Und hinter mir das Nichts

Und hinter mir das Nichts

Hardcover
4.49

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Beschreibung

Es hätte ein gewöhnlicher Tag für Sara Becker werden können – wäre da nicht die Nachricht vom Suizid Martin Mangolds gewesen. Die junge Psychotherapeutin trifft keine Schuld am Tod ihres Patienten. Und dennoch ist mit einem Mal nichts mehr, wie es war. Sara fühlt sich fremd in den Sitzungen mit ihren Patienten, fremd in ihrer Beziehung und fremd an ihrem Wohnort, der sie mehr und mehr an ihre Kindheit erinnert. Doch nicht nur das: Plötzlich scheint der Tod hinter allen Personen zu stehen, denen sie begegnet. Vor allem aber hinter ihr selbst. Sara stellt ihr bisheriges Leben zunehmend in Frage, die Welt um sie wird enger und enger – bis eines Tages eine junge Frau auftaucht, die sich als Nikto vorstellt. Was zunächst wie eine zufällige Begegnung wirkt, ist in Wahrheit viel mehr. Denn Nikto hat nicht nur Martin Mangold gekannt, sie weiß auch alles über Saras Leben und ihre Vergangenheit. Wer ist diese Frau? Wie kann es sein, dass sie einen inneren Raum in Sara öffnet, von dem sie glaubte, er sei längst verschlossen? Sara stürzt ins Bodenlose. Mit einem sicheren Gespür für Zwischentöne erzählt Berthe Obermanns von den Ängsten und Unsicherheiten, die das Menschsein mit sich bringt, vor allem aber von der Kraft, die zum Vorschein kommt, wenn es gelingt, sich von ihnen zu befreien. Ein verblüffender, ein aufwühlender Roman über das Nebenein­ander von Lüge und Wahrheit, von Traum und Realität, von Enge und Ausbruch. Über Leerstellen in uns selbst, die es zu erkunden gilt. Über den Versuch, sich im Erinnern dem eigenen Leben zu stellen.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Hardcover
Seitenzahl
250
Preis
24.70 €

Autorenbeschreibung

Berthe Obermanns, geboren 1986, studierte Jura in Konstanz. Als Rechtsanwältin im Straf- und Migrationsrecht arbeitete sie unter anderem in Berlin. Dabei interessiert sie sich in erster Linie für die Menschen hinter den Fällen und deren Geschichten. Sie schreibt über das Gute und Böse in jedem von uns, über menschliche Schicksale und die Ambivalenzen des Lebens. Berthe Obermanns lebt und arbeitet heute in Karlsruhe. Ihr Debütroman Gleich unter der Haut erschien 2022 im Osburg Verlag.

Beiträge

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Alle
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„𝘌𝘣𝘦𝘯 𝘸𝘢𝘳 𝘦𝘴 𝘥𝘰𝘤𝘩 𝘯𝘰𝘤𝘩 𝘥𝘢 𝘨𝘦𝘸𝘦𝘴𝘦𝘯, 𝘥𝘪𝘦𝘴𝘦𝘴 𝘓𝘦𝘣𝘦𝘯, 𝘥𝘢𝘴 𝘮𝘦𝘪𝘯𝘦𝘴 𝘸𝘢𝘳 - 𝘻𝘶𝘮𝘪𝘯𝘥𝘦𝘴𝘵 𝘳𝘦𝘪𝘯 𝘧𝘢𝘬𝘵𝘪𝘴𝘤𝘩, 𝘢𝘶𝘧 𝘥𝘦𝘮 𝘗𝘢𝘱𝘪𝘦𝘳.“ (𝘚.74) Sara ist Psychotherapeutin mit eigener Praxis. Sie sitzt schon auf gepackten Umzugskisten, will gerade bei ihrem (unter uns, sehr unsympathischen) Freund einziehen, als etwas passiert, was ihr Leben komplett aus der Bahn wirft. Ein Patient von ihr, Herr Mangold, begeht Suizid. Nichts hat vorher darauf hin gedeutet und sie macht sich Vorwürfe irgendetwas übersehen zu haben, nicht die richtigen Fragen gestellt zu haben… Von diesem Augenblick an ist alles anders: Sie hinterfragt sich selbst und ihre Beziehung, kann ihre Arbeit nicht aufrecht erhalten, verlässt ihren Freund, findet sich in Gedanken immer wieder mit ihrer Kindheit und der eigenen Endlichkeit konfrontiert. Eines Tages taucht plötzlich Nikto, eine unbekannte Frau auf, die Sarah seltsam vertraut vorkommt und eine Menge über ihr Leben zu wissen scheint. Doch kann diese ihr helfen wieder zu sich selbst zu finden? - Ich hab mich wahnsinnig auf das 2. Buch der Autorin gefreut, war ich doch von ihrem Debüt „Gleich unter der Haut“ komplett hingerissen. Und was soll ich sagen: Ich wurde nicht enttäuscht. Berthe Obermanns versteht es sich in Menschen einzufühlen und Themem zu skizzieren, von denen man gern die Finger lässt. Suizid und psychische Erkrankungen sind solche Themen, die Bearbeitung ist ihr grandios gelungen. Zum einen kommt es durch den Freitod von Herrn Mangold, nicht nur bei der Protagonistin Sara, zu Fragen: Was bringt einen Menschen dazu dem Leben selbst ein Ende zu setzen? Hätte es verhindert werden können? Wer trägt Schuld und hat diese überhaupt jemand? Und ganz allgemein: Ist es überhaupt angemessen die Entscheidung einer Person zu hinterfragen? Sara verrennt sich regelrecht in diese Fragen, analysiert wieder und wieder Gesprächsprotokolle, versucht einen roten Faden zu finden und scheitert. Der Tod nimmt sie so wahnsinnig mit, warum bleibt unklar, könnte aber auf fehlende oder geringe Resilienz bedingt durch ihre Kindheit zurück zu führen sein. „𝘏𝘦𝘶𝘵𝘦 𝘸𝘦𝘪ß 𝘪𝘤𝘩, 𝘥𝘢𝘴𝘴 𝘦𝘴 𝘢𝘶𝘤𝘩 𝘚𝘤𝘩𝘮𝘦𝘳𝘻𝘦𝘯 𝘨𝘪𝘣𝘵, 𝘥𝘪𝘦 𝘦𝘸𝘪𝘨 𝘢𝘯𝘩𝘢𝘭𝘵𝘦𝘯, 𝘧𝘶̈𝘳 𝘪𝘮𝘮𝘦𝘳 𝘸𝘦𝘩𝘵𝘶𝘯.“ (𝘚.65) Viel erfahren wir nicht darüber, die Erinnerungen bleiben schwammig, aber es schwingt viel Düsteres mit, viel Verdrängtes… Es bleibt Lesenden selbst überlassen Interpretationen zu kreieren und Schlüsse zu ziehen. Der Auftritt von Nikto bleibt auch vorerst rätselhaft. Was will diese Frau? Woher weiß sie soviel? Es macht den Anschein als würde sie Sara (auf nicht grad einfühlsame Art) anleiten, die richtigen Fragen stellen, versuchen sie zurück ins Leben zu führen und auch mit der Vergangenheit abzuschließen. Erst relativ spät ist mir klar geworden, wer Nikto eigentlich ist. Auch hier bleibt Obermanns undeutlich, lädt zu Spekulationen ein, lässt meine bestehende Meinung immer wieder umbrechen. Sie schafft es perfekt ein, in meinen Augen, wenig bekanntes psychologisches Krankheitsbild einzuflechten, auf das ich leider an dieser Stelle nicht näher eingehen kann, da dies viel zu viel vorwegnehmen würde, daher lest es einfach selbst (und meldet euch gern, wenn ihr euch darüber austauschen wollt). - Im Fazit konnte mich „Und hinter mir das Nichts“ ebenso begeistern, wie das Debüt. Ein sehr gelungener Roman, der mit Tabus bricht, sehr viel Raum für eigene Gedanken bietet und die Grenzen der Realität gekonnt aufweicht.

5

Herr Mangold ist tot. Selbstmord. Am Matterhorn. Sara hat keine Schuld daran, auch wenn sie seine Therapeutin war. Und dennoch lässt dieses Ereignis ihr Leben komplett aus den Fugen geraten. Nichts scheint sie mehr machen zu können wie zuvor; Therapiesitzungen mit Patient*innen erscheinen ihr nun ebenso undenkbar wie ein Zusammenleben in der ländlichen Kleinstadtidylle mit ihrem Freund Steffen. Und dann taucht da auch noch eine mysteriöse Frau namens Nikto auf, die Sara einerseits so bekannt und vertraut vorkommt, die sie andererseits aber überhaupt nicht greifen kann. Wer ist Nikto? Woher kommt sie? Und woher weiß sie so viel über Sara? Sprachlich und literarisch ist ‚Und hinter mir das Nichts‘ ganz groß. Wie schön, klug und geschickt formuliert sind bitte folgende Sätze?!: „Na, du lügst, du sagst, was nicht ist und negierst damit zugleich das, was ist. Also muss es das Nichts geben, damit erkennst du es doch selbst an.“ Aber Berthe Obermanns kann nicht nur unvergleichlich gut mit Sprache umgehen: Sie weiß auch äußerst geschickt literarische und philosophische Motive in ihren Texten zu verpacken. Ich habe für mich diverse Anleihen an Samuel Beckett und das absurde Theater erkannt. Ebenso wie Sara und Nikto, die gemeinsam erkennen, „dass nichts einen Sinn hat“ (S. 243), stellt ja auch Beckett die Sinnlosigkeit der Welt sowie die Selbstentfremdung des Menschen in den Mittelpunkt seiner Werke. Allerdings gelingt es Berthe Obermanns auf wunderschöne und grandiose Weise das Positive an der Zufälligkeit der Existenz und der damit verbundenen Sinnlosigkeit des Seins darzustellen. Denn man kann sich ihm stellen, „dem Nichts und dem Leben. Alles ist einfach so da.“ (S. 247). Diese Botschaft hat mich sehr berührt, mir Hoffnung gegeben und der insgesamt eher düsteren Stimmung der Geschichte einen Lichtblick verliehen. Chapeau, liebe Berthe!! Das, was du da produziert hast, ist für mich ein literarisches Highlight (und nicht ‚einfach nur ein Roman‘)!

5

"Niemand ist da, der das Fenster in mir öffnet, nach dem ich suche." S.188 "Ich log, um der Wirklichkeit Sinn zu geben und weil die Lügen es leichter machen."S.32 "Wie schnell sich Realitäten verändern konnten-von jetzt auf gleich. " Berthe Obermanns hat mit "und hinter mir das Nichts" wieder einen fesselnden und tiefgründigen Roman geschrieben, der noch lange nachwirkt. Direkt nach dem Lesen der letzten Seiten war ich aufgewühlt und hatte mehrere Fragezeichen im Kopf. Mit einigen Tagen Abstand und reichlich Zeit zum Nachdenken über die Thematik wurde für mich einiges klarer. "Und hinter mir das Nichts" ist keine Lektüre für Zwischendurch und auch keine leichte Kost. Protagonistin Sara ist Psychotherapeutin und erfährt, dass sich einer ihrer Patienten das Leben genommen hat. Diese Information lässt Saras bisheriges Leben wie ein Kartenhaus zusammen fallen. Ihr Leben scheint für sie keinen Sinn mehr zu haben. Lange fragt man sich als Leser*in, warum das so ist. Erst nach und nach erfährt man häppchenweise etwas über ihre Vergangenheit. Sara versucht herauszufinden, warum sich ihr Patient umgebracht hat und fragt sich, ob sie Schuld sein könnte. Irgendwann trifft sie Nikto, die sich mit Sara auf eine besondere Reise begibt. Auch wenn man von Anfang an ahnt, dass Nikto keine reale Person ist, erhält man erst am Ende die Auflösung. Sprachlich konnte mich die Autorin wieder absolut überzeugen. Wie auch schon in ihrem ersten Roman "Gleich unter der Haut" gelingt es Berthe Obermanns immer nur so viel zu sagen, wie absolut nötig. Es bleibt immer genug Interpretationsspielraum. Realität und Fiktion verschwimmen stellenweise fließend. Ich persönlich hätte mir dieses Mal tatsächlich die eine oder andere Information mehr gewünscht. Manche Themen werden mehrfach angesprochen, dann aber nicht näher erklärt. So beispielsweise die Thematik mit dem Pastor und dem Glauben. Das ist aber eine ganz persönliche Empfindung von mir und Meckern auf ganz hohem Niveau. Möglicherweise liegt es auch daran, dass Protagonistin Sara für mich nicht richtig greifbar war und ich lange nicht warm mit ihr wurde. Je mehr man über sie erfuhr, desto mehr konnte man sie verstehen. Im letzten Teil nimmt die Geschichte nochmal richtig Tempo auf und dann zum Ende zu kommen. Fazit: Ein absolut lesenswerter Roman, für den man sich aber Zeit nehmen sollte, um das Gesagte und das Nichtgesagte wirken zu lassen.

3.5

Eine Frau am Rande des Abgrunds

Schon @berthe erster Roman „Gleich unter der Haut“ befasste sich mit Tabu Themen, die einem schwer auf der Seele liegen. Auch in ihrem zweiten Werk begegnen wir diesen Gedanken auf eine noch intensivere, noch bedrückendere Art. Sara wächst in einer gottesfürchtigen Umgebung auf. Sie ist das Kind -ich mutmaße mal -von Sieben-Tage-Adventisten. Viele Regeln und Verbote, ein streng christliches Leben und die Angst vor Gott und vor der Hölle bestimmen ihre Kindheit und Jugend. Später studiert sie Psychologie, eröffnet eine Praxis, und einer ihrer ersten Patienten begeht einen Suizid. Das wirft Sara aus der Bahn. Sie beendet ihre Beziehung und setzt sich fortan mit ihrem Leben und vor allem dem Tod auseinander. Dabei begegnet sie Nikto, einer ätherischen Blaupause ihrer selbst. Diese nimmt sie an die Hand und begibt sich mit ihr auf eine Reise in ihr Inneres. Nikto bedeutet in mehreren slawischen Sprachen „Niemand“, und genau das ist sie-niemand relles, niemand lebendiges- ist sie das „Nichts“?Die beiden philosophieren und reflektieren, stellen sich Fragen nach dem Tod und was von uns bleibt. Sie suchen nach Antworten. Immer wieder erfahren wir in Rück- und Ausblicken von meist düsteren Erinnerungen und Ereignissen, die Sara umtreiben. Dabei ist nicht immer klar, ob es um reale Begebenheiten geht oder ob diese Gedanken nur in Saras Kopf stattfinden. Die Stimme in ihr, ihre Schlüsse und vor allem ihre teils drastischen Affekthandlungen erinnern mich an die Symptome einer Psychose. Nikto wirkt dabei, wie der Stempel, der den Abdruck ihres Lebens wieder gibt. Beate Obermanns hat sprachlich wieder ein Meisterwerk abgeliefert. Die Sätze regen an zum nachdenken, sind klar und präzise. Die Figurenzeichnung hat für mich auch wieder funktioniert, nur fiel es mir unglaublich schwer, mit Sara zu fühlen. Ihre Motivation war für mich nicht plausibel. Die Massivität ihrer Reaktion auf den Suizid ihres Klienten schien plötzlich zu kommen, auch für sie selbst. Da frage ich mich natürlich, wie sie das im Rahmen eines Psychologie Studiums vor sich selber verbergen konnte. Je klarer mir wurde, dass wir es mit einer Frau zu tun haben, die schwerwiegende psychische Probleme hat, desto besser konnte ich mit Saras Art umgehen. Ich finde es aber wichtig zu erwähnen, dass wir es hier mit ein paar Szenen zu tun haben, die schwer zu verdauen sind. Selbstverletzung wird deutlich beschrieben, wirkt aber in ihrer Ausführung oft unwirklich. Die Auseinandersetzung mit dem Tod schneidet wie ein tiefes Messer, manchmal im wahrsten Sinne des Wortes. Deswegen würde ich diesen Text Menschen mit akuten psychischen Problemen nicht empfehlen. Die abschließende Erkenntnis von Sarah war für mich zwar vorhersehbar, kommt aber genau so plötzlich wie der Absturz. Trotzdem ist aber diese Wendung meines Erachtens ein wichtiger Schlusspunkt. Eine surreale Geschichte, die mit dem Dasein kämpft und mit dem was danach kommt. Alles wird mit philosophischem Gehalt analysiert, driftet ab und findet mühsam wieder in die Wirklichkeit. Das allerdings sprachlich auf sehr hohem Niveau. Leider hatte ich Probleme die Botschaft anzunehmen. Für mich war das alles sehr düster und depressiv, aber noch schwieriger, fand ich, dass ich mit den Gedanken von Sara und Nikto nicht mitgehen konnte. Ich glaube aber, dass auch dieser Roman seine Leser*innen finden wird, die die Qualität des Plots deutlicher erkennen. PS. Besonders gefreut habe ich mich über zwei Dinge, die in dem Roman vorkamen: Eine meiner Lieblingsgruppen „Fortuna Ehrenfeld“ @fortuna wird nicht unwesentlich erwähnt und das Matterhorn mit der Hörnlihütte, die ich selber schon besucht habe, ist einer der Schauplätze

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