Shape Me
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Beschreibung
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1 Punktabzug, weil ich absolut keine Atmoshäre gespürt habe. Alles war kalt, Beton und Glas, selbst dort, wo es mehr hätte geben können. 5 Punkte für pflegende Kinder und Jugendliche, die es zwar gibt, aber von unserer Gesellschaft nicht wahrgenommen werden. Klasse, dass sie hier gezeigt werden. Shape Me mag man erst auf Körper anwenden, aber es ist die Kindheit, die einen Erwachsenen formt. Podcast zum Thema: https://avdlswr-a.akamaihd.net/swr/swr2/wissen/sendungen/wissen/swr2-wissen-20200713-wenn-minderjaehrige-die-eltern-pflegen-zwischen-sorge-und-ueberforderung.m.mp3
"Shape Me" besticht mit einer absolut interessanten Prämisse und spannender Handlung, sehr gut erzählt in einem Mix aus POV-Kapiteln und Verhören mit Zeugenaussagen und Tapes. Nena Jean lebt in einem Neueuropa, in dem alle Bürger ein tägliches Kalorienbudget haben. Was mit dem tollen Versprechen daher kommt, dass niemand mehr hungern muss, bringt eine völlig andere Welt und ein völlig anderes Denken zutage und nicht mehr Gleichheit und weniger Ungerechtigkeit. Denn wer unten ist, muss schmerzhaft erfahren, dass ohne Kalorienbudget nicht nur keine Nahrung zu haben ist, man wird auch als Foodjunkie beschimpft und fällt durch alle Raster. Die ganz oben dagegen finden nicht nur Mittel und Wege, zu schlemmen, wie sie wollen, durch die Technik des Körpertausches bei Shape Me, einem Konzern, der Körpertausch ermöglicht, gibt es sogar eine Möglichkeit für sie abzunehmen, ohne sich selbst darum zu kümmern. Denn sogenannte Trainer, wie die zweite POV Tess Trimm, überlassen für den vertraglich festgelegten Zeitraum ihren trainierten Körper den Kund*innen und übernehmen den übergewichtigen Körper. Dieses Konzept fand ich sehr spannend. Es ist an einigen Stellen nicht unkritisch, aber ich habe es nicht als fettfeindlich gelesen, sondern als Kritik an einem System, das so viel Wert auf das Gewicht legt, ja jemanden sogar als Unmensch fallen lässt, der sich nicht an die strengen Regeln hält. Gleichzeitig kommt noch eine zweite Thematik dazu, die sich in ähnlicher Weise um Kontrolle am eigenen Körper widmet und Akzeptanz des Körpers und einer chronischen Krankheit. Die Dystopie entlarvt sich in dem Moment, in dem Nena Jean das undenkbare passiert: ihr Körper wird gestohlen und sie wacht morgens im Körper einer Fremden auf ... Die kriminalistische Handlung war durchaus spannend. Was mir hier und da etwas gefehlt hat, weil kein Fokus darauf lag: wie funktioniert die Technik denn nun eigentlich? In einer Szene haben sie Kappen auf, um den Verstand von einem Körper in den anderen zu transferieren, aber Nena Jean liegt ahnungslos in ihrem Bett und schläft... habe ich eine Szene überlesen, in der jemand bei ihr eingebrochen ist, sie betäubt hat, ihr diese Kappe aufgesetzt hat und dann mit dem Körper rausspaziert ist? Wovon hängt das noch ab? Anfangs heißt es, Geschlechterübergreifend wird nicht gern gesehen, aber Probleme scheint es da nicht zu geben. Der Aspekt des Worldbuildings war für mich etwas konfus. Interessanter Ansatz und spannend zu lesen, aber nur mit Einschränkungen zu empfehlen (s. weiter unten für Content Notes). Mich hat vor allem ein Punkt sehr mitgenommen, den ich weder erwartet hatte noch gebraucht hätte. Ansonsten Content Notes: Fettfeindlichkeit, Essstörungen erwähnt, Tod, Blut, Krankheit, Krankenhäuser, sehr grafischer Tod eines Haustiers (das ist der Punkt, der mich viel zu sehr mitgenommen hat)
Das Stehlen des eigenen Körpers ist etwas, das in der aktuellen Gesellschaft wohl relativ unwahrscheinlich bis unmöglich sein sollte. Doch genau das passiert Nena Jean im Roman „Shape Me“ von Melanie Vogltanz. Melanie Vogltanz schafft mit „Shape Me“ nicht nur dystopische Science Fiction. Es handelt sich vielmehr um ein Horrorszenario, in dem Fettleibigkeit ausgemerzt gehört und jedem Normkörper ein bestimmtes Kaloriensaldo zugeordnet wird. All dies wird erschreckend realistisch beschrieben, so dass dieser Roman im Endeffekt wohl einer der bedrückendsten ist, den ich in letzter Zeit gelesen habe. Die beiden Protagonistinnen, Tess und Nena, tragen ebenfalls zur düsteren Stimmung bei. Während Tess derart hart, arrogant und auf ihre Meinung fixiert ist, dass es einem schier die Sprache verschlägt, kann man bei Nena nichts anderes, als mitleiden. Innerhalb dieser nicht mal 300 Seiten werden zudem so viele Themen angesprochen, dass es fast scheint, als wäre jeder Satz ein einziger Spoiler. Hier steckt – neben der zentralen Thematik – so viel Material zum Kopfschütteln, wütend sein und Nachdenken darin, dass man regelrecht auf eine emotionale Achterbahn geschickt wird. So bin ich von „Shape Me“ wirklich sehr begeistert. Auch wenn die Thematik schwierig ist und wahrscheinlich nichts für jedermann ist, kann ich den Roman wirklich jedem empfehlen, der auch die Einstellung hat, dass Literatur nicht immer Spaß machen und unterhalten muss. Volle Punktzahl und Hut ab vor diesem ganz starken Werk!
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1 Punktabzug, weil ich absolut keine Atmoshäre gespürt habe. Alles war kalt, Beton und Glas, selbst dort, wo es mehr hätte geben können. 5 Punkte für pflegende Kinder und Jugendliche, die es zwar gibt, aber von unserer Gesellschaft nicht wahrgenommen werden. Klasse, dass sie hier gezeigt werden. Shape Me mag man erst auf Körper anwenden, aber es ist die Kindheit, die einen Erwachsenen formt. Podcast zum Thema: https://avdlswr-a.akamaihd.net/swr/swr2/wissen/sendungen/wissen/swr2-wissen-20200713-wenn-minderjaehrige-die-eltern-pflegen-zwischen-sorge-und-ueberforderung.m.mp3
"Shape Me" besticht mit einer absolut interessanten Prämisse und spannender Handlung, sehr gut erzählt in einem Mix aus POV-Kapiteln und Verhören mit Zeugenaussagen und Tapes. Nena Jean lebt in einem Neueuropa, in dem alle Bürger ein tägliches Kalorienbudget haben. Was mit dem tollen Versprechen daher kommt, dass niemand mehr hungern muss, bringt eine völlig andere Welt und ein völlig anderes Denken zutage und nicht mehr Gleichheit und weniger Ungerechtigkeit. Denn wer unten ist, muss schmerzhaft erfahren, dass ohne Kalorienbudget nicht nur keine Nahrung zu haben ist, man wird auch als Foodjunkie beschimpft und fällt durch alle Raster. Die ganz oben dagegen finden nicht nur Mittel und Wege, zu schlemmen, wie sie wollen, durch die Technik des Körpertausches bei Shape Me, einem Konzern, der Körpertausch ermöglicht, gibt es sogar eine Möglichkeit für sie abzunehmen, ohne sich selbst darum zu kümmern. Denn sogenannte Trainer, wie die zweite POV Tess Trimm, überlassen für den vertraglich festgelegten Zeitraum ihren trainierten Körper den Kund*innen und übernehmen den übergewichtigen Körper. Dieses Konzept fand ich sehr spannend. Es ist an einigen Stellen nicht unkritisch, aber ich habe es nicht als fettfeindlich gelesen, sondern als Kritik an einem System, das so viel Wert auf das Gewicht legt, ja jemanden sogar als Unmensch fallen lässt, der sich nicht an die strengen Regeln hält. Gleichzeitig kommt noch eine zweite Thematik dazu, die sich in ähnlicher Weise um Kontrolle am eigenen Körper widmet und Akzeptanz des Körpers und einer chronischen Krankheit. Die Dystopie entlarvt sich in dem Moment, in dem Nena Jean das undenkbare passiert: ihr Körper wird gestohlen und sie wacht morgens im Körper einer Fremden auf ... Die kriminalistische Handlung war durchaus spannend. Was mir hier und da etwas gefehlt hat, weil kein Fokus darauf lag: wie funktioniert die Technik denn nun eigentlich? In einer Szene haben sie Kappen auf, um den Verstand von einem Körper in den anderen zu transferieren, aber Nena Jean liegt ahnungslos in ihrem Bett und schläft... habe ich eine Szene überlesen, in der jemand bei ihr eingebrochen ist, sie betäubt hat, ihr diese Kappe aufgesetzt hat und dann mit dem Körper rausspaziert ist? Wovon hängt das noch ab? Anfangs heißt es, Geschlechterübergreifend wird nicht gern gesehen, aber Probleme scheint es da nicht zu geben. Der Aspekt des Worldbuildings war für mich etwas konfus. Interessanter Ansatz und spannend zu lesen, aber nur mit Einschränkungen zu empfehlen (s. weiter unten für Content Notes). Mich hat vor allem ein Punkt sehr mitgenommen, den ich weder erwartet hatte noch gebraucht hätte. Ansonsten Content Notes: Fettfeindlichkeit, Essstörungen erwähnt, Tod, Blut, Krankheit, Krankenhäuser, sehr grafischer Tod eines Haustiers (das ist der Punkt, der mich viel zu sehr mitgenommen hat)
Das Stehlen des eigenen Körpers ist etwas, das in der aktuellen Gesellschaft wohl relativ unwahrscheinlich bis unmöglich sein sollte. Doch genau das passiert Nena Jean im Roman „Shape Me“ von Melanie Vogltanz. Melanie Vogltanz schafft mit „Shape Me“ nicht nur dystopische Science Fiction. Es handelt sich vielmehr um ein Horrorszenario, in dem Fettleibigkeit ausgemerzt gehört und jedem Normkörper ein bestimmtes Kaloriensaldo zugeordnet wird. All dies wird erschreckend realistisch beschrieben, so dass dieser Roman im Endeffekt wohl einer der bedrückendsten ist, den ich in letzter Zeit gelesen habe. Die beiden Protagonistinnen, Tess und Nena, tragen ebenfalls zur düsteren Stimmung bei. Während Tess derart hart, arrogant und auf ihre Meinung fixiert ist, dass es einem schier die Sprache verschlägt, kann man bei Nena nichts anderes, als mitleiden. Innerhalb dieser nicht mal 300 Seiten werden zudem so viele Themen angesprochen, dass es fast scheint, als wäre jeder Satz ein einziger Spoiler. Hier steckt – neben der zentralen Thematik – so viel Material zum Kopfschütteln, wütend sein und Nachdenken darin, dass man regelrecht auf eine emotionale Achterbahn geschickt wird. So bin ich von „Shape Me“ wirklich sehr begeistert. Auch wenn die Thematik schwierig ist und wahrscheinlich nichts für jedermann ist, kann ich den Roman wirklich jedem empfehlen, der auch die Einstellung hat, dass Literatur nicht immer Spaß machen und unterhalten muss. Volle Punktzahl und Hut ab vor diesem ganz starken Werk!