Wiederholung
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Vigdis Hjorth, 1959 in Oslo geboren, ist eine der meistrezipierten Gegenwartsautorinnen Norwegens. Sie ist vielfache Bestsellerautorin, wurde für ihr Werk unter anderem mit dem norwegischen Kritikerprisen und dem Bokhandlerprisen ausgezeichnet und war für den Literaturpreis des Nordischen Rates, den National Book Award sowie den International Booker Prize nominiert. Bei S. FISCHER erschienen die Romane »Die Wahrheiten meiner Mutter« und »Ein falsches Wort«. Für ihren neuesten Roman »Wiederholung« wurde Vigdis Hjorth 2024 mit dem Kritikerprisen ausgezeichnet. Nach Stationen in Kopenhagen, Bergen, in der Schweiz und in Frankreich lebt Vigdis Hjorth heute in Oslo.
Merkmale
1 Bewertungen
Stimmung
Hauptfigur(en)
Handlungsgeschwindigkeit
Schreibstil
Beiträge
Wow - harter Tobak, wunderschön geschrieben! 👏🤩
„Wiederholen und erinnern und wieder erleben und wieder erzählen und wieder aufführen, denn die Kindheit hört nicht auf, die Jugend hört nicht auf, Kindheit und Jugend sind eine Zukunft, die immer wieder beginnt, ein andauernder Prozess.“ Es ist das Jahr 1975 und unsere Protagonistin spaziert mit ihrem Hund im Wald umher und erinnert sich währenddessen an ihre Vergangenheit, insbesondere ihre Jugendjahre. Sweet Sixteen - eigentlich das Alter der ersten Küsse, wilden Partys, vielleicht auch ersten sexuellen Erfahrungen. Doch mit einem Kontrollfreak als Mutter sieht alles anders aus - keine unbeschwerte Jugend, in der man sich selbst und das begehrte Geschlecht erkundet. „(…) die Wiederholung ist der Ernst des Daseins.“ Dieses Zitat würde ich als sinnbildlich für das ganze Buch stehend sehen. Ein durchaus ernstes Buch, wobei man nicht genau weiß, inwieweit es autofiktional ist. Die Schwester der Autorin Vigdis Hjorth hatte vor ein paar Jahren schon mal einen Gegenentwurf zu einem ihrer früheren Bücher veröffentlicht, quasi als Richtigstellung. Von daher würde ich persönlich davon ausgehen, dass sehr viel Wahrheit in Bezug auf ihre eigene Familie in Vigdis Hjorths Büchern steckt. „Die Wiederholung“ ist das Porträt einer dysfunktionalen Familie - ein Buch übers Schweigen, übers Vertuschen und über eine geradezu manische Kontrolle. Aus einer panischen Angst heraus, dass sie sich mit Jungs einlassen könnte, Alkohol trinken könnte oder gar Drogen konsumieren, wird die Tochter (unsere Protagonistin) permanent von der Mutter kontrolliert. Alles (meiner Meinung und Erfahrung nach) Dinge, die man in dem Alter auch gerne mal ausprobiert. Doch ebnet dieser Kontrollzwang nicht vielleicht sogar den Weg in genau diese Richtung, einfach um sich der Mutter zu widersetzen?! Die Tochter schreibt Tagebuch, aber nicht wie man meinen würde, die Dinge, die sie erlebt hat - sondern sie schreibt, was sie demnächst erleben wird, sich wünscht zu erleben, oder eine retrospektiv korrigierte Wahrheit und zwar ins Positive, sie beschönigt die eigentlichen Ereignisse und malt sich mit ihren Worten aus, wie es hätte sein können. Genau das wird zu einem katastrophalen Wendepunkt des Buches führen, nämlich als ihre Mutter ihre Zeilen liest. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Im Hintergrund wabert durch das ganze Buch hinweg der sexuelle Missbrauch des Vaters an unserer Ich-Erzählerin, der Tochter, der mutmaßlich im Kleinkindalter (oder noch früher?!) stattgefunden hat. Es herrscht eine große Diskrepanz zwischen dem befreiten Schreiben unserer Ich-Erzählerin im Tagebuch und dem im Raum stehenden Ereignis, dem Missbrauch - denn die Eltern wissen ja genau, da war doch was. „(…) ich war auf die Spur meines eigentlichen Traumas gebracht worden, denn intuitiv begriff ich, mit dem Körper begriff ich, dass das, was geschehen war, eine Nachwirkung von etwas Früherem war, dass in mir etwas Früheres wohnte, das ich nicht durchschaute, das mir mit Absicht verborgen und zugleich bekannt war, ich begriff, dass das, was ich empfand, das Nachbeben eines früheren und für mich noch nicht erkannten Erdbebens war.“ Als einer der wichtigsten Tage im Leben einer jungen Frau (bezüglich ihrer sexuellen Erfahrungen) gekommen ist, ihr anstehendes erstes Mal, verfasst sie einen folgenschweren Tagebucheintrag. welcher als klarer Auslöser zu sehen ist für das Nachbeben ihres früheren Missbrauchs. Die Eltern verknüpfen ihre eigene Tochter deswegen sogar als unrein. „Wir vermieden es, einander anzusehen, sie vermieden es, mich anzusehen, in meiner Nähe zu sein, sie mieden mich, weil ich schmutzig war und stank und sie an etwas unerträglich Unbehagliches erinnerte.“ Und nun kommt ein Zitat, das mich wirklich umgehauen hat, das zeigt, dass die eigene Fantasie manchmal bedeutender sein kann, als die Realität. Es geht um besagten Tagebucheintrag, in dem sie ihr erstes Mal schildert, aber nicht, indem sie erzählt, was wirklich passiert ist, sondern ein komplett fiktives erstes Mal, vorbei an der Realität: „Aber die Wirkung, die sie hatte, meine erste Geschichte, und das Entsetzen, das sie auslöste, lehrten mich etwas Entscheidendes: dass das, was wir erdichten, von größerer Bedeutung sein kann als das, was wahr ist, dass es wahrer sein kann.“ Kann Tagebuchschreiben auch Selbsttherapie sein?! Ich würde sagen ja (wenn man nicht gerade ein Gefühl der Überwachungverspürt , weil die Mutter kontrolliert, was man schreibt) kann es durchaus positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben. Mich hat zutiefst erschüttert, wie unsere Ich-Erzählerin nicht nur Opfer des sexuellen Missbrauchs durch den eigenen Vater wurde, sondern vor allem der Umgang der Mutter damit, die sich dessen bewusst war. Sie versucht die Tochter klein zu halten, indem sie sie kontrolliert, wo sie nur kann. Zudem steht sie ihr nicht bei, prangert den Vater nicht an, sondern vielmehr das Verhalten der Tochter. Schweigen hat eindeutige größere Benefits für die Mutter als zu ihrer Tochter zu stehen, denn sie hat vier Kinder und ist finanziell abhängig von ihrem Ehemann. Das war wirklich harter Tobak, auch wenn es nie explizit wurde, schwebten die furchtbaren Missetaten an der Tochter die ganze Zeit im Raum, bzw. Buch. Trotzdem kann ich Euch die Lektüre absolut ans Herz legen, denn es ist wunderschön geschrieben und hat mich bereichert und verletzt gleichzeitig. Verletzt, da ich regelrecht mitgelitten habe mit unserer Ich-Erzählerin, bereichert durch die Schönheit der Sprache der Autorin. Da es mein erstes Buch von Vigdis Hjorth war, kann ich nicht sagen, inwieweit die beiden vorigen Bücher „Die Wahrheiten meiner Mutter“ und „Ein falsches Wort“ thematisch mit „Die Wiederholung“ verknüpft sind, ich hatte aber nicht das Gefühl, dass es mir an irgendeiner Stelle an Vorwissen mangelte. Sofern Ihr über die aktuellen psychischen Kapazitäten für diese Art Lektüre verfügt, kann ich sie Euch nur wärmstens ans Herz legen! (Ich für meinen Teil war jedenfalls so begeistert, dass ich mir gleich die beiden Vorgängerbücher von Vigdis Hjorth gekauft habe).
Beklemmend
In einer Art reflektiertem Selbstgespräch nimmt uns die Erzählerin mit in die Vergangenheit zu Ihrem 16-jährigen Ich. Unter der Kontrollsucht der Mutter muss sie sich ihre Jugend manchmal erlügen, Vorwände finden, um das Haus zu verlassen, um mit Freunden auf Partys zu trinken, rauchen, tanzen, erste s3exuelle Erfahrungen zu machen. Die zwanghaft kontrollierende, hysterische, von Angst zerfressene Mutter ist in Gedanken immer dabei. Wo warst du, wer war bei Dir, was habt ihr gemacht. Eine undefinierte Angst, die sie auch der Tochter einpflanzt. Und so ist das ganze Leben der Tochter einer Suche nach dem Warum. Warum verhält sich die Mutter so? Warum eskaliert die Situation an einem Tag im November, nachdem die Mutter einen Tagebucheintrag der Tochter gelesen hat? Welches Geheimnis hat diese Familie? Wenn ich ein Wort nennen müsste, das dieses Buch beim Lesen in mir auslöst, dann ist es "Beklemmung". Diese immer wieder aufs Neue thematisierte Kontrollsucht, dieses unter Beobachtung sein, diese undefinierte Angst hat mich manches Mal Mühe gekostet, weiterzulesen. Die Sprache von Vigdis Hjorth ist besonders, sie ist eindringlich, manchmal fast aufzählend, "wiederholend". "...ich wiederhole und varriiere die Wiederholung, schamlos und mit ausgefransten Nerven und mit saurer Übelkeit, um zu verarbeiten und zu verstehen und hinter mich zu bringen, oder einfach nur, um Bitterkeit und Begeisterung in mir zu stärken, ..." Für mich auf jeden Fall ein Leseerlebnis, wenn auch ein verstörendes, weil mich auch die Auflösung der Thematik am Ende fassungslos zurücklässt.
Die Macht der Worte. Schmerzhaft inspirierend!
**** Worum geht es? **** In diesem Buch thematisiert die Autorin autobiografisch das Gefühl von Wiederholungen im Leben. Ein roter Faden zieht sich von Anfang bis Ende und lässt sich durch Ehrlichkeit und Offenheit erkennen, wodurch das Werk zu erschüttern weiß. **** Mein Eindruck **** Das Buch ist zutiefst schmerzhaft, doch zugleich von einer jungen, naiven Hoffnung durchzogen. Es vermittelt Gefühle, die mit dem echten Leben, der Suche nach Kontrolle und dem Mangel an Freiheit verwoben sind. In den Zeilen wird etwas Verborgenes verarbeitet, das der Autorin einen inneren Druck abverlangt hat. Am Ende bleibt eine zaghafte Hoffnung, doch der Schmerz ist nach wie vor spürbar. Ich habe großen Respekt vor der Autorin und ihrem autobiografischen Werk. Das Ende bietet eine starke Inspiration, während der Weg dorthin als ein notwendiger Prozess dargestellt wird, der unbedingt gegangen werden muss. Sprachlich ist das Buch ein wahres Kunstwerk, ebenso wie der Erzählstil. Jedes Wort hallt nach, und die gezielte Wiederholung von Elementen, kombiniert mit der Wahl des Titels und des Inhalts, macht es zu einem Meisterwerk der Literatur. **** Empfehlung? **** Bücher dieser Autorin sind absolut zu empfehlen. Dieses Buch ist besonders emotional und wiegt schwer nach. Ob einem die Autorin bekannt ist oder nicht, Literaturfans können hier ohne Bedenken einsteigen.
Eine Geschichte, die definitiv im Gedächtnis bleibt. Eine Frau erinnert sich an ihre Jugendzeit und an Geschehnisse, die eigentlich im Verborgenen bleiben sollten. Denn diese Erinnerungen sind schmerzhaft und aufwühlend. Es geht um ein schlimmes Familiengeheimnis und um das Finden der eigenen Wahrheit. Es geht darum, gehört zu werden. Sicherlich kein Buch für Jedermann, aber von mir eine klare Leseempfehlung. Der Schreibstil ist ungewöhnlich, aber bildgewaltig und aussagekräftig.
Wiederholung von Vigdis Hjorth. Übersetzung aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs In „Wiederholung“ führt Vigdis Hjorth uns auf einen schmerzhaften, leisen und zugleich intensiven Gang durch das Dickicht der Erinnerung - ein Bild, das sich wie eine Metapher für die Reise ihrer eigenen Erinnerung und der Konfrontation mit dem, was sie eigentlich vergessen wollte, entfaltet. Eine Frau wandert durch den Wald – und mit jedem Schritt, mit jedem Atemzug, kehrt das zurück, was lange verdrängt war: Bilder eines sechzehnjährigen Mädchens, das einst voller Lebenshunger war, voller Sehnsucht, voller Verletzlichkeit. „Alles, was du vergessen willst, kehrt zu dir zurück, es sucht dich heim, so wahrhaftig, dass du das Gefühl hast, es noch einmal zu durchleben, [..] du hast Angst, an dieser Intensität zu sterben, deshalb kämpfst du gegen seine Rückkehr, wehrst dich, aber du kannst sie nicht verhindern…[..].“ Im Zentrum des Romans steht der Konflikt der Protagonistin, die gegen ein schmerzhaftes Geheimnis ihrer Familie ankämpft und zugleich mit der eigenen Wahrheit ringt. Dieser Kampf ist nicht nur ein innerer, sondern auch ein äußerer – zwischen den unausgesprochenen Wahrheiten ihrer Eltern und der Notwendigkeit, sich selbst zu erkennen. Die Schilderung dieser innermenschlichen Auseinandersetzung ist ein zentrales Thema von Hjorths Werk und zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie bestimmte Erinnerungen eine Person über Jahre hinweg verfolgen können, bis ein Punkt erreicht ist, an dem ein neues Verständnis möglich wird. Der Roman erzählt nicht linear, nicht laut. Er tastet sich voran – vorsichtig, fragmentarisch, mit feinem Gespür für Zwischentöne. Die Erzählung ist durchzogen von der Erinnerung an den ersten Kuss, den ersten Rausch, an die Mutter, die alles kontrolliert, und an den Vater, der immer mehr entschwindet, formen sich zu einem dichten inneren Monolog. Es ist ein Sog in die Vergangenheit, ein Kreisen um ein unausgesprochenes, dunkles Familiengeheimnis – typisch für Hjorths Schreiben, das nie den einfachen Weg wählt. Gekonnt verwebt sie die einzelnen Puzzleteile der Vergangenheit zu einem komplexen Bild der Identitätsfindung und des Schmerzempfindens. Dabei gelingt es Vigdis Hjorth, das Unsagbare spürbar zu machen. Ihre Sprache ist klar und doch voller Subtext, ihre Protagonistin verletzlich und gleichzeitig unbeugsam. Wiederholung ist kein lautes Buch, aber eines, das lange nachhallt – weil es aufzeigt, wie lange wir von dem geformt werden, was wir nicht sagen können. Und weil es Mut macht, sich der eigenen Wahrheit zu nähern – auch wenn sie schmerzhaft ist. Hjorths präzise Darstellung der psychologischen Prozesse der Protagonistin lässt die Leser*innen in die vielschichtige Welt der Erinnerungen und des inneren Konflikts eintauchen. Fazit: Seit Jahren schätze ich die besondere erzählerische und emotionale Tiefe von Vigdis Hjorths Texten. Bereits in ihren vorherigen Werken, die zuletzt ins Deutsche übersetzt wurden, „Die Wahrheiten meiner Mutter“ (2023) und „Ein falsches Wort“ (2024), setzt sich die Autorin mit familiären Machtmissbrauch und den Auswirkungen von Familiengeheimnissen auseinander. Es ist aber ein Buch, das nicht nur die komplexen Dynamiken innerhalb einer Familie thematisiert, sondern auch die universellen Erfahrungen von Schmerz, Verlust und der Frage nach der Schuld. Es sind dunkle Abgründe, in die wir beim Lesen ihrer Texte blicken. Wir sind Beobachter*innen, wenn lange verdrängte, schmerzhafte Szenen ihrer Kindheit in ihr Bewusstsein drängen. Vigdis Hjorths Geschichten sind eindringlich, teilweise verstörend und fordern uns in besonderer Weise. „Wiederholung“ hallt ebenso nach wie Hjorths vorherige Werke. Ein stilles und dennoch kraftvolles Meisterwerk der norwegischen Gegenwartsliteratur. Eine große Leseempfehlung 💕! 4,5/5 ⭐️⭐️⭐️⭐️

Leider enttäuschend
Hier hatte ich einfach etwas anderes erwartet. Mir gefiel "Die Wahrheiten meiner Mutter" wirklich sehr, DAS konnte mich erreichen. Daher war ich hiervon sehr enttäuscht. Die Thematik war so gar nicht meins und ich wurde weder gefesselt, noch berührt. Nun, es wird genügend Leser*innen begeistern, davon bin ich überzeugt. ICH gehöre halt nicht dazu.

Merkmale
1 Bewertungen
Stimmung
Hauptfigur(en)
Handlungsgeschwindigkeit
Schreibstil
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Vigdis Hjorth, 1959 in Oslo geboren, ist eine der meistrezipierten Gegenwartsautorinnen Norwegens. Sie ist vielfache Bestsellerautorin, wurde für ihr Werk unter anderem mit dem norwegischen Kritikerprisen und dem Bokhandlerprisen ausgezeichnet und war für den Literaturpreis des Nordischen Rates, den National Book Award sowie den International Booker Prize nominiert. Bei S. FISCHER erschienen die Romane »Die Wahrheiten meiner Mutter« und »Ein falsches Wort«. Für ihren neuesten Roman »Wiederholung« wurde Vigdis Hjorth 2024 mit dem Kritikerprisen ausgezeichnet. Nach Stationen in Kopenhagen, Bergen, in der Schweiz und in Frankreich lebt Vigdis Hjorth heute in Oslo.
Beiträge
Wow - harter Tobak, wunderschön geschrieben! 👏🤩
„Wiederholen und erinnern und wieder erleben und wieder erzählen und wieder aufführen, denn die Kindheit hört nicht auf, die Jugend hört nicht auf, Kindheit und Jugend sind eine Zukunft, die immer wieder beginnt, ein andauernder Prozess.“ Es ist das Jahr 1975 und unsere Protagonistin spaziert mit ihrem Hund im Wald umher und erinnert sich währenddessen an ihre Vergangenheit, insbesondere ihre Jugendjahre. Sweet Sixteen - eigentlich das Alter der ersten Küsse, wilden Partys, vielleicht auch ersten sexuellen Erfahrungen. Doch mit einem Kontrollfreak als Mutter sieht alles anders aus - keine unbeschwerte Jugend, in der man sich selbst und das begehrte Geschlecht erkundet. „(…) die Wiederholung ist der Ernst des Daseins.“ Dieses Zitat würde ich als sinnbildlich für das ganze Buch stehend sehen. Ein durchaus ernstes Buch, wobei man nicht genau weiß, inwieweit es autofiktional ist. Die Schwester der Autorin Vigdis Hjorth hatte vor ein paar Jahren schon mal einen Gegenentwurf zu einem ihrer früheren Bücher veröffentlicht, quasi als Richtigstellung. Von daher würde ich persönlich davon ausgehen, dass sehr viel Wahrheit in Bezug auf ihre eigene Familie in Vigdis Hjorths Büchern steckt. „Die Wiederholung“ ist das Porträt einer dysfunktionalen Familie - ein Buch übers Schweigen, übers Vertuschen und über eine geradezu manische Kontrolle. Aus einer panischen Angst heraus, dass sie sich mit Jungs einlassen könnte, Alkohol trinken könnte oder gar Drogen konsumieren, wird die Tochter (unsere Protagonistin) permanent von der Mutter kontrolliert. Alles (meiner Meinung und Erfahrung nach) Dinge, die man in dem Alter auch gerne mal ausprobiert. Doch ebnet dieser Kontrollzwang nicht vielleicht sogar den Weg in genau diese Richtung, einfach um sich der Mutter zu widersetzen?! Die Tochter schreibt Tagebuch, aber nicht wie man meinen würde, die Dinge, die sie erlebt hat - sondern sie schreibt, was sie demnächst erleben wird, sich wünscht zu erleben, oder eine retrospektiv korrigierte Wahrheit und zwar ins Positive, sie beschönigt die eigentlichen Ereignisse und malt sich mit ihren Worten aus, wie es hätte sein können. Genau das wird zu einem katastrophalen Wendepunkt des Buches führen, nämlich als ihre Mutter ihre Zeilen liest. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Im Hintergrund wabert durch das ganze Buch hinweg der sexuelle Missbrauch des Vaters an unserer Ich-Erzählerin, der Tochter, der mutmaßlich im Kleinkindalter (oder noch früher?!) stattgefunden hat. Es herrscht eine große Diskrepanz zwischen dem befreiten Schreiben unserer Ich-Erzählerin im Tagebuch und dem im Raum stehenden Ereignis, dem Missbrauch - denn die Eltern wissen ja genau, da war doch was. „(…) ich war auf die Spur meines eigentlichen Traumas gebracht worden, denn intuitiv begriff ich, mit dem Körper begriff ich, dass das, was geschehen war, eine Nachwirkung von etwas Früherem war, dass in mir etwas Früheres wohnte, das ich nicht durchschaute, das mir mit Absicht verborgen und zugleich bekannt war, ich begriff, dass das, was ich empfand, das Nachbeben eines früheren und für mich noch nicht erkannten Erdbebens war.“ Als einer der wichtigsten Tage im Leben einer jungen Frau (bezüglich ihrer sexuellen Erfahrungen) gekommen ist, ihr anstehendes erstes Mal, verfasst sie einen folgenschweren Tagebucheintrag. welcher als klarer Auslöser zu sehen ist für das Nachbeben ihres früheren Missbrauchs. Die Eltern verknüpfen ihre eigene Tochter deswegen sogar als unrein. „Wir vermieden es, einander anzusehen, sie vermieden es, mich anzusehen, in meiner Nähe zu sein, sie mieden mich, weil ich schmutzig war und stank und sie an etwas unerträglich Unbehagliches erinnerte.“ Und nun kommt ein Zitat, das mich wirklich umgehauen hat, das zeigt, dass die eigene Fantasie manchmal bedeutender sein kann, als die Realität. Es geht um besagten Tagebucheintrag, in dem sie ihr erstes Mal schildert, aber nicht, indem sie erzählt, was wirklich passiert ist, sondern ein komplett fiktives erstes Mal, vorbei an der Realität: „Aber die Wirkung, die sie hatte, meine erste Geschichte, und das Entsetzen, das sie auslöste, lehrten mich etwas Entscheidendes: dass das, was wir erdichten, von größerer Bedeutung sein kann als das, was wahr ist, dass es wahrer sein kann.“ Kann Tagebuchschreiben auch Selbsttherapie sein?! Ich würde sagen ja (wenn man nicht gerade ein Gefühl der Überwachungverspürt , weil die Mutter kontrolliert, was man schreibt) kann es durchaus positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben. Mich hat zutiefst erschüttert, wie unsere Ich-Erzählerin nicht nur Opfer des sexuellen Missbrauchs durch den eigenen Vater wurde, sondern vor allem der Umgang der Mutter damit, die sich dessen bewusst war. Sie versucht die Tochter klein zu halten, indem sie sie kontrolliert, wo sie nur kann. Zudem steht sie ihr nicht bei, prangert den Vater nicht an, sondern vielmehr das Verhalten der Tochter. Schweigen hat eindeutige größere Benefits für die Mutter als zu ihrer Tochter zu stehen, denn sie hat vier Kinder und ist finanziell abhängig von ihrem Ehemann. Das war wirklich harter Tobak, auch wenn es nie explizit wurde, schwebten die furchtbaren Missetaten an der Tochter die ganze Zeit im Raum, bzw. Buch. Trotzdem kann ich Euch die Lektüre absolut ans Herz legen, denn es ist wunderschön geschrieben und hat mich bereichert und verletzt gleichzeitig. Verletzt, da ich regelrecht mitgelitten habe mit unserer Ich-Erzählerin, bereichert durch die Schönheit der Sprache der Autorin. Da es mein erstes Buch von Vigdis Hjorth war, kann ich nicht sagen, inwieweit die beiden vorigen Bücher „Die Wahrheiten meiner Mutter“ und „Ein falsches Wort“ thematisch mit „Die Wiederholung“ verknüpft sind, ich hatte aber nicht das Gefühl, dass es mir an irgendeiner Stelle an Vorwissen mangelte. Sofern Ihr über die aktuellen psychischen Kapazitäten für diese Art Lektüre verfügt, kann ich sie Euch nur wärmstens ans Herz legen! (Ich für meinen Teil war jedenfalls so begeistert, dass ich mir gleich die beiden Vorgängerbücher von Vigdis Hjorth gekauft habe).
Beklemmend
In einer Art reflektiertem Selbstgespräch nimmt uns die Erzählerin mit in die Vergangenheit zu Ihrem 16-jährigen Ich. Unter der Kontrollsucht der Mutter muss sie sich ihre Jugend manchmal erlügen, Vorwände finden, um das Haus zu verlassen, um mit Freunden auf Partys zu trinken, rauchen, tanzen, erste s3exuelle Erfahrungen zu machen. Die zwanghaft kontrollierende, hysterische, von Angst zerfressene Mutter ist in Gedanken immer dabei. Wo warst du, wer war bei Dir, was habt ihr gemacht. Eine undefinierte Angst, die sie auch der Tochter einpflanzt. Und so ist das ganze Leben der Tochter einer Suche nach dem Warum. Warum verhält sich die Mutter so? Warum eskaliert die Situation an einem Tag im November, nachdem die Mutter einen Tagebucheintrag der Tochter gelesen hat? Welches Geheimnis hat diese Familie? Wenn ich ein Wort nennen müsste, das dieses Buch beim Lesen in mir auslöst, dann ist es "Beklemmung". Diese immer wieder aufs Neue thematisierte Kontrollsucht, dieses unter Beobachtung sein, diese undefinierte Angst hat mich manches Mal Mühe gekostet, weiterzulesen. Die Sprache von Vigdis Hjorth ist besonders, sie ist eindringlich, manchmal fast aufzählend, "wiederholend". "...ich wiederhole und varriiere die Wiederholung, schamlos und mit ausgefransten Nerven und mit saurer Übelkeit, um zu verarbeiten und zu verstehen und hinter mich zu bringen, oder einfach nur, um Bitterkeit und Begeisterung in mir zu stärken, ..." Für mich auf jeden Fall ein Leseerlebnis, wenn auch ein verstörendes, weil mich auch die Auflösung der Thematik am Ende fassungslos zurücklässt.
Die Macht der Worte. Schmerzhaft inspirierend!
**** Worum geht es? **** In diesem Buch thematisiert die Autorin autobiografisch das Gefühl von Wiederholungen im Leben. Ein roter Faden zieht sich von Anfang bis Ende und lässt sich durch Ehrlichkeit und Offenheit erkennen, wodurch das Werk zu erschüttern weiß. **** Mein Eindruck **** Das Buch ist zutiefst schmerzhaft, doch zugleich von einer jungen, naiven Hoffnung durchzogen. Es vermittelt Gefühle, die mit dem echten Leben, der Suche nach Kontrolle und dem Mangel an Freiheit verwoben sind. In den Zeilen wird etwas Verborgenes verarbeitet, das der Autorin einen inneren Druck abverlangt hat. Am Ende bleibt eine zaghafte Hoffnung, doch der Schmerz ist nach wie vor spürbar. Ich habe großen Respekt vor der Autorin und ihrem autobiografischen Werk. Das Ende bietet eine starke Inspiration, während der Weg dorthin als ein notwendiger Prozess dargestellt wird, der unbedingt gegangen werden muss. Sprachlich ist das Buch ein wahres Kunstwerk, ebenso wie der Erzählstil. Jedes Wort hallt nach, und die gezielte Wiederholung von Elementen, kombiniert mit der Wahl des Titels und des Inhalts, macht es zu einem Meisterwerk der Literatur. **** Empfehlung? **** Bücher dieser Autorin sind absolut zu empfehlen. Dieses Buch ist besonders emotional und wiegt schwer nach. Ob einem die Autorin bekannt ist oder nicht, Literaturfans können hier ohne Bedenken einsteigen.
Eine Geschichte, die definitiv im Gedächtnis bleibt. Eine Frau erinnert sich an ihre Jugendzeit und an Geschehnisse, die eigentlich im Verborgenen bleiben sollten. Denn diese Erinnerungen sind schmerzhaft und aufwühlend. Es geht um ein schlimmes Familiengeheimnis und um das Finden der eigenen Wahrheit. Es geht darum, gehört zu werden. Sicherlich kein Buch für Jedermann, aber von mir eine klare Leseempfehlung. Der Schreibstil ist ungewöhnlich, aber bildgewaltig und aussagekräftig.
Wiederholung von Vigdis Hjorth. Übersetzung aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs In „Wiederholung“ führt Vigdis Hjorth uns auf einen schmerzhaften, leisen und zugleich intensiven Gang durch das Dickicht der Erinnerung - ein Bild, das sich wie eine Metapher für die Reise ihrer eigenen Erinnerung und der Konfrontation mit dem, was sie eigentlich vergessen wollte, entfaltet. Eine Frau wandert durch den Wald – und mit jedem Schritt, mit jedem Atemzug, kehrt das zurück, was lange verdrängt war: Bilder eines sechzehnjährigen Mädchens, das einst voller Lebenshunger war, voller Sehnsucht, voller Verletzlichkeit. „Alles, was du vergessen willst, kehrt zu dir zurück, es sucht dich heim, so wahrhaftig, dass du das Gefühl hast, es noch einmal zu durchleben, [..] du hast Angst, an dieser Intensität zu sterben, deshalb kämpfst du gegen seine Rückkehr, wehrst dich, aber du kannst sie nicht verhindern…[..].“ Im Zentrum des Romans steht der Konflikt der Protagonistin, die gegen ein schmerzhaftes Geheimnis ihrer Familie ankämpft und zugleich mit der eigenen Wahrheit ringt. Dieser Kampf ist nicht nur ein innerer, sondern auch ein äußerer – zwischen den unausgesprochenen Wahrheiten ihrer Eltern und der Notwendigkeit, sich selbst zu erkennen. Die Schilderung dieser innermenschlichen Auseinandersetzung ist ein zentrales Thema von Hjorths Werk und zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie bestimmte Erinnerungen eine Person über Jahre hinweg verfolgen können, bis ein Punkt erreicht ist, an dem ein neues Verständnis möglich wird. Der Roman erzählt nicht linear, nicht laut. Er tastet sich voran – vorsichtig, fragmentarisch, mit feinem Gespür für Zwischentöne. Die Erzählung ist durchzogen von der Erinnerung an den ersten Kuss, den ersten Rausch, an die Mutter, die alles kontrolliert, und an den Vater, der immer mehr entschwindet, formen sich zu einem dichten inneren Monolog. Es ist ein Sog in die Vergangenheit, ein Kreisen um ein unausgesprochenes, dunkles Familiengeheimnis – typisch für Hjorths Schreiben, das nie den einfachen Weg wählt. Gekonnt verwebt sie die einzelnen Puzzleteile der Vergangenheit zu einem komplexen Bild der Identitätsfindung und des Schmerzempfindens. Dabei gelingt es Vigdis Hjorth, das Unsagbare spürbar zu machen. Ihre Sprache ist klar und doch voller Subtext, ihre Protagonistin verletzlich und gleichzeitig unbeugsam. Wiederholung ist kein lautes Buch, aber eines, das lange nachhallt – weil es aufzeigt, wie lange wir von dem geformt werden, was wir nicht sagen können. Und weil es Mut macht, sich der eigenen Wahrheit zu nähern – auch wenn sie schmerzhaft ist. Hjorths präzise Darstellung der psychologischen Prozesse der Protagonistin lässt die Leser*innen in die vielschichtige Welt der Erinnerungen und des inneren Konflikts eintauchen. Fazit: Seit Jahren schätze ich die besondere erzählerische und emotionale Tiefe von Vigdis Hjorths Texten. Bereits in ihren vorherigen Werken, die zuletzt ins Deutsche übersetzt wurden, „Die Wahrheiten meiner Mutter“ (2023) und „Ein falsches Wort“ (2024), setzt sich die Autorin mit familiären Machtmissbrauch und den Auswirkungen von Familiengeheimnissen auseinander. Es ist aber ein Buch, das nicht nur die komplexen Dynamiken innerhalb einer Familie thematisiert, sondern auch die universellen Erfahrungen von Schmerz, Verlust und der Frage nach der Schuld. Es sind dunkle Abgründe, in die wir beim Lesen ihrer Texte blicken. Wir sind Beobachter*innen, wenn lange verdrängte, schmerzhafte Szenen ihrer Kindheit in ihr Bewusstsein drängen. Vigdis Hjorths Geschichten sind eindringlich, teilweise verstörend und fordern uns in besonderer Weise. „Wiederholung“ hallt ebenso nach wie Hjorths vorherige Werke. Ein stilles und dennoch kraftvolles Meisterwerk der norwegischen Gegenwartsliteratur. Eine große Leseempfehlung 💕! 4,5/5 ⭐️⭐️⭐️⭐️

Leider enttäuschend
Hier hatte ich einfach etwas anderes erwartet. Mir gefiel "Die Wahrheiten meiner Mutter" wirklich sehr, DAS konnte mich erreichen. Daher war ich hiervon sehr enttäuscht. Die Thematik war so gar nicht meins und ich wurde weder gefesselt, noch berührt. Nun, es wird genügend Leser*innen begeistern, davon bin ich überzeugt. ICH gehöre halt nicht dazu.
