In der Bucht
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Katherine Mansfield (1888-1923) wurde in Neuseeland als Kathleen Mansfield Beauchamp geboren, ging in England zur Schule und freundete sich dort später mit Virginia Woolf und D. H. Lawrence an. Sie starb mit nur 34 Jahren in Frankreich an Tuberkulose. Mansfield hinterließ Notizen, zahlreiche Briefe und 73 Erzählungen, die zu den besten ihrer Gattung gezählt werden.
Beiträge
Feministische Meeresliteratur at it’s best! 👏🤩📚🌊🩵
„In der Bucht“ von Katherine Mansfield (1888 - 1923) gehört zu der „Klassikerinnen“-Reihe des Mare Verlags, in der frühere Werke - ausschließlich von Frauen erstmals oder neu übersetzt werden. Damit ihr das Werk besser einordnen könnt, möchte ich Euch noch ein paar Infos zur Autorin geben: Sie wurde in Neuseeland geboren, ging dann später in England zur Schule und befreundete sich mit Virginia Woolf (in deren Schatten Mansfields Werk auch lange stand und erst in den 90ern durch feministische Literaturwissenschaftler*innen wiederentdeckt wurde) und D.H. Lawrence. Mit nur 34 Jahren starb sie an Tuberkulose und hinterließ 73 Erzählungen, sowie allerhand Briefe (Infos der Mare-Verlagsseite entnommen). Aber nun zur Lektüre. Die 1922 erstmals veröffentlichte Geschichte umfasst genau einen Tag, spielt in der Crescent Bay Neuseelands und ist autobiografisch beeinflusst durch Katherine Mansfield, die man am ehesten mit der Figur Kezia in Verbindung bringen könnte (eine der drei kleinen Mädchen, die in der Erzählung vorkommen) - es ist das Setting von Mansfield‘ Kindheit, wo sie aufgewachsen ist. Die Story beginnt im Morgengrauen mit einem Blick in diese Bucht im Fokus auf die Natur. Zuerst ist die Crescent Bay menschenleer - bis ein Schäfer mit seiner Herde auftaucht. Das ist die erste der 12 Szenen aus denen die Erzählung besteht. Der Tag erwacht, die ersten Schwimmer besiedeln die Bucht und dann geht es weiter mit den verschiedenen Figuren durch den Sommertag. Bis zum Abend haben wir die (doch erstaunlich vielen) verschiedenen Figuren kennengelernt, mit all ihren Ängsten und Sorgen, sprich den Umständen, die sie gerade umtreiben. Wir erleben den Alltag der Figuren und Mansfeld greift dabei Themen wie Geschlechterrollen und gesellschaftliche Zwänge auf. Eine atemberaubend schöne Meereskulisse ist die Heimat der Familie Burnell, genauer gesagt eine Bucht. Diese dient den Kindern als Spielplatz und dem Vater Stanley als allmorgendliche Schwimmstätte, mit dem täglichen Ziel, der erste zu sein, der dort schwimmt. Sein ganzes Seelenheil ist von dieser Ambition abhängig und sollte jemand vor ihm in der Bucht schwimmen, hängt der Haussegen schief. Allgemein scheint bei den Burnells viel von der väterlichen Präsenz abzuhängen - denn verlässt Stanley das Haus, steigt die Stimmung bei den restlichen Familienmitgliedern. „Oh, die Erleichterung, wie anders es sich anfühlt, wenn der Mann aus dem Haus war. Wie sich allein ihre Stimmen veränderten, wenn sie sich etwas zuriefen; warm und liebevoll klangen sie, als teilten sie ein Geheimnis. Beryl ging zum Tisch. „Trink doch noch eine Tasse Tee, Mutter. Er ist noch heiß.“ Sie wollte gern irgendwie zelebrieren, dass sie jetzt machen konnten, was sie wollten. Kein Mann würde sie stören; der ganze perfekte Tag gehörte ihnen.“ Auch die Ehe der Burnells würde man wohl eher nicht als harmonisch bezeichnen - schon Kleinigkeiten können zu einem Streit führen. Wie es zur damaligen Zeit üblich ist in Mittelschicht-Familien, verbringt auch Linda Burnell gerne die Tage am Strand. Was praktisch ist, denn so können auch die Großmütter ein Auge auf die Kinder haben und den Frauen ist etwas Me-Time vergönnt. Doch sie hadert zunehmend mit ihrer psychischen Verfassung - sie fühlt sich beobachtet und gefangen in ihren Umständen. „Es sagte sich leicht, dass es nun mal das Los von Frauen sei, Kinder zu bekommen. Es stimmte nicht. Schon sie allein konnte das widerlegen. Sie war ruiniert, geschwächt, hatte jeden Mut verloren durchs Kinderkriegen. Und was es noch schwerer zu ertragen machte, sie liebte ihre Kinder nicht.“ Regretting Motherhood ist eins der vielfältigen und gerade für diese Zeit pikanten Themen, die Katherine Mansfield in ihrer Erzählung verarbeitet. Smart und präzise erzählt sie auf eine zutiefst menschliche Weise von den Facetten des Lebens und übt dabei Gesellschaftskritik. Sogar die Haltung des Dienstmädchens gegenüber Männern lässt sie beispielsweise beim Abwasch klarwerden: „„Oh diese Männer!“, sagte sie, tauchte die Teekanne in die Schüssel und hielt sie noch unter Wasser gedrückt, als es aufgehört hatte zu blubbern, als wäre auch die ein Mann und Ertrinken noch zu gut für sie.“ Katherine Mansfield gelingt die Balance zwischen locker, leichten (Natur-) Beschreibungen eines wundervollen Sommertages und der Härte des Lebens inklusive Kritik am Patriarchat, der Gesellschaft und in die Erzählung verwobenen feministischen Fragestellungen. Perfekt abgerundet wird „In der Bucht“ durch Nicole Seiferts Nachwort, das die Erzählung einordnet und hilft den Gesamtzusammenhang bezogen auf die damalige Zeit, Gesellschaft und Geschlechterrollen zu verstehen - danke, wirklich hilfreich! (An dieser Stelle ein kurzer Hinweis auf Nicole Seiferts Werke „Frauenliteratur“ und „Einige Herren sagten etwas dazu“ - zwei wirklich lesenswerte feministische Bücher, die Ihr Euch unbedingt mal anschauen solltet, sofern nicht bereits geschehen). Fazit: „In der Bucht“ war für mich das erste Werk, der Klassikerinnen-Reihe des Mare Verlags, das ich gelesen habe, aber sicherlich nicht das Letzte, denn „Skizzen des Südens“ von Constance Fenimore Woolson liegt hier bereits in den Startlöchern.
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Katherine Mansfield (1888-1923) wurde in Neuseeland als Kathleen Mansfield Beauchamp geboren, ging in England zur Schule und freundete sich dort später mit Virginia Woolf und D. H. Lawrence an. Sie starb mit nur 34 Jahren in Frankreich an Tuberkulose. Mansfield hinterließ Notizen, zahlreiche Briefe und 73 Erzählungen, die zu den besten ihrer Gattung gezählt werden.
Beiträge
Feministische Meeresliteratur at it’s best! 👏🤩📚🌊🩵
„In der Bucht“ von Katherine Mansfield (1888 - 1923) gehört zu der „Klassikerinnen“-Reihe des Mare Verlags, in der frühere Werke - ausschließlich von Frauen erstmals oder neu übersetzt werden. Damit ihr das Werk besser einordnen könnt, möchte ich Euch noch ein paar Infos zur Autorin geben: Sie wurde in Neuseeland geboren, ging dann später in England zur Schule und befreundete sich mit Virginia Woolf (in deren Schatten Mansfields Werk auch lange stand und erst in den 90ern durch feministische Literaturwissenschaftler*innen wiederentdeckt wurde) und D.H. Lawrence. Mit nur 34 Jahren starb sie an Tuberkulose und hinterließ 73 Erzählungen, sowie allerhand Briefe (Infos der Mare-Verlagsseite entnommen). Aber nun zur Lektüre. Die 1922 erstmals veröffentlichte Geschichte umfasst genau einen Tag, spielt in der Crescent Bay Neuseelands und ist autobiografisch beeinflusst durch Katherine Mansfield, die man am ehesten mit der Figur Kezia in Verbindung bringen könnte (eine der drei kleinen Mädchen, die in der Erzählung vorkommen) - es ist das Setting von Mansfield‘ Kindheit, wo sie aufgewachsen ist. Die Story beginnt im Morgengrauen mit einem Blick in diese Bucht im Fokus auf die Natur. Zuerst ist die Crescent Bay menschenleer - bis ein Schäfer mit seiner Herde auftaucht. Das ist die erste der 12 Szenen aus denen die Erzählung besteht. Der Tag erwacht, die ersten Schwimmer besiedeln die Bucht und dann geht es weiter mit den verschiedenen Figuren durch den Sommertag. Bis zum Abend haben wir die (doch erstaunlich vielen) verschiedenen Figuren kennengelernt, mit all ihren Ängsten und Sorgen, sprich den Umständen, die sie gerade umtreiben. Wir erleben den Alltag der Figuren und Mansfeld greift dabei Themen wie Geschlechterrollen und gesellschaftliche Zwänge auf. Eine atemberaubend schöne Meereskulisse ist die Heimat der Familie Burnell, genauer gesagt eine Bucht. Diese dient den Kindern als Spielplatz und dem Vater Stanley als allmorgendliche Schwimmstätte, mit dem täglichen Ziel, der erste zu sein, der dort schwimmt. Sein ganzes Seelenheil ist von dieser Ambition abhängig und sollte jemand vor ihm in der Bucht schwimmen, hängt der Haussegen schief. Allgemein scheint bei den Burnells viel von der väterlichen Präsenz abzuhängen - denn verlässt Stanley das Haus, steigt die Stimmung bei den restlichen Familienmitgliedern. „Oh, die Erleichterung, wie anders es sich anfühlt, wenn der Mann aus dem Haus war. Wie sich allein ihre Stimmen veränderten, wenn sie sich etwas zuriefen; warm und liebevoll klangen sie, als teilten sie ein Geheimnis. Beryl ging zum Tisch. „Trink doch noch eine Tasse Tee, Mutter. Er ist noch heiß.“ Sie wollte gern irgendwie zelebrieren, dass sie jetzt machen konnten, was sie wollten. Kein Mann würde sie stören; der ganze perfekte Tag gehörte ihnen.“ Auch die Ehe der Burnells würde man wohl eher nicht als harmonisch bezeichnen - schon Kleinigkeiten können zu einem Streit führen. Wie es zur damaligen Zeit üblich ist in Mittelschicht-Familien, verbringt auch Linda Burnell gerne die Tage am Strand. Was praktisch ist, denn so können auch die Großmütter ein Auge auf die Kinder haben und den Frauen ist etwas Me-Time vergönnt. Doch sie hadert zunehmend mit ihrer psychischen Verfassung - sie fühlt sich beobachtet und gefangen in ihren Umständen. „Es sagte sich leicht, dass es nun mal das Los von Frauen sei, Kinder zu bekommen. Es stimmte nicht. Schon sie allein konnte das widerlegen. Sie war ruiniert, geschwächt, hatte jeden Mut verloren durchs Kinderkriegen. Und was es noch schwerer zu ertragen machte, sie liebte ihre Kinder nicht.“ Regretting Motherhood ist eins der vielfältigen und gerade für diese Zeit pikanten Themen, die Katherine Mansfield in ihrer Erzählung verarbeitet. Smart und präzise erzählt sie auf eine zutiefst menschliche Weise von den Facetten des Lebens und übt dabei Gesellschaftskritik. Sogar die Haltung des Dienstmädchens gegenüber Männern lässt sie beispielsweise beim Abwasch klarwerden: „„Oh diese Männer!“, sagte sie, tauchte die Teekanne in die Schüssel und hielt sie noch unter Wasser gedrückt, als es aufgehört hatte zu blubbern, als wäre auch die ein Mann und Ertrinken noch zu gut für sie.“ Katherine Mansfield gelingt die Balance zwischen locker, leichten (Natur-) Beschreibungen eines wundervollen Sommertages und der Härte des Lebens inklusive Kritik am Patriarchat, der Gesellschaft und in die Erzählung verwobenen feministischen Fragestellungen. Perfekt abgerundet wird „In der Bucht“ durch Nicole Seiferts Nachwort, das die Erzählung einordnet und hilft den Gesamtzusammenhang bezogen auf die damalige Zeit, Gesellschaft und Geschlechterrollen zu verstehen - danke, wirklich hilfreich! (An dieser Stelle ein kurzer Hinweis auf Nicole Seiferts Werke „Frauenliteratur“ und „Einige Herren sagten etwas dazu“ - zwei wirklich lesenswerte feministische Bücher, die Ihr Euch unbedingt mal anschauen solltet, sofern nicht bereits geschehen). Fazit: „In der Bucht“ war für mich das erste Werk, der Klassikerinnen-Reihe des Mare Verlags, das ich gelesen habe, aber sicherlich nicht das Letzte, denn „Skizzen des Südens“ von Constance Fenimore Woolson liegt hier bereits in den Startlöchern.