Aufzeichnungen aus dem Untergrund
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821–1881) war das zweite von acht Kindern einer verarmten Adelsfamilie aus Moskau. Vier Jahre Zwangsarbeit wegen revolutionärer Umtriebe prägten sein Leben ebenso wie seine Spielleidenschaft und daraus resultierende Geldsorgen. Neben neun Romanen verfasste Dostojewski ab 1846 zahlreiche Erzählungen, Novellen und Essays.
Beiträge
>>Ich vermochte nicht nur nicht bösartig, sondern auch sonst nichts zu sein: nicht böse noch gut, nicht Mistkerl noch Ehrenmann, nicht Held noch Insekt. Und nun friste ich mein Leben in meinem einsamen Winkel und verhöhne mich selbst,...<< „Aufzeichnungen aus dem Untergrund“ von Fjodor M. Dostojewski ist anlässlich des 200. Geburtstags am 11.11.2021 eine Neuübersetzung durch Ursula Keller, erschienen im Manesse Verlag. Zuerst einmal muss man sagen, dass dieses neue Gewand wirklich gelungen ist und für mich einen Teil der Stimmung dieser besonderen 'Aufzeichnung' gut einfängt! Insgesamt finde ich, beweist der Manesse Verlag bei der Gestaltung der neu aufgelegten Klassiker ein sehr gutes und geschmackvolles Händchen, wie ich finde. Auch die Übersetzungen empfand ich bisher als wirklich gut und vor allem immer mit den nötigen Erklärungen und Nachweisen etc. zum Verständnis. Nun kommen wir aber zu Dostojewski's Werk... und hier maße ich mir nicht an eine Kritik, geschweige denn eine fachlich fundierte Analyse oder Dergleichen zu schreiben, da ich dafür gar nicht den nötigen fachlichen Backround habe. Viel mehr möchte ich auch hier auf mein Lesegefühl eingehen. Innerhalb eines Monologs lässt der Ich-Erzähler uns hier sehr an seinen Gedanken teilhaben, diese zeugen nach meinem Empfinden von größtem Groll gegen Menschen und nicht zuletzt auch gegen sich selbst. Gleich zu Beginn setzte sich für mich eine melancholische aber auch sehr aggressive, mitunter von Ironie behaftete freche und negative Grundstimmung ein, die sich beim lesen durch das ganze Werk zog und mich dieses Buch hat wirklich nur in Häppchen lesen lassen können. Denn diese Negativität schlug auf mich als Leser über und es viel mir mitunter auch ein bisschen schwer mich von den Gedanken, die damit einher gingen loszureißen. Letztlich übt der Ich-Erzähler hier nicht nur Kritik an sich selbst und anderen Menschen gegenüber, er benennt letztlich eben auch die Fehler im System und was daraus resultiert. Er greift alte Muster auf und zeigt, dass der Mensch aus seinen Fehlern letztlich nicht lernt, sondern diese wieder und wieder macht. Man schaut in den Spiegel und sitzt gleichzeitig in einem dunklen Loch, so hat es sich für mich beim Lesen mitunter angefühlt. Letztlich war „Aufzeichnungen aus dem Untergrund“ eine echte Herausforderung, die ich ganz sicher nicht in Gänze aufnehmen konnte, dafür braucht es nach meinem Empfinden noch ganz ganz viele Blickwinkel mehr auf die Erzählung und auch vom Verständnis wesentlich mehr Hintergrundwissen. Aber mich hat dieses Buch sehr neugierig gemacht, wer Dostojewski ist, wie er gelebt hat, was sein Leben geprägt hat, mit welchen Menschen er sich umgeben hat und vor allem was vielleicht Auslöser, Ereignisse waren, die ihn haben solch eine innere Dunkelheit schreiben lassen. Und nach ein bisschen mehr Hintergrund zum Autor selber, gelingt mir dann vielleicht auch ein weiterer etwas veränderter oder erweiterter Blick auf sein Werk.
Aufzeichnungen eines Wutbürgers Wut, die – heftiger, unbeherrschter, durch Ärger o. Ä. hervorgerufener Gefühlsausbruch, der sich in Miene, Wort und Tat zeigt (Quelle: Duden) Warum liest man in Zeiten, in denen es vor Wutbürgern nur so wimmelt, ein Buch, was genau aus der Sicht eines solchen Grantlers geschrieben ist? Nun, erstens heißt der Autor Fjodor Dostojewski (er wäre in diesem Jahr 200 Jahre alt geworden) und zweitens konnte der Manesse-Verlag, der die „Aufzeichnungen aus dem Untergrund“ in einer wahrhaftigen Prachtausgabe seiner berühmten und bei Freunden des gepflegten Buchs überaus beliebten Bibliothek hinzugefügt hat, wohl bei der Planung nicht ahnen, dass die unsägliche Pandemie eine Masse an eben diesen Wutbürgern hervorspülen würde. Wenn jeder seine Wut verschriftlichen würde statt auf die Straße zu gehen, würde uns allen wohl viel erspart bleiben *g*. So lässt der namenlose Protagonist kein gutes Haar an allem und jedem und nimmt sich davon nicht aus. Schon der erste Satz offenbart den Leserinnen und Lesern, mit wem wir hier zu tun haben: „Ich bin ein kranker Mensch…Ich bin ein zorniger Mensch.“ (S. 9) Oha, das kann ja heiter werden…Nein, wird es nicht. Im Gegenteil: manchmal weiß man vor lauter Selbstmitleid, Selbstzweifel etc. des Protagonisten gar nicht, ob man weiterlesen will oder nicht. Zumal die langen inneren Monologe, die dem tiefsten Untergrund der menschlichen Seele entspringen, der geneigten Leserschaft einiges an Geduld abverlangen. Ich will nicht sagen, dass man für manche Passage ein Psychologiestudium braucht, aber es kommt dem schon verdammt nahe. Nicht umsonst hat Friedrich Nietzsche das Werk für einen wahren „Geniestreich der Psychologie“ (S. 303) gehalten. Na denn – er muss es wissen ha ha ha. Der zweite Teil der Aufzeichnungen mit der Überschrift „Angelegentlich nassen Schnees“ kommt dann (sprachlich) geringfügig lockerer daher. Doch Vorsicht: wir sind weit von der Leichtigkeit eines – ähm – banalen Textes entfernt. Hier erzählt uns der Protagonist Erlebnisse, die ihm widerfahren sind und an deren Groteske wohl selbst Kafka gescheitert wäre – und das will schon was heißen *g*. Das plötzliche Ende der Aufzeichnungen lässt die geneigte Leserschaft dann „aufatmen“ á la „Hey, geschafft. Und jetzt? Welche Erkenntnis nehme ich mit aus dem Untergrund an die Oberfläche?“ Nun, das muss und kann jede*r nur für sich beantworten; mich haben sie in dem Sinne beschäftigt, dass ich mir sicher bin, das schmale Büchlein gelegentlich noch einmal in die Hand zu nehmen. Die zahlreichen Anmerkungen (insgesamt 48) sind mal interessant, mal vernachlässigbar, helfen aber, dass ein oder andere besser einzuordnen. Auch das anschließende Nachwort der Übersetzerin Ursula Keller, die – so scheint mir – überragende Übersetzungsarbeit geleistet hat, hilft bei der Einordnung der „Aufzeichnungen…“ in das Gesamtwerk Dostojewski´s und zeigt, dass er wohl nicht umsonst zu den wichtigsten Autoren Russlands gehört (hat) und seine Werke eine erstaunliche Aktualität aufweisen, was mir gerade beim Schreiben dieser Zeilen eine dicke Gänsehaut beschert. Insgesamt liest sich diese Rezension wahrscheinlich eher nach 5* denn nach 4* (und die Gestaltung als solches hat mindestens 6* verdient). Aber da es keine „Wohlfühllektüre“ war, kann ich mich nicht dazu durchringen, die Bestnote zu zücken. Aber tendenziell ist die Bewertung eher mehr an der 5 als an der 4. Eine Leseempfehlung spreche ich somit natürlich aus, allerdings sollten die „Aufzeichnungen…“ nur gelesen werden, wenn man sich in einem stabilen Zustand befindet – sonst besteht aus meiner Sicht die Gefahr einer depressiven Verstimmung. ©kingofmusic
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Autorenbeschreibung
Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821–1881) war das zweite von acht Kindern einer verarmten Adelsfamilie aus Moskau. Vier Jahre Zwangsarbeit wegen revolutionärer Umtriebe prägten sein Leben ebenso wie seine Spielleidenschaft und daraus resultierende Geldsorgen. Neben neun Romanen verfasste Dostojewski ab 1846 zahlreiche Erzählungen, Novellen und Essays.
Beiträge
>>Ich vermochte nicht nur nicht bösartig, sondern auch sonst nichts zu sein: nicht böse noch gut, nicht Mistkerl noch Ehrenmann, nicht Held noch Insekt. Und nun friste ich mein Leben in meinem einsamen Winkel und verhöhne mich selbst,...<< „Aufzeichnungen aus dem Untergrund“ von Fjodor M. Dostojewski ist anlässlich des 200. Geburtstags am 11.11.2021 eine Neuübersetzung durch Ursula Keller, erschienen im Manesse Verlag. Zuerst einmal muss man sagen, dass dieses neue Gewand wirklich gelungen ist und für mich einen Teil der Stimmung dieser besonderen 'Aufzeichnung' gut einfängt! Insgesamt finde ich, beweist der Manesse Verlag bei der Gestaltung der neu aufgelegten Klassiker ein sehr gutes und geschmackvolles Händchen, wie ich finde. Auch die Übersetzungen empfand ich bisher als wirklich gut und vor allem immer mit den nötigen Erklärungen und Nachweisen etc. zum Verständnis. Nun kommen wir aber zu Dostojewski's Werk... und hier maße ich mir nicht an eine Kritik, geschweige denn eine fachlich fundierte Analyse oder Dergleichen zu schreiben, da ich dafür gar nicht den nötigen fachlichen Backround habe. Viel mehr möchte ich auch hier auf mein Lesegefühl eingehen. Innerhalb eines Monologs lässt der Ich-Erzähler uns hier sehr an seinen Gedanken teilhaben, diese zeugen nach meinem Empfinden von größtem Groll gegen Menschen und nicht zuletzt auch gegen sich selbst. Gleich zu Beginn setzte sich für mich eine melancholische aber auch sehr aggressive, mitunter von Ironie behaftete freche und negative Grundstimmung ein, die sich beim lesen durch das ganze Werk zog und mich dieses Buch hat wirklich nur in Häppchen lesen lassen können. Denn diese Negativität schlug auf mich als Leser über und es viel mir mitunter auch ein bisschen schwer mich von den Gedanken, die damit einher gingen loszureißen. Letztlich übt der Ich-Erzähler hier nicht nur Kritik an sich selbst und anderen Menschen gegenüber, er benennt letztlich eben auch die Fehler im System und was daraus resultiert. Er greift alte Muster auf und zeigt, dass der Mensch aus seinen Fehlern letztlich nicht lernt, sondern diese wieder und wieder macht. Man schaut in den Spiegel und sitzt gleichzeitig in einem dunklen Loch, so hat es sich für mich beim Lesen mitunter angefühlt. Letztlich war „Aufzeichnungen aus dem Untergrund“ eine echte Herausforderung, die ich ganz sicher nicht in Gänze aufnehmen konnte, dafür braucht es nach meinem Empfinden noch ganz ganz viele Blickwinkel mehr auf die Erzählung und auch vom Verständnis wesentlich mehr Hintergrundwissen. Aber mich hat dieses Buch sehr neugierig gemacht, wer Dostojewski ist, wie er gelebt hat, was sein Leben geprägt hat, mit welchen Menschen er sich umgeben hat und vor allem was vielleicht Auslöser, Ereignisse waren, die ihn haben solch eine innere Dunkelheit schreiben lassen. Und nach ein bisschen mehr Hintergrund zum Autor selber, gelingt mir dann vielleicht auch ein weiterer etwas veränderter oder erweiterter Blick auf sein Werk.
Aufzeichnungen eines Wutbürgers Wut, die – heftiger, unbeherrschter, durch Ärger o. Ä. hervorgerufener Gefühlsausbruch, der sich in Miene, Wort und Tat zeigt (Quelle: Duden) Warum liest man in Zeiten, in denen es vor Wutbürgern nur so wimmelt, ein Buch, was genau aus der Sicht eines solchen Grantlers geschrieben ist? Nun, erstens heißt der Autor Fjodor Dostojewski (er wäre in diesem Jahr 200 Jahre alt geworden) und zweitens konnte der Manesse-Verlag, der die „Aufzeichnungen aus dem Untergrund“ in einer wahrhaftigen Prachtausgabe seiner berühmten und bei Freunden des gepflegten Buchs überaus beliebten Bibliothek hinzugefügt hat, wohl bei der Planung nicht ahnen, dass die unsägliche Pandemie eine Masse an eben diesen Wutbürgern hervorspülen würde. Wenn jeder seine Wut verschriftlichen würde statt auf die Straße zu gehen, würde uns allen wohl viel erspart bleiben *g*. So lässt der namenlose Protagonist kein gutes Haar an allem und jedem und nimmt sich davon nicht aus. Schon der erste Satz offenbart den Leserinnen und Lesern, mit wem wir hier zu tun haben: „Ich bin ein kranker Mensch…Ich bin ein zorniger Mensch.“ (S. 9) Oha, das kann ja heiter werden…Nein, wird es nicht. Im Gegenteil: manchmal weiß man vor lauter Selbstmitleid, Selbstzweifel etc. des Protagonisten gar nicht, ob man weiterlesen will oder nicht. Zumal die langen inneren Monologe, die dem tiefsten Untergrund der menschlichen Seele entspringen, der geneigten Leserschaft einiges an Geduld abverlangen. Ich will nicht sagen, dass man für manche Passage ein Psychologiestudium braucht, aber es kommt dem schon verdammt nahe. Nicht umsonst hat Friedrich Nietzsche das Werk für einen wahren „Geniestreich der Psychologie“ (S. 303) gehalten. Na denn – er muss es wissen ha ha ha. Der zweite Teil der Aufzeichnungen mit der Überschrift „Angelegentlich nassen Schnees“ kommt dann (sprachlich) geringfügig lockerer daher. Doch Vorsicht: wir sind weit von der Leichtigkeit eines – ähm – banalen Textes entfernt. Hier erzählt uns der Protagonist Erlebnisse, die ihm widerfahren sind und an deren Groteske wohl selbst Kafka gescheitert wäre – und das will schon was heißen *g*. Das plötzliche Ende der Aufzeichnungen lässt die geneigte Leserschaft dann „aufatmen“ á la „Hey, geschafft. Und jetzt? Welche Erkenntnis nehme ich mit aus dem Untergrund an die Oberfläche?“ Nun, das muss und kann jede*r nur für sich beantworten; mich haben sie in dem Sinne beschäftigt, dass ich mir sicher bin, das schmale Büchlein gelegentlich noch einmal in die Hand zu nehmen. Die zahlreichen Anmerkungen (insgesamt 48) sind mal interessant, mal vernachlässigbar, helfen aber, dass ein oder andere besser einzuordnen. Auch das anschließende Nachwort der Übersetzerin Ursula Keller, die – so scheint mir – überragende Übersetzungsarbeit geleistet hat, hilft bei der Einordnung der „Aufzeichnungen…“ in das Gesamtwerk Dostojewski´s und zeigt, dass er wohl nicht umsonst zu den wichtigsten Autoren Russlands gehört (hat) und seine Werke eine erstaunliche Aktualität aufweisen, was mir gerade beim Schreiben dieser Zeilen eine dicke Gänsehaut beschert. Insgesamt liest sich diese Rezension wahrscheinlich eher nach 5* denn nach 4* (und die Gestaltung als solches hat mindestens 6* verdient). Aber da es keine „Wohlfühllektüre“ war, kann ich mich nicht dazu durchringen, die Bestnote zu zücken. Aber tendenziell ist die Bewertung eher mehr an der 5 als an der 4. Eine Leseempfehlung spreche ich somit natürlich aus, allerdings sollten die „Aufzeichnungen…“ nur gelesen werden, wenn man sich in einem stabilen Zustand befindet – sonst besteht aus meiner Sicht die Gefahr einer depressiven Verstimmung. ©kingofmusic