Das Versprechen
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Damon Galgut, 1963 in Pretoria geboren, zählt zu den renommiertesten Autoren Südafrikas. Sein jüngster Roman »Das Versprechen« wurde mit dem Booker Prize 2021 ausgezeichnet, einem der bedeutendsten internationalen Literaturpreise. Bereits zwei Mal stand Galgut mit »Der gute Doktor« (2005) und »In fremden Räumen« (2010) auf der Shortlist für diesen Preis. Auch seine Romane »Der Betrüger« und »Arktischer Sommer« wurden für zahlreiche Literaturpreise nominiert. Sein literarisches Werk erscheint in sechzehn Sprachen. Damon Galgut lebt in Kapstadt.
Beiträge
Der Roman "Das Versprechen" des südafrikanischen Autors Damon Galgut erzählt die Geschichte des Zerfalls einer (zu Beginn) wohlhabenden weißen Familie in Südafrika über 30 Jahre hinweg, von der Apartheid bis zur Demokratie. Die Familie ist in ihren Ansichten tief gespalten und vollkommen dysfunktional. Mir hat der leicht kammerspielartige Roman, der viele feine Nuancen zwischen den Zeilen enthält und 2021 mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde, wirklich gut gefallen, auch wenn er in Teilen schwer zu verdauen war.
Dieses Buch ist eine ätzende Abrechnung mit dem Konstrukt Familie und den Weißen, gut situierten in Südafrika. Bemerkenswert finde ich den Erzählstil, denn der Autor wechselt im Erzählfluss von einer Ich-Perspektive in die andere oder auch in die des allwissenden Erzählers, die dann mich als Leserin direkt anspricht. Ich fühlte mich wie ein Raubvogel, der sich aus der Vogelperspektive das Geschehen anguckt, um dann auf einzelne Szenarien herabzustürzen, heranzuzoomen, und sich dann wieder von ihnen zu entfernen und sich eine andere anzugucken. Über 300 Seiten voller Zynismus und unausgesprochenen, uralten Familienkonflikten habe ich nicht gut aushalten können.

Eins der besten Bücher meines bisherigen Leselebens! Man kann das Buch als Südafrika Roman lesen, als Kommentar auf die Apartheid. Allerdings macht das Buch einen universellen Metaplot auf, der grandios umgesetzt ist. Hierzu ein Zitat aus einem Deutschlandfunk Kultur Interview mit Galgut: „Ich wollte zeigen, wie sich die Zeit auf die Leben und die Körper und die Gesichter dieser speziellen Gruppe von Menschen auswirkt. Erst danach kam mir die Idee, im Hintergrund auch die gesellschaftliche Veränderung aufscheinen zu lassen. Ich war amüsiert, wie viele Leute das Buch als Roman über Südafrika aufgefasst haben. Mir geht es mehr um die Zeit im Allgemeinen – und wie sie die Menschen verändert.“ Es fällt an einer Stelle die Aussage Eros vs. Thanatos . Das ist das große Thema, an dem sich das Buch, durch den Fluss der Zeit, in dem die Protagonisten umherstrampeln, abarbeitet. Beide Triebe stehen in ständiger Wechselwirkung, Beeinflussen das Verhalten und die psychische Gesundheit. Dazu die grausame Banalität und Gewöhnlichkeit des Lebens, plus "der Treibsand Familie". Ich hatte zu Beginn des Buches die abfällige Bemerkung "banal" getätigt. Das dies Programm des Buches ist und durch eine literarisch herausragende Montagetechnik und Sprache, so phänomenal herausgearbeitet wird, hätte ich mir nicht träumen lassen. Für mich ist es ein nahezu nihilistisches Buch. Jeder ist für das ganz Große bestimmt, wir sind alle so toll und einzigartig - Ich werde es schaffen: .... Grillenzirpen .... Galgut watscht uns mit einer Banalität der Leben ab, die sich gewaschen hat. In sämtlichen Situationen des Todes werden völlig absurde, irritierende Bilder des Eros - sexueller Triebe, Betrachtungen oder Körperlicher Bedürfnisse (Verstopfung, Klogang, Periode etc.) verarbeitet. Den massivsten Kampf Eros vs. Thanatos fechtet Galgut an der Figur Anton aus. Dazu kommt eine mächtige religiöse Symbolik, die so offen gehalten wird, dass sich der Leser am Ende die Frage stellen kann, inwiefern das Ablehnen oder Annehmen von Religion oder Gläubigkeit den Kampf Eros vs. Thanatos beeinflusst oder lenkt. Galgut lässt große Teile der Geschichte von denjenigen erzählen, die nicht zu Wort kommen. Der stumme Ausdruck. Das Buch hat dazu einen ganz fiesen, genialen Humor. Meine Lieblingsszene: zu einem ungünstigen Zeitpunkt zu sterben - Rugby WM. Eine gute Stimmung des Buches geben folgende Zitate wieder: " Wir steigen von der Natur auf zur Kultur, aber Du musst um Deinen Platz auf dem Hochsitz kämpfen, sonst reißt die Natur Dich wieder in die Tiefe." "Nie gelernt richtig zu leben. Es war entweder zu viel oder zu wenig, die Welt lastet bleischwer auf mir." Für mich transportiert Galgut die Message, dass nur Hoffen und Warten keine Veränderungen hervorruft, die Hoffnung irgendwann völlig von dem schwarzen Loch der Passivität geschluckt wird und der Versuch der Veränderung und des sich Bewegens trotzdem kein Garant für Glück und Erlösung ist. Der Unterschied: durch den Versuch bleibt die Hoffnung und kann der Desillusionierung noch einen Funken Resilienz entgegenwerfen. Und damit ist das Buch für mich völlig losgelöst vom Südafrika Kontext und universell. Ein letzter persönlicher Gedanke: wie ehrlich sind wir mit uns selber? Man kann in Rezensionen nachlesen/hören wie unsympathisch die Figuren sind, man ihnen überhaupt nicht nahe kommt, man sich nicht mit ihnen identifizieren kann, alle gestört... Tatsächlich? Wie nahe seid Ihr dann Euch selbst?
"Denn die Familie Swart hat so gar nichts Besonders oder Bemerkenswertes, o nein, sie gleicht der Familie von der Nachbarfarm oder der Nachbarfarm der Nachbarfarm, nur ein gewöhnlicher Haufen weißer Südafrikaner." Die Familie Swart lebt auf einer Farm im Südafrika, die Geschichte beginnt in den 1980er Jahren mit dem Tod der Mutter und umfasst einen Zeitrahmen von etwa 30 Jahren. Wir begleiten das Leben des Vaters und der 3 Kinder in einzelnen Episoden. Das Buch ist schwierig, kein leichter Einstieg, keine eingängige Erzählsprache, schweres Thema. Immer wieder gespickt von Ausdrücken in Afrikaans, immer wieder verändert der Autor seine Erzählperspektive, immer wieder wendet er sich auch an den Leser selbst. Die politische Situation in Südafrika ist immer wieder Thema, aber oft zu nebensächlich, da hätte ich mir mehr gewünscht. Die Familie Swart, der Mittelpunkt der Story, ist absolut dysfunktional, keiner mag den Anderen, gefühlt läuft alles gegeneinander, jeder lebt sein eigenes kleines Leben mehr schlecht als recht. Niemand war mir wirklich nah oder gar sympathisch. Vielleicht noch Amor, die jüngste Tochter und das schwarze Kindermädchen Salome. Und trotz dieser ganzen schwierigen Umstände entwickelt das Buch irgendwann eine Lesesog für mich, ich war in der Geschichte, ich wollte wissen, wie es weiter geht. Das Buch ist sehr hoffnungslos und deprimierend aber trotzdem weiß man die ganze Zeit dass die Hoffnung, das Glück, da draußen ist, nur eben nicht bei den Swarts. Ein Buch auf das man sich einlassen muss, was großartig sein kann, wenn es einen zum richtigen Zeitpunkt packt. "Die Apartheid war einmal, wir sterben jetzt Seite an Seite in trauter Nähe. Nur das Zusammenleben, das müssen wir noch üben." Solche Sätze machen das Buch so wertvoll und so stark.
Damon Galgut zeichnet in seinem Gewinnerbuch des Booker Prize 2021 die Geschichte einer weißen Familie in Südafrika auf ungewöhnliche und fesselnde Art und Weise. Zentrum ist das titelgebende Versprechen, das die Mutter Rachel Swart ihrem Ehemann vor ihrem Tod noch abnahm: Die schwarze Haushälterin Salome soll die kleine Hütte, die sie am Rande des Swart-Anwesens bewohnt, überschrieben bekommen. Das jüngste der drei Kinder ist die einzige heimliche Zeugin dieses Versprechens, kann sich jedoch nicht gegen den Unwillen der Familie durchsetzen, dieses Versprechen auch einzulösen. In jedem der ganz grob ein Jahrzehnt auseinanderliegenden vier Teile dient der Tod eines Familienmitglieds als Aufhänger für eine Zusammenkunft der übrigen Swarts, und während wir in jedem neuen Teil wieder die Fäden der Familienbiographien im Tumult der südafrikanischen Geschichte zusammensuchen, bleibt die Einlösung des Versprechens aufgeschoben. Galgut rückt die weißen Familienmitglieder nicht nur in den Fokus der Geschichte, sondern lässt auch beinahe jede schwarze Perspektive außen vor. Beim Lesen löst dies ein unbehagliches Gefühl aus und demonstriert eindrücklich die unglaubliche Ignoranz und Egozentrik des “white gaze”. Dennoch werden die Kämpfe, Traumata und Schwierigkeiten der einzelnen weißen Protagonisten im Leben dezidiert dargestellt und genau dieser moralische Konflikt hat mich, unglaublich schlau von Galgut eingewoben, besonders beschäftigt: Sind die Struggles der Swarts weniger schlimm, weil sie sich nun mal so verhalten, wie sie es tun? Wie weit sind sie auch Opfer des Systems und inwieweit ist dieser Gedanke unvertretbar im Angesicht der menschenverachtenden Behandlung der schwarzen Bevölkerung? Galgut lässt auch am Ende die moralische Einordnung komplett dem Leser, zieht in keine Richtung, zeigt Argumente verschiedener Seiten auf. Die Erzählperspektive wechselt zudem permanent von einer Person zur anderen - manchmal mitten im Satz. Während Galgut hier auf filmische Inspiration verweist, gefällt mir die Idee eines Geistes, der die Szenerie überfliegt, süffisant kommentiert und wechselnd in die verschiedenen Personen einfährt. Durch diese Technik wird die Geschichte unglaublich dynamisch und bleibt trotzdem leicht und weitestgehend flüssig lesbar. Für mich ein kluges, gehaltvolles Buch, das darauf wartet, nochmals gelesen zu werden, um Nuancen und kleine Hinweise besser filtern zu können und das Gelesene mit etwas mehr angeeigneten Geschichtsbackground einordnen zu können.
Ungewöhnlich, aber gerade deshalb überragend „Das Leben ist keine symmetrisch angeordnete Reihe von Wagenlampen; das Leben ist ein leuchtender Nimbus, eine halbdurchsichtige Hülle, die uns vom Anfang unseres Bewusstseins an bis zum Ende umgibt.“ (Virginia Woolf) Irgendwie musste ich während der Lektüre von Damon Galgut´s Debütroman, der (so viel vorab) völlig zu Recht mit dem „Booker“-Preis 2021 ausgezeichnet wurde und in der Übersetzung von Thomas Mohr im Luchterhand Literaturverlag erschienen ist, immer an eine der Meisterinnen des sogenannten Bewusstseinstroms denken; soviel zum Bezug zum einleitenden Zitat. Zwar folgen die Leserinnen und Leser in „Das Versprechen“ der Familie Swart über einen Zeitraum von ungefähr 40 Jahren (und nicht nur einen Tag), aber eine „auserzählte“ Geschichte ist es trotzdem nicht; Damon Galgut überlässt viel der Phantasie der geneigten Leserschaft und bringt den einen oder die andere dazu, die im Buch angesprochenen Themen (Geschichte Südafrikas) näher zu recherchieren, auch wenn es für den Verlauf der Geschichte um ein auf dem Totenbett gegebenes Versprechen nicht zwingend von Relevanz ist. Recht schnell (spätestens während oder nach dem zweiten Abschnitt) weiß man als Leser, für was die den vier Abschnitten vorangestellten Namen stehen. Ich verrate es an dieser Stelle nicht. Tatsache ist jedoch, dass Herr Galgut mit den Personen der Familie Swart nicht zimperlich umgeht und sie mit all ihren Macken, Ecken und Kanten präsentiert. Dazu reicht er eine fette Portion Sarkasmus und auch die ein oder andere (tragische) Situationskomik. Manchmal möchte einem das Lachen am liebsten im Hals stecken bleiben, aber so ganz gelingt es nicht ha ha ha. Neben den Swarts sind die eigentlichen „Helden“ der Geschichte allerdings Rand- und Nebenfiguren sowie Beobachtungen von (ungewöhnlichen) Handlungen und Orten. So begleiten wir etwa herumstreunende Schakale, lernen kurzzeitig einen Obdachlosen namens Bob kennen (den man unweigerlich ins Herz schließt) oder gucken einem Mitarbeiter eines Krematoriums über die Schulter. Das alles wird in einem zunächst unübersichtlich anmutendem „Strom“ präsentiert (und das auch noch ohne „wörtliche Rede“!). Doch hat man sich an die ungewöhnliche Art gewöhnt (direkte Ansprache der Leserschaft, Selbstironie des Erzählers, wechselnde Perspektiven von Satz zu Satz (auch hier eine Gemeinsamkeit mit „Mrs. Dalloway) und dem Einbau von Geisterperspektiven), bleibt unterm Strich ein überragender Roman, dem man bei wiederholter Lektüre garantiert noch mehr „entlocken“ kann. Ganz klar eines der Highlights in diesem Jahr – so viel steht schon mal fest! Glasklare Leseempfehlung und verdiente 5*! ©kingofmusic
• DAS VERSPRECHEN • "Das Versprechen" von Damon Galgut gewann den Man Booker Prize 2021 und ist nun auf dem deutschen Markt erhältlich. Die Thematik und auch der Gewinn des rennomierten Preises, haben mein Interesse geweckt. Der "Guardian" betitelt dieses Buch als "sensationell". Der Roman erzählt von einer weißen südafrikanischen Famiie, die immer weiter auseinander fällt. Zu erst stirbt die Mutter Rachel Swarts, die ihren Krebs nicht besiegen konnte. Ihre Kinder bleiben zurück, die nach und nach immer mehr ihre Familie verabscheuen. Gerade das nicht eingehaltene Versprechen, dass die schwarze Frau Salome die jahrelang der Familie treu gedient hat, ein Stück Land und ein Haus erhält, lässt die Familienmitglieder voneinander abrücken. Der Autor Galgut zieht einen Erzählbogen von 1986 bis hin zum Ende der politischen Apartheid und wenige Jahre danach. Dabei begleitet man die wohlhabende und gut situierte Familie Swat in zwei Generationen über dreißig Jahre hinweg. Eine Reise von Aparthied zur Demokratie. Lediglich zu Familienereignissen trifft die Familie aufeinander. Di Erzähltechnik des Autors ist wirkich beeindruckend: mühelos schwenkt er zwischen den einzelnen Familienmitgliedern hin und her, lässt Personen Selbstgespräche führen und kommt ganz ohne direkte Rede aus. Der ständige Perspektivenwechseln innerhalb weniger Seiten macht es einerseits sehr interessant, andererseits ist dies als Leser auch verwirrend. Zudem geht durch diese Erzähltechnik die Insensität des Buches flöten: so bekommt einige spannende Sachverhalte (z.B. die Scheidung, Tod etc.) nur im Nachgang mit. Die Thematisierung des titelgebenden "Versprechens" kam mir persönlich zu kurz. Allgemein wurde die Rolle Salomes als Angestellte, die ihr ganzes Leben im Dienste der Familie stellte, zu wenig thematisiert.
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Autorenbeschreibung
Damon Galgut, 1963 in Pretoria geboren, zählt zu den renommiertesten Autoren Südafrikas. Sein jüngster Roman »Das Versprechen« wurde mit dem Booker Prize 2021 ausgezeichnet, einem der bedeutendsten internationalen Literaturpreise. Bereits zwei Mal stand Galgut mit »Der gute Doktor« (2005) und »In fremden Räumen« (2010) auf der Shortlist für diesen Preis. Auch seine Romane »Der Betrüger« und »Arktischer Sommer« wurden für zahlreiche Literaturpreise nominiert. Sein literarisches Werk erscheint in sechzehn Sprachen. Damon Galgut lebt in Kapstadt.
Beiträge
Der Roman "Das Versprechen" des südafrikanischen Autors Damon Galgut erzählt die Geschichte des Zerfalls einer (zu Beginn) wohlhabenden weißen Familie in Südafrika über 30 Jahre hinweg, von der Apartheid bis zur Demokratie. Die Familie ist in ihren Ansichten tief gespalten und vollkommen dysfunktional. Mir hat der leicht kammerspielartige Roman, der viele feine Nuancen zwischen den Zeilen enthält und 2021 mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde, wirklich gut gefallen, auch wenn er in Teilen schwer zu verdauen war.
Dieses Buch ist eine ätzende Abrechnung mit dem Konstrukt Familie und den Weißen, gut situierten in Südafrika. Bemerkenswert finde ich den Erzählstil, denn der Autor wechselt im Erzählfluss von einer Ich-Perspektive in die andere oder auch in die des allwissenden Erzählers, die dann mich als Leserin direkt anspricht. Ich fühlte mich wie ein Raubvogel, der sich aus der Vogelperspektive das Geschehen anguckt, um dann auf einzelne Szenarien herabzustürzen, heranzuzoomen, und sich dann wieder von ihnen zu entfernen und sich eine andere anzugucken. Über 300 Seiten voller Zynismus und unausgesprochenen, uralten Familienkonflikten habe ich nicht gut aushalten können.

Eins der besten Bücher meines bisherigen Leselebens! Man kann das Buch als Südafrika Roman lesen, als Kommentar auf die Apartheid. Allerdings macht das Buch einen universellen Metaplot auf, der grandios umgesetzt ist. Hierzu ein Zitat aus einem Deutschlandfunk Kultur Interview mit Galgut: „Ich wollte zeigen, wie sich die Zeit auf die Leben und die Körper und die Gesichter dieser speziellen Gruppe von Menschen auswirkt. Erst danach kam mir die Idee, im Hintergrund auch die gesellschaftliche Veränderung aufscheinen zu lassen. Ich war amüsiert, wie viele Leute das Buch als Roman über Südafrika aufgefasst haben. Mir geht es mehr um die Zeit im Allgemeinen – und wie sie die Menschen verändert.“ Es fällt an einer Stelle die Aussage Eros vs. Thanatos . Das ist das große Thema, an dem sich das Buch, durch den Fluss der Zeit, in dem die Protagonisten umherstrampeln, abarbeitet. Beide Triebe stehen in ständiger Wechselwirkung, Beeinflussen das Verhalten und die psychische Gesundheit. Dazu die grausame Banalität und Gewöhnlichkeit des Lebens, plus "der Treibsand Familie". Ich hatte zu Beginn des Buches die abfällige Bemerkung "banal" getätigt. Das dies Programm des Buches ist und durch eine literarisch herausragende Montagetechnik und Sprache, so phänomenal herausgearbeitet wird, hätte ich mir nicht träumen lassen. Für mich ist es ein nahezu nihilistisches Buch. Jeder ist für das ganz Große bestimmt, wir sind alle so toll und einzigartig - Ich werde es schaffen: .... Grillenzirpen .... Galgut watscht uns mit einer Banalität der Leben ab, die sich gewaschen hat. In sämtlichen Situationen des Todes werden völlig absurde, irritierende Bilder des Eros - sexueller Triebe, Betrachtungen oder Körperlicher Bedürfnisse (Verstopfung, Klogang, Periode etc.) verarbeitet. Den massivsten Kampf Eros vs. Thanatos fechtet Galgut an der Figur Anton aus. Dazu kommt eine mächtige religiöse Symbolik, die so offen gehalten wird, dass sich der Leser am Ende die Frage stellen kann, inwiefern das Ablehnen oder Annehmen von Religion oder Gläubigkeit den Kampf Eros vs. Thanatos beeinflusst oder lenkt. Galgut lässt große Teile der Geschichte von denjenigen erzählen, die nicht zu Wort kommen. Der stumme Ausdruck. Das Buch hat dazu einen ganz fiesen, genialen Humor. Meine Lieblingsszene: zu einem ungünstigen Zeitpunkt zu sterben - Rugby WM. Eine gute Stimmung des Buches geben folgende Zitate wieder: " Wir steigen von der Natur auf zur Kultur, aber Du musst um Deinen Platz auf dem Hochsitz kämpfen, sonst reißt die Natur Dich wieder in die Tiefe." "Nie gelernt richtig zu leben. Es war entweder zu viel oder zu wenig, die Welt lastet bleischwer auf mir." Für mich transportiert Galgut die Message, dass nur Hoffen und Warten keine Veränderungen hervorruft, die Hoffnung irgendwann völlig von dem schwarzen Loch der Passivität geschluckt wird und der Versuch der Veränderung und des sich Bewegens trotzdem kein Garant für Glück und Erlösung ist. Der Unterschied: durch den Versuch bleibt die Hoffnung und kann der Desillusionierung noch einen Funken Resilienz entgegenwerfen. Und damit ist das Buch für mich völlig losgelöst vom Südafrika Kontext und universell. Ein letzter persönlicher Gedanke: wie ehrlich sind wir mit uns selber? Man kann in Rezensionen nachlesen/hören wie unsympathisch die Figuren sind, man ihnen überhaupt nicht nahe kommt, man sich nicht mit ihnen identifizieren kann, alle gestört... Tatsächlich? Wie nahe seid Ihr dann Euch selbst?
"Denn die Familie Swart hat so gar nichts Besonders oder Bemerkenswertes, o nein, sie gleicht der Familie von der Nachbarfarm oder der Nachbarfarm der Nachbarfarm, nur ein gewöhnlicher Haufen weißer Südafrikaner." Die Familie Swart lebt auf einer Farm im Südafrika, die Geschichte beginnt in den 1980er Jahren mit dem Tod der Mutter und umfasst einen Zeitrahmen von etwa 30 Jahren. Wir begleiten das Leben des Vaters und der 3 Kinder in einzelnen Episoden. Das Buch ist schwierig, kein leichter Einstieg, keine eingängige Erzählsprache, schweres Thema. Immer wieder gespickt von Ausdrücken in Afrikaans, immer wieder verändert der Autor seine Erzählperspektive, immer wieder wendet er sich auch an den Leser selbst. Die politische Situation in Südafrika ist immer wieder Thema, aber oft zu nebensächlich, da hätte ich mir mehr gewünscht. Die Familie Swart, der Mittelpunkt der Story, ist absolut dysfunktional, keiner mag den Anderen, gefühlt läuft alles gegeneinander, jeder lebt sein eigenes kleines Leben mehr schlecht als recht. Niemand war mir wirklich nah oder gar sympathisch. Vielleicht noch Amor, die jüngste Tochter und das schwarze Kindermädchen Salome. Und trotz dieser ganzen schwierigen Umstände entwickelt das Buch irgendwann eine Lesesog für mich, ich war in der Geschichte, ich wollte wissen, wie es weiter geht. Das Buch ist sehr hoffnungslos und deprimierend aber trotzdem weiß man die ganze Zeit dass die Hoffnung, das Glück, da draußen ist, nur eben nicht bei den Swarts. Ein Buch auf das man sich einlassen muss, was großartig sein kann, wenn es einen zum richtigen Zeitpunkt packt. "Die Apartheid war einmal, wir sterben jetzt Seite an Seite in trauter Nähe. Nur das Zusammenleben, das müssen wir noch üben." Solche Sätze machen das Buch so wertvoll und so stark.
Damon Galgut zeichnet in seinem Gewinnerbuch des Booker Prize 2021 die Geschichte einer weißen Familie in Südafrika auf ungewöhnliche und fesselnde Art und Weise. Zentrum ist das titelgebende Versprechen, das die Mutter Rachel Swart ihrem Ehemann vor ihrem Tod noch abnahm: Die schwarze Haushälterin Salome soll die kleine Hütte, die sie am Rande des Swart-Anwesens bewohnt, überschrieben bekommen. Das jüngste der drei Kinder ist die einzige heimliche Zeugin dieses Versprechens, kann sich jedoch nicht gegen den Unwillen der Familie durchsetzen, dieses Versprechen auch einzulösen. In jedem der ganz grob ein Jahrzehnt auseinanderliegenden vier Teile dient der Tod eines Familienmitglieds als Aufhänger für eine Zusammenkunft der übrigen Swarts, und während wir in jedem neuen Teil wieder die Fäden der Familienbiographien im Tumult der südafrikanischen Geschichte zusammensuchen, bleibt die Einlösung des Versprechens aufgeschoben. Galgut rückt die weißen Familienmitglieder nicht nur in den Fokus der Geschichte, sondern lässt auch beinahe jede schwarze Perspektive außen vor. Beim Lesen löst dies ein unbehagliches Gefühl aus und demonstriert eindrücklich die unglaubliche Ignoranz und Egozentrik des “white gaze”. Dennoch werden die Kämpfe, Traumata und Schwierigkeiten der einzelnen weißen Protagonisten im Leben dezidiert dargestellt und genau dieser moralische Konflikt hat mich, unglaublich schlau von Galgut eingewoben, besonders beschäftigt: Sind die Struggles der Swarts weniger schlimm, weil sie sich nun mal so verhalten, wie sie es tun? Wie weit sind sie auch Opfer des Systems und inwieweit ist dieser Gedanke unvertretbar im Angesicht der menschenverachtenden Behandlung der schwarzen Bevölkerung? Galgut lässt auch am Ende die moralische Einordnung komplett dem Leser, zieht in keine Richtung, zeigt Argumente verschiedener Seiten auf. Die Erzählperspektive wechselt zudem permanent von einer Person zur anderen - manchmal mitten im Satz. Während Galgut hier auf filmische Inspiration verweist, gefällt mir die Idee eines Geistes, der die Szenerie überfliegt, süffisant kommentiert und wechselnd in die verschiedenen Personen einfährt. Durch diese Technik wird die Geschichte unglaublich dynamisch und bleibt trotzdem leicht und weitestgehend flüssig lesbar. Für mich ein kluges, gehaltvolles Buch, das darauf wartet, nochmals gelesen zu werden, um Nuancen und kleine Hinweise besser filtern zu können und das Gelesene mit etwas mehr angeeigneten Geschichtsbackground einordnen zu können.
Ungewöhnlich, aber gerade deshalb überragend „Das Leben ist keine symmetrisch angeordnete Reihe von Wagenlampen; das Leben ist ein leuchtender Nimbus, eine halbdurchsichtige Hülle, die uns vom Anfang unseres Bewusstseins an bis zum Ende umgibt.“ (Virginia Woolf) Irgendwie musste ich während der Lektüre von Damon Galgut´s Debütroman, der (so viel vorab) völlig zu Recht mit dem „Booker“-Preis 2021 ausgezeichnet wurde und in der Übersetzung von Thomas Mohr im Luchterhand Literaturverlag erschienen ist, immer an eine der Meisterinnen des sogenannten Bewusstseinstroms denken; soviel zum Bezug zum einleitenden Zitat. Zwar folgen die Leserinnen und Leser in „Das Versprechen“ der Familie Swart über einen Zeitraum von ungefähr 40 Jahren (und nicht nur einen Tag), aber eine „auserzählte“ Geschichte ist es trotzdem nicht; Damon Galgut überlässt viel der Phantasie der geneigten Leserschaft und bringt den einen oder die andere dazu, die im Buch angesprochenen Themen (Geschichte Südafrikas) näher zu recherchieren, auch wenn es für den Verlauf der Geschichte um ein auf dem Totenbett gegebenes Versprechen nicht zwingend von Relevanz ist. Recht schnell (spätestens während oder nach dem zweiten Abschnitt) weiß man als Leser, für was die den vier Abschnitten vorangestellten Namen stehen. Ich verrate es an dieser Stelle nicht. Tatsache ist jedoch, dass Herr Galgut mit den Personen der Familie Swart nicht zimperlich umgeht und sie mit all ihren Macken, Ecken und Kanten präsentiert. Dazu reicht er eine fette Portion Sarkasmus und auch die ein oder andere (tragische) Situationskomik. Manchmal möchte einem das Lachen am liebsten im Hals stecken bleiben, aber so ganz gelingt es nicht ha ha ha. Neben den Swarts sind die eigentlichen „Helden“ der Geschichte allerdings Rand- und Nebenfiguren sowie Beobachtungen von (ungewöhnlichen) Handlungen und Orten. So begleiten wir etwa herumstreunende Schakale, lernen kurzzeitig einen Obdachlosen namens Bob kennen (den man unweigerlich ins Herz schließt) oder gucken einem Mitarbeiter eines Krematoriums über die Schulter. Das alles wird in einem zunächst unübersichtlich anmutendem „Strom“ präsentiert (und das auch noch ohne „wörtliche Rede“!). Doch hat man sich an die ungewöhnliche Art gewöhnt (direkte Ansprache der Leserschaft, Selbstironie des Erzählers, wechselnde Perspektiven von Satz zu Satz (auch hier eine Gemeinsamkeit mit „Mrs. Dalloway) und dem Einbau von Geisterperspektiven), bleibt unterm Strich ein überragender Roman, dem man bei wiederholter Lektüre garantiert noch mehr „entlocken“ kann. Ganz klar eines der Highlights in diesem Jahr – so viel steht schon mal fest! Glasklare Leseempfehlung und verdiente 5*! ©kingofmusic
• DAS VERSPRECHEN • "Das Versprechen" von Damon Galgut gewann den Man Booker Prize 2021 und ist nun auf dem deutschen Markt erhältlich. Die Thematik und auch der Gewinn des rennomierten Preises, haben mein Interesse geweckt. Der "Guardian" betitelt dieses Buch als "sensationell". Der Roman erzählt von einer weißen südafrikanischen Famiie, die immer weiter auseinander fällt. Zu erst stirbt die Mutter Rachel Swarts, die ihren Krebs nicht besiegen konnte. Ihre Kinder bleiben zurück, die nach und nach immer mehr ihre Familie verabscheuen. Gerade das nicht eingehaltene Versprechen, dass die schwarze Frau Salome die jahrelang der Familie treu gedient hat, ein Stück Land und ein Haus erhält, lässt die Familienmitglieder voneinander abrücken. Der Autor Galgut zieht einen Erzählbogen von 1986 bis hin zum Ende der politischen Apartheid und wenige Jahre danach. Dabei begleitet man die wohlhabende und gut situierte Familie Swat in zwei Generationen über dreißig Jahre hinweg. Eine Reise von Aparthied zur Demokratie. Lediglich zu Familienereignissen trifft die Familie aufeinander. Di Erzähltechnik des Autors ist wirkich beeindruckend: mühelos schwenkt er zwischen den einzelnen Familienmitgliedern hin und her, lässt Personen Selbstgespräche führen und kommt ganz ohne direkte Rede aus. Der ständige Perspektivenwechseln innerhalb weniger Seiten macht es einerseits sehr interessant, andererseits ist dies als Leser auch verwirrend. Zudem geht durch diese Erzähltechnik die Insensität des Buches flöten: so bekommt einige spannende Sachverhalte (z.B. die Scheidung, Tod etc.) nur im Nachgang mit. Die Thematisierung des titelgebenden "Versprechens" kam mir persönlich zu kurz. Allgemein wurde die Rolle Salomes als Angestellte, die ihr ganzes Leben im Dienste der Familie stellte, zu wenig thematisiert.