Oblomow

Oblomow

Hardcover
4.35
LiteraturklassikerUntätigkeitSt. PetersburgOblomow

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Beschreibung

Wenn einer weiß, was nötig ist, und es trotzdem nicht tut, dann leidet er an Oblomowerei. Gontscharows Meisterwerk ist heute zeitgemäßer denn je: Mit der Figur des lebensuntüchtigen Oblomow, der lieber seine Tagträume pflegt, als Ordnung in seinem Leben zu schaffen, hat Gontscharow eine prophetische Figur der modernen Welt geschaffen. Nicht nur in Politik und Wirtschaft ist das sprichwörtlich gewordene Laster zur Krankheit unserer Gegenwart geworden. Die Neuübersetzung des Klassikers aus Russland schafft den Witz, die Originalität, aber auch die tragische Tiefe von Oblomows Schicksal neu und ist dabei provozierender als mancher Gegenwartsroman.
Haupt-Genre
Romane
Sub-Genre
Klassiker
Format
Hardcover
Seitenzahl
840
Preis
45.30 €

Autorenbeschreibung

Iwan Gontscharow, 1812 in Simbirsk (heute Uljanowsk) an der Wolga in einer Kaufmannsfamilie geboren, zählt zu den großen Klassikern der russischen Literatur. Neben zahlreichen Erzählungen, kritisch-essayistischen Arbeiten und der zweibändigen Beschreibung seiner Weltumseglung unter dem Titel "Fregatte Pallas", veröffentlichte er jeweils im Abstand von zehn Jahren drei als Trilogie konzipierte Romane: Eine gewöhnliche Geschichte, Oblomow und Die Schlucht. Die erhebliche Arbeitsbelastung als Beamter zunächst im Finanzministerium, später als Zensor im Ministerium für Volksbildung und immer wieder ausbrechende Depressionen lähmten seine schriftstellerische Arbeit; seine Briefe endeten nicht selten mit der Selbstdiagnose: "Literat im Ruhestand". 1891 starb Iwan Gontscharow in Sankt Petersburg, wo er seit 1835 lebte. Mit der Gestalt des Oblomow hat er der Weltliteratur einen unvergesslichen Helden geschenkt.   

Beiträge

3
Alle
5

Ein Roman über Freundschaft und Liebe und die Frage, unter welchen Bedingungen Veränderungen möglich sind

»Aber du bist ja ein Dichter, Ilja!« unterbrach ihn Stolz. »Ja, ein Dichter auf dem Gebiete des Lebens; denn das Leben ist Poesie. Aber es steht den Menschen frei, es zu karikieren!« (S. 282) Iwan Gontscharows Roman „Oblomow“ gehört zu den zentralen Texten der russischen Literatur und ist dem sog. „Petersburger Text“ zuzuordnen. War ich noch während des Studiums davon überzeugt, dass ein Roman über „Langeweile und Müßiggang“ (oder „Oblomowerei“) wie ihn mein Professor charakterisierte, für meine persönliche Lesebiographie verzichtbar wäre, überwog zuletzt die Neugier… Der Roman gliedert sich in vier Teile, in denen auf der Handlungsebene relativ wenig passiert. In Briefen, Gesprächen und Träumen werden die großen Fragen des Lebens behandelt: ⭐️ Wie sieht ein gelungenes Leben aus? ⭐️ Kann die Liebe Flügel verleihen? Dabei werden in den Figuren der Kindheitsfreunde Andrej Stolz, der als Kind eines deutschen Vaters und einer russischen Mutter für ein angeregtes und arbeitsreiches Leben steht und Ilja Oblomow, der als „gnädiger Herr“ und Gutsbesitzer zwar an der Universität gewesen ist, jedoch für die Bewältigung des Alltags die Hilfe von Dienern, Haushältern und Freunden benötigt, zwei unterschiedliche Lebensentwürfe dargelegt. Oblomow, eine feinfühlige, lichte Seele, träumt von einem ruhigen, von Liebe erfüllten Leben, das ohne größere Erschütterungen dahinfließt. Mit nur 30 Jahren ist er bereits aus dem Staatsdienst zurückgetreten und verlebt die Tage zwischen Träumen und Wachen, auf der Grundlage des Geldes, das sein 300-Seelen-Gut abwirft. Doch mit der Wirtschaft steht es nicht zum Besten und plötzlich will ihn auch noch sein Vermieter aus der Wohnung im Petersburger Stadtzentrum werfen. Über Andrej Stolz lernt Oblomow die junge Olga kennen, die mit ihrem Gesang seine Seele berührt und ihn ermuntert, sein Leben in die Hand zu nehmen. Kann Oblomow das schaffen? Die Frage, ob und unter welchen Umständen Veränderungen möglich sind, kann dabei auch auf eine höhere, gesellschaftliche Ebene abstrahiert werden. So lässt sich der Roman - aus meiner Sicht - auch als Gesellschaftssatire sowie Antwort auf die Frage nach der „russischen Seele“ und den Möglichkeiten und Zielsetzungen von Veränderungen der russischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts lesen. In dieser Kombination von existenziellen und gesellschaftlichen Fragestellungen hat mir das Buch (trotz einer Lesezeit von 4 Monaten) unheimlich gut gefallen. Die urheberrechtsfreie Übersetzung von Hermann Röhl kann ich dabei - im Gegensatz zur älteren Übersetzung von Clara Brauner - uneingeschränkt empfehlen.

3

Oblomow ist wahrscheinlich der sympathischste Prokrastinierer der Literatur. Seine Lethargie erinnert schon an eine Depression, wenn er sich nicht einmal zum Anziehen aufraffen kann. Oblomow ist ein gutmütiger und gutgläubiger Charakter, er lässt sich gerne von "Freunden" ausnutzen. Ist es ihm doch zu anstrengend hinter jedem Satz etwas zweideutiges zu vermuten oder in lange Argumentationen hineingezogen zu werden. Das gesellschaftliche Leben schreckt ihn ab. Ein Graus das Haus zu verlassen und in gutsituierten Kreisen zu verkehren oder auch nur bei Bekannten zu dinieren. Konversation empfindet er als inhaltslos und aufgesetzt, ebenso wie die Arbeit in hohen Beamtenkreisen. Seine Arbeitsstelle als Staatsbeamter hat er geschmissen, da ihn das ewige Anbiedern abstößt und er wenig Ambition hat von morgens bis abends in einem sinnfreien Job zu schuften nur um in der Karriereleiter nach oben zu steigen. Im Grunde viele Ansichten die ich gut nachempfinden kann. Doch sieht Oblomow nicht, dass er sich das Aussteigen aus der Gesellschaft nur leisten kann, weil er einer Familie aus reichen Großgrundbesitzern entstammt. In dieser Hinsicht unterscheidet er sich deutlich von Melvilles Bartelby "Ich möchte lieber nicht". Er verweigert sich zwar der sinnlosen Arbeit für andere und leerem Smalltalk, doch lebt er weiterhin ohne existenzielle Sorgen da er andere, in dem Fall die Bauern, für sich arbeiten und seinen Lebensstil finanzieren lässt. Er fühlt sich zwar angewidert von der Heuchelei seiner eigenen oberen Gesellschaftschicht, verklärt jedoch das einfache Leben der Bauern. An Letzteres erinnert er sich noch aus seiner Kindheit, welche er in einem paradiesischem Traum wieder erlebt. Eine Utopie seiner naiven, kindlichen Erinnerung die nichts vom harten Alltag der Bauern mitbekommt. Dieser Traum bildet den Dreh- und Angelpunkt des Romans und ist wirklich hervorragend geschrieben. Stilistisch wundervoll und geschliffen, sodass wir diesen Traum mit Oblomow mit träumen und seine Sehnsucht mit empfinden. Wenn es nach Oblomow geht, könnte das Leben auf ewig beim Alten bleiben und sich nie etwas verändern. Dementsprechend schockiert ist er darüber, dass die Bauern mit ihrem Leben nicht mehr zufrieden sind und es sie in die Stadt zieht. Im Gegensatz zu Oblomow steht sein bester Freund Stolz, der mit einem deutschen Vater aufgewachsen ist. Ihn leitet der Ehrgeiz und die Effizienz. Interessant ist, dass der Autor nur wenig wertend schreibt. Besonders im Vergleich zu Dostojewksi und Tolstoi, die den Russen oft als Idealbild darstellen und die Deutschen eher schlecht wegkommen. Gontscharow wirkt da ausgeglichener, denn weder Oblomow noch Stolz werden als Gut oder Schlecht dargestellt. Sie haben beide ihre Berechtigung und es scheint eher dass eine Fusion aus beiden ideal wäre. Letztendlich wird jedoch klar, dass ein oblomowschkes Leben in einer Welt der Umbrüche keinen Bestand hat. Paradoxerweise mochte ich die erste Hälfte in der Oblomow nichts tut außer im Bett liegen, lamentieren und träumen, viel interessanter als die zweite Hälfte. Als Oblomow von Stolz ins gesellschaftliche Leben eingeführt wird und sich in Olga verliebt, hat sich Langeweile bei mir breit gemacht. Gontscharow kann ein Nichtstun erstaunlich spannend und unterhaltsam beschreiben. Die Interaktionen zwischen Oblomow und seinem Diener haben mich sehr schmunzeln lassen und weit besser unterhalten als das Gefühlschaos zwischen Oblomow und Olga. Ich habe in meiner Kindheit die Abenteuer des starken Wanja geliebt und auch nachdem meine Mutter es zum drölfzigsten Male vorgelesen hat, noch mitgefiebert. Tatsächlich musste ich während der Lektüre oft an das von Otfried Preußler niedergeschriebene Märchen denken. Oblomow gibt einen Vorgeschmack darauf was mit Wanja passiert wäre, hätte er sich dazu entschieden niemals vom Ofen aufzustehen und einfach weiter zu faulenzen.

4

Ein Buch mit Höhen und Tiefen

Am Anfang dachte ich: Wow, was für ein tolles Buch! Die erste Hälfte hat sich echt sehr gut und flüssig gelesen. Dann gab es zwischendrin echt Längen, wo ich dachte: Muss das sein? Immer wieder kam ich aber in den Fluss, dann folgten wieder Längen. Deshalb sind es leider nur 4 Sterne geworden. Kann ich das Buch empfehlen? Ja, definitiv!

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