisen Bücher, das dabei aber jede Menge Fragen aufwirft und Platz für eigene Antworten lässt. " [...] und ich staune darüber, dass ich tatsächlich immer noch glaube entscheiden zu können, wer ich sein will und sein könnte." S.116 Wer mich kennt, der weiß, dass ich die leisen Töne liebe. In die Reihe von "Stoner" und "Tante Martl" reiht sich nun "Daheim" ein und ich bin sicher, dass ich noch oft daran denken werde. 5 von 5 🌟
Ein atmosphärisch melancholischer Roman mit faszinierenden Charakteren. 👌
Zuerst ratlos und dann doch ein bisschen verliebt: So ging es mir mit „Daheim" von Judith Hermann. Ja, doch, ich mag das Buch. Ich mag die melancholische, entschleunigte Stimmung; dieses Leben, das einfach passiert. Es ist keine Story, die nicht in wenigen Sätzen erzählt wäre. Aber sie ist großartig erzählt. Und in jeder Kleinigkeit findet sich irgendeine Bedeutung, irgendein Bezug. Worum gehts: Eine Frau Ende Vierzig zieht an die Küste und hilft dort als Kellnerin in der Kneipe ihres älteren Bruders aus. Sie lernt ihre unkonventionelle Nachbarin Mimi kennen -und Mimis Bruder, Arild. Zwischen Arild und unserer Protagonistin entwickelt sich eine Affäre - einfach so, fast schon nebenbei. Ohne großes Trara, ohne viel Klimbim. Die eingestreuten Erinnerungen an ihr früheres Leben stehen im Kontrast zur Gegenwart: Erinnerungen an die verpasste Chance, als junges Mädchen nach Singapur zu gehen. An die Tochter, die durch die Welt reist. An ihren Ex-Mann, der in Räumen voller Erinnerungen lebt. Im Gegensatz dazu das leere Haus, in dem sie nun lebt. Mimi, die nackt durch den Garten läuft und die Gezeiten auf Leinwand einfängt. Der wortkarge Arild, der an die Küste gehört und nie woanders sein wird. Bei all dem geht es nicht um die Suche nach der richtigen Entscheidung, den richtigen Weg. Es geht um einen Neuanfang. Und dafür muss man Loslassen. Das Kind, die großen Träume und die Räume voller Erinnerungen. Es steckt keine Wehmut darin, keine echte Trauer um verpasste Chancen, sondern ein Ankommen. Ganz sanft und beiläufig. Man mag das belanglos finden und vielleicht ist es das auch - weil eben das Leben oft so ist: einfach dahinplätschernd. Und der Autorin gelingt es, diese Belanglosigkeit schon allein durch die Sprache derart in den Fokus zu rücken, dass man über das tragische Schicksal der Nike fast hinwegsieht, über den Blick in den Schweinestall, in dem die Grausamkeit der Massentierhaltung sichtbar wird, über den Ex-Mann, der als Messie kaum Platz in der eigenen Wohnung hat. Und so gehen die wirklich tragischen Dinge im Alltag unter - worin wiederum eine ganz eigene Tragik liegt.
