Stilldancer. Katalog
von Klaus Theweleit
Taschenbuch
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Beschreibung
Daß Filme über Leinwände flimmern, wird zwar immer schon gesagt – geschrieben – so unabweisbar wie hier ist es aber selten zu sehen. Nicht als Folge schlechter, stotternder Projektion, vielmehr als Folge des Arbeitsprozesses: des Malens mit Pinseln auf entwickelten Filmstreifen. Monika Schwitte malt auf Film, mehr noch, sie malt Film. Nicht im Sinne von Animation, keine Zeichentrick-Konkurrenzen. Im Gegenteil: ihre Malbewegung löscht Figürliches eher aus. Wir finden uns in einem Ablauf flimmernder oder auch flammender Bildfragmentierungen. Löschungen, Übermalungen. Ausgangsmaterialien sind 35mm-Filmstreifen, beim Schneiden von Spielfilmen herausgefallene Filmmeter, von Monika Schwitte vorm Papierkorb bewahrt und auf ihrem Licht- bzw. Schneidetisch gelandet. Ein Bild, das Bild, ist also schon da, wenn sie beginnt. Indem ihr feiner Pinsel, getaucht in schwarze Tusche, sich dem Bild nähert, muß er notwendig etwas an ihm auslöschen. Das Malen ist Übermalen; 24 mal pro Sekunde Filmmeter. Für einen Filmstreifen von 1 Minute Länge heißt das: 1440 Filmkader, jeder dreieinhalb Zentimeter breit, sind zu übermalen; eine Filigranarbeit, die 1440 mal einen Teil des Filmbildes löscht, eine neue schwarze Spur darüber legt.[…]
Die Wirkungsweise des Films wird als somatisierend verstanden. Somatisieren tun Kunstwerke allerdings immer; insofern sie Wahrnehmungsveränderungen, und das heißt im stärksten Fall Hirnveränderungen bewirken, die, wie die neueste Hirnforschung belegt, sich immer auch in körperlich-muskulären Niederschlägen manifestieren (= der Körper speichert). Die Frage ist, auf welch jeweils spezifische Weise das geschieht. Um das für Monika Schwittes Anagramm-Film zu beschreiben, scheinen mir die Wörter Farbkörper und pulsierendes Organ präzise Annäherungen. Es flackert, flimmert, flirrt nicht nur, es pulsiert. Licht und Rhythmen pulsieren und beleben einen Farbkörper, der sich schlängelnd ausbreitet und hervorschiebt aus seinen schwarzen Tusche-Umrahmungen; hervorschlängelt, um eine Verbindung einzugehen mit dem Pulsieren des Zuschauerleibs. Was pulsiert unter / in der Schwärze von dessen Körper-Innen? Eine Songzeile kommt mir (nicht erst hier) in den Sinn: I see a red door and I want to paint it black
– The Rolling Stones.
Haupt-Genre
Fachbücher
Sub-Genre
Kunst
Format
Taschenbuch
Seitenzahl
64
Preis
14.40 €
Verlag
Stroemfeld
Erscheinungsdatum
13.02.2008
ISBN
9783866000209
Beschreibung
Daß Filme über Leinwände flimmern, wird zwar immer schon gesagt – geschrieben – so unabweisbar wie hier ist es aber selten zu sehen. Nicht als Folge schlechter, stotternder Projektion, vielmehr als Folge des Arbeitsprozesses: des Malens mit Pinseln auf entwickelten Filmstreifen. Monika Schwitte malt auf Film, mehr noch, sie malt Film. Nicht im Sinne von Animation, keine Zeichentrick-Konkurrenzen. Im Gegenteil: ihre Malbewegung löscht Figürliches eher aus. Wir finden uns in einem Ablauf flimmernder oder auch flammender Bildfragmentierungen. Löschungen, Übermalungen. Ausgangsmaterialien sind 35mm-Filmstreifen, beim Schneiden von Spielfilmen herausgefallene Filmmeter, von Monika Schwitte vorm Papierkorb bewahrt und auf ihrem Licht- bzw. Schneidetisch gelandet. Ein Bild, das Bild, ist also schon da, wenn sie beginnt. Indem ihr feiner Pinsel, getaucht in schwarze Tusche, sich dem Bild nähert, muß er notwendig etwas an ihm auslöschen. Das Malen ist Übermalen; 24 mal pro Sekunde Filmmeter. Für einen Filmstreifen von 1 Minute Länge heißt das: 1440 Filmkader, jeder dreieinhalb Zentimeter breit, sind zu übermalen; eine Filigranarbeit, die 1440 mal einen Teil des Filmbildes löscht, eine neue schwarze Spur darüber legt.[…]
Die Wirkungsweise des Films wird als somatisierend verstanden. Somatisieren tun Kunstwerke allerdings immer; insofern sie Wahrnehmungsveränderungen, und das heißt im stärksten Fall Hirnveränderungen bewirken, die, wie die neueste Hirnforschung belegt, sich immer auch in körperlich-muskulären Niederschlägen manifestieren (= der Körper speichert). Die Frage ist, auf welch jeweils spezifische Weise das geschieht. Um das für Monika Schwittes Anagramm-Film zu beschreiben, scheinen mir die Wörter Farbkörper und pulsierendes Organ präzise Annäherungen. Es flackert, flimmert, flirrt nicht nur, es pulsiert. Licht und Rhythmen pulsieren und beleben einen Farbkörper, der sich schlängelnd ausbreitet und hervorschiebt aus seinen schwarzen Tusche-Umrahmungen; hervorschlängelt, um eine Verbindung einzugehen mit dem Pulsieren des Zuschauerleibs. Was pulsiert unter / in der Schwärze von dessen Körper-Innen? Eine Songzeile kommt mir (nicht erst hier) in den Sinn: I see a red door and I want to paint it black
– The Rolling Stones.
Haupt-Genre
Fachbücher
Sub-Genre
Kunst
Format
Taschenbuch
Seitenzahl
64
Preis
14.40 €
Verlag
Stroemfeld
Erscheinungsdatum
13.02.2008
ISBN
9783866000209