Verwirrnis
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Beschreibung
Beiträge
Schönes Buch. Sehr traurig zu sehen, was der Alltag eines Homosexuellen früher mit sich gebracht hat bzw wie man sich verstecken musste. Da kann man direkt dankbar sein, heutzutage zu leben. Sehr schön erzählt, der Schluss ... <3
Verwirrnis. So könnte ich auch meinen Zustand nach dem Lesen des Buchs beschreiben. Zu rund drei Viertel war dieser Roman über Homosexualität in den frühen 50er Jahren und der geheimen Liebe zwischen zwei 17jährigen in der DDR ja noch ganz in Ordnung. Aber was Christoph Hein dann im letzten Viertel aus dem Roman macht, bleibt mir ein Rätsel. Als Leser bekomme ich zu Beginn recht detailliert die Familienverhältnisse der Ringelings erzählt: der prügelnde Vater, vollgestopft mit einem katholischen, aus der Kaiserzeit stammenden Moralverständnis, die stille Mutter, der fliehende Bruder und Friedewald, die Hauptperson, der auf der Suche nach väterlicher Liebe die Zuneigung vom fast gleichaltrigen Wolfgang erfährt. Der stammt auch aus einem katholischen Elternhaus. Da beginnt es schon, etwas sehr klischeehaft zu sein, doch immerhin ist es bis dahin eine angenehme Lektüre, die sich da im kleinbürgerlichen Städtchen an der Leine abspielt. Doch statt auf die Seelenpein Friedewalds im weiteren Verlauf näher einzugehen, wird mit dem Auszug aus der Heimatstadt, dem Studium in Jena und Leipzig ein erster Sprung unternommen, der zu einem reinen Abhandeln von Fakten wird. Mit dem Sprung in die 70er, 90er und darauffolgenden Wendejahre verlässt man dann den Mikrokosmos einer Liebesbeziehung und bekommt stattdessen noch auf die Schnelle die Problematik der Universitäten im wiedervereinten Deutschland aufgetischt. Und, huschhusch, wird Friedewalds Homosexualität dann auch noch mit der Stasi verknüpft und als großes soziopolitisches Schicksal dem tragischen Ende zugeführt. Da wollte nach meinem Empfinden der Autor eindeutig zu viel. Wäre er doch nur bei Liebesbeziehung der Jugendlichen geblieben und hätte dies ordentlich zu Ende erzählt, das Buch wäre mir in guter Erinnerung geblieben. Aber diese nüchterne Erzählweise gepaart mit dem reichhaltigen Themencocktail lässt mich am Ende nur verwirrt und unbefriedigt zurück.
Verwirrnis. So könnte ich auch meinen Zustand nach dem Lesen des Buchs beschreiben. Zu rund drei Viertel war dieser Roman über Homosexualität in den frühen 50er Jahren und der geheimen Liebe zwischen zwei 17jährigen in der DDR ja noch ganz in Ordnung. Aber was Christoph Hein dann im letzten Viertel aus dem Roman macht, bleibt mir ein Rätsel. Als Leser bekomme ich zu Beginn recht detailliert die Familienverhältnisse der Ringelings erzählt: der prügelnde Vater, vollgestopft mit einem katholischen, aus der Kaiserzeit stammenden Moralverständnis, die stille Mutter, der fliehende Bruder und Friedewald, die Hauptperson, der auf der Suche nach väterlicher Liebe die Zuneigung vom fast gleichaltrigen Wolfgang erfährt. Der stammt auch aus einem katholischen Elternhaus. Da beginnt es schon, etwas sehr klischeehaft zu sein, doch immerhin ist es bis dahin eine angenehme Lektüre, die sich da im kleinbürgerlichen Städtchen an der Leine abspielt. Doch statt auf die Seelenpein Friedewalds im weiteren Verlauf näher einzugehen, wird mit dem Auszug aus der Heimatstadt, dem Studium in Jena und Leipzig ein erster Sprung unternommen, der zu einem reinen Abhandeln von Fakten wird. Mit dem Sprung in die 70er, 90er und darauffolgenden Wendejahre verlässt man dann den Mikrokosmos einer Liebesbeziehung und bekommt stattdessen noch auf die Schnelle die Problematik der Universitäten im wiedervereinten Deutschland aufgetischt. Und, huschhusch, wird Friedewalds Homosexualität dann auch noch mit der Stasi verknüpft und als großes soziopolitisches Schicksal dem tragischen Ende zugeführt. Da wollte nach meinem Empfinden der Autor eindeutig zu viel. Wäre er doch nur bei Liebesbeziehung der Jugendlichen geblieben und hätte dies ordentlich zu Ende erzählt, das Buch wäre mir in guter Erinnerung geblieben. Aber diese nüchterne Erzählweise gepaart mit dem reichhaltigen Themencocktail lässt mich am Ende nur verwirrt und unbefriedigt zurück.
Friedl liebt Wölfchen und Wölfchen liebt Friedl. So einfach könnte es sein, und so einfach ist es dann doch nie. Das Leitmotiv des Buches ist homosexuelle Liebe, gezeichnet als zutiefst persönliches Drama einerseits und Stück deutscher Zeitgeschichte andererseits. Die Liebe der beiden jungen Männer beginnt in der DDR der 50er Jahre, die Ideologie und die in ihrer Rigidität perfiden Strukturen der DDR bilden jedoch lediglich den Auftakt für eine Narration, die sich bis ins Jahr 1993 zieht – und in der sich Verwirrnis auf vielen Ebenen abspielt: Gesellschaft, Familie, Individuum. Es geht aber nicht nur um homosexuelle Selbstfindung und deutsche Geschichte. Auch Gewalt in der Familie ist ein zentrales Thema, in Gestalt des streng katholischen Vaters, der seinen Sohn mit dem Siebenstriemer blutig schlägt und sich dabei nicht einmal bewusst ist, dass die Gewalt, die er selber als Kind erlebt hat und weiterträgt, keine Berechtigung hat. Friedeward steht im Mittelpunkt dieser persönlichen Tragödie. Er wurde von klein auf dazu erzogen, sich in vielerlei Hinsicht selbst zu verleugnen, und diese Indoktrination verschärft sich um ein Vielfaches, als sein Vater ihn und Wolfgang im Bett erwischt – bis Schuldgefühle zu einem Teil seines innersten Wesens werden. Auch als Homosexualität längst nicht mehr strafbar ist, kann Friedeward sich nicht befreien aus einem inneren Gefängnis, in dem er längst Gefangener und Wächter in einer Person ist. Jeglicher gesellschaftlicher Aufbruch geht an ihm vorüber, zieht höchstens die Daumenschrauben der Scham noch fester an. Christoph Hein erzählt diese dramatische Geschichte in knapper, nüchterner Sprache. Für mich schmälert diese Erzählweise die Wirkung der Geschichte – jedenfalls die ihrer persönlichen Aspekte. Der Autor malt die Emotionen der Charaktere in allzu verwässerten Farben – das entstandene Bild rief in mir kein Echo hervor, das über vage Bestürzung hinausging. Dies ist meines Erachtens eine Geschichte, die sicher nicht nach Kitsch, jedoch durchaus nach einer gewissen Emotionalität verlangt, doch Hein geht als Chronist der Geschehnisse nicht über schlichte, beinahe sachliche Beschreibung hinaus. Auch die Charaktere selbst bleiben in meinen Augen verhältnismäßig blass. Ich nahm nur schwachen Anteil an dem, was ihnen geschah, wie ein emotional unbeteiligter Beobachter. Manche Nebencharaktere fallen unversehens ganz unter den Tisch, um erst spät und eher halbherzig wieder in die Geschichte eingebaut zu werden. FAZIT DDR in den 50er Jahren: der Pfarrerssohn Friedewald Ringeling verliebt sich zum ersten Mal – in seinen Freund Wolfgang. Für diese Liebe ist kein Raum im katholischen Heiligenstadt, und noch weniger im Weltbild seines Vaters, der versucht, ihm die ‘Sodomie’ aus dem Leib zu prügeln. Christoph Hein erzählt diese Geschichte, die eigentlich vor Emotionen überlaufen sollte, in eher gefühlsarmer Sprache, und dieser Widerspruch funktionierte für mich einfach nicht – ich fand keinen tieferen Zugang zu den Charakteren und ihrem Schicksal. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: https://wordpress.mikkaliest.de/2019/05/26/rezension-christoph-hein-verwirrnis/
Trotz des distanzierten Stils ließ sich das Buch für mich gut weglesen, doch das Leseerlebnis war nicht ganz rund. Die Geschichte wirkte irgendwie ziellos. Die Zeitsprünge gingen mir häufig zu schnell und ich hätte mir so manche Stelle lieber zeigen als erzählen lassen.
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Schönes Buch. Sehr traurig zu sehen, was der Alltag eines Homosexuellen früher mit sich gebracht hat bzw wie man sich verstecken musste. Da kann man direkt dankbar sein, heutzutage zu leben. Sehr schön erzählt, der Schluss ... <3
Verwirrnis. So könnte ich auch meinen Zustand nach dem Lesen des Buchs beschreiben. Zu rund drei Viertel war dieser Roman über Homosexualität in den frühen 50er Jahren und der geheimen Liebe zwischen zwei 17jährigen in der DDR ja noch ganz in Ordnung. Aber was Christoph Hein dann im letzten Viertel aus dem Roman macht, bleibt mir ein Rätsel. Als Leser bekomme ich zu Beginn recht detailliert die Familienverhältnisse der Ringelings erzählt: der prügelnde Vater, vollgestopft mit einem katholischen, aus der Kaiserzeit stammenden Moralverständnis, die stille Mutter, der fliehende Bruder und Friedewald, die Hauptperson, der auf der Suche nach väterlicher Liebe die Zuneigung vom fast gleichaltrigen Wolfgang erfährt. Der stammt auch aus einem katholischen Elternhaus. Da beginnt es schon, etwas sehr klischeehaft zu sein, doch immerhin ist es bis dahin eine angenehme Lektüre, die sich da im kleinbürgerlichen Städtchen an der Leine abspielt. Doch statt auf die Seelenpein Friedewalds im weiteren Verlauf näher einzugehen, wird mit dem Auszug aus der Heimatstadt, dem Studium in Jena und Leipzig ein erster Sprung unternommen, der zu einem reinen Abhandeln von Fakten wird. Mit dem Sprung in die 70er, 90er und darauffolgenden Wendejahre verlässt man dann den Mikrokosmos einer Liebesbeziehung und bekommt stattdessen noch auf die Schnelle die Problematik der Universitäten im wiedervereinten Deutschland aufgetischt. Und, huschhusch, wird Friedewalds Homosexualität dann auch noch mit der Stasi verknüpft und als großes soziopolitisches Schicksal dem tragischen Ende zugeführt. Da wollte nach meinem Empfinden der Autor eindeutig zu viel. Wäre er doch nur bei Liebesbeziehung der Jugendlichen geblieben und hätte dies ordentlich zu Ende erzählt, das Buch wäre mir in guter Erinnerung geblieben. Aber diese nüchterne Erzählweise gepaart mit dem reichhaltigen Themencocktail lässt mich am Ende nur verwirrt und unbefriedigt zurück.
Verwirrnis. So könnte ich auch meinen Zustand nach dem Lesen des Buchs beschreiben. Zu rund drei Viertel war dieser Roman über Homosexualität in den frühen 50er Jahren und der geheimen Liebe zwischen zwei 17jährigen in der DDR ja noch ganz in Ordnung. Aber was Christoph Hein dann im letzten Viertel aus dem Roman macht, bleibt mir ein Rätsel. Als Leser bekomme ich zu Beginn recht detailliert die Familienverhältnisse der Ringelings erzählt: der prügelnde Vater, vollgestopft mit einem katholischen, aus der Kaiserzeit stammenden Moralverständnis, die stille Mutter, der fliehende Bruder und Friedewald, die Hauptperson, der auf der Suche nach väterlicher Liebe die Zuneigung vom fast gleichaltrigen Wolfgang erfährt. Der stammt auch aus einem katholischen Elternhaus. Da beginnt es schon, etwas sehr klischeehaft zu sein, doch immerhin ist es bis dahin eine angenehme Lektüre, die sich da im kleinbürgerlichen Städtchen an der Leine abspielt. Doch statt auf die Seelenpein Friedewalds im weiteren Verlauf näher einzugehen, wird mit dem Auszug aus der Heimatstadt, dem Studium in Jena und Leipzig ein erster Sprung unternommen, der zu einem reinen Abhandeln von Fakten wird. Mit dem Sprung in die 70er, 90er und darauffolgenden Wendejahre verlässt man dann den Mikrokosmos einer Liebesbeziehung und bekommt stattdessen noch auf die Schnelle die Problematik der Universitäten im wiedervereinten Deutschland aufgetischt. Und, huschhusch, wird Friedewalds Homosexualität dann auch noch mit der Stasi verknüpft und als großes soziopolitisches Schicksal dem tragischen Ende zugeführt. Da wollte nach meinem Empfinden der Autor eindeutig zu viel. Wäre er doch nur bei Liebesbeziehung der Jugendlichen geblieben und hätte dies ordentlich zu Ende erzählt, das Buch wäre mir in guter Erinnerung geblieben. Aber diese nüchterne Erzählweise gepaart mit dem reichhaltigen Themencocktail lässt mich am Ende nur verwirrt und unbefriedigt zurück.
Friedl liebt Wölfchen und Wölfchen liebt Friedl. So einfach könnte es sein, und so einfach ist es dann doch nie. Das Leitmotiv des Buches ist homosexuelle Liebe, gezeichnet als zutiefst persönliches Drama einerseits und Stück deutscher Zeitgeschichte andererseits. Die Liebe der beiden jungen Männer beginnt in der DDR der 50er Jahre, die Ideologie und die in ihrer Rigidität perfiden Strukturen der DDR bilden jedoch lediglich den Auftakt für eine Narration, die sich bis ins Jahr 1993 zieht – und in der sich Verwirrnis auf vielen Ebenen abspielt: Gesellschaft, Familie, Individuum. Es geht aber nicht nur um homosexuelle Selbstfindung und deutsche Geschichte. Auch Gewalt in der Familie ist ein zentrales Thema, in Gestalt des streng katholischen Vaters, der seinen Sohn mit dem Siebenstriemer blutig schlägt und sich dabei nicht einmal bewusst ist, dass die Gewalt, die er selber als Kind erlebt hat und weiterträgt, keine Berechtigung hat. Friedeward steht im Mittelpunkt dieser persönlichen Tragödie. Er wurde von klein auf dazu erzogen, sich in vielerlei Hinsicht selbst zu verleugnen, und diese Indoktrination verschärft sich um ein Vielfaches, als sein Vater ihn und Wolfgang im Bett erwischt – bis Schuldgefühle zu einem Teil seines innersten Wesens werden. Auch als Homosexualität längst nicht mehr strafbar ist, kann Friedeward sich nicht befreien aus einem inneren Gefängnis, in dem er längst Gefangener und Wächter in einer Person ist. Jeglicher gesellschaftlicher Aufbruch geht an ihm vorüber, zieht höchstens die Daumenschrauben der Scham noch fester an. Christoph Hein erzählt diese dramatische Geschichte in knapper, nüchterner Sprache. Für mich schmälert diese Erzählweise die Wirkung der Geschichte – jedenfalls die ihrer persönlichen Aspekte. Der Autor malt die Emotionen der Charaktere in allzu verwässerten Farben – das entstandene Bild rief in mir kein Echo hervor, das über vage Bestürzung hinausging. Dies ist meines Erachtens eine Geschichte, die sicher nicht nach Kitsch, jedoch durchaus nach einer gewissen Emotionalität verlangt, doch Hein geht als Chronist der Geschehnisse nicht über schlichte, beinahe sachliche Beschreibung hinaus. Auch die Charaktere selbst bleiben in meinen Augen verhältnismäßig blass. Ich nahm nur schwachen Anteil an dem, was ihnen geschah, wie ein emotional unbeteiligter Beobachter. Manche Nebencharaktere fallen unversehens ganz unter den Tisch, um erst spät und eher halbherzig wieder in die Geschichte eingebaut zu werden. FAZIT DDR in den 50er Jahren: der Pfarrerssohn Friedewald Ringeling verliebt sich zum ersten Mal – in seinen Freund Wolfgang. Für diese Liebe ist kein Raum im katholischen Heiligenstadt, und noch weniger im Weltbild seines Vaters, der versucht, ihm die ‘Sodomie’ aus dem Leib zu prügeln. Christoph Hein erzählt diese Geschichte, die eigentlich vor Emotionen überlaufen sollte, in eher gefühlsarmer Sprache, und dieser Widerspruch funktionierte für mich einfach nicht – ich fand keinen tieferen Zugang zu den Charakteren und ihrem Schicksal. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: https://wordpress.mikkaliest.de/2019/05/26/rezension-christoph-hein-verwirrnis/
Trotz des distanzierten Stils ließ sich das Buch für mich gut weglesen, doch das Leseerlebnis war nicht ganz rund. Die Geschichte wirkte irgendwie ziellos. Die Zeitsprünge gingen mir häufig zu schnell und ich hätte mir so manche Stelle lieber zeigen als erzählen lassen.