Herzklappen von Johnson & Johnson

Herzklappen von Johnson & Johnson

Hardcover
3.324
MitgefühlVerletzungGenerationenKrieg

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Beschreibung

Alma und Friedrich bekommen ein Kind, das keinen Schmerz empfinden kann. In ständiger Sorge um ihren Jungen, ist es vor allem Alma, die ihn unaufhörlich auf körperliche Unversehrtheit kontrolliert. Jeden Abend tastet sie das Kind ab, um keine Blessur zu übersehen. Und nichts fürchtet die junge Mutter mehr als die unsichtbare Verletzung eines Organs, die ohne ein Zeichen bleibt. Halt findet Alma bei ihrer Großmutter, die jetzt, hochbetagt und bettlägerig und nach lebenslangem Schweigen, zu erzählen beginnt: vom Aufwachsen im Krieg, von Flucht, Hunger und der Kriegsgefangenschaft des Großvaters. Mit dem Kind auf dem Schoß, das keinen Schmerz kennt, sitzt Alma am Bett der Schwerkranken, die sich nichts mehr wünscht, als ihren Schmerz zu überwinden. Und in den Geschichten der Großmutter findet sie eine Erklärung für jene scheinbar grundlosen Gefühle der Schuld, der Ohnmacht und der Verlorenheit, die sie ihr Leben lang begleiten.
Wie wird ein Kind zum Menschen, zu einem mitfühlenden sozialen Wesen, wenn es die Verwundbarkeit nicht kennt? Wenn es nicht versteht, wie sehr etwas wehtun kann? In eindringlichen Bildern erzählt Valerie Fritsch von einem Trauma, das über die Generationen weiterwirkt, sie lotet die Verletzlichkeit des Menschen aus und fragt nach dem Wesen des Mitgefühls, das unser aller Leben bestimmt.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Generationenromane
Format
Hardcover
Seitenzahl
174
Preis
22.70 €

Autorenbeschreibung

Valerie Fritsch, geboren 1989, arbeitet als freie Autorin und bereist die Welt. Beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2015 wurde sie mit dem Kelag-Preis und dem Publikumspreis ausgezeichnet. 2020 erhielt sie den Brüder-Grimm-Preis für Literatur. Sie lebt in Graz und Wien.

Beiträge

10
Alle
3.5

Schmerzen und Schweigen über Generationen Hier hat mich nicht die Geschichte begeistert, sondern die unglaubliche Sprache. Wenn ich Satz für Satz lese und das Gefühl habe, es kommen immer neue Bilder und Gedanken auf. Wenn jeder Satz neue Überraschungen mit sich bringt, fein zwischen den Worten irgendein Zusammenhang erkennbar wird. Auch wenn der Text nüchtern wirkt, er ganz viele Empfindungen hervorbringt. Für mich ist die Geschichte von Alma aufgeteilt in zwei Teile. Einmal wird die Geschichte von Alma, die in einer Familie des Schweigens aufwächst, erzählt. Sie ist anders als ihre Eltern. S.20 „Wie alle Mitglieder ihrer Familie waren auch Almas Eltern anfällig für die elementarsten aller Kränkungen, die durch Andersartigkeit. Sie waren genau, bieder, nett, legten Wert auf moralische Überlegenheit und waren auf unangenehme leise Art enttäuscht, wie unähnlich ihnen das eigene Kind erschien“ Alma besucht immer wieder ihre Großeltern. Während ihre Großmutter ihr im Alter Geschichten aus der Vergangenheit erzählt, bleibt ihr Großvater eher still. S. 58 „In die Hirnschale der Großmutter hineinzuschauen war wie ein Blick in den Nachthimmel: Man sah immer nur in die Vergangenheit des Universums. Während sich der Großvater bei ihren Besuchen in der Küche versteckte, saßen sie beide im Wohnzimmer.“ Sie spürt, dass es unausgesprochene Erinnerungen gibt, die ihren Großvater betreffen. Doch sie kommt ihrer Großmutter näher. S. 65 „Manche Kinderfrage und manche Erwachsenenfrage fand eine Antwort. Es reichte für eine späte Liebe.“ Der Schmerz ist in der Familie immer präsent. Dann lernt sie Friedrich kennen und sie bekommt ein Kind mit ihm. Alma leidet nach der Geburt ihres Sohnes unter postnatale Depressionen. Irgendwann bemerken die Eltern, dass ihr Sohn Emil aufgrund eines Gendefekts keine physischen Schmerzen empfindet. Gemeinsam denken sie sich Sicherheitsregeln und Vorsichtsmaßnahmen aus und bemerken, dass überall Gefahren lauern. S.112 „Wie brachte man jemandem Schmerz bei, wie erklärt man ein Gefühl, das nicht erfahrbar war, wie beschrieb man ein Weh, das immer ausblieb“ Bis hierhin habe ich jeden Satz aufgesogen, jeden Zusammenhang begeistert erfasst und bemerkt, wie schwer es ist, psychische Schmerzen ohne physisches Empfinden zu erklären. Aber dann kommt für mich der zweite Teil der Geschichte. Alma, Friedrich und Emil gehen auf Reise in die Länder des Ostens. Von der Ukraine bis nach Aserbaidschan soll Friedrich eine Bildstrecke photographieren. Hier hat die Begeisterung meinerseits etwas nachgelassen. Es hat sich anders vom Lesen angefühlt. Zwar hab ich erkannt, dass die Kriegserfahrung von Almas Großvater hier auch eine Rolle spielen, aber es war eher ein Dahingleiten der Geschichte. Ich würde das Buch allen empfehlen, die sich gerne von schöner Sprache leiten lassen.

3

Leider hat mich das Buch etwas enttäuscht. Der Klappentext hat mir mehr versprochen, als ich tatsächlich gelesen habe. Dabei finde ich die Idee der Geschichte sehr gut, nur leider für mich etwas zu lieblos umgesetzt. Ich hatte auf eine Vernetzung der Generationen gehofft, wie man das Unvermögen Schmerzen zu spüren mit einander vergleichen kann. Aber während der erste Teil die Beziehung zu den Großeltern behandelt und sich in der Bildsprache zu verlieren droht, gibt es in der Mitte einen Bruch und ab dann wird die Beziehung zum Sohn und deren Geschichte deutlich faktenbasierter behandelt. Der zweite Teil war für mich als Leser deutlich flüssiger zu lesen und hat vielleicht ein Fünftel der Lesezeit beansprucht. Die erste vier Fünftel habe ich gebraucht in den Lesefluß reinzukommen und ein Interesse für die Geschichte zu entwickeln. Für den zweiten Teil des Buches hätte ich 4 Sterne vergeben, aber ohne ich durch den Anfang zu kämpfen, wäre ich dort nie angekommen. Daher leider ein eher enttäuschendes Leseerlebnis.

4

Bei der finalen Beurteilung des Buchs bin ich sehr zwiegespalten, was sich erst in lauwarmen drei Sterne niederschlug und ein paar Stunden später mich veranlasste, doch nochmal die Review zu editieren und auf vier Sterne zu erhöhen. Ich finde das Leitmotiv „Schmerz und seine Weitervererbung an die nachfolgenden Generationen“ sehr interessant und Vieles hat Valerie Fritsch auch für mich ansprechend gelöst. Doch der Schreibstil ist zwar äußerst eloquent und die Sätze wirken alle wie wohlgefeilt, aber die ganze Schönheit der Ausdrucksweise hat für mich einen Haken: in seiner Kürze bleibt die Familiengeschichte emotional sehr kühl und distanziert, was sicher auch am Verzicht der direkten Rede liegt. Im Mittelpunkt steht die junge Frau mit Namen Alma, deren Großeltern durch die Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg traumatisiert sind. Insbesondere der Großvater in russischer Gefangenschaft musste Entbehrungen erleben und um sein Leben kämpfen, auch wenn er dafür über Leichen ging. Doch die Generation der Großeltern hat nicht gelernt darüber zu reden und so liegt das Verschweigen über den Schmerz und die Gräuel wie ein Schleier über dem Familienglück. Das gipfelt dann darin, dass Almas Kind Emil durch einen Gendefekt überhaupt keine physischen Schmerzen spüren kann. Nach dem Tod der Großeltern versucht die Enkelin die Opas Orte des Schmerzes zu bereisen, was zu einem etwas seltsamen Roadtrip nach Kasachstan führt. Im Nachgang las ich, dass Valerie Fritsch auch Fotografin ist, genau wie Almas Mann Friedrich im Roman. Dann war mir auf einmal klar, an was mich das Buch erinnerte: es fühlt sich an, wie wenn man zum Diaschauen bei Freunden eingeladen ist. Über jedes Standbild wird erzählt und erläutert, was da passierte und wie sich die Personen auf dem Foto fühlten und was sie dachten. Und nach vielen Dias der Großeltern im ersten Drittel des Abends, kamen im zweiten Drittel dann Bilder von Friedrich und Emil. Und als man Alma dann als Leser sagen wollte, dass es jetzt eigentlich reicht, kommt noch die Urlaubsbilder aus dem Kaukasus. Alle Aufnahmen künstlerisch wertvoll und die Ausführung prinzipiell interessant, aber nichts ist langweiliger als ein fünfstündiger Diaabend bei Freunden, wenn man doch eigentlich lieber einen Film mit Leben und Emotionen gesehen hätte, bei dem sich Rückschlüsse auf die Einstellung der Menschen aus den Handlungen und Gesprächen ergeben. Auf jeden Fall war es eine interessante Lektüre, und zurecht war das Buch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Es geht ja eindeutig der Hang zu Büchern, die mutig einen anderen Erzählstil als üblich haben. Insofern ist das Buch zurecht nominiert. Aufgrund der außergewöhnlichen Fähigkeit der Autorin, viele Sätze so zu formulieren, dass man sich am liebsten den Textmarker leer streichen würde, vergebe ich schließlich doch vier Sterne. Lesenswert, keine Frage.

4

Bei der finalen Beurteilung des Buchs bin ich sehr zwiegespalten, was sich erst in lauwarmen drei Sterne niederschlug und ein paar Stunden später mich veranlasste, doch nochmal die Review zu editieren und auf vier Sterne zu erhöhen. Ich finde das Leitmotiv „Schmerz und seine Weitervererbung an die nachfolgenden Generationen“ sehr interessant und Vieles hat Valerie Fritsch auch für mich ansprechend gelöst. Doch der Schreibstil ist zwar äußerst eloquent und die Sätze wirken alle wie wohlgefeilt, aber die ganze Schönheit der Ausdrucksweise hat für mich einen Haken: in seiner Kürze bleibt die Familiengeschichte emotional sehr kühl und distanziert, was sicher auch am Verzicht der direkten Rede liegt. Im Mittelpunkt steht die junge Frau mit Namen Alma, deren Großeltern durch die Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg traumatisiert sind. Insbesondere der Großvater in russischer Gefangenschaft musste Entbehrungen erleben und um sein Leben kämpfen, auch wenn er dafür über Leichen ging. Doch die Generation der Großeltern hat nicht gelernt darüber zu reden und so liegt das Verschweigen über den Schmerz und die Gräuel wie ein Schleier über dem Familienglück. Das gipfelt dann darin, dass Almas Kind Emil durch einen Gendefekt überhaupt keine physischen Schmerzen spüren kann. Nach dem Tod der Großeltern versucht die Enkelin die Opas Orte des Schmerzes zu bereisen, was zu einem etwas seltsamen Roadtrip nach Kasachstan führt. Im Nachgang las ich, dass Valerie Fritsch auch Fotografin ist, genau wie Almas Mann Friedrich im Roman. Dann war mir auf einmal klar, an was mich das Buch erinnerte: es fühlt sich an, wie wenn man zum Diaschauen bei Freunden eingeladen ist. Über jedes Standbild wird erzählt und erläutert, was da passierte und wie sich die Personen auf dem Foto fühlten und was sie dachten. Und nach vielen Dias der Großeltern im ersten Drittel des Abends, kamen im zweiten Drittel dann Bilder von Friedrich und Emil. Und als man Alma dann als Leser sagen wollte, dass es jetzt eigentlich reicht, kommt noch die Urlaubsbilder aus dem Kaukasus. Alle Aufnahmen künstlerisch wertvoll und die Ausführung prinzipiell interessant, aber nichts ist langweiliger als ein fünfstündiger Diaabend bei Freunden, wenn man doch eigentlich lieber einen Film mit Leben und Emotionen gesehen hätte, bei dem sich Rückschlüsse auf die Einstellung der Menschen aus den Handlungen und Gesprächen ergeben. Auf jeden Fall war es eine interessante Lektüre, und zurecht war das Buch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Es geht ja eindeutig der Hang zu Büchern, die mutig einen anderen Erzählstil als üblich haben. Insofern ist das Buch zurecht nominiert. Aufgrund der außergewöhnlichen Fähigkeit der Autorin, viele Sätze so zu formulieren, dass man sich am liebsten den Textmarker leer streichen würde, vergebe ich schließlich doch vier Sterne. Lesenswert, keine Frage.

2

Mal wieder erkenne ich den Mehrwert und den Sinn nicht. Aus dem Klappentext hätte man eine echt gute Geschichte machen können. Stattdessen nur pretentiöses Nicht-mit-der-Nazi-Vergangenheit-Zurechtkommen und Selbstmitleid. Manchmal scheint es, der Buchpreis wäre nur ein Wettbewerb um die verschwurbelste Sprache. Seufz. Irgendwie alles so aufgesetzt. Manche Stellen lasen sich echt gut, aber das meiste war ein einziges "meh".

3.5

Chronische Schmerzpatienten wünschen sich oft nichts weiter als einen Tag ohne Beschwerden und auch ich denke mir gerade mit meinen seit 3 Wochen anhaltenden Zahnschmerzen: Könnte ich sie doch einfach ausknipsen. Aber wenn man mal tief in sich geht, wäre das Leben ohne Schmerzen auch nicht wirklich erstrebenswert und doch gibt es Menschen, die diese leidvolle Erfahrung machen müssen und die trifft es oft sehr hart. Wenn nichts mehr weh tut spricht man von Analgesie – ein paar Buchstaben, die für die Abwesenheit von Schmerz stehen. Und genau darum geht es im Buch von Valerie Fritsch und um das Verbindende von Generationen. Aufgrund einer genetischen Mutation kann der Junge Emil keinen physischen Schmerz spüren. Das heißt, wenn ihn die Erwachsenen bei Familienfeiern immer heftiger in die Backen zwicken, entlockt ihm das nicht die kleinste Reaktion. Dass das aber insofern durchaus schmerzhaft ist, zeigt sich durch Emils Familie, in der der Schmerz als wichtiger Faktor gilt, über den ständig geredet und über den sich definiert wird. Schon Emils Urgroßvater zog in den Krieg gen Osten und verlor im Gefangenenlager zwei Zehen, brachte dafür aber ein unüberhörbares Schweigen mit. Und auch das kann schmerzhaft sein. Zusammen mit Emils Urgroßmutter, einer in Distanz zur Welt lebenden Frau, bildet er im Roman Herzklappen von Johnson & Johnson den Dreh- und Angelpunkt des Schmerzes, der von ihnen ausgehend auf die nachfolgenden Generationen strahlt. Denn schließlich wächst auch Enkelin Alma, Emils Mutter, in einer Umgebung auf, in der es bis auf den Schmerz nichts Authentisches gibt. So musste Emil immer aufs Neue daran erinnert werden, dass man zu Weihnachten das heiße Backblech mit den Zimtsternen und Husarenkrapfen nicht mit bloßen Händen aus dem Ofen zog (…) Dass der Körper Grenzen hatte und ihm eine Zerbrechlichkeit innewohnte, die es zu beschützen galt. Stück für Stück verstand er, das Schwierigste aber war, ihm beizubringen, dass Selbstverletzung kein Zaubertrick und kein Kunststück war, mit dem man beeindrucken konnte, keine exotische Darbietung, nicht für sich selbst und nicht für andere. (Seite 113) Grob umrissen könnte man Herzklappen von Johnson & Johnson als Familienroman bezeichnen, aber ich habe das Gefühl, dass dieser Begriff der Geschichte nicht ganz gerecht wird. Vielmehr erzählt Valerie Fritsch hier von vier Generationen, die im Bann einer verschwiegenen und verdrängten Schuld stehen, die bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurückgeht. In einer zartfühlenden Sprache zeigt die die Autorin ihre Charaktere zwar äußerlich unversehrt, aber innerlich zerrüttet und genau das macht den Roman auch für mich zu etwas besonderem. Der Schreibstil ist hier ganz klar die Stärke, der das Leben und die Schicksale in eine wortmächtige Prosa kleiden, denn hinter fast jedem Satz lauern Metaphern oder grandiose Formulierungen. Bilder entstehen, wenn Emil beispielsweise vor dem zu Bett gehen eine Taucherbrille aufgesetzt bekommt, damit er sich im Schlaf nicht versehentlich die Augenhöhlen auskratzt und erzeugen dadurch eine tief beunruhigende Wirkung aber auch eine einzigartige Brillanz. Dabei verzichtet sie jedoch gänzlich auf ausschweifende Erklärungen, lange Dialoge oder tiefergehende Charakterdarstellungen, sondern verlässt sich auf die Wirkung der wohl platzierten Worte. Sie benötigt nicht mehr als 170 Seiten, um ihren Protagonisten ein glaubwürdiges Leben zu geben und hat ein besonderes Gespür für den Schmerz, den alltäglichen wie den außergewöhnlichen. Durch sie sieht man, was nicht zusammenpasst, was hätte sein sollen, aber nicht ist. Und wenn man zwischendurch die Zeit hat erstaunt aufzuatmen, nickt man gleichzeitig, so nach dem Motto: Genauso ist es! Und jetzt fallen mir auch die zwei Worte ein, um den Roman abschließend zu bewerten: Literarisch intensiv, ja das ist Herzklappen von Johnson & Johnson.

1

Leider hat mir das Buch nicht gefallen. Ich habe Dialoge oder eine Interaktion vermisst, da es ab der Hälfte des Buches sehr langatmig wurde. Zudem sind mir die Zusammenhänge der Geschichten nicht wirklich klar geworden. Es gab gute Charaktere, von denen ich gerne eher gelesen hätte, als von Alma. Der Großvater und Emil sind die Figuren, die mich wirklich interessierten haben! Sie spielten jedoch eine schweigsame, passive Rolle. Sehr schade! Ich kann es daher nicht empfehlen.

3

Hab eine andere Story bekommen als erwartet, letztlich ging es mehr um das Drumherum der Familie als um den Jungen ohne Schmerzen.. leider eher nicht mein Geschmack und wäre es länger gewesen, hätte ich abgebrochen..

5

Kann ein Kind ohne Schmerzen, das die Aspekte der Verwundbarkeit auswendig lernt wie Vokabeln, sich zu einem mitfühlenden Wesen entwickeln – und das in einer Familie, die Jahrzehnte der Schuld und des Traumas stumm weiterreicht?_ _ Der Klappentext lässt vermuten, der kleine Emil sei der Protagonist – der Charakter, auf dem für einen Großteil des Buches das Hauptaugenmerk liegt, aber vor allem der Akteur, der die Geschichte aktiv vorantreibt. Tatsächlich wird er jedoch erst zur Hälfte des Buches geboren, und auch danach sieht man die Dinge höchst selten aus seinem Blickwinkel. Der Leser betrachtet ihn vielmehr durch die Augen seiner Mutter Alma von außen, besorgt und fasziniert._ _ Alma ist schon als Kind hochintelligent, hinterfragt alles, sperrt sich gegen Erwartungen – beobachtet die familiären Strukturen wachen Auges und erahnt die sorgfältig versteckten Abgründe. Sie, die vom Krieg nichts wissen kann, spürt dessen Nachwehen in der emotionalen Kälte des Elternhauses. Die Großmutter fängt erst an, über die schlimme Zeit zu reden, als die Demenz ihr die Hemmungen raubt, der Großvater ist wenig mehr als eine stille Abwesenheit._ _ “Das Bild der gelben Narzissen in den Händen der alten, nackten Frau, ihre Gänsehaut über der haarlosen Scham, diese asketische Galgenschönheit, die dem Tod vorausging, sollte Alma ihr Leben lang nicht mehr vergessen.”_ _ Später, erfährt der Leser, lernt Alma Friedrich kennen und lieben, was nach einer langen Fernbeziehung zu einem mehr oder weniger glücklichen Miteinanderleben ohne Illusionen und zu Emils Geburt führt – gefolgt von einer Wochenbettdepression und der erschütternden Erkenntnis, dass Emil anders ist._ _ Es sind Alma und ihre Großeltern, die für einen Großteil des Buches auf der Bühne der Geschehnisse stehen, doch Emil ist durch seine Analgesie Inbegriff und gleichzeitig Kontrapunkt der Thematik. Seine Schmerzlosigkeit unterstreicht vergangenes und gegenwärtiges Leid._ _ Emil legt die Hand auf die heiße Herdplatte, weil die Brandblasen so lustig blubbern. Er rammt sich einen Stift so heftig in den Arm, dass er steckenbleibt. Sein Kinderzimmer ist geschmückt mit unzähligen Röntgenaufnahmen, eine Galerie gebrochener Knochen und lädierter Organe._ _ “Es waren intime Porträts, der vollständige Bauplan eines Kindes, ein ganzes gespenstisches Menschengerüst von den Zehenknöchelchen bis zur Schädelkalotte hing an den Zimmerwänden. Immer wieder staunte Alma, das man so leicht zerbrechen und doch so aufrecht stehen konnte.”_ _ Alma kümmert sich aufopfernd um ihn, widmet ihr waches und träumendes Leben seiner Unversehrtheit. Gleichzeitig regt seine Schmerzblindheit sie dazu an, der Familiengeschichte nachzuspüren, dem Schmerz und der Schuld von Generationen._ _ Denn was eint die Menschen mehr als der Schmerz?_ _ Es ist ein Empfinden, das jeder kennt, das keiner Erklärung bedarf. Emil jedoch, der Schmerzlose, der Unschuldige, wird zum Symbol: fleischgewordene Sühne, das Negativbild seines Urgroßvaters, dessen Kriegstraumata und Kriegsverbrechen niemals beim Namen genannt werden._ _ Dabei wirkt es fast so, als seien auch ihre Körper Abbilder des jeweils anderen: während Emil nach unzähligen Knochenbrüchen Schrauben und Metallplatten in sich trägt, wurde sein Urgroßvater nur durch die titelgebenden Herzklappen aus Metall am Leben erhalten._ _ In Alma wächst die Entschlossenheit, bestimmte Orte aus dessen Kriegserleben mit eigenen Augen zu sehen, um mit dem ererbten Leid abschließen zu können – um die schuldbewusste Traurigkeit zu verbannen, die die Familie umgibt wie ein dunkles Miasma._ _ Der Schreibstil ist großartig. Ruhige, fast schon karge Sätze entfalten sich in bestechend präzisen Beobachtungen, die ein Stück Leben nach dem anderen aus dem Würgegriff der vermeintlichen Normalität befreien. Das ist mal der einsame Alltag eines frühreifen Kindes, mal die persönliche Hölle eines Kriegsgefangenen, mal das stille Leiden einer gebrechlichen Alten._ _ Dann folgen wiederum traumhafte Passagen mit fast schon lyrischem Timbre. Die Autorin schildert die Geschehnisse einfühlsam und subtil, in wunderschönen Formulierungen und klaren, eindrücklichen Bildern – ohne zu beschönigen oder kleinzureden._ _ Die Autorin hat ein besonderes Gespür für den Schmerz, den alltäglichen wie den außergewöhnlichen: sie sieht das, was nicht zusammenpasst, was zuwiderläuft, was hätte sein sollen aber nicht ist. Man atmet erstaunt auf, nur um dann bekräftigend zu nicken: ja, so ist das. Auch das, was vom eigenen Leben so weit entfernt ist wie nur irgend möglich, hat den Klang der Wahrheit, den Widerhall des selbst Erlebten._ _ Fazit_ _ Der Roman erstreckt sich über vier Generationen einer Familie: vom Urgroßvater, über dessen Opfer- und Täterschaft im Krieg nicht gesprochen wird, bis hinunter zum Urenkel, der durch einen Gendefekt keinen Schmerz empfinden kann._ _ Für mich war “Herzklappen von Johnson & Johnson” ein Roman mit unwiderstehlicher Sogwirkung – alleine schon wegen der großartigen Sprachmelodie, aber die Autorin konnte mich auch inhaltlich voll überzeugen. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: _https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-valerie-fritsch-herzklappen-von-johnson-johnson/

2

So wenig Inhalt auf knappen 200 Seiten ist schon beachtlich. Lediglich die Sprache war schön.

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