Internat

Internat

Hardcover
4.311
Friedenspreis Des Deutschen BuchhandelsLeben Mit KriegLiteratur Aus Der UkraineInternat

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Beschreibung

In Bildern von enormer Eindringlichkeit schildert Serhij Zhadan, wie sich die vertraute Umgebung in ein unheimliches Territorium verwandelt. Mindestens so eindrucksvoll ist seine Kunst, von trotzigen Menschen zu erzählen, die der Angst und Zerstörung ihre Selbstbehauptung und ihr Verantwortungsgefühl entgegensetzen. Seine Auseinandersetzung mit dem Krieg im Donbass im Osten der Ukraine findet mit seinem RomanInternatihren vorläufigen Höhepunkt.

Ein junger Lehrer will seinen 13-jährigen Neffen aus dem Internat am anderen Ende der Stadt nach Hause holen. Die Schule, in der seine berufstätige Schwester ihren Sohn „geparkt“ hat, ist unter Beschuss geraten und bietet keine Sicherheit mehr. Durch den Ort zu kommen, in dem das zivile Leben zusammengebrochen ist, dauert einen ganzen Tag.

Der Heimweg wird zur Prüfung. Die beiden geraten in die unmittelbare Nähe der Kampfhandlungen, ohne mehr sehen zu können als den milchigen Nebel, in dem gelbe Feuer blitzen. Maschinengewehre rattern, Minen explodieren, öfter als am Tag zuvor. Paramilitärische Trupps, herrenlose Hunde tauchen in den Trümmern auf, apathische Menschen stolpern orientierungslos durch eine apokalyptische urbane Landschaft.

Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Hardcover
Seitenzahl
300
Preis
24.70 €

Autorenbeschreibung

Serhij Zhadan, 1974 im Gebiet Luhansk/Ostukraine geboren, studierte Germanistik, promovierte über den ukrainischen Futurismus und gehört seit 1991 zu den prägenden Figuren der jungen Szene in Charkiw. Er debütierte als 17-Jähriger und publizierte zwölf Gedichtbände und sieben Prosawerke. Für Die Erfindung des Jazz im Donbass wurde er mit dem Jan-Michalski-Literaturpreis und mit dem Brücke-Berlin-Preis 2014 ausgezeichnet (zusammen mit Juri Durkot und Sabine Stöhr). Die BBC kürte das Werk zum »Buch des Jahrzehnts«. 2022 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Zhadan lebt in Charkiw und ist seit Mai 2024 Soldat.

Beiträge

5
Alle
4

Ein Buch das Unterhält und zum Nachdenken anregt

"Internat" von Serhij Zhadan ist ein literarisches Meisterwerk, das die Leser in eine Welt voller Konflikte, Hoffnung und menschlicher Resilienz entführt. Zhadan's Erzählstil ist kraftvoll und einfühlsam zugleich, wodurch er eine starke emotionale Bindung zwischen den Lesern und den Charakteren herstellt. Die Geschichte entfaltet sich vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts und bietet einen tiefen Einblick in die Erfahrungen und Gefühle der Menschen, die von diesem Konflikt betroffen sind. Durch seine meisterhafte Handhabung von Sprache und Symbolik gelingt es Zhadan, komplexe Themen wie Gewalt, Verlust und Hoffnung auf eine Weise zu beleuchten, die den Lesern lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleibt. "Internat" ist ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt und eine wichtige Stimme in der zeitgenössischen Literaturlandschaft darstellt.

Ein Buch das Unterhält und zum Nachdenken anregt
5

Eindringlicher Kriegsroman mit mitreißender Wortwahl

"Als ob es die Kleidung noch gäbe, den Menschen aber nicht mehr." "Internat" von Serhij Zhadan ist ein beklemmender und poetischer Roman, welcher hautnah und teilweise überwältigend die Realität des Krieges zeigt. Hauptcharakter Pascha will seinen Neffen aus dem Internat abholen. Der Hinweg ist beschwerlich, der Rückweg gleicht einer Odyssee, denn die Grausamkeit scheint einfach nicht aufzuhören. Sobald sie einen Teil des Weges überwunden haben, scheint sich eine neue Hürde aufzutun. Die Stadt ist kalt, nass, zerbombt, hilflos und scheinbar hoffnungslos. Dieses ständige Umfeld belastet die Protagonisten sichtlich - aber das ist nicht nur reine Fiktion, denn in der Ukraine spielt(e) sich genau das und ähnliches jetzt gerade ab. Zhadan fängt die Atmosphäre dieses Krieges eindrucksvoll ein: das Chaos, die ständige Angst, das Ungewisse. Die Stimmung ist fast schon apokalyptisch. Durch die Authentizität des Romans, gelingt es dem Autor, den Krieg für alle Ausstehenden greifbarer, nachvollziehbarer zu machen. Jegliche Nachrichten oder Berichte könnten wohl kaum so berühren. Ich würde jedem pro-russisch eingestelltem Menschen dieses Werk nahelegen. Kurzum ist "Internat" also ein Buch, was man sich nicht entgehen lassen sollte, denn es ist sowohl aus poetischer, aber auch humanitärer Sicht ein Meisterwerk. ✭✭✭✭✭ (5/5)

5

„Das ist Farn!“ Mein persönlicher Gänsehautmoment. Eine großartige Lektion: Gibt es Neutralität in Konfliktsituationen? Der Protagonist, der seinen Neffen aus dem Internat holen will, ist ein zu Beginn furchtbar passiver Typ, der sich nur über seinen Beruf als Lehrer definiert. Er blendet alles um ihn herum aus, verhält sich naiv. Das Buch nimmt sich die ersten 30% viel Zeit in die Gänge zu kommen. Dann geht die Luzie ab! Das war nervenaufreibend hoch zehn für mich. Der Homo Sovieticus in all seinen Facetten wird herausgestellt : Alkohol, Eltern die sich nicht angemessen um die Kinder kümmern, alle sind laut und schreien einander an, zuhören Fehlanzeige, der Alltag mit Überleben gefüllt, so tun als hätte man mit all dem nix zu tun, Verantwortungslosigkeit, krank werden ist nicht, nur funktionieren, all die Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit … und eine Internatsleitung, die den Herrschaften ordentlich den Kopf wäscht. Was der Autor für mich ganz stark hinbekommen hat: durch kleine Szenen sehr intensive Bilder und Emotionen zu wecken. Und das bei all den sehr wortkargen Menschen, die jedem misstrauen, schafft er eine ganz intensive Nähe. Warum er am Schluss den Perspektivwechsel vornimmt, erschließt sich mir nicht. Ist für mich nen kleiner Bruch. Der Schluss war dadurch enttäuschend, zumal wir schon mit der Krankenhausszene ein einnehmendes Bild hatten, das durch das Danach total die Wucht verliert. Aber will da nicht zu kleinlich sein. Das Buch mit 4 Sternen abzuspeisen, wär sträflich.

3

Schon als dieses Buch vor einigen Jahren auf Deutsch erschien, weckte es meine Neugierde. Doch es dauerte mehrere Jahre, bis zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2022, bis ich endlich dazu gegriffen habe. Auch wenn mir im Buch selbst etwas gefehlt hat, so es für mich doch eine denkwürdige Lektüre geworden. Zhadan schildert, wie sehr der Krieg alles verändert. Wie der Krieg uns verändert. Unsere Heimat. Unsere Umgebung. Wie wir miteinander umgehen. Es geht nicht mehr, einfach mal irgendwohin zu fahren. Um seinen Neffen zu holen braucht Pascha drei Tage und Nächte. Dazu kommt Hunger, Panik; dazu kommen Verletzungen, kurze Begegnungen. Einschätzungen - Freund oder Feind? Welches ist die beste Route? Wo wird geschossen? Wo fallen die Bomben? Um mich vollends zu überzeugen, hat sich der Text dann leider doch etwas zu sehr gezogen. Vielleicht lag das aber auch am Schriftsatz des Verlages. Trotz der Tiefe des Werkes fehlte mir ein wenig der Funke, das Dabei-sein, das Gefühl. Zhadan beschreibt alles sehr distanziert, was aufgrund der Thematik bestimmt auch keine schlechte Wahl ist, aber während des Lesens fühlte ich mich oftmals fast schon zu entfernt. Auch hatte ich manchmal das Gefühl, dass die Frauenfiguren bei Zhadan nicht sonderlich gut wegkommen. Bis mir dann mit der Zeit auffiel, dass auch Pascha selbst, und die weiteren Männercharaktere ebenso, nicht gerade glänzen. Dies ist vom Autoren wirklich gut dargestellt. Im Krieg werden Menschen auf das Wichtigste reduziert. Es gilt, zu überleben. Das letzte Kapitel war unerwartet und deshalb grossartig. Mehr dazu sage ich hier aber nicht.

4

Liebe Leute. Dass #readukraine nicht immer ein einfaches Unterfangen ist, dürfte wohl jede*m klar sein. Aber Serhij Zhadan macht es seinen Leser*innen wirklich nicht leicht - nicht leicht, in den Schlaf zu kommen, nicht leicht, weiter zu verdrängen, was da mitten in Europa passiert, in der Ostukraine, in der Ukraine im Allgemeinen, in Russland, und vor allem: Mit den Menschen, die in diesen Schlamassel einfach so hineingeraten sind. "Internat" erzählt von einem jungen Lehrer, der loszieht, um seinen Neffen aus dem Internat abzuholen, als im Donbass der Krieg ausbricht. Was zunächst nach einem harmlosen Tagestrip aussieht wird schnell zu einer lebensgeährlichen Odyssee, die Lehrer und Jungen an ihre Grenzen bringt - körperlich, psychisch und seelisch. In den Kampfhandlungen gefangen versuchen sie zu verstehen, was da eigentlich gerade um sie herum passiert, wer gegen wen kämpft, und vor allem: Wie sie da jemals wieder herauskommen sollen. Um sie herum: Endzeitszenarien, die man sich im gemütlichen Deutschland kaum auszumalen vermag. Zhadan rüttelt auf, weil er so schlicht und unverblümt von den Schrecken des Krieges erzählt. Krieg ist nicht prosaisch, der Kapfelstod ist kein Gedicht - alles ist ein so unmittelbares Grauen, dass es nach ebenso unmittelbarer Sprache verlangt. Die Worte "Ukraine" und "Russland" fallen im Buch nie. Die Grenzen zwischen Freund und Feind, Angreifer und Verteidiger, Heimat und Kriegsgebiet verschwimmen vor den Augen des*der Lesers*Leserin genauso wie vor den Augen der Menschen im Donbass. Und wir lernen einmal mehr, dass Konflikte nie so simpel sind, wie wir so gern glauben wollen. Dass Serhij Zhadan den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels gewonnen hat, wundert mich nach diesem Buch nicht mehr. Ich freue mich unheimlich darauf, mehr zu lesen. Nur ein Kritikpunkt sei in diesem Zuge noch geäußert: Den Bechdel Test besteht dieser Roman vorne und hinten nicht. Trotzdem vier von fünf Sternen und ein warmes aber nachdrückliches: Lest das.

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