Die Schwimmbad-Bibliothek

Die Schwimmbad-Bibliothek

Taschenbuch
4.02
GayKlassikerGeschichteErotik, Sex, Spannung

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Haupt-Genre
N/A
Sub-Genre
N/A
Format
Taschenbuch
Seitenzahl
496
Preis
9.80 €

Beiträge

2
Alle
4

Gesellschaftskritisch und in klassisch gehobener Sprach... Die Schwimmbad-Bibliothek wirkt lange nach...

Alan Hollinghurst - "Die Schwimmbad-Bibliothek" ist schon älteren Datums (erstmalig erschienen '88). Es geht grob zusammengefasst um die Gedanke - und Gefühlswelt, sowie die Sehnsüchte und Liebeleien homosexueller Männer in den 80er Jahren, aber auch um Begegnungen mit Gewalt und Hass, sowie der Zeit, als es verboten war homosexuelle zu Lieben und zu Leben. In ruhiger Ich-Erzähler-Form begleitet der Leser den Protagonist William durch dessen Alltag. Da er keinerlei Geldsorgen hat, denn er stammt aus gutem Hause, geht er daher auch keiner geregelten Arbeit nach, sondern lebt in den Tag hinein, geht zum Sport und Schwimmen, in einschlägige Kinos, Cafés oder Bars, begutachtet dort die Männer und ist auf spontane Treffen aus. Eigentlich ein recht oberflächliches Leben, wobei er sich auf seinem hübschen Erscheinungsbild ausruht und sich scheinbar um nichts Gedanken macht Das ändert sich als er auf den 82 jährigen Charles (einen Lord) trifft, dem er das Leben rettet, und dessen Memoiren er anschließend schreiben soll. Durch unzählige Schriften erlangt er Einblick in die Lebensgeschichte Charles', dessen Leben im Sudan und sein Leben zu der Zeit, als es noch unter Strafe stand, dass Männer Männer liebten. Und plötzlich war er in seiner eigenen Lebensgeschichte gefangen...da sein eigener Großvater eine wesentliche Rolle in der damaligen strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Männer spielte... Die Textpassagen aus den Tagebüchern des Lords sind etwas schwierig aus dem Gesamttext zu entschlüsseln. Man muss schon konzertiert lesen, um nicht den Faden zu verlieren, in welcher Zeit man sich gerade befindet. In den jungen Jahren des Lords oder wieder bei William in der Gegenwart. Mir fehlt da leider etwas dir Gliederung der Textabschnitt. Es geht mir zu sehr fließend über. Aus dem Grund ist das Buch auch nicht in einem Husch zu lesen. Auch die Sprache ist alles andere als gewöhnlich. Es werden Worte genutzt, welche heute wahrscheinlich eher selten in Büchern zufinden sein werden, aber das ist es, was ich so toll finde! Worte wie "affektive Nonchalance", "pittoresk", "prätensiös", "brüskieren" oder "geflissentlich" sind nur ein paar Beispiele, die häufig genutzt werden. Ich möchte sagen, der Sprachstil ist schon etwas gehobener, vielleicht auch klassischer, aber ich mag das sehr gern! Was mir Dank meiner Lesehistorie aufgefallen ist, ich habe den Eindruck Männer schreiben viel deutlicher, rauer, weniger romantisch, als Frauen das Genre angehen, und es ist auch sehr spannend, wie sich die Gedanken der Männer um andere Männer drehen. Wie sie wen ansehen, andere Männer empfinden und welche Worte sie benutzen. Der gedankliche und emotionale Unterschied zwischen Mann und Frau bezüglich des Schreibens in diesem Genre ist wirklich beeindruckend.

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Story: Der junge Adelige William Beckwith genieß sein Leben in vollen Zügen: Partys, erotische Exzesse und ohne finanzielle Sorgen lebt der schwule Mann im London der 80er Jahre in den Tag hinein. Erst als er dem alten Lord Nantwich auf einer Toilette das Leben rettet, ändert sich sein Leben Stück um Stück. Der ehemalige Kolonialbeamte bittet den jungen Mann nämlich darum, seine Memoiren zu schreiben und übergibt Will einige seiner Tagebücher und Aufzeichnungen. Obwohl Will weniger daran interessiert ist, liest er sich doch in Nantwichs Leben ein und taucht in die damalige Zeit ein, in der Homosexualität noch strafbar war. Gleichzeitig lernt er den jungen Bodybuilder Phil kennen und lieben, und beginnt eine lose Beziehung mit ihm. Eigene Meinung: Der Roman „Die Schwimmbad-Bibliothek“ von Alan Hollinghurst erschien bereit 1988 und zählt zu den Klassikern der schwulen Literatur. Mit seinem Debüt gewann der Autor unter anderem den „Somerset Maugham Award“ und „E. M. Forster Award of the American Academy of Arts and Letters“. Auch Hollinghursts spätere Werke brachten ihm weitere Preise ein und fast durchweg positive Kritiken, weswegen er zu den bedeutendsten modernen, englischsprachigen Schriftstellern gehört. Inhaltlich legt der Autor einen kritischen Gesellschaftsroman vor, bei dem eher die Charaktere und deren Vergangenheit und die schwule Subkultur der 80er Jahre im Zentrum stehen. Er spielt zu einer Zeit, in der Aids noch keine große Rolle spielte und konzentriert sich fast vollständig auf die schwule Szene Londons. Das fällt ganz besonders an dem Punkt auf, dass es keinerlei weibliche Figuren gibt. Außer Williams Schwester, die nur am Rand erwähnt wird, kommt keine Frau vor. Man hat fast das Gefühl, als würde der Hauptcharakter das weibliche Geschlecht überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen, sondern sich rein auf die Männer der Schöpfung konzentrieren. An seiner Seite lernt der Leser das schwule London der 80er Jahre kennen und taucht ein in eine recht schamlose, zügellose Welt ein, denn William lässt wahrlich nichts anbrennen. Finanziell abgesichert, treibt er ohne Ziel durchs Leben und macht sich mit seiner Einstellung nicht nur Freunde. Erst als Nantwich in sein Leben tritt und ihn bittet seine Memoiren zu schreiben, ändert sich Maxwell ein wenig. Nantwichs Tagebucheinträge lassen nicht nur Will einen Blick in die Vergangenheit werfen – in eine Zeit, in der Homosexualität strafbar war und mit Zuchthaus geahndet wurde. Man erfährt mehr über Nantwichs Schulzeit und seine Arbeit in Afrika, die Gefahren, die mit seinen Vorlieben einhergingen und ihn schließlich sogar ins Gefängnis bringen. Dass der alternde Beamte Will aus gutem Grund ausgewählt hat, wird erst am Ende deutlich und offenbaren eines der Grundthemen des Romans: Homophobie. Diese kommt sowohl in der Vergangenheit (Nantwichs Inhaftierung und der gesellschaftliche Skandal), als auch in Williams Gegenwart (z. B. der Angriff der Rechten auf Will) zum Tragen. Die Charaktere wirken sehr authentisch – William ist nicht unbedingt der sympathische Held, mit dem man mitfiebert, da er mitunter recht arrogant und überheblich daher kommt. Dennoch machen ihn diese Ecken und Kanten menschlich, zumal er Potenzial bietet, sich im Laufe der Geschichte weiterzuentwickeln. Nantwich bleibt die meiste Zeit ein Buch mit sieben Siegeln, da seine Beweggründe recht schleierhaft bleiben und man seine Tagebuchauszüge eher bruchstückhaft serviert bekommt. Die übrigen Figuren bilden den passenden Rahmen für Wills Entwicklung und machen mitunter die schwule Szene erst lebendig: Wills bester Freund James, der schüchterne Phil, die Herren des Clubs – ganz gleich ob sie homosexuell sind oder nicht. Es ist spannend diese Charaktere durch Wills Augen zu sehen, ihre Aktionen und Reaktionen. Stilistisch legt Alan Hollinghurst ein beeindruckendes Werk vor. Wer eher leichte Unterhaltung gewohnt ist, wird am Anfang Schwierigkeiten haben, sich auf den belletristischen und gehobenen Stil einzulassen. Der Autor hat eine sehr feine, direkte Sprache, die sich besonders in den Dialogen und Beschreibungen zeigt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, ist direkt und bringt die Geschichte mit einer gewissen sprachlichen Eleganz zu Papier. Explizite Szenen werden direkt umschrieben, ohne platt und aufgesetzt zu wirken. Hin und wieder wirken einzelne Passagen allerdings zu ausufernd, so dass der Leser schnell den Bezug zur Geschichte verliert. Fazit: „Die Schwimmbad-Bibliothek“ von Alan Hollinghurst ist ein interessanter, gesellschaftskritischer Roman, der durch die Figuren, die sprachliche Finesse und den gelungenen Einblick in die schwule Subkultur der 80er Jahre lebt. Der Autor gewann zurecht Preise für dieses bemerkenswerte Debüt, da es verschiedene Probleme (auch innerhalb der schwulen Szene) anspricht und damit zum Nachdenken anregt. Wer gehobene Literatur bevorzugt und sich nicht vor einigen ausufernden Szenen scheut, sollte einen Blick riskieren. Zu empfehlen.

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