Heute wär ich mir lieber nicht begegnet
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Herta Müller wurde 1953 im deutschsprachigen Nitzkydorf im Banat in Rumänien geboren. Sie studierte in Temeswar rumänische und deutsche Literatur. Sie arbeitete nach dem Studium in einer Maschinenbaufabrik als Übersetzerin. Weil sie sich weigerte, ihre Kollegen für den rumänischen Geheimdienst Securitate zu bespitzeln, verlor sie ihre Stelle, fand danach nur noch Aushilfstätigkeiten und geriet selbst ins Visier der Securitate. Es folgten Verhöre und Hausdurchsuchungen und die Verleumdung. 1987 konnte sie nach Berlin ausreisen, wo sie heute noch lebt. Ihre Bücher wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt wurden ihr der Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museum Berlin sowie der Internationale Brückepreis der Europastadt Görlitz/Zgorzelec verliehen und sie wurde in den Orden Pour le mérite aufgenommen. 2009 erhielt sie den Literaturnobelpreis. Ihr Werk wurde in über 50 Sprachen übersetzt und erscheint auf Deutsch bei Hanser, zuletzt die Collagenbände Im Heimweh ist ein blauer Saal (2019) und Der Beamte sagte (2021) sowie Eine Fliege kommt durch einen halben Wald (2023).
Beiträge
Wow. Es war etwas ungewohnt ein Buch in diesem Stil zu lesen, aber es hatte trotzdem was war mitreißend.
Es gibt Momente beim Lesen, da beneide ich die bildende Kunst. Man stellt sich in einem Museum vor ein expressionistisches Gemälde, sieht die vielen grauen dicken Pinselstriche mit dem roten Fleck in der Mitte, undefinierbar in der Aussage, nichtssagend in der Ästhetik, stellt man eine gewisse triste Atmosphäre fest und ist sich sicher, so etwas nicht in seiner Wohnung haben zu wollen und geht dann nach 12 Sekunden zum nächsten Bild. In Herta Müllers Buch dauert die Betrachtungsphase bestimmt rund sechs Stunden. Das zieht sich. Schön ist das nicht. Ist halt Kunst. Prämiert vom Nobelpreiskomitee. Ich kann darauf verzichten und denke, dass das mit mir und Frau Müller nichts mehr wird. Beispiel gefällig: „Von weitem kam Gebell und dann Geschrei. Lillis Offizier wurde gefesselt, in eine Blechhütte geführt und bewacht von dem Glückserpichten, der geschossen hatte. Lilli blieb liegen. Die Hütte hatte keine Vorderwand. Auf dem Boden stand eine Wasserzisterne, an der Wand eine Bank, in der Ecke eine Tragbahre. Der Bewacher trank viel Wasser, wusch sein Gesicht, zog das Hemd aus der Hose und wischte sich ab und setzte sich. Der Gefesselte durfte nicht sitzen, aber hinaus ins Gras schauen, wo Lilli lag, durfte er. Fünf Hunde liefen, das Gras stand ihnen bis zum Hals, ihre Beine flogen darüber. Und weit hinter ihnen rannte eine Schar abgehetzter Soldaten. Bis sie bei Lilli ankamen, war nicht nur ihr Kleid in Fetzen gerissen. Die Hunde räumten Lillis Körper aus. Unter ihren Schnauzen lag Lilli so rot wie ein ganzes Beet Klatschmohn. Die Soldaten trieben die Hunde weg und stellten sich in den Kreis. Dann kamen zwei in die Hütte, tranken Wasser und nahmen die Tragbahre mit. Das erzählte mir Lillis Stiefvater. Wie ein ganzes Beet Klatschmohn, sagte er, ich dachte in dem Moment an Kirschen. Hier kann man sehr gut die vielen Grautöne erkennen und dann der rote Fleck, ein Hauch von Klatschmohn, reflektiert mit der Kirsche. Der Mohn als Symbol des Friedens? Die Kirsche als Symbol für die Süße des Lebens? Oder der Wunsch nach den Tod? Ehrlich gesagt, mir ist es egal. Ich mag diese Art von Stakkatosätze nicht, die in ihrer Schlichtheit die Trostlosigkeit in dem von der Diktatur geknechteten Rumänien verdeutlichen sollen. In „Niederungen“ schreibt Herta Müller noch mit ihrer eigenen Erzählstimme, was ganz angenehm zu lesen war. Autobiografisch ist ja eigentlich alles, was sie schreibt. Nur in dem vorliegenden Buch lässt sie die Geschichte von einer (sprachlich eingeschränkten) einfachen Frau erzählen, die auf dem Weg zum regelmäßig wiederkehrenden Verhör sitzt. Wie gesagt, dass mag authentisch sein, aber Gefallen finde ich daran nicht. Leider spielen die Gedanken an die Konfrontation mit dem Staatsapparat keine große Rolle. Vielmehr ist das Buch von Erinnerungen an Kindheit, Jugend und Ehe geprägt. Das hatte ich mir auch anders vorgestellt.
Es gibt Momente beim Lesen, da beneide ich die bildende Kunst. Man stellt sich in einem Museum vor ein expressionistisches Gemälde, sieht die vielen grauen dicken Pinselstriche mit dem roten Fleck in der Mitte, undefinierbar in der Aussage, nichtssagend in der Ästhetik, stellt man eine gewisse triste Atmosphäre fest und ist sich sicher, so etwas nicht in seiner Wohnung haben zu wollen und geht dann nach 12 Sekunden zum nächsten Bild. In Herta Müllers Buch dauert die Betrachtungsphase bestimmt rund sechs Stunden. Das zieht sich. Schön ist das nicht. Ist halt Kunst. Prämiert vom Nobelpreiskomitee. Ich kann darauf verzichten und denke, dass das mit mir und Frau Müller nichts mehr wird. Beispiel gefällig: „Von weitem kam Gebell und dann Geschrei. Lillis Offizier wurde gefesselt, in eine Blechhütte geführt und bewacht von dem Glückserpichten, der geschossen hatte. Lilli blieb liegen. Die Hütte hatte keine Vorderwand. Auf dem Boden stand eine Wasserzisterne, an der Wand eine Bank, in der Ecke eine Tragbahre. Der Bewacher trank viel Wasser, wusch sein Gesicht, zog das Hemd aus der Hose und wischte sich ab und setzte sich. Der Gefesselte durfte nicht sitzen, aber hinaus ins Gras schauen, wo Lilli lag, durfte er. Fünf Hunde liefen, das Gras stand ihnen bis zum Hals, ihre Beine flogen darüber. Und weit hinter ihnen rannte eine Schar abgehetzter Soldaten. Bis sie bei Lilli ankamen, war nicht nur ihr Kleid in Fetzen gerissen. Die Hunde räumten Lillis Körper aus. Unter ihren Schnauzen lag Lilli so rot wie ein ganzes Beet Klatschmohn. Die Soldaten trieben die Hunde weg und stellten sich in den Kreis. Dann kamen zwei in die Hütte, tranken Wasser und nahmen die Tragbahre mit. Das erzählte mir Lillis Stiefvater. Wie ein ganzes Beet Klatschmohn, sagte er, ich dachte in dem Moment an Kirschen. Hier kann man sehr gut die vielen Grautöne erkennen und dann der rote Fleck, ein Hauch von Klatschmohn, reflektiert mit der Kirsche. Der Mohn als Symbol des Friedens? Die Kirsche als Symbol für die Süße des Lebens? Oder der Wunsch nach den Tod? Ehrlich gesagt, mir ist es egal. Ich mag diese Art von Stakkatosätze nicht, die in ihrer Schlichtheit die Trostlosigkeit in dem von der Diktatur geknechteten Rumänien verdeutlichen sollen. In „Niederungen“ schreibt Herta Müller noch mit ihrer eigenen Erzählstimme, was ganz angenehm zu lesen war. Autobiografisch ist ja eigentlich alles, was sie schreibt. Nur in dem vorliegenden Buch lässt sie die Geschichte von einer (sprachlich eingeschränkten) einfachen Frau erzählen, die auf dem Weg zum regelmäßig wiederkehrenden Verhör sitzt. Wie gesagt, dass mag authentisch sein, aber Gefallen finde ich daran nicht. Leider spielen die Gedanken an die Konfrontation mit dem Staatsapparat keine große Rolle. Vielmehr ist das Buch von Erinnerungen an Kindheit, Jugend und Ehe geprägt. Das hatte ich mir auch anders vorgestellt.
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Autorenbeschreibung
Herta Müller wurde 1953 im deutschsprachigen Nitzkydorf im Banat in Rumänien geboren. Sie studierte in Temeswar rumänische und deutsche Literatur. Sie arbeitete nach dem Studium in einer Maschinenbaufabrik als Übersetzerin. Weil sie sich weigerte, ihre Kollegen für den rumänischen Geheimdienst Securitate zu bespitzeln, verlor sie ihre Stelle, fand danach nur noch Aushilfstätigkeiten und geriet selbst ins Visier der Securitate. Es folgten Verhöre und Hausdurchsuchungen und die Verleumdung. 1987 konnte sie nach Berlin ausreisen, wo sie heute noch lebt. Ihre Bücher wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt wurden ihr der Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museum Berlin sowie der Internationale Brückepreis der Europastadt Görlitz/Zgorzelec verliehen und sie wurde in den Orden Pour le mérite aufgenommen. 2009 erhielt sie den Literaturnobelpreis. Ihr Werk wurde in über 50 Sprachen übersetzt und erscheint auf Deutsch bei Hanser, zuletzt die Collagenbände Im Heimweh ist ein blauer Saal (2019) und Der Beamte sagte (2021) sowie Eine Fliege kommt durch einen halben Wald (2023).
Beiträge
Wow. Es war etwas ungewohnt ein Buch in diesem Stil zu lesen, aber es hatte trotzdem was war mitreißend.
Es gibt Momente beim Lesen, da beneide ich die bildende Kunst. Man stellt sich in einem Museum vor ein expressionistisches Gemälde, sieht die vielen grauen dicken Pinselstriche mit dem roten Fleck in der Mitte, undefinierbar in der Aussage, nichtssagend in der Ästhetik, stellt man eine gewisse triste Atmosphäre fest und ist sich sicher, so etwas nicht in seiner Wohnung haben zu wollen und geht dann nach 12 Sekunden zum nächsten Bild. In Herta Müllers Buch dauert die Betrachtungsphase bestimmt rund sechs Stunden. Das zieht sich. Schön ist das nicht. Ist halt Kunst. Prämiert vom Nobelpreiskomitee. Ich kann darauf verzichten und denke, dass das mit mir und Frau Müller nichts mehr wird. Beispiel gefällig: „Von weitem kam Gebell und dann Geschrei. Lillis Offizier wurde gefesselt, in eine Blechhütte geführt und bewacht von dem Glückserpichten, der geschossen hatte. Lilli blieb liegen. Die Hütte hatte keine Vorderwand. Auf dem Boden stand eine Wasserzisterne, an der Wand eine Bank, in der Ecke eine Tragbahre. Der Bewacher trank viel Wasser, wusch sein Gesicht, zog das Hemd aus der Hose und wischte sich ab und setzte sich. Der Gefesselte durfte nicht sitzen, aber hinaus ins Gras schauen, wo Lilli lag, durfte er. Fünf Hunde liefen, das Gras stand ihnen bis zum Hals, ihre Beine flogen darüber. Und weit hinter ihnen rannte eine Schar abgehetzter Soldaten. Bis sie bei Lilli ankamen, war nicht nur ihr Kleid in Fetzen gerissen. Die Hunde räumten Lillis Körper aus. Unter ihren Schnauzen lag Lilli so rot wie ein ganzes Beet Klatschmohn. Die Soldaten trieben die Hunde weg und stellten sich in den Kreis. Dann kamen zwei in die Hütte, tranken Wasser und nahmen die Tragbahre mit. Das erzählte mir Lillis Stiefvater. Wie ein ganzes Beet Klatschmohn, sagte er, ich dachte in dem Moment an Kirschen. Hier kann man sehr gut die vielen Grautöne erkennen und dann der rote Fleck, ein Hauch von Klatschmohn, reflektiert mit der Kirsche. Der Mohn als Symbol des Friedens? Die Kirsche als Symbol für die Süße des Lebens? Oder der Wunsch nach den Tod? Ehrlich gesagt, mir ist es egal. Ich mag diese Art von Stakkatosätze nicht, die in ihrer Schlichtheit die Trostlosigkeit in dem von der Diktatur geknechteten Rumänien verdeutlichen sollen. In „Niederungen“ schreibt Herta Müller noch mit ihrer eigenen Erzählstimme, was ganz angenehm zu lesen war. Autobiografisch ist ja eigentlich alles, was sie schreibt. Nur in dem vorliegenden Buch lässt sie die Geschichte von einer (sprachlich eingeschränkten) einfachen Frau erzählen, die auf dem Weg zum regelmäßig wiederkehrenden Verhör sitzt. Wie gesagt, dass mag authentisch sein, aber Gefallen finde ich daran nicht. Leider spielen die Gedanken an die Konfrontation mit dem Staatsapparat keine große Rolle. Vielmehr ist das Buch von Erinnerungen an Kindheit, Jugend und Ehe geprägt. Das hatte ich mir auch anders vorgestellt.
Es gibt Momente beim Lesen, da beneide ich die bildende Kunst. Man stellt sich in einem Museum vor ein expressionistisches Gemälde, sieht die vielen grauen dicken Pinselstriche mit dem roten Fleck in der Mitte, undefinierbar in der Aussage, nichtssagend in der Ästhetik, stellt man eine gewisse triste Atmosphäre fest und ist sich sicher, so etwas nicht in seiner Wohnung haben zu wollen und geht dann nach 12 Sekunden zum nächsten Bild. In Herta Müllers Buch dauert die Betrachtungsphase bestimmt rund sechs Stunden. Das zieht sich. Schön ist das nicht. Ist halt Kunst. Prämiert vom Nobelpreiskomitee. Ich kann darauf verzichten und denke, dass das mit mir und Frau Müller nichts mehr wird. Beispiel gefällig: „Von weitem kam Gebell und dann Geschrei. Lillis Offizier wurde gefesselt, in eine Blechhütte geführt und bewacht von dem Glückserpichten, der geschossen hatte. Lilli blieb liegen. Die Hütte hatte keine Vorderwand. Auf dem Boden stand eine Wasserzisterne, an der Wand eine Bank, in der Ecke eine Tragbahre. Der Bewacher trank viel Wasser, wusch sein Gesicht, zog das Hemd aus der Hose und wischte sich ab und setzte sich. Der Gefesselte durfte nicht sitzen, aber hinaus ins Gras schauen, wo Lilli lag, durfte er. Fünf Hunde liefen, das Gras stand ihnen bis zum Hals, ihre Beine flogen darüber. Und weit hinter ihnen rannte eine Schar abgehetzter Soldaten. Bis sie bei Lilli ankamen, war nicht nur ihr Kleid in Fetzen gerissen. Die Hunde räumten Lillis Körper aus. Unter ihren Schnauzen lag Lilli so rot wie ein ganzes Beet Klatschmohn. Die Soldaten trieben die Hunde weg und stellten sich in den Kreis. Dann kamen zwei in die Hütte, tranken Wasser und nahmen die Tragbahre mit. Das erzählte mir Lillis Stiefvater. Wie ein ganzes Beet Klatschmohn, sagte er, ich dachte in dem Moment an Kirschen. Hier kann man sehr gut die vielen Grautöne erkennen und dann der rote Fleck, ein Hauch von Klatschmohn, reflektiert mit der Kirsche. Der Mohn als Symbol des Friedens? Die Kirsche als Symbol für die Süße des Lebens? Oder der Wunsch nach den Tod? Ehrlich gesagt, mir ist es egal. Ich mag diese Art von Stakkatosätze nicht, die in ihrer Schlichtheit die Trostlosigkeit in dem von der Diktatur geknechteten Rumänien verdeutlichen sollen. In „Niederungen“ schreibt Herta Müller noch mit ihrer eigenen Erzählstimme, was ganz angenehm zu lesen war. Autobiografisch ist ja eigentlich alles, was sie schreibt. Nur in dem vorliegenden Buch lässt sie die Geschichte von einer (sprachlich eingeschränkten) einfachen Frau erzählen, die auf dem Weg zum regelmäßig wiederkehrenden Verhör sitzt. Wie gesagt, dass mag authentisch sein, aber Gefallen finde ich daran nicht. Leider spielen die Gedanken an die Konfrontation mit dem Staatsapparat keine große Rolle. Vielmehr ist das Buch von Erinnerungen an Kindheit, Jugend und Ehe geprägt. Das hatte ich mir auch anders vorgestellt.