Die Mauer
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
John Lanchester geboren 1962 in Hamburg, wuchs im Fernen Osten auf und arbeitete in England als Lektor beim Verlag Penguin Books, ehe er Redakteur der »London Review of Books« wurde. Daneben war er für Zeitungen und Zeitschriften wie »Granta« und »The New Yorker« tätig sowie als Restaurantkritiker für »The Observer« und Kolumnist für »The Daily Telegraph«. Er gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern und führenden Intellektuellen Englands.
Beiträge
„Wenn ich ein Anderer war und sie Andere waren, dann war vielleicht keiner von uns mehr ein Anderer, sondern wir waren statt dessen einfach nur ein neues Wir.“
Eine Dystopie über eine Welt mit skurrilen Regeln, wo es nur die Menschen hinter der Mauer und „die Anderen“ gibt und die durchaus vorstellbar ist. Sie unterhält, sie macht Angst, sie regt zum Nachdenken an, sie ist toll geschrieben und könnte auch ein guter Film werden.
"Es ist kalt auf der Mauer." Das ist das erste, was der junge Kavanagh lernt, als er seinen Dienst auf dem gefürchteten Bauwerk antreten muss. Und es wird genau dieses Zitat sein, welches dem Roman einen Rahmen gibt. Nach der so genannten "Wende" hat Großbritannien sich mit einer riesigen Mauer rund um die Küste abgeschottet. Feindbild und Angstfaktor sind hauptsächlich "die Anderen", diejenigen auf der falschen Seite der Mauer, die sich nicht einfach dem staatlichen Willen unterordnen wollen. Protagonist des Romanes ist Kavanagh, der sich im Laufe der Handlung den Spitznamen "Yeti" einhandelt. Wie alle jungen Menschen muss er einen zweijährigen Dienst auf der Mauer hinter sich bringen, sie mit seinem Leben verteidigen, gegen einen Feind, den er selbst nie zu Gesicht bekommen hat. Nur die "Fortpflanzler", die ihr Leben allein auf den Fortbestand der Gesellschaft ausrichten, haben die Chance, der Verteidigung dieser gnadenlosen Betongrenze zu entfliehen. Es ist zunächst eine ereignislose Zeit, die Yeti auf der Mauer verbringt und genau dieser ewig gleiche Tagesablauf, das konzentrierte Warten auf einen Angriff, das stundenlange Stillstehen am selben Fleck - das ist die eigentliche Herausforderung auf der Mauer. John Lanchester gelingt es, diese besondere Situation auch sprachlich einzufangen, indem er seinen Protagonisten alles im Detail beschreiben lässt. Den Ausblick auf der Mauer, die Kälte, die in verschiedenen Typen auftritt, die Angst vor einem feindlichen Überfall und die unfassbare Stille und Einsamkeit während der Schicht. Gemeinsam mit den Kameraden seiner Kompanie gelingt es Kavanagh, sich durch jeden einzelnen Tag des Dienstes auf der Mauer zu kämpfen. Mit Shoona, die sich mit ihm eine Schicht teilt. Mit Hifa, die seine erste Liebe werden soll. Und mit Hughes, seiner Wachablösung, dem er eigentlich immer nur an zwei kurzen Momenten des Tages begegnet. Doch dann, eines Tages, tritt der gefürchtete Ernstfall ein: ein Angriff der Anderen. Nun muss Kavanagh beweisen, aus welchem Holz er geschnitzt ist und auf welcher Seite er in diesem Kampf eigentlich steht. Es ist ein beklemmend aktueller Roman, obwohl er genretechnisch zu den Dystopien zählt. Vergleiche zu Präsidenten, die Mauern bauen oder Gesellschaften, die sich verzweifelt gegen alles "Andere" abschotten wollen, drängen sich geradezu auf. Es ist John Lanchesters Verdienst und seine Kunst, die Feinde in seinem Roman so undeutlich und austauschbar zu zeichnen, das jede beliebige Nation, Religion etc. eingesetzt werden kann. Was macht jemanden "anders"? Und sind wir aus einen anderen Blickwinkel nicht selbst "die Anderen"? Das sind Fragen, denen der Autor in seinem Roman nachgeht. Die Mauer wird dabei zur Metapher für allzu vieles, das sich gerade in der Welt abspielt. Fazit: ein wichtiges, aber auch erschreckend reales Buch
Was genau in der Welt geschehen ist, das zu den Szenen in "Die Mauer" geführt hat, wird nie explizit gesagt und lediglich angedeutet. Es sollte einem als Leser zu denken geben, dass man diese Lücken sehr leicht füllen kann, denn wir wissen alle, was bei der Klimaerwärmung auf uns zu kommt. Es gibt viele Bücher zu diesem Thema und ich finde: zurecht! Und "Die Mauer" ist ein gut gelungenes Beispiel. Die Schichten auf der Mauer, die dazu da ist, die Flüchtlinge aus dem Land herauszuhalten sind eindrücklich beschrieben und die Stimmungen der einzelnen Charaktere werden durch mächtige Worte an den Leser herangetragen. Es fühlte sich beim Lesen geradezu so an, als würde man mit in der eisigen Kälte eine lange Schicht auf der Mauer schieben. Zu anderen Handlungsorten möchte ich jetzt nicht viel schreiben, da ich Angst habe, einem Leser etwas von der Handlung vorwegzunehmen. Aber insgesamt lässt sich sagen, dass es alles logisch war und auch, wenn unser Hauptcharakter vermutlich der mit dem größten Glück von allen ist, war es nicht unrealistisch. Dieses Buch werde ich garantiert erneut lesen. Ich habe von einer Freundin, die dieses Buch vor mir angefangen hat, gehört, dass sie sich durch die ersten Seiten regelrecht quälen musste. Dies ging mir persönlich überhaupt nicht so. Klar, es war viel Text und wenig Dialog, aber das machte meiner Meinung nach auch sehr viel Sinn, denn wenn man eine 12-Stunden-Wachschicht alleine schiebt, dann gibt es eben nichts zu reden. Es war wirklich, als wäre man im Kopf des Charakters und erfährt mit, wie er seinen Gedanken nachhängt. Von mir also eine klare Leseempfehlung!
„The Wall“ steht dieses Jahr auf der Man Booker Longlist, die ich zumindest in Teilen lesen möchte. Es ist ein sehr brisanter Roman, der die aktuellen Themen „Flüchtlinge“, „Mauerbau“, „Klimawandel“ und „Einwanderungspolitik“ behandelt. Den Anfang fand ich unglaublich stark: wir begleiten den ziemlich naiven Protagonisten zu seinem Dienst auf der Mauer und schütteln den Kopf darüber, wie albern diese Aufgabe zu sein scheint, weiß doch niemand wirklich, warum man diese Mauer eigentlich bewacht. Ja, da sind die „Anderen“, aber diejenigen, die es über die Mauer schaffen, werden zu „Dienstlingen“ gemacht und jeder ist froh darum, diese Hilfen zu haben. Außerdem scheint die eigene Bevölkerung zu schrumpfen, denn „Fortpflanzlinge“ werden ganz besonders gehegt und gepflegt. Warum als die Anderen abwehren? Wir amüsieren uns über dieses seltsame Vorgehen und bekommen gleichzeitig einen Spiegel vorgehalten, denn auch unsere Politik ist von Fremdenhass durchzogen und die Angst vor dem Unbekannten wird langsam aber stetig geschürt. Leider verliert die Geschichte in der zweiten Hälfte an Bedeutung. Nun wird Joseph selbst aufs Meer verbannt und treibt mit seinem ehemaligen Team auf dem Wasser dahin, bis sie freundlich von den Anderen aufgenommen werden, von Piraten überfallen werden und zu zweit schließlich einen neuen Zufluchtsort finden. Dieser Teil passt so gar nicht zum Rest. Mir war nicht klar, welche Rolle der Piratenüberfall spielen sollte. Wie passte das zum Rest, was trug es zum Gesamtgeschehen bei, außer dass einige Figuren ums Leben kamen? „Die Mauer“ ist sicher ein wichtiges Buch im Hinblick auf das aktuelle Zeitgeschehen, konnte mich aber erzählerisch nicht wirklich überzeugen.
Während Großbritannien sich über den Brexit streitet und Trump nach seiner Mauer verlangt erscheint mit „Die Mauer“ ein Roman, der hochaktuell scheint –tatsächlich hat John Lanchester damit begonnen, bevor Trump Präsident wurde. Der Roman beschäftigt sich mit dem Klimawandel bzw. eher dessen Folgen und Migration. Da sind einerseits die gestiegenen Meeresspiegel, die alle Strände der Welt überschwemmt haben und die Menschen, die deshalb auf der Flucht sind. Eine Mauer soll Großbritannien schützen, vor dem Wasser, vor allem aber vor „den Anderen“. Alle jungen Briten müssen zwei Jahre Dienst auf der Mauer leisten, als Verteidiger und als Joseph Kavanagh seinen Dienst antritt, begleitet ihn der Leser auf die Mauer. Kälte, Nässe, Dunkelheit, scheinbar nicht enden wollende 12-Stunden-Schichten, dazu die stetige Gefahr, eines plötzlichen Angriffs. Die Verteidiger auf der Mauer warten – sie warten, dass ihre Schicht zu Ende ist, auf Angriffe, auf ein Leben nach der Mauer. Lanchester verwendet eine simple, fast schon karge Sprache, die die Atmosphäre auf der Mauer perfekt trifft. Bei der Beschreibung der dystopischen Welt bleibt er vage, auch weil Kavanagh nicht wirklich weiß, wie die Welt außerhalb der Mauer ist; dennoch hinterlässt er mit wenigen Worten Eindruck. Die Figuren bleiben blass und/oder stereotypisch. Ich persönlich habe darin die Unbedeutendheit des Individuums gelesen, dass im Kollektiv in dieser Welt nach „dem Wandel“ keine Chance hat, zu florieren. Da sind „wir“ und „die Anderen“ (anzuwenden im Inneren, als auch außerhalb der Mauer), da sind die Jungen und deren Eltern, Gruppierungen wie „die Elite“, die „Verteidiger“, „die Fortpflanzler“, „die Dienstlinge“. Die Zugehörigkeit zu diesen Gruppen kann sich, wie im Lauf des Romans gezeigt wird, schnell verändern; selten geht dem eine eigene Entscheidung voraus. Während zu Beginn nur gewartet wird, überschlagen sich im letzten Drittel die Ereignisse fast, aber alles wird mit derselben, fast schon stoischen Ruhe erzählt, ganz gleich wie brutal die Situation auch sein mag. „Die Mauer“ endet genauso vage, wie die Welt ist, die darin porträtiert wird. Spannend ist auch, ohne viel zu spoilern, dass der erste und der letzte Satz identisch sind – die Mauer als Spiegel?
Da muss ich noch drüber nachdenken...
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Autorenbeschreibung
John Lanchester geboren 1962 in Hamburg, wuchs im Fernen Osten auf und arbeitete in England als Lektor beim Verlag Penguin Books, ehe er Redakteur der »London Review of Books« wurde. Daneben war er für Zeitungen und Zeitschriften wie »Granta« und »The New Yorker« tätig sowie als Restaurantkritiker für »The Observer« und Kolumnist für »The Daily Telegraph«. Er gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern und führenden Intellektuellen Englands.
Beiträge
„Wenn ich ein Anderer war und sie Andere waren, dann war vielleicht keiner von uns mehr ein Anderer, sondern wir waren statt dessen einfach nur ein neues Wir.“
Eine Dystopie über eine Welt mit skurrilen Regeln, wo es nur die Menschen hinter der Mauer und „die Anderen“ gibt und die durchaus vorstellbar ist. Sie unterhält, sie macht Angst, sie regt zum Nachdenken an, sie ist toll geschrieben und könnte auch ein guter Film werden.
"Es ist kalt auf der Mauer." Das ist das erste, was der junge Kavanagh lernt, als er seinen Dienst auf dem gefürchteten Bauwerk antreten muss. Und es wird genau dieses Zitat sein, welches dem Roman einen Rahmen gibt. Nach der so genannten "Wende" hat Großbritannien sich mit einer riesigen Mauer rund um die Küste abgeschottet. Feindbild und Angstfaktor sind hauptsächlich "die Anderen", diejenigen auf der falschen Seite der Mauer, die sich nicht einfach dem staatlichen Willen unterordnen wollen. Protagonist des Romanes ist Kavanagh, der sich im Laufe der Handlung den Spitznamen "Yeti" einhandelt. Wie alle jungen Menschen muss er einen zweijährigen Dienst auf der Mauer hinter sich bringen, sie mit seinem Leben verteidigen, gegen einen Feind, den er selbst nie zu Gesicht bekommen hat. Nur die "Fortpflanzler", die ihr Leben allein auf den Fortbestand der Gesellschaft ausrichten, haben die Chance, der Verteidigung dieser gnadenlosen Betongrenze zu entfliehen. Es ist zunächst eine ereignislose Zeit, die Yeti auf der Mauer verbringt und genau dieser ewig gleiche Tagesablauf, das konzentrierte Warten auf einen Angriff, das stundenlange Stillstehen am selben Fleck - das ist die eigentliche Herausforderung auf der Mauer. John Lanchester gelingt es, diese besondere Situation auch sprachlich einzufangen, indem er seinen Protagonisten alles im Detail beschreiben lässt. Den Ausblick auf der Mauer, die Kälte, die in verschiedenen Typen auftritt, die Angst vor einem feindlichen Überfall und die unfassbare Stille und Einsamkeit während der Schicht. Gemeinsam mit den Kameraden seiner Kompanie gelingt es Kavanagh, sich durch jeden einzelnen Tag des Dienstes auf der Mauer zu kämpfen. Mit Shoona, die sich mit ihm eine Schicht teilt. Mit Hifa, die seine erste Liebe werden soll. Und mit Hughes, seiner Wachablösung, dem er eigentlich immer nur an zwei kurzen Momenten des Tages begegnet. Doch dann, eines Tages, tritt der gefürchtete Ernstfall ein: ein Angriff der Anderen. Nun muss Kavanagh beweisen, aus welchem Holz er geschnitzt ist und auf welcher Seite er in diesem Kampf eigentlich steht. Es ist ein beklemmend aktueller Roman, obwohl er genretechnisch zu den Dystopien zählt. Vergleiche zu Präsidenten, die Mauern bauen oder Gesellschaften, die sich verzweifelt gegen alles "Andere" abschotten wollen, drängen sich geradezu auf. Es ist John Lanchesters Verdienst und seine Kunst, die Feinde in seinem Roman so undeutlich und austauschbar zu zeichnen, das jede beliebige Nation, Religion etc. eingesetzt werden kann. Was macht jemanden "anders"? Und sind wir aus einen anderen Blickwinkel nicht selbst "die Anderen"? Das sind Fragen, denen der Autor in seinem Roman nachgeht. Die Mauer wird dabei zur Metapher für allzu vieles, das sich gerade in der Welt abspielt. Fazit: ein wichtiges, aber auch erschreckend reales Buch
Was genau in der Welt geschehen ist, das zu den Szenen in "Die Mauer" geführt hat, wird nie explizit gesagt und lediglich angedeutet. Es sollte einem als Leser zu denken geben, dass man diese Lücken sehr leicht füllen kann, denn wir wissen alle, was bei der Klimaerwärmung auf uns zu kommt. Es gibt viele Bücher zu diesem Thema und ich finde: zurecht! Und "Die Mauer" ist ein gut gelungenes Beispiel. Die Schichten auf der Mauer, die dazu da ist, die Flüchtlinge aus dem Land herauszuhalten sind eindrücklich beschrieben und die Stimmungen der einzelnen Charaktere werden durch mächtige Worte an den Leser herangetragen. Es fühlte sich beim Lesen geradezu so an, als würde man mit in der eisigen Kälte eine lange Schicht auf der Mauer schieben. Zu anderen Handlungsorten möchte ich jetzt nicht viel schreiben, da ich Angst habe, einem Leser etwas von der Handlung vorwegzunehmen. Aber insgesamt lässt sich sagen, dass es alles logisch war und auch, wenn unser Hauptcharakter vermutlich der mit dem größten Glück von allen ist, war es nicht unrealistisch. Dieses Buch werde ich garantiert erneut lesen. Ich habe von einer Freundin, die dieses Buch vor mir angefangen hat, gehört, dass sie sich durch die ersten Seiten regelrecht quälen musste. Dies ging mir persönlich überhaupt nicht so. Klar, es war viel Text und wenig Dialog, aber das machte meiner Meinung nach auch sehr viel Sinn, denn wenn man eine 12-Stunden-Wachschicht alleine schiebt, dann gibt es eben nichts zu reden. Es war wirklich, als wäre man im Kopf des Charakters und erfährt mit, wie er seinen Gedanken nachhängt. Von mir also eine klare Leseempfehlung!
„The Wall“ steht dieses Jahr auf der Man Booker Longlist, die ich zumindest in Teilen lesen möchte. Es ist ein sehr brisanter Roman, der die aktuellen Themen „Flüchtlinge“, „Mauerbau“, „Klimawandel“ und „Einwanderungspolitik“ behandelt. Den Anfang fand ich unglaublich stark: wir begleiten den ziemlich naiven Protagonisten zu seinem Dienst auf der Mauer und schütteln den Kopf darüber, wie albern diese Aufgabe zu sein scheint, weiß doch niemand wirklich, warum man diese Mauer eigentlich bewacht. Ja, da sind die „Anderen“, aber diejenigen, die es über die Mauer schaffen, werden zu „Dienstlingen“ gemacht und jeder ist froh darum, diese Hilfen zu haben. Außerdem scheint die eigene Bevölkerung zu schrumpfen, denn „Fortpflanzlinge“ werden ganz besonders gehegt und gepflegt. Warum als die Anderen abwehren? Wir amüsieren uns über dieses seltsame Vorgehen und bekommen gleichzeitig einen Spiegel vorgehalten, denn auch unsere Politik ist von Fremdenhass durchzogen und die Angst vor dem Unbekannten wird langsam aber stetig geschürt. Leider verliert die Geschichte in der zweiten Hälfte an Bedeutung. Nun wird Joseph selbst aufs Meer verbannt und treibt mit seinem ehemaligen Team auf dem Wasser dahin, bis sie freundlich von den Anderen aufgenommen werden, von Piraten überfallen werden und zu zweit schließlich einen neuen Zufluchtsort finden. Dieser Teil passt so gar nicht zum Rest. Mir war nicht klar, welche Rolle der Piratenüberfall spielen sollte. Wie passte das zum Rest, was trug es zum Gesamtgeschehen bei, außer dass einige Figuren ums Leben kamen? „Die Mauer“ ist sicher ein wichtiges Buch im Hinblick auf das aktuelle Zeitgeschehen, konnte mich aber erzählerisch nicht wirklich überzeugen.
Während Großbritannien sich über den Brexit streitet und Trump nach seiner Mauer verlangt erscheint mit „Die Mauer“ ein Roman, der hochaktuell scheint –tatsächlich hat John Lanchester damit begonnen, bevor Trump Präsident wurde. Der Roman beschäftigt sich mit dem Klimawandel bzw. eher dessen Folgen und Migration. Da sind einerseits die gestiegenen Meeresspiegel, die alle Strände der Welt überschwemmt haben und die Menschen, die deshalb auf der Flucht sind. Eine Mauer soll Großbritannien schützen, vor dem Wasser, vor allem aber vor „den Anderen“. Alle jungen Briten müssen zwei Jahre Dienst auf der Mauer leisten, als Verteidiger und als Joseph Kavanagh seinen Dienst antritt, begleitet ihn der Leser auf die Mauer. Kälte, Nässe, Dunkelheit, scheinbar nicht enden wollende 12-Stunden-Schichten, dazu die stetige Gefahr, eines plötzlichen Angriffs. Die Verteidiger auf der Mauer warten – sie warten, dass ihre Schicht zu Ende ist, auf Angriffe, auf ein Leben nach der Mauer. Lanchester verwendet eine simple, fast schon karge Sprache, die die Atmosphäre auf der Mauer perfekt trifft. Bei der Beschreibung der dystopischen Welt bleibt er vage, auch weil Kavanagh nicht wirklich weiß, wie die Welt außerhalb der Mauer ist; dennoch hinterlässt er mit wenigen Worten Eindruck. Die Figuren bleiben blass und/oder stereotypisch. Ich persönlich habe darin die Unbedeutendheit des Individuums gelesen, dass im Kollektiv in dieser Welt nach „dem Wandel“ keine Chance hat, zu florieren. Da sind „wir“ und „die Anderen“ (anzuwenden im Inneren, als auch außerhalb der Mauer), da sind die Jungen und deren Eltern, Gruppierungen wie „die Elite“, die „Verteidiger“, „die Fortpflanzler“, „die Dienstlinge“. Die Zugehörigkeit zu diesen Gruppen kann sich, wie im Lauf des Romans gezeigt wird, schnell verändern; selten geht dem eine eigene Entscheidung voraus. Während zu Beginn nur gewartet wird, überschlagen sich im letzten Drittel die Ereignisse fast, aber alles wird mit derselben, fast schon stoischen Ruhe erzählt, ganz gleich wie brutal die Situation auch sein mag. „Die Mauer“ endet genauso vage, wie die Welt ist, die darin porträtiert wird. Spannend ist auch, ohne viel zu spoilern, dass der erste und der letzte Satz identisch sind – die Mauer als Spiegel?
Da muss ich noch drüber nachdenken...