Russische Spezialitäten

Russische Spezialitäten

Hardcover
4.053

Durch das Verwenden dieser Links unterstützt du READO. Wir erhalten eine Vermittlungsprovision, ohne dass dir zusätzliche Kosten entstehen.

Beschreibung

Eine Familie aus Kyjiw verkauft russische Spezialitäten in Leipzig. Wodka, Pelmeni, SIM-Karten, Matrosenshirts – und ein irgendwie osteuropäisches Zusammengehörigkeitsgefühl. Wobei, Letzteres ist seit dem russischen Überfall auf die Ukraine nicht mehr zu haben. Die Mutter steht an der Seite Putins. Und ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, aber auch keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Klug ist es nicht von ihm, mitten im Krieg in die Ukraine zurückzufahren. Aber was soll er tun, wenn es nun einmal keinen anderen Weg gibt, um Mama vom Faschismus und den irren russischen Fernsehlügen zurückzuholen? Ein Buch, wie nur Dmitrij Kapitelman es schreiben kann: tragisch, zärtlich und komisch zugleich.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Zeitgenössische Romane
Format
Hardcover
Seitenzahl
192
Preis
23.70 €

Autorenbeschreibung

Dmitrij Kapitelman, 1986 in Kyjiw geboren, kam im Alter von acht Jahren als »Kontingentflüchtling« mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Leipzig und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Heute arbeitet er als freier Journalist. 2016 erschien sein erstes, erfolgreiches Buch "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters", für das er den Klaus-Michael Kühne-Preis gewann. 2021 folgte "Eine Formalie in Kiew", für das er mit dem Buchpreis Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag ausgezeichnet wurde.

Beiträge

17
Alle
2.5

Weiß nicht so recht was ich von dem Buch halten soll.

Ich habe Dmitrij Kapitelman verstanden und weiß was er mir mit seinem Werk sagen wollte, doch die Sprache fand ich irgendwie übertrieben. Fand es ab und zu anstrengend. Wäre das Buch nicht so dünn, hätte ich es abgebrochen.

4

"Ich kann entweder fühlen, dass sie meine liebende Mutter ist. Oder daran denken, dass sie die russischen Mörder unterstützt." Obwohl der Autor über einen längeren Zeitraum (von den 90ern bis heute) von seiner Familie erzählt, ist es genau diese Zerissenheit zwischen ihm und seiner Mutter seit Beginn des russischen Angriffkriegs, die den Roman für mich so treffend beschreibt. Mit wie viel Leichtigkeit und Witz Kapitelman hier schwere Themen behandelt, ist schon beeindruckend. Und unterhaltsam. Er erzählt vom Aufwachsen in einer 'ukrainisch-jüdisch-moldawischen Familie im Nachwendesachsen der 90er Jahre gesäumt von Ausländerhass. Vom Verkaufen russischer Spezialitäten im Laden der Eltern und deren Kunden. Von Fahrten nach Kiew. Von der Corona-bedingten Schließung des Geschäfts. Und schließlich von der familiären Zerissenheit um den Angriffskrieg. Eigentlich schwer vorstellbar, aber dieses kleine Büchlein ist witzig und berührend zugleich. Empfehle ich gern.

5

»Ich trage eine Sprache wie ein Verbrechen in mir und liebe sie doch, bei aller Schuld. Neben aus der Ukraine geflohenen Menschen stehe ich stumm wie ein Baumstumpf. Zumindest bis ich einige von ihnen ebenfalls Russisch sprechen höre« (S. 13). Unter dem Namen »Магазин«, was übersetzt so viel wie Magasin bedeutet, eröffnet eine ukranisch-jüdisch-moldawische Familie ein Lädchen, in dem russische Spezialitäten verkauft werden. Zwischen all den bunten Köstlichkeiten liegt seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ein grauer Schleier. Während der Sohn des Ladenbesitzerpärchens die russische Sprache liebt, sie aber nur noch heimlich sprechen will, ist auch die Gesprächskultur zwischen Mutter und Sohn erschwert. Die Mutter hält zu Russland und somit zu Putin. Um die Mutter aus den Fängen der russischen TV-Propaganda zu holen, sieht sich ihr Sohn gezwungen nach Kyjiw zu reisen. Mit dem Flixbus macht er sich auf die Reise ins Kriegsgebiet. Dmitrij Kapitelman offernbart mit seinem Buch eine harte Realität, doch die Sprache, die er dabei verwendet ist sanft und zärtlich. Seine Erinnerungen an die Kindheit rührend und die Erzählungen über die Erlebnisse in Kyjiw tragisch. »Russische Spezialitäten« ist ein bittersüßer Familienroman, der die harte Realität einfängt. »Womöglich bietet Russisch mehr abwägende und gefühlvolle Worte, um Gnadenlosigkeit auszudrücken, als jede andere Sprache der Welt« (S. 59).

4

Sehr lesenswertes Buch über eine Familie aus Kiew, die in den 90er Jahren nach Leipzig ausgewandert ist. Als 2022 der Krieg in der Ukraine ausbricht, glauben die Eltern der russischen Propaganda und stellen sich auf die Seite von Putin und Russland, für den Sohn kaum zu ertragen. Er unternimmt persönlich eine Reise in die Heimat seiner Kindheit, besucht in Kiew alte Freunde und reist zu unterschiedlichen Kriegsgebieten, aber die Eltern sind durch nichts von der Wahrheit zu überzeugen. Ein autobiographisches, sehr berührendes und wichtiges Buch über Russlanddeutsche und Propaganda

4

“In der russischen Welt meiner Mutter ist Russland gut und heldenhaft und hat gar keine andere Wahl, als zu kämpfen. Herzlos ist das nicht von ihr, nur sehr wahrheitsverloren. Deswegen leidet Mama wohl auch so darunter, dass ihr Sohn diese russischen Wahrheiten aufs Verderben nicht erkennen will.” (S. 58) “Russische Spezialitäten” hat mich deswegen interessierst, weil es darum geht, wie Menschen damit umgehen, wenn ihr Land zum politischen Aggressor wird. Und damit, dass ihre nationale bzw. kulturelle Identität zum Schimpfwort wird und zum Grund, warum sich andere Leute vielleicht nicht mehr so gerne mit ihnen abgeben möchten. Es ist ein autofiktionaler Roman, in dem der ukrainisch-moldawischstämmige Autor und Journalist Dimitrij Kapitelman, der in Kiew geboren wurde und seit seiner Kindheit mit seiner Familie in Leipzig lebt und dort - bis Corona kam - einen Laden für russisch-ukrainische Produkte betrieben hat, die jüngere Vergangenheit verarbeitet. Er tritt als Ich-Erzähler auf und im Mittelpunkt steht die Beziehung zu seiner Mutter. Obwohl die beiden ein inniges Mutter-Sohn-Verhältnis haben, sind sie doch anderer Meinung, was den Krieg zwischen Russland und der Ukraine angeht. Die Mutter ist auf der Seite des Aggressors und der Sohn versucht sie davon zu überzeugen, dass die Ukraine das Opfer ist und sich verteidigen muss. Zunächst ohne Erfolg. Schließlich fährt der Ich-Erzähler mitten im Krieg selbst in sein ukrainisches Geburtsland und muss dort mit anderen Problemen als mit der Sorge der Soldaten-Mütter kämpfen, ihre Söhne könnten bei der Kälte keine Mütze tragen. Ich muss schon sagen, es hat ein bisschen gedauert, bis ich in dieses Buch “reingekommen" bin, bis ich den Vibe gefühlt habe und bis mir die Worte nahe ans Herz gegangen sind. Das hatte vor allem damit zu tun, dass Dimitrij Kapitelman ein richtiger Sprachakrobat ist, der mit lautmalerisch-metaphorisch-allegorischen Bällen jongliert. Das war mir oft - gerade am Anfang - ein wenig too much. Eigentlich mag ich gut gewählte Sprachbilder, aber hier war mir unter anderem der lila Fliederstaub, der um die sozialistischen Plattenbauten weht, etwas zuviel des Guten. Wörter wie “umherbefruchten” (S. 14), “Tomatentrauer” (S. 25) oder “Krautinator” (S. 29) sind nur wenige Beispiele für die Anwendung von blumigen Neologismen in diesem Buch. Letztlich aber hat mich das Buch zum Ende hin überzeugt, wo es dann sehr ernst und tragisch wird. Die komischen Elemente waren zwar nett, aber sie waren mir persönlich zu anekdotisch und der Ich-Erzähler ist mir durch diesen ‘Humor’ kein Stückchen näher gekommen. Am Ende habe ich aber doch eine gewisse Verbindung zu ihm gespürt, was das Buch für mich im Nachhinein lesenswert macht.

4.5

"Magasin" heißt der Laden, in dem Dimitrijs russisch-moldawisch-ukrainische Eltern seit 30 Jahren russische Spezialitäten in Leipzig vertreiben. Wodka, Krimsekt, Kwas, Weißkrautsalat, getrockneten Fisch, Pelmeni, Bücher und Matroschkas – alles in allem ein Stück russische Identität und Nostalgie für diejenigen, die irgendwann einmal Teil der längst zerfallenen Sowjetunion waren. Doch dann kommt erst Corona und kurz darauf der russische Überfall auf die Ukraine und nichts ist mehr, wie es vorher war - auch innerhalb Dimitrijs Familie. Während der Vater zwischen den Stühlen steht und mit seiner langsam beginnenden Demenz kämpft, glaubt die Mutter dem russischen Staatsfernsehen und Putins Propaganda. Sie hält die Ukrainer für Nazis und die Massaker in ihrem ehemaligen Heimatland für "Fake". Der Sohn hingehen verzweifelt an ihrer Ansicht und sucht nach der richtigen Verhaltensweise. Bis er sich selbst auf den Weg nach Kyijw macht, um Freunden seine Unterstützung zuzusichern und vielleicht auch ein Stück weit, seine Mutter von ihrem Irrglauben zu überzeugen. ➸ "Russische Spezialitäten" von Dmitrij Kapitelman ist ein helles Buch in einer dunklen Zeit und gerade durch seine Kürze sehr gewaltig. Dabei erzählt der Autor über eine gespaltene Familie, die tief im Herzen dennoch füreinander da ist, über Wurzeln, Entwurzelung, die Kultur und das Leben selbst. Er spielt kunstvoll mit verschiedenen Sprachen, sei es die deutsche, die ukrainische oder die russische, und zeigt so die Komplexität und deren Tiefe und was es mit einem macht, genau diese zu verlieren oder sich ihrer zu schämen. Aber es ist ebenso eine autofiktionale Geschichte über Identität, den russischen Angriffskrieg, Zusammenhalt, Angst, Antisemitismus und das Leben im rechtsextrem geprägten Sachsen. Und trotz der schweren Thematik, schafft es Kapitelman durch seinen Schreibstil und der unglaublichen Sprachgewandtheit auch Humor in seine Erzählung miteinzubinden. Die Familie entfernt sich vielleicht politisch voneinander, hört aber nie auf, sich umeinander zu sorgen und zu kümmern - mögen die Gräben noch so tief sein. Fazit: "Russische Spezialitäten" ist ein Buch, das zwischen Tragik und Humor wechselt und eine hochaktuelle und eindringliche Familiengeschichte erzählt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung.

4

Im Kern ist es aber eine liebevolle Hommage an die eigene russische Mutter-Sprache, die von einer tiefen Zerrissenheit geprägt ist. Eine Suche nach einem verbindenden Gemeinschaftsgefühl zwischen Nostalgie und Gegenwart; aber vor allem: ein eindringlicher, literarischer Appell für den Frieden.

»Ich trage eine Sprache wie ein Verbrechen in mir und liebe sie doch, bei aller Schuld. Neben aus der Ukraine geflohenen Menschen stehe ich stumm wie ein Baumstumpf. Zumindest bis ich einige von ihnen Russisch sprechen höre.« aus „Russische Spezialitäten“ (2025) von Dmitrij Kapitelman, S. 13, Hanser Berlin »„Wse swoji!“ Alles die Eigenen, heißt das, also alles Osteuropäer. So ähnlich wie Nashi die Unseren sind. Was der Unterschied zwischen den Eigenen und den Unseren sein soll, weiß ich nicht. Aber dieses Gefühl einer großen solidarischen, umarmenden, irgendwie russischen Verbundenheit ist schon schön.« aus „Russische Spezialitäten“ (2025) von Dmitrij Kapitelman, S. 45, Hanser Berlin Kleinzschocher, Leipzig. Die ukrainisch-jüdisch-moldawische Familie Kapitelman lebt im Südwesten befindlichen Stadtteil und beginnt in einem wiedervereinigten Leipzig einen Lebensmittelmarkt zu betreiben: Магазин (Magasin) - Russische Spezialitäten. Dmitrij Kapitelman erzählt in seinem Buch von Geschichten seiner Eltern und sich, der Familie nahestehenden ukrainisch/russisch sozialisierten Personen sowie den Lebensmitteltransporten von Kyjiw zurück nach Leipzig. Die geschilderten Erinnerungen werden so immer wieder zu einer Blaupause für die Gegenwart, in der vieles ver-rückt ist, da der russische Angriffskrieg auf die Ukraine alles bis tief ins Mark erschüttert hat - und sie legen so den Grundstein des Buches. Zwischen schier unüberwindbaren Gräben und nicht zu trennenden, gemeinsamen Erfahrungen entfaltet sich in Kapitelmans „Russische Spezialitäten“ ein Geflecht an Emotionen, das - so tragisch der Anlass des russischen Angriffs auf die Ukraine - mitreißt, das aufreibt und das - nicht zuletzt - das Eindringen eines Krieges in die intimsten Beziehungen einer Familie offenlegt. Insbesondere die Beziehung zur Mutter wird fortlaufend thematisiert, da sich daran die Konfliktlinien entlang hangeln. Woher kommt Mutters Verachtung für die Ukraine, woher ihre unerklärliche Sympathie für Putins „russische Wahrheitslügen“ (S. 179)? Aber nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch alle weiteren sozialen Beziehungen werden durch den fortwährenden kriegerischen Konflikt immer wieder aufs Neue herausgefordert. Der Autor sinniert über zerbrochene Freundschaften, den eigenen Lebensmittelmarkt sowie Kindheitserinnerungen und befindet sich damit permanent auf der Suche - bis er selbst mit dem Flixbus nach Kyjiw fährt, die „Grenze der Gewalt“ (S. 157) überschreitet, so die Brutalität der kriegerischen Aggression auf eine persönliche Ebene vor Ort hebt und diese somit für die Leser*innen erfahrbar macht. Versöhnlich, empathisch, frustriert, liebevoll, verächtlich, humorvoll, tragisch - all das ist Kapitelmans Erzählung und noch viel mehr. Im Kern ist es aber eine liebevolle Hommage an die eigene russische Mutter-Sprache, die von einer tiefen Zerrissenheit geprägt ist. Eine Suche nach einem verbindenden Gemeinschaftsgefühl zwischen Nostalgie und Gegenwart; aber vor allem: ein eindringlicher, literarischer Appell für den Frieden. Eine klare Leseempfehlung! „Die russische Sprache wird den russischen Präsidenten überleben.“ (S. 176)

Im Kern ist es aber eine liebevolle Hommage an die eigene russische Mutter-Sprache, die von einer tiefen Zerrissenheit geprägt ist. Eine Suche nach einem verbindenden Gemeinschaftsgefühl zwischen Nostalgie und Gegenwart; aber vor allem: ein eindringlicher, literarischer Appell für den Frieden.
4

Aktueller geht fast gar nicht.

Das Cover alleine hat bei mir eine gewisse Nostalgie ausgelöst und mich an meine Kindheit erinnert. In russische Spezialitäten geht es um eine Familie, die in den 90er von der Ukraine nach Deutschland ausgewandert sind. Dabei wird im ersten Teil der Geschichte von der Familie erzählt wie sie ihr Magasin eröffnet haben, mit all ihren Klischees. Bis hin zum Krieg in der Ukraine und wie sich die Beziehung zwischen Mutter und Sohn verändert hat. Im zweiten Teil der Geschichte geht es dann um den Alltag in der Ukraine in der heutigen Zeit. Wie die Menschen da den Krieg erleben und welche Gedanken sie dazu haben. Dieses Buch beschreibt sehr gut wie sich viele mit russischen/ ukrainischen Wurzeln heutzutage fühlen. Es hat dabei einen gewissen Humor, der zwar Gewöhnungsbedürftig aber auch sehr erfrischend ist. Ich konnte mir alles im Magasin haargenau vorstellen. Mich haben allerdings 2 Dinge gestört: Zum einen waren gewisse Zeitsprünge für mich persönlich sehr verwirrend und zum Anderen hätte ich sehr gerne auch eine POV von der Mutter gehabt. Wie sie dazu gekommen ist so zu denken wäre echt interessant gewesen. Das Buch empfehle ich jeden, der sich für den Krieg Ukraine/Russland interessiert und für diejenigen, die sich nach etwas Heimat sehnen. *Rezensionsexemplar

4

Anders als erhofft, aber lesenswert!

"Russische Spezialitäten" von Dmitij Kapitelman - ein hochaktueller Roman, der eine Familie in den Fokus stellt, in der Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine ein Riss geht, als die Familienmitglieder sich auf unterschiedliche Seiten des Konfliktes stellen. Die Mutter bleibt trotz ihrer Jahre in Kiew dem russischen Staat treu und verfolgt mit voller Überzeugung die russische Staatspropaganda im Fernsehen vom Leipziger Wohnzimmer aus, Anders geht es ihrem Sohn, dem Hauptprotagonisten und Erzähler des Romans, der sich auf die ukrainische Seite stellt. Im ersten Teil des Romans geht es um das Leben der Familie in Leipzig, im zweiten Teil begleiten wir den Protagonisten nach Kiew, wo er trotz des Krieges hinreist, um die Situation vor Ort zu sehen und mit alten Freunden und Bekannten zu sprechen. Es ist ein Roman, der trotz seiner nicht einmal 200 Seiten ein Vielzahl von Themen aufgreift. Insbesondere im ersten Teil geht um Themen wie Identität, Zugehörigkeit und Familiendynamiken, die der Autor zwischen Geschichten um den familieneigenen, russischen Lebensmittelladen spinnt. Im zweiten Teil erhalten wir Einblicke in das Leben in Kiew, das zum einen fast normal und gewöhnlich zu laufen scheint, aber sich mit dem Angriff Russlands völlig verändert hat. Interessant fand ich auch die Ausführungen zur Sprache und wie politisch es ist, in der Ukraine russisch bzw. ukrainisch zu sprechen und wie auch die Identität des Protagonisten von der russischen Sprache geprägt ist. Trotz der Ernsthaftigkeit hat der Roman auch eine humorvolle Seite, was dem Buch die Schwere nimmt. Deshalb und weil der Roman trotz des Humors voller tiefgründiger Gedanke und Sätze ist, empfand ich die Lektüre als ausgesprochen bereichernd. Dennoch hatte ich nach dem Lesen des Klappentextes andere Erwartungen an den Roman. So wurde mir der Konflikt zwischen Sohn und Mutter wurde mir viel zu wenig betrachtet. Es gab eher hier und da Sticheleien bzgl. der politischen Ansichten, aber keinerlei tiefergehenden Auseinandersetzungen und Diskussionen. Ich fand es schade, nicht mehr darüber zu erfahren, was das Denkmuster der Mutter ist und warum sie Russland so die Treue hält, trotz ihrer Jahre in Kiew. Auch die Reise des Protagonisten nach Kiew hatte für mich zu wenig Bezug zur Mutter. Auch wenn ich andere Erwartungen hatte: Eine lesenswerte Lektüre! *Rezensionsexemplar

3.5

Für Freunde zynischen Humors

Dmitrij Kapitelman, Journalist, Autor und Musiker, ist 1986 in Kiew geboren, früh mit seinem ukrainisch-jüdischen Vater sowie seiner moldawisch-stämmigen Mutter nach Deutschland gekommen und auch im Zuge der Wiedervereinigung "zwischen den Kulturen" groß geworden. Der russische Supermarkt der Eltern in Leipzig übersteht irgendwann die Corona-Zeit nicht und die Familienbande überstehen die russische Spezialoperation in der Ukraine nicht schadlos. Als eine Art Selbsttherapie beschreibt Kapitelman in seinem Roman mit viel Liebe für die Sprachen seiner Ahnen, zynischem Witz und einer besonderen Beobachtungsgabe für die russischen Eigenheiten aber auch mit Zorn und Enttäuschung aufgrund der Ereignisse, wie es ihn zurück ins vom Krieg gebeutelte Kiew zurückführt.

Für Freunde zynischen Humors
Beitrag erstellen

Mehr von Dmitrij Kapitelman

Alle
Russische Spezialitäten
Eine Formalie in Kiew
Eine Formalie in Kiew
Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters