Untersuchungen zum Reibleistungsverhalten von Wellen-Lagerungen für PKW-Abgasturbolader

Moderne Personenkraftwagen (PKW) werden aufgrund des im Vergleich zu Saugmotoren höheren Potenzials von „aufgeladenen“ Motoren hinsichtlich Leistungssteigerung und Kraftstoffeinsparung zukünftig im Diesel- und verstärkt auch im Otto-Sektor mit Abgasturboladern (ATL) ausgestattet werden. Die aus der Abgasturboaufladung hervorgehende Erhöhung des mittleren Motorarbeitsdrucks bei konstant gehaltener Motordrehzahl und -hubvolumen ermöglicht die Anhebung des Drehmoments und somit der Leistung des Antriebsaggregats. Da die hierfür notwendige Energie dem Abgas des Motors entnommen wird, lässt sich mit diesem Verfahren im Rahmen von Downsizing-Konzepten auch eine Kraftstoff- und Schadstoffemissionsreduktion realisieren. Die Lagerung eines ATL für PKW stellt wiederum einen Erfolg versprechenden Ansatzpunkt für die Optimierung des mechanischen Wirkungsgrads und somit des Leistungsvermögens des Subsystems Abgasturbolader dar. Bei PKW-ATL ist vor allem eine Reduktion der Lagerreibung unterhalb von 100.000min-1 und damit verbunden, eine Verbesserung des instationären Betriebsverhaltens im niederen Drehzahl- bzw. Teillastbereich des Motors von Interesse. Aus diesem Grund werden in der vorliegenden Abhandlung verschiedenartige ATL-Lagerungskonzepte hinsichtlich ihres Reibleistungsverhaltens analysiert und bewertet. Zur Quantifizierung der vorhandenen Leistungsreserven wurde eine ATL-Gleitlagervariante eingehend und drei Hybrid-Wälzlagerungskonzepte mittels stationärer Stichversuche auf einem im Rahmen dieses Projekts neu entwickelten, modularen ATL-Reibleistungsprüfstand untersucht. Als Basis hierfür werden verschiedene Verfahren zur Ermittlung der ATL-Lagerreibleistung vorgestellt und miteinander verglichen. Die schließlich an dem Prüfstand realisierte direkte Bestimmung des Lagerreibmoments ermöglicht, mittels der Durchführung von Parameterstudien, die Wirkung einzelner Einflussfaktoren auf die Lagerreibung zu erfassen. Die hierbei gewonnenen Messergebnisse und Wirkzusammenhänge werden den theoretischen Ansätzen verschiedener analytischer Lagerberechnungsverfahren gegenübergestellt. Dabei wird vertieft auf die sich aus den spezifischen Randbedingungen beim Einsatz einer Lagerung in einem ATL ergebenden Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen Theorie und Experiment eingegangen. Außerdem wird untersucht, inwieweit die Messungen mit den von den ATL-Herstellern zur Abschätzung der Lagerverlustleitung vorgegebenen Reibleistungspolynomen übereinstimmen. Die durchgeführten Messungen verdeutlichen, dass die Reibleistungspolynome, die nur von der Drehzahl abhängige Funktionen darstellen, für eine erste, grobe Abschätzung der ATL-Lagerreibung verwendet werden können. Abweichungen je nach Betriebszustand von bis zu 70% zwischen Experiment und Polynom dokumentieren aber, dass für eine exakte Abbildung der ATL-Lagerung eine Funktion notwendig ist, die zusätzlich zur ATL-Drehzahl auch die anderen Faktoren berücksichtigt, die die Reibung im Abgasturbolader beeinflussen. Schließlich werden dann die gemessenen Reibleistungen der verschiedenen Lagervarianten einander gegenüber gestellt und die sich ergebenden Reibleistungsreduktions-potenziale diskutiert. Dabei lässt sich bei einer Substitution der hydrodynamischen ATL-Gleitlagerung durch durchlaufgeschmierte Hybrid-Schrägkugellagervarianten abhängig von den Betriebsbedingungen, dem verwendeten Lagertyp und dem Schmierungszustand eine Reduktion der Lagerreibung von bis zu 75% beobachten. Weiteres Potenzial hinsichtlich einer Verringerung der Lagerverluste bietet der Einsatz minimalgeschmierter Wälzlagerungssysteme. Erste Stichversuche zeigen, dass die Reibleistung bei dieser Schmierungsvariante im Vergleich zur Durchlaufschmierung nochmals deutlich reduziert werden kann.