Die Elenden
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Anna Mayr wurde 1993 in einer Mittelstadt am östlichen Rand des Ruhrgebiets geboren. Sie studierte Geographie und Literatur in Köln, schrieb für eine Boulevardzeitung, arbeitete als Deutschlehrerin, lernte an der Deutschen Journalistenschule in München, landete dann beim ZEIT-Magazin. Heute ist sie Redakteurin im Politik-Ressort der ZEIT und lebt in Berlin. Bei Hanser Berlin erschienen von ihr Die Elenden (2020) über Armut und Arbeitslosigkeit und zuletzt Geld spielt keine Rolle (2023).
Beiträge
Wichtiges Buch, vor allem für Menschen die der Auffassung sind Armut sei grundsätzlich selbstverschuldet oder es gäbe in Deutschland die Möglichkeit sich selbst daraus zu befreien und jede hätte die gleichen Chancen.
Jede:r sollte dieses Buch lesen, und ganz besonders Personen wie Merz oder Lindner
Mayrs Betrachtung der Arbeitslosen fußt auf persönlichen Erlebnissen - aufgewachsen als Kind langzeitarbeitsloser Eltern - und einer prägnanten Zusammenfassung gesellschaftspolitischer Entwicklungen (wie etwa der Agenda 2010 und der Hartz-Gesetze), die maßgeblich mit der gesellschaftlichen Einordnung und Bewertung von Arbeitslosigkeiten zusammenhängen. Systemkritik kommt hierbei nicht zu kurz, denn, wie so oft, ist auch Arbeitslosigkeit oder deren Stellung in der Gesellschaft auf Klassismus und Kapitalismus zurückzuführen und nicht auf persönliches Scheitern trotz vermeintlicher Chancengleichheit. Ein fantastisches Buch, in dem ich am liebsten jede einzelne Zeile dick unterstrichen hätte.
Anna Mayr beschreibt u.a. ihren persönlichen Bezug zu der Thematik des Klassismus, da sie als Kind von Arbeitslosen aufgewachsen ist und somit Armut erfahren hat. Dennoch ist "Die Elenden" keine reine Schilderung von persönlichen Erlebnissen, sondern nutzt diese lediglich als Untermalung von Missverhältnissen, die in unserem gesellschaftlichen System vorliegen. Die Autorin, die im klassischen Sinn als Aufsteigerin bezeichnet werden kann, kritisiert genau das: den Mythos der Klassenaufsteiger:innen, der Chancengleichheit und Bildung als Schlüssel für Erfolg. Auch das bedingungslose Grundeinkommen wird von ihr sehr kritisch betrachtet. Zusätzlich bringt Anna Mayr Marx' Klassentheorie in die heutige Zeit und zeigt auf, wie scheinheilig und menschenverachtend der 'Sozialstaat' sich im Kapitalismus verhält. Man braucht meines Erachtens kein Vorwissen, um dieses Buch lesen zu können, da die Verhältnisse sehr verständlich erläutert und mit Quellennachweisen belegt werden. An manchen Stellen habe ich gemerkt, dass ich mich mit bestimmten Themen noch nicht genug auseinandergesetzt habe, um mir eine abschließende Meinung zu bilden (z.B. Bedingungsloses Grundeinkommen), um Anna Mayrs Argumentation nachvollziehen zu können. Dennoch (oder grade deswegen) gab es viele "Aha-Erlebnisse" für mich. Dementsprechend eine klare Buchempfehlung!
Absolut wichtige Lektüre für jeden Menschen — aber vor allem für jene; die der Meinung sind, Menschen können sich selbstständig aus der Armut herausarbeiten und seien selbst an ihrer Situation schuld. Liest das Buch, bildet euch weiter.
2,8 Millionen Kinder und Jugendliche leben hierzulande in Armut – das heißt, mehr als ein Fünftel aller unter 18-Jährigen. Viele macht diese Zahl bestimmt traurig, betroffen und vielleicht sogar ein wenig ohnmächtig, aber Anna Mayr macht sie wütend. Und deswegen hat sie ein Buch darüber geschrieben – Die Elenden heißt es und ich war wirklich gespannt auf den Inhalt, denn allein der anklagende Untertitel: Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht hat mich unglaublich neugierig gemacht. Ich selbst war zum Glück noch nie in der Situation über einen längeren Zeitraum Arbeitslosengeld oder speziell Hartz VI zu beziehen. Meine Erfahrungen mit dem Arbeitsamt belaufen sich auf lediglich darauf, dass ich dort aufgrund meines Elternurlaubes vorstellig werden musste, da ich damals mein Einkommen aufstocken wollte. Aber schon dieser kleine Berührungspunkt hat mir gereicht, um mich minderwertig zu fühlen, denn für die Zeit der Aufstockung musste ich Kontoauszüge vorlegen, Kurzurlaube bei den Großeltern meiner Tochter beantragen und meinen Gesamtvorrat an Ersparten offenlegen und danach ausgeben, um überhaupt ein Anrecht auf dieses Geld zu haben. Versteht mich nicht falsch, ich bin froh über diese Möglichkeit, die mir als Mutter hier geboten wurde, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass ich keinem der Mitarbeiter auf dem Amt willkommen war. Die Blicke gaben mir das Gefühl nicht genug zu sein, weil ich es aus eigenem Antrieb nicht schaffe, meinen Lebensunterhalt selbst zu finanzieren und dabei habe ich lediglich ein Kind geboren. Wie muss das wohl sein, wenn man dort aus ganz anderen Gründen hinmuss? Um Hilfe zu bitten um überhaupt überleben zu können? Um es gleich vorneweg zu nehmen: Ich werde in meiner Rezension nur meine persönlichen Gefühle beschreiben, die ich beim Lesen von Die Elenden hatte und nicht auf Lücken hinweisen, die vielleicht so manche Befunde der soziologischen Arbeitsmarktforschung bietet. Ich habe nicht ausgiebig recherchiert, ob gewisse Punkte richtig dargestellt sind, sondern mich einfach nur von den Worten von Anna Mayr lassen und auch dadurch gewisse Dinge in einem anderen Licht gesehen. Jedes Hobby, das der Arbeitslose aufnimmt, wird sich automatisch an der allgemein angenommenen Sinnhaftigkeit einer Lohnarbeit messen müssen. Wer Arbeit hat, der darf seine Freizeit mit jedem möglichen Schmarrn verbringen. Wer keine Arbeit hat, hat auch keine Freizeit, ihm ist keine Erholungspraktik gegönnt – denn er tut ja nichts, wovon er sich erholen müsste. (Seite 69) Als Kind zweier Langzeitarbeitsloser weiß die Autorin, was es bedeutet, in Deutschland arm zu sein und am Rande der Gesellschaft zu leben. Ausgegrenzt zu sein. Und deshalb merkt man in gewisser Weise schon deutlich, dass sie Die Elenden mit Wut geschrieben hat, die ich teilweise selbst gut nachvollziehen konnte. Was bedeutet Arbeitslosigkeit für die Betroffenen und welche Funktion spielen sie in unserer Gesellschaft? Laut Anna Mayr sind es vor allem folgende Punkte: Ein Mittel zur sozialen Abgrenzung nach unten einerseits und andererseits ein Drohmittel, um Menschen dazu zu bringen, schlecht bezahlte und prekäre Jobs anzunehmen. Und wenn man sich die eingangs genannten Zahlen noch einmal vor Augen führt wird außerdem klar: Oft haben Arme Kinder arme Eltern. In unserer Gesellschaft ist Konsum wahnsinnig wichtig und wenn man davon ausgeschlossen ist, hat man nur bedingt eine Chance, sich eine Identität aufzubauen. Man muss quasi zu den billigen Modeketten und kann dort zwar auch wählen, was man tragen möchte, aber trotzdem sieht man den meisten Sachen an, dass sie für eben nicht von großen Marken wie Tommy Hilfiger oder S. Oliver kommen. Und so wird Armut schnell zum Stigma – wer nichts hat wird ausgegrenzt und muss leider oft draußen bleiben. Sie denkt auch weiter und beschäftigt sich mit einer Lösung des Problems. Minijobs oder gar schlecht bezahlte Arbeit hält sie nämlich für völlig falsch, da sie nur die Symptome lindern und auch Sozialarbeiter, Jugendhelfer und Psychologen seien wahnsinnig teuer. Es kostet deutlich mehr als Hartz IV. Wenn wir dieses Geld einfach den Familien geben – was würde da passieren? Ich glaube, es würde funktionieren, weil die Teilhabe in unserer Gesellschaft über Geld funktioniert. Ob die Lösung wirklich so nahe liegt kann ich nicht beurteilen, aber gerade die Betreuung durch Sozialarbeiter und Sozialpädagogen halte ich eigentlich für sehr wichtig. Dass an der jetzigen Situation jedoch etwas geändert werden muss, steht außer Frage. Und da reicht es definitiv nicht sich um Vorurteilsfreiheit zu bemühen. Arbeit und Arbeitslosigkeit müssen neu gedacht werden und dabei gibt das Buch auf jeden Fall ein paar gute Denkanstöße.
Aufrüttelnd. Man muss sich Zeit nehmen, es zu lesen
In manchen Passagen schockiert das Buch schonungslos und konfrontiert mit der Realität von Armut in Deutschland. Trotzdem ist es per se keine persönliche Geschichte und Aufstiegs-Story, sondern eine messerscharfe Analyse der Wahrnehmung und gesellschaftlichen Bedeutung von Arbeitslosigkeit und im Umkehrschluss damit natürlich auch der Bedeutung von "Arbeit" für die Selbstdefinition un Wahrnehmung der Deutschen. An manchen Stellen schweift das ganze ein bisschen (Thema Schulspeisung), aber 85% des Buchs kann man fett unterstreichen und auch das eigene Denken und Werten mal gründlich hinterfragen.
Mochte ich sehr! Hat mich wütend gemacht (die emanzipative Art Wut) und mich echt weitergebracht. Außerdeem wundervoll geschrieben.
Anna Mayr weiß, welcher Druck auf Arbeitssuchenden Menschen liegt und wie diese Situation das Leben von Menschen und Familien über Generationen hinweg prägen kann. Sie weiß um die Privilegien, welche Sie heute als Autorin und Journalistin hat und eben aber auch um die Angst keine Beschäftigung zu finden. In ihrem Buch „Die Elenden - Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht“ zeigt Anna Mayr an ihrer eigenen Familien und sich selber die Herausforderungen von Langzeitarbeitslosigkeit und warum wir einen neuen Umgang mit dem Thema Arbeit insgesamt und dem Thema Arbeitslosigkeit im Besonderen brauchen. Ihre Forderungen und Zusammenfassungen mögen für eine überspitzt oder „radikal“ wirken, doch beweist sie in ihren Worten, warum es nicht ausreichen wird, nur ein paar kleine Veränderungen herbeizuführen. Das Buch ist auf jeden Fall mehr als lesenswert und sollte uns vielleicht helfen, die Politik und das Leben zu verändern, denn „wir haben nichts zu verlieren, außer unsere Angst.“
Ein absolutes MUSS in der aktuellen Situation. Die Illussion der Chancengleichheit und die Absurdität der Klassentrennung
Mir war Anna Mayr vor diesem Buch gänzlich unbekannt, ich schätze sie nun sehr für ihre Gabe die Gesellschaftsprobleme so scharfsinnig zu analysieren und treffsicher zu benennen. Gerade auch weil ich und viele meiner lieben Mitmenschen große Teile der beschriebenen Erfahrungswelt kennen und wir beide Welten kennen "von Hartz4 zum abgeschlossenen Studium" mit all den Steinen die einem in den Weg gelegt wurden als auch von Mittelschicht in Krankheit und Armut in Vergessenheit und Isolation. Sie beschreibt die Spaltung der Gesellschaft in reich und arm ebenso fantastisch wahrhaft wie die nicht zusammen passenden Welten die man in sich vereinen lernen muss um in der Gesellschaft "aufsteigen" zu können. Chancengleichheit ist eine Illussion. Und das wird hier mit allen Belegen aber besonders in fanatstisch treffsicherer Bildsprache in die Ewigkeit gezeichnet. Ein Kompliment and Anna Mayr und ein Aufruf sich dieses Buch nicht nur ins Regal zu stellen sondern seinen Inhalt zu verinnerlichen und in einen Wandel umzusetzen.
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Autorenbeschreibung
Anna Mayr wurde 1993 in einer Mittelstadt am östlichen Rand des Ruhrgebiets geboren. Sie studierte Geographie und Literatur in Köln, schrieb für eine Boulevardzeitung, arbeitete als Deutschlehrerin, lernte an der Deutschen Journalistenschule in München, landete dann beim ZEIT-Magazin. Heute ist sie Redakteurin im Politik-Ressort der ZEIT und lebt in Berlin. Bei Hanser Berlin erschienen von ihr Die Elenden (2020) über Armut und Arbeitslosigkeit und zuletzt Geld spielt keine Rolle (2023).
Beiträge
Wichtiges Buch, vor allem für Menschen die der Auffassung sind Armut sei grundsätzlich selbstverschuldet oder es gäbe in Deutschland die Möglichkeit sich selbst daraus zu befreien und jede hätte die gleichen Chancen.
Jede:r sollte dieses Buch lesen, und ganz besonders Personen wie Merz oder Lindner
Mayrs Betrachtung der Arbeitslosen fußt auf persönlichen Erlebnissen - aufgewachsen als Kind langzeitarbeitsloser Eltern - und einer prägnanten Zusammenfassung gesellschaftspolitischer Entwicklungen (wie etwa der Agenda 2010 und der Hartz-Gesetze), die maßgeblich mit der gesellschaftlichen Einordnung und Bewertung von Arbeitslosigkeiten zusammenhängen. Systemkritik kommt hierbei nicht zu kurz, denn, wie so oft, ist auch Arbeitslosigkeit oder deren Stellung in der Gesellschaft auf Klassismus und Kapitalismus zurückzuführen und nicht auf persönliches Scheitern trotz vermeintlicher Chancengleichheit. Ein fantastisches Buch, in dem ich am liebsten jede einzelne Zeile dick unterstrichen hätte.
Anna Mayr beschreibt u.a. ihren persönlichen Bezug zu der Thematik des Klassismus, da sie als Kind von Arbeitslosen aufgewachsen ist und somit Armut erfahren hat. Dennoch ist "Die Elenden" keine reine Schilderung von persönlichen Erlebnissen, sondern nutzt diese lediglich als Untermalung von Missverhältnissen, die in unserem gesellschaftlichen System vorliegen. Die Autorin, die im klassischen Sinn als Aufsteigerin bezeichnet werden kann, kritisiert genau das: den Mythos der Klassenaufsteiger:innen, der Chancengleichheit und Bildung als Schlüssel für Erfolg. Auch das bedingungslose Grundeinkommen wird von ihr sehr kritisch betrachtet. Zusätzlich bringt Anna Mayr Marx' Klassentheorie in die heutige Zeit und zeigt auf, wie scheinheilig und menschenverachtend der 'Sozialstaat' sich im Kapitalismus verhält. Man braucht meines Erachtens kein Vorwissen, um dieses Buch lesen zu können, da die Verhältnisse sehr verständlich erläutert und mit Quellennachweisen belegt werden. An manchen Stellen habe ich gemerkt, dass ich mich mit bestimmten Themen noch nicht genug auseinandergesetzt habe, um mir eine abschließende Meinung zu bilden (z.B. Bedingungsloses Grundeinkommen), um Anna Mayrs Argumentation nachvollziehen zu können. Dennoch (oder grade deswegen) gab es viele "Aha-Erlebnisse" für mich. Dementsprechend eine klare Buchempfehlung!
Absolut wichtige Lektüre für jeden Menschen — aber vor allem für jene; die der Meinung sind, Menschen können sich selbstständig aus der Armut herausarbeiten und seien selbst an ihrer Situation schuld. Liest das Buch, bildet euch weiter.
2,8 Millionen Kinder und Jugendliche leben hierzulande in Armut – das heißt, mehr als ein Fünftel aller unter 18-Jährigen. Viele macht diese Zahl bestimmt traurig, betroffen und vielleicht sogar ein wenig ohnmächtig, aber Anna Mayr macht sie wütend. Und deswegen hat sie ein Buch darüber geschrieben – Die Elenden heißt es und ich war wirklich gespannt auf den Inhalt, denn allein der anklagende Untertitel: Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht hat mich unglaublich neugierig gemacht. Ich selbst war zum Glück noch nie in der Situation über einen längeren Zeitraum Arbeitslosengeld oder speziell Hartz VI zu beziehen. Meine Erfahrungen mit dem Arbeitsamt belaufen sich auf lediglich darauf, dass ich dort aufgrund meines Elternurlaubes vorstellig werden musste, da ich damals mein Einkommen aufstocken wollte. Aber schon dieser kleine Berührungspunkt hat mir gereicht, um mich minderwertig zu fühlen, denn für die Zeit der Aufstockung musste ich Kontoauszüge vorlegen, Kurzurlaube bei den Großeltern meiner Tochter beantragen und meinen Gesamtvorrat an Ersparten offenlegen und danach ausgeben, um überhaupt ein Anrecht auf dieses Geld zu haben. Versteht mich nicht falsch, ich bin froh über diese Möglichkeit, die mir als Mutter hier geboten wurde, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass ich keinem der Mitarbeiter auf dem Amt willkommen war. Die Blicke gaben mir das Gefühl nicht genug zu sein, weil ich es aus eigenem Antrieb nicht schaffe, meinen Lebensunterhalt selbst zu finanzieren und dabei habe ich lediglich ein Kind geboren. Wie muss das wohl sein, wenn man dort aus ganz anderen Gründen hinmuss? Um Hilfe zu bitten um überhaupt überleben zu können? Um es gleich vorneweg zu nehmen: Ich werde in meiner Rezension nur meine persönlichen Gefühle beschreiben, die ich beim Lesen von Die Elenden hatte und nicht auf Lücken hinweisen, die vielleicht so manche Befunde der soziologischen Arbeitsmarktforschung bietet. Ich habe nicht ausgiebig recherchiert, ob gewisse Punkte richtig dargestellt sind, sondern mich einfach nur von den Worten von Anna Mayr lassen und auch dadurch gewisse Dinge in einem anderen Licht gesehen. Jedes Hobby, das der Arbeitslose aufnimmt, wird sich automatisch an der allgemein angenommenen Sinnhaftigkeit einer Lohnarbeit messen müssen. Wer Arbeit hat, der darf seine Freizeit mit jedem möglichen Schmarrn verbringen. Wer keine Arbeit hat, hat auch keine Freizeit, ihm ist keine Erholungspraktik gegönnt – denn er tut ja nichts, wovon er sich erholen müsste. (Seite 69) Als Kind zweier Langzeitarbeitsloser weiß die Autorin, was es bedeutet, in Deutschland arm zu sein und am Rande der Gesellschaft zu leben. Ausgegrenzt zu sein. Und deshalb merkt man in gewisser Weise schon deutlich, dass sie Die Elenden mit Wut geschrieben hat, die ich teilweise selbst gut nachvollziehen konnte. Was bedeutet Arbeitslosigkeit für die Betroffenen und welche Funktion spielen sie in unserer Gesellschaft? Laut Anna Mayr sind es vor allem folgende Punkte: Ein Mittel zur sozialen Abgrenzung nach unten einerseits und andererseits ein Drohmittel, um Menschen dazu zu bringen, schlecht bezahlte und prekäre Jobs anzunehmen. Und wenn man sich die eingangs genannten Zahlen noch einmal vor Augen führt wird außerdem klar: Oft haben Arme Kinder arme Eltern. In unserer Gesellschaft ist Konsum wahnsinnig wichtig und wenn man davon ausgeschlossen ist, hat man nur bedingt eine Chance, sich eine Identität aufzubauen. Man muss quasi zu den billigen Modeketten und kann dort zwar auch wählen, was man tragen möchte, aber trotzdem sieht man den meisten Sachen an, dass sie für eben nicht von großen Marken wie Tommy Hilfiger oder S. Oliver kommen. Und so wird Armut schnell zum Stigma – wer nichts hat wird ausgegrenzt und muss leider oft draußen bleiben. Sie denkt auch weiter und beschäftigt sich mit einer Lösung des Problems. Minijobs oder gar schlecht bezahlte Arbeit hält sie nämlich für völlig falsch, da sie nur die Symptome lindern und auch Sozialarbeiter, Jugendhelfer und Psychologen seien wahnsinnig teuer. Es kostet deutlich mehr als Hartz IV. Wenn wir dieses Geld einfach den Familien geben – was würde da passieren? Ich glaube, es würde funktionieren, weil die Teilhabe in unserer Gesellschaft über Geld funktioniert. Ob die Lösung wirklich so nahe liegt kann ich nicht beurteilen, aber gerade die Betreuung durch Sozialarbeiter und Sozialpädagogen halte ich eigentlich für sehr wichtig. Dass an der jetzigen Situation jedoch etwas geändert werden muss, steht außer Frage. Und da reicht es definitiv nicht sich um Vorurteilsfreiheit zu bemühen. Arbeit und Arbeitslosigkeit müssen neu gedacht werden und dabei gibt das Buch auf jeden Fall ein paar gute Denkanstöße.
Aufrüttelnd. Man muss sich Zeit nehmen, es zu lesen
In manchen Passagen schockiert das Buch schonungslos und konfrontiert mit der Realität von Armut in Deutschland. Trotzdem ist es per se keine persönliche Geschichte und Aufstiegs-Story, sondern eine messerscharfe Analyse der Wahrnehmung und gesellschaftlichen Bedeutung von Arbeitslosigkeit und im Umkehrschluss damit natürlich auch der Bedeutung von "Arbeit" für die Selbstdefinition un Wahrnehmung der Deutschen. An manchen Stellen schweift das ganze ein bisschen (Thema Schulspeisung), aber 85% des Buchs kann man fett unterstreichen und auch das eigene Denken und Werten mal gründlich hinterfragen.
Mochte ich sehr! Hat mich wütend gemacht (die emanzipative Art Wut) und mich echt weitergebracht. Außerdeem wundervoll geschrieben.
Anna Mayr weiß, welcher Druck auf Arbeitssuchenden Menschen liegt und wie diese Situation das Leben von Menschen und Familien über Generationen hinweg prägen kann. Sie weiß um die Privilegien, welche Sie heute als Autorin und Journalistin hat und eben aber auch um die Angst keine Beschäftigung zu finden. In ihrem Buch „Die Elenden - Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht“ zeigt Anna Mayr an ihrer eigenen Familien und sich selber die Herausforderungen von Langzeitarbeitslosigkeit und warum wir einen neuen Umgang mit dem Thema Arbeit insgesamt und dem Thema Arbeitslosigkeit im Besonderen brauchen. Ihre Forderungen und Zusammenfassungen mögen für eine überspitzt oder „radikal“ wirken, doch beweist sie in ihren Worten, warum es nicht ausreichen wird, nur ein paar kleine Veränderungen herbeizuführen. Das Buch ist auf jeden Fall mehr als lesenswert und sollte uns vielleicht helfen, die Politik und das Leben zu verändern, denn „wir haben nichts zu verlieren, außer unsere Angst.“
Ein absolutes MUSS in der aktuellen Situation. Die Illussion der Chancengleichheit und die Absurdität der Klassentrennung
Mir war Anna Mayr vor diesem Buch gänzlich unbekannt, ich schätze sie nun sehr für ihre Gabe die Gesellschaftsprobleme so scharfsinnig zu analysieren und treffsicher zu benennen. Gerade auch weil ich und viele meiner lieben Mitmenschen große Teile der beschriebenen Erfahrungswelt kennen und wir beide Welten kennen "von Hartz4 zum abgeschlossenen Studium" mit all den Steinen die einem in den Weg gelegt wurden als auch von Mittelschicht in Krankheit und Armut in Vergessenheit und Isolation. Sie beschreibt die Spaltung der Gesellschaft in reich und arm ebenso fantastisch wahrhaft wie die nicht zusammen passenden Welten die man in sich vereinen lernen muss um in der Gesellschaft "aufsteigen" zu können. Chancengleichheit ist eine Illussion. Und das wird hier mit allen Belegen aber besonders in fanatstisch treffsicherer Bildsprache in die Ewigkeit gezeichnet. Ein Kompliment and Anna Mayr und ein Aufruf sich dieses Buch nicht nur ins Regal zu stellen sondern seinen Inhalt zu verinnerlichen und in einen Wandel umzusetzen.