Dieses ganze Leben
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Raffaella Romagnolo, geboren 1971 in Casale Monferrato, unterrichtet Geschichte und Italienisch an einem Gymnasium. Seit 2007 schreibt sie auch Romane – mit Erfolg. Sie wurde mehrmals für den Premio Strega nominiert und ihr Roman ›Bella Ciao‹ wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Raffaella Romagnolo lebt in Rocca Grimalda im Piemont.
Beiträge
Auf das Buch bin ich tatsächlich durch ein Seminar der Uni, in dem wir über die literarische Repräsentation von Behinderungen und Sensitivity Reading gesprochen hatten, aufmerksam geworden. Zeitnah hatte ich es dann gelesen und damit eine vielschichtig und interessante Lektüre. Was wohl bei diesem Buch besonders hervorzuheben ist, ist die sprachliche Komplexität, mit der Raffaella Romagnolo ihre Geschichte über Paola erzählt. Komplexität in dem Sinne, dass man als LeserIn stets mit Paolas Gedankenstrom und all ihren Abschweifungen konfrontiert wird. Es bedurfte etwas mehr Aufmerksamkeit, dem roten Faden zu folgen und alles richtig einzuordnen. Ich war ganz angetan von der Form des Erzählens, da man so die Protagonistin mit all ihren Ansichten, Unsicherheiten und Einschätzungen kennenlernte. Die Autorin schreibt mit voller Sprache, vielen Verzweigungen und Bezugnahmen. Hier möchte ich jedoch erwähnt haben, dass die Autorin bei der Einbindung von Beleidigungen auf andere Begriffe hätte zurückgreifen können, anstatt Rassismen zu reproduzieren. Im Rahmen der Handlung merkt man schnell, was Paola ganz zentral beschäftigt – ihr Gewicht. Als Leserin hat es mich mitgenommen, dass sie an ihrem Äußeren so gar kein gutes Wort lässt, aber das war leider Ergebnis ihres familiären und schulischen Umfelds. Ich hätte mir gewünscht, dass ihr Selbstbild im Laufe der Handlung etwas weiter aufgebrochen wird, doch eigentlich werden die verachtenden Bemerkungen anderer bis zuletzt von ihr als Wahrheiten bezeichnet. Das Konstrukt Schönheit hätte ich hier gern noch klarer diskutiert gesehen. Die Figuren Antonio und Marta (hier vor allem gegen Ende) waren jedoch schöne Lichtblicke, die Paolas Leben im positiven Sinne bereichert haben, und könnten auch so ein bisschen als Ausblicke auf Veränderungen dienen, die über die erzählte Geschichte hinausgehen. Über die Figuren vereint die Autorin recht viele Aspekte – schlicht alles, was ein Leben so zu erzählen hat. Dabei wird der Fokus vor allem auf die Frauen der Familie Di Giorgi gelegt, deren Hintergrundgeschichten im Laufe der Handlung vor einem ausgebreitet werden und Formen weiblicher Unterdrückung zeigen. Eine weitere wichtige Figur ist Paolas Bruder Richie, mit dem die Protagonistin wohl am meisten Zeit verbringt und sich am besten versteht. Richies Behinderung wird angenehm unaufgeregt in die Handlung eingeführt. Er sitzt im Rollstuhl und kurz wird erwähnt, dass er anders spricht – fertig. Im weiteren Verlauf werden seine Sprachhandlungen so erzählt wie die der anderen, was in mir den Gedanken aufkommen ließ, dass Romagnolo vermeiden wollte, Richie auf seine Behinderung zu reduzieren. Insgesamt war es so eine Geschichte, die ihre Stärken hatte, aber volle Begeisterung bei mir nicht entzünden konnte.
Menschlich und erfrischend ehrlich- etwas langatmig
Zu Beginn des Romans zeigt sich der Erzählstil der 16-Jährigen Protagonistin als abwechslungsreich und ungewöhnlich. Im Laufe des Werks fiel es mir leider aufgrund ebendieser häufigen Abschweifungen und Nebenerzählungen schwer, den Fokus des Erzählten nicht zu verlieren. Schade, wenn auch realistisch in Bezug auf die Wahrnehmung einer jungen Frau, empfand ich das negative Selbstbild, welches sich im Laufe des Werks auch nicht ändert. Die Einbindung ihres behinderten Bruders Richi empfinde ich als gelungen und schätze die objektive und wenig verharmlosende Beschreibung der Behinderung. Positiv empfand ich des Weiteren die Entwicklung von Marta, die sich im Laufe des Romans für die Protagonistin zu einer Freundin entwickelt. Antonio, der sich der Protagonistin von Anfang an wohlgesonnen zeigt, stellte für mich einen Lichtblick in den verwirrenden und detailreichen Erzählungen dar. Negativ ist an diesem Werk anzumerken, dass die Autorin sich rassistischer Beleidigungen bedient, die meines Erachtens problemlos hätten gegen weniger problematische Begriffe ausgetauscht werden können. Des Weiteren hatte ich das Gefühl, dass die ‘Enthüllung’ und damit auch die Klimax des Werks zu lange heraus gezögert wurde. Aufgrund der häufigen Abschweifungen und dieser Tatsache hatte ich als Lesende häufig das Gefühl, dass ich mir wünschte, dass die Handlung endlich zum Punkt komme. Trotzdem: Grundsätzlich angenehm zu lesen und bietet Abwechslung zu ‘Mainstream-Literatur’, die sich sonst in meinem Regal befindet.
Mit Büchern von (mir) unbekannten Autorinnen und Autoren ist es so: entweder werde ich enttäuscht und Buch und Autor*in versinken in der Bedeutungslosigkeit oder ich habe eine*n Autor*in mehr auf meiner Liste, wo ich weiterhin einen Blick draufhabe. So geschehen aktuell mit der italienischen Autorin Raffaella Romagnolo und ihrem Roman „Dieses ganze Leben“. Hier erzählt uns die 16-jährige Paola von ihrem Leben; ein Leben, dass vornehmlich aus einer „Heile Welt“-Fassade besteht: Villa, Swimmingpool, Nanny – was will man mehr? Nun, eigentlich ist es genau das, was Paola nicht will. Sie will Freunde, sie will „dazugehören“, sie will ein Leben ohne Mobbing. Paola bezeichnet sich direkt im 1. Absatz als „[…] hässlich. Das ist die Wahrheit, die schlichte, unzweifelhafte Wahrheit.“ (S. 11). Nun, das zeugt nicht gerade von großem Selbstvertrauen. Aber woher soll sie es auch nehmen? Aus einer Familie, die schweigt, die alles „unter den Teppich“ kehrt? Schlechte Voraussetzungen. Bis eines Tages das Kartenhaus der Lügen ihrer Familie zusammenbricht… Vorgetragen in einem teils pubertär-rotzigen Grundton mit melancholischen Noten versetzt mit (erstaunlich) klugen (Lebens-)Weisheiten, versteckt sich hinter und zwischen den Zeilen eine dramatische Geschichte, die mit ganz wenigen Klischees auskommt und die mich einigermaßen gepackt hat. Gefallen haben mir besonders die vielen literarischen Bezüge, die Dialoge zwischen Mutter und Tochter (äußerst realitätsnah; ich spreche aus „Erfahrung“ *g*) sowie das leicht offene Ende. Alles in allem: 4* und eine (fast) klare Leseempfehlung! ©kingofmusic
ein (für mich) seeeeehr anstrengendes buch. der schreibstil ist eher wirr und erinnert mich daran, wie ich manchmal in gedanken abschweife beim lesen. wirklich schade, da ich am anfang und auch zwischendurch echt interessiert war, aber es war einfach unerträglich zu lesen.
Leider ein Reinfall
Dieses Buch verharrte schon länger auf meiner Wunschliste und Ich entschloss mich es bei der Bücherei auszuborgen anstatt es zu kaufen. Im Nachhinein eine gute Entscheidung. Paoletta, der Hauptcharakter scheint mir sehr bockig, die Geschichte aus dem Zusammenhang gerissen und der Schreibstil wie zusammengeklebte Ausschnitte aus einem Zeitungsartikel. Ein offenes Ende nach langem Spannungsbogen. Für mich persönlich eher unzufriedenstellend. Leider ist "Dieses ganze Leben" von Raffaela Romagnolo bis jetzt der größte Reinfall meines Lesejahres 2024.
Hab es so eingeatmet, eine simple aber schöne Geschichte in einer tollen modernen Sprache einer 16 Jährigen
Handlung_ _ Die 15-jährige Paola passt nirgendwo so recht dazu, findet nirgendwo Halt, wird nirgendwo verstanden – nur ihr Bruder Richie, der im Rollstuhl sitzt, ist ihr Verbündeter in einer Familie, die ihnen keine Wärme gibt. Einmal am Tag soll Paola mit ihm spazieren gehen, stattdessen sitzen sie die Zeit in einem Viertel ab, das ihre Mutter aus unerfindlichen Gründen hasst. Doch irgendwann bricht das echte Leben über sie herein, im Guten wie im Schlechten, und das lässt sich nicht mehr aufhalten…_ _ Die Beziehung der Geschwister:_ _ Die Geschwister sind ein eingeschweißtes Team, obwohl Paola damit aufgewachsen ist, dass Richies Existenz die Familiendynamik und damit auch ihr Leben grundlegend verändert hat. Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme spielt sie zwangsläufig immer die zweite Geige, aber man spürt: sie liebt ihn trotzdem. Ganz normale geschwisterliche Konflikte bleiben nicht aus, werden manchmal von ihrer besonderen Situation auf die Spitze getrieben, aber wenn es darauf ankommt, halten sie bedingungslos zusammen._ _ Die Autorin beschreibt das erfreulicherweise ganz ohne Kitsch – Rührseligkeit hätte diese Geschichte meines Erachtens ruiniert! So hat sie einen ungemein authentischen Klang und bietet eine starke Geschichte, die erzwungene Gefühlsduselei gar nicht nötig hat, um zu bewegen._ _ Trotz aller Liebe ist die Dynamik zwischen den Geschwistern nicht unproblematisch._ Sie frönen gemeinsam ungesundem Verhalten, so schlingen sie zum Beispiel täglich große Mengen an Junkfood herunter, während sie eigentlich eine Stunde spazierengehen sollten. Dass das niemandem auffällt, sagt eigentlich schon alles… Diese Kinder vereinsamen vor aller Augen._ _ Beiden fehlt eine sichere familiäre Basis – eine liebevolle Struktur, die mehr bietet als nur das Weiterreichen an die besten Experten und Ärzte. Denn wenn eines beim Lesen ins Auge springt, dann das Fehlen positiver erwachsener Bezugspersonen._ _ Andere Charaktere:_ _ Als die Geschwister Antonio kennenlernen, der dem vermeintlichen Standesdünkel der Eltern bei weitem nicht genügt und auch noch in einem von der Mutter verhassten Viertel lebt, wird er im besten Sinne zum Stein des Anstoßes – alles gerät in Bewegung, was bei Paola und Richie eine großartige Charakterentwicklung auslöst. Antonio selber ist ein wunderbarer Charakter, den ich sehr schnell ins Herz geschlossen habe!_ _ Die Charaktere lesen sich alle sehr lebendig und überzeugend ausgearbeitet – auch die Nebencharaktere, wie die rumänische Haushaltshilfe Nina, die quasi zur Ersatzmutter für Paola und Richie wird. Dann gibt es da zum Beispiel noch Marta, die ständig versucht, sich mit Paola anzufreunden, dabei aber unsäglich affektiert und überheblich rüberkommt. Dass dahinter eine große Verzweiflung steckt, kann man anfangs nur erahnen, aber auch Marta ist ein wesentlich komplexerer Charakter, als es zunächst den Anschein hat._ _ Ganz nebenher kommt die tragische erste Liebe der Großmutter ans Licht – ein nettes Schmankerl am Rande._ _ Die Eltern:_ _ Mein erster Eindruck war, dass die Eltern bis zu einem gewissen Punkt aufgegeben und sich ausgeklinkt haben. Sie sind wohlhabend, so dass es ihren Kindern an allem mangelt außer Geld. Der Vater ist wenig mehr als eine Leerstelle im Familiengefüge._ _ Auch das distanziert gefühlskalte Verhalten der Mutter stellte mich von der ersten Seite an vor Rätsel. Es wirkte auf mich so, als würde sie ihre Kinder von einem Experten zum nächsten schicken, um sich bloß nicht selbst mit ihnen auseinander setzen zu müssen – aber warum? Ich fragte mich: weiß sie sich einfach nicht zu helfen ob zweier Kinder, deren Anforderungen und Probleme sie sich für ihr Bilderbuchleben nicht vorgestellt hat? Gibt sie sich insgeheim die Schuld? So oder so versagt sie kläglich darin, für ihre Kinder da zu sein – auf verschiedene Weisen._ _ Der stete Tropfen höhlt den Stein, das sind viele sicher kleine, dafür aber ständige Verletzungen der Kinderseele. Sie beruhigt ihr schlechtes Gewissen mit seltenen Ausflügen, an denen Paola und ihr Bruder nicht mal Spaß haben._ _ Richie wird von ihr behandelt wie ein Kleinkind, dabei ist er weder dumm noch völlig unfähig, manche Dinge auch alleine zu machen. Sie packt ihn in Watte, bis er daran erstickt. Und Paola gibt sie zwar das Gefühl, ihr Essverhalten zu missbilligen, hilft ihrer Tochter aber auch nicht dabei, ein gesünderes zu entwickeln. Dazu müsste man sich ja auch mit den Ursachen auseinander setzen, und in dieser Familie wird alles unter den Teppich gekehrt… Tatsächlich erfährt man im Laufe der Geschichte, dass sich dahinter ein großes Geheimnis verbirgt, was sich im letzten Teil des Buches fast schon liest wie ein Thriller._ _ Paolas Entwicklung:_ _ Paola hat es nicht leicht – in der Schule wird sie gemobbt, zuhause nicht wirklich wahrgenommen. Sie hat keine Freundinnen, fühlt sich nur in ihrem Büchern zuhause. Dass sie sich die Pfunde nur so anfuttert, ist ein echter Hilfeschrei! Da kann ich ihr das gelegentliche “Ich hasse ALLES” auch nicht übelnehmen – sie hat viel Grund dazu und sie ist eben auch ein Teenager. Allerdings hat sie eine deutlich verzerrte Wahrnehmung und sieht sich selber als viel fettleibiger, als sie es tatsächlich ist. Irgendwann wird ihr BMI erwähnt und sie ist zwar übergewichtig, aber bei weitem nicht der Wal, als den sie sich darstellt… Aber sie ist auf dem selbstzerstörerischen Weg dahin!_ _ “Es gibt Momente der Leere, die nur streichfähige Schokolade füllen kann”_ _ Paola kann manchmal sehr blind sein, obwohl sie in anderen Dingen für ihr Alter schon sehr klug und einsichtig ist. Durch Antonio beginnt sie damit, sich in weniger negativem Licht wahrzunehmen und die Schuld nicht immer bei sich selbst zu suchen. Das führt nach und nach dazu, dass sie erst zaghaft und dann zunehmend selbstbewusster die Wahrheit einfordert und ihre Mutter mit deren Verhalten konfrontiert._ _ Dieser Prozess wird von der Autorin sehr klar und nachvollziehbar geschildert – und das geht manchmal an die emotionale Substanz, manchmal aber auch an die Lachmuskeln. Ich fand es großartig geschrieben!_ _ Der Schreibstil:_ _ Schon nach kurzem Reinlesen habe ich mich mehr und mehr in den Schreibstil verliebt, der Paolas Persönlichkeit wunderbar widerspiegelt. Sie ist sehr intelligent und hat einen wachen Blick darauf, was um sie herum geschieht, dementsprechend ist auch die Sprache klar und deutlich, hat aber genug Ecken und Kanten, um die Gedanken eines Teenagers mit großen Problemen glaubhaft darzustellen. Und ihr Sinn für Humor ist kostbar!_ _ Eine kurze Notiz:_ _ Am Schluss der Geschichte passieren ein paar Dinge, die ich nicht hundertprozentig glaubhaft fand, die für die Entwicklung von Richies Charakter aber sehr wichtig sind. Für mich daher nur ein kleiner Abstrich._ _ Fazit_ _ Paola wird in der Schule gemobbt und ist stark übergewichtig. Ihre Mutter ist emotional eher unnahbar und kalt, der Vater glänzt durch ständige Abwesenheit… Nur ihr Bruder, der im Rollstuhl sitzt, ist für sie da und umgekehrt geht es ihm genauso. Doch im Verlaufe der Geschichte bricht das Leben über sie herein: Paola verliebt sich und entdeckt eine unerwartete Freundschaft, Richie spielt Schach und läuft einen Berg hoch, und die Geschwister decken gemeinsam das große Geheimnis ihrer Familie auf._ _ Raffaella Romagnolo schreibt wunderbare Charaktere – ganz ohne Kitsch, dafür authentisch und mit viel Humor; der Tiefgang geht dabei auch nicht verloren!_ _ Der Schreibstil liest sich prägnant und unterhaltsam, die junge Protagonistin ist ungemein sympathisch, die Handlung ist schlüssig und geschickt durchkonstruiert… Für mich ist “Dieses ganze Leben” ein Roman vom Allerfeinsten. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-raffaella-romagnolo-dieses-ganze-leben/
Raffaella Romagnolo zeichnet in ihrem zweiten Roman eine vielschichtige Coming-Of-Age-Geschichte. Paola, 16, hat von außen betrachtet alles. Sie lebt in einer imposanten Villa, ist ausgestattet mit den neusten Dingen und ist umgeben von einflussreichen Personen. Doch in ihrem Inneren sieht es ganz anders aus. Paola sehnt sich nach echten Kontakten, echter Freundschaft. Doch die aufgezwungene Gesellschaft und das Schweigen, welches in ihrer Familie herrscht, können diesen Wunsch nicht erfüllen. Auch in der Schule bleibt sie eher für sich, findet keine Freunde. Die Unsicherheit, die sie in Bezug auf ihren Körper fühlt, wird schamlos ausgenutzt - ausgegrenzt in der Schule und im Netz, drangsaliert von ihrer Mutter. Momente des Glücks sind die langen Spaziergänge mit ihrem im Rollstuhl sitzenden Bruder Richi, dem gesellschaftliche Konventionen egal sind. Auf diesen Streifzügen, die sie eigentlich Richtung Golfplatz verbringen sollten, erkunden die beiden eine ihnen fremde Welt - die Sozialbausiedlung, welche ihre Familie bauen ließ und später einige dunkle Geheimnisse aufdecken wird. Dort treffen sie auf Antonio, der ihre Welt bereichert! Ich habe #diesesganzeleben unglaublich gerne gelesen. Eindrucksvoll und dennoch spielerisch deckt die Autorin die Schattenseiten der Gesellschaft auf. Hell und Dunkel scheinen sich konträr gegenüberzustehen. Die Schatten langsam auf Paola zuzuwandern, doch mithilfe von Antonio kann sie sich zunehmend in der Welt zurechtfinden. Den Tanz zwischen ‚ihrer‘ und der ‚anderen‘ Welt meistern, um herauszufinden, was sie möchte. Besonders gefallen hat mir die sprachliche Gestaltung. Ernste Themen werden anschaulich durch die Sprache der sechzehnjährigen dargestellt. Dabei schweift sie häufig ab, der Lesende kann den Gedankensprüngen lebhaft folgen. Diese sind keinesfalls trotz der zahlreichen Verweise auf prägende Filme, Bücher und Musik trivial, sondern reflektieren das eigene Handeln sowie das Verhältnis zur Außenwelt und Familie. Ein Coming-of-Age-Roman der spielerisch ernste Themen und das Wandeln zwischen den Welten darstellt. Ich habe ihn das Lesen sehr genossen!
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Autorenbeschreibung
Raffaella Romagnolo, geboren 1971 in Casale Monferrato, unterrichtet Geschichte und Italienisch an einem Gymnasium. Seit 2007 schreibt sie auch Romane – mit Erfolg. Sie wurde mehrmals für den Premio Strega nominiert und ihr Roman ›Bella Ciao‹ wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Raffaella Romagnolo lebt in Rocca Grimalda im Piemont.
Beiträge
Auf das Buch bin ich tatsächlich durch ein Seminar der Uni, in dem wir über die literarische Repräsentation von Behinderungen und Sensitivity Reading gesprochen hatten, aufmerksam geworden. Zeitnah hatte ich es dann gelesen und damit eine vielschichtig und interessante Lektüre. Was wohl bei diesem Buch besonders hervorzuheben ist, ist die sprachliche Komplexität, mit der Raffaella Romagnolo ihre Geschichte über Paola erzählt. Komplexität in dem Sinne, dass man als LeserIn stets mit Paolas Gedankenstrom und all ihren Abschweifungen konfrontiert wird. Es bedurfte etwas mehr Aufmerksamkeit, dem roten Faden zu folgen und alles richtig einzuordnen. Ich war ganz angetan von der Form des Erzählens, da man so die Protagonistin mit all ihren Ansichten, Unsicherheiten und Einschätzungen kennenlernte. Die Autorin schreibt mit voller Sprache, vielen Verzweigungen und Bezugnahmen. Hier möchte ich jedoch erwähnt haben, dass die Autorin bei der Einbindung von Beleidigungen auf andere Begriffe hätte zurückgreifen können, anstatt Rassismen zu reproduzieren. Im Rahmen der Handlung merkt man schnell, was Paola ganz zentral beschäftigt – ihr Gewicht. Als Leserin hat es mich mitgenommen, dass sie an ihrem Äußeren so gar kein gutes Wort lässt, aber das war leider Ergebnis ihres familiären und schulischen Umfelds. Ich hätte mir gewünscht, dass ihr Selbstbild im Laufe der Handlung etwas weiter aufgebrochen wird, doch eigentlich werden die verachtenden Bemerkungen anderer bis zuletzt von ihr als Wahrheiten bezeichnet. Das Konstrukt Schönheit hätte ich hier gern noch klarer diskutiert gesehen. Die Figuren Antonio und Marta (hier vor allem gegen Ende) waren jedoch schöne Lichtblicke, die Paolas Leben im positiven Sinne bereichert haben, und könnten auch so ein bisschen als Ausblicke auf Veränderungen dienen, die über die erzählte Geschichte hinausgehen. Über die Figuren vereint die Autorin recht viele Aspekte – schlicht alles, was ein Leben so zu erzählen hat. Dabei wird der Fokus vor allem auf die Frauen der Familie Di Giorgi gelegt, deren Hintergrundgeschichten im Laufe der Handlung vor einem ausgebreitet werden und Formen weiblicher Unterdrückung zeigen. Eine weitere wichtige Figur ist Paolas Bruder Richie, mit dem die Protagonistin wohl am meisten Zeit verbringt und sich am besten versteht. Richies Behinderung wird angenehm unaufgeregt in die Handlung eingeführt. Er sitzt im Rollstuhl und kurz wird erwähnt, dass er anders spricht – fertig. Im weiteren Verlauf werden seine Sprachhandlungen so erzählt wie die der anderen, was in mir den Gedanken aufkommen ließ, dass Romagnolo vermeiden wollte, Richie auf seine Behinderung zu reduzieren. Insgesamt war es so eine Geschichte, die ihre Stärken hatte, aber volle Begeisterung bei mir nicht entzünden konnte.
Menschlich und erfrischend ehrlich- etwas langatmig
Zu Beginn des Romans zeigt sich der Erzählstil der 16-Jährigen Protagonistin als abwechslungsreich und ungewöhnlich. Im Laufe des Werks fiel es mir leider aufgrund ebendieser häufigen Abschweifungen und Nebenerzählungen schwer, den Fokus des Erzählten nicht zu verlieren. Schade, wenn auch realistisch in Bezug auf die Wahrnehmung einer jungen Frau, empfand ich das negative Selbstbild, welches sich im Laufe des Werks auch nicht ändert. Die Einbindung ihres behinderten Bruders Richi empfinde ich als gelungen und schätze die objektive und wenig verharmlosende Beschreibung der Behinderung. Positiv empfand ich des Weiteren die Entwicklung von Marta, die sich im Laufe des Romans für die Protagonistin zu einer Freundin entwickelt. Antonio, der sich der Protagonistin von Anfang an wohlgesonnen zeigt, stellte für mich einen Lichtblick in den verwirrenden und detailreichen Erzählungen dar. Negativ ist an diesem Werk anzumerken, dass die Autorin sich rassistischer Beleidigungen bedient, die meines Erachtens problemlos hätten gegen weniger problematische Begriffe ausgetauscht werden können. Des Weiteren hatte ich das Gefühl, dass die ‘Enthüllung’ und damit auch die Klimax des Werks zu lange heraus gezögert wurde. Aufgrund der häufigen Abschweifungen und dieser Tatsache hatte ich als Lesende häufig das Gefühl, dass ich mir wünschte, dass die Handlung endlich zum Punkt komme. Trotzdem: Grundsätzlich angenehm zu lesen und bietet Abwechslung zu ‘Mainstream-Literatur’, die sich sonst in meinem Regal befindet.
Mit Büchern von (mir) unbekannten Autorinnen und Autoren ist es so: entweder werde ich enttäuscht und Buch und Autor*in versinken in der Bedeutungslosigkeit oder ich habe eine*n Autor*in mehr auf meiner Liste, wo ich weiterhin einen Blick draufhabe. So geschehen aktuell mit der italienischen Autorin Raffaella Romagnolo und ihrem Roman „Dieses ganze Leben“. Hier erzählt uns die 16-jährige Paola von ihrem Leben; ein Leben, dass vornehmlich aus einer „Heile Welt“-Fassade besteht: Villa, Swimmingpool, Nanny – was will man mehr? Nun, eigentlich ist es genau das, was Paola nicht will. Sie will Freunde, sie will „dazugehören“, sie will ein Leben ohne Mobbing. Paola bezeichnet sich direkt im 1. Absatz als „[…] hässlich. Das ist die Wahrheit, die schlichte, unzweifelhafte Wahrheit.“ (S. 11). Nun, das zeugt nicht gerade von großem Selbstvertrauen. Aber woher soll sie es auch nehmen? Aus einer Familie, die schweigt, die alles „unter den Teppich“ kehrt? Schlechte Voraussetzungen. Bis eines Tages das Kartenhaus der Lügen ihrer Familie zusammenbricht… Vorgetragen in einem teils pubertär-rotzigen Grundton mit melancholischen Noten versetzt mit (erstaunlich) klugen (Lebens-)Weisheiten, versteckt sich hinter und zwischen den Zeilen eine dramatische Geschichte, die mit ganz wenigen Klischees auskommt und die mich einigermaßen gepackt hat. Gefallen haben mir besonders die vielen literarischen Bezüge, die Dialoge zwischen Mutter und Tochter (äußerst realitätsnah; ich spreche aus „Erfahrung“ *g*) sowie das leicht offene Ende. Alles in allem: 4* und eine (fast) klare Leseempfehlung! ©kingofmusic
ein (für mich) seeeeehr anstrengendes buch. der schreibstil ist eher wirr und erinnert mich daran, wie ich manchmal in gedanken abschweife beim lesen. wirklich schade, da ich am anfang und auch zwischendurch echt interessiert war, aber es war einfach unerträglich zu lesen.
Leider ein Reinfall
Dieses Buch verharrte schon länger auf meiner Wunschliste und Ich entschloss mich es bei der Bücherei auszuborgen anstatt es zu kaufen. Im Nachhinein eine gute Entscheidung. Paoletta, der Hauptcharakter scheint mir sehr bockig, die Geschichte aus dem Zusammenhang gerissen und der Schreibstil wie zusammengeklebte Ausschnitte aus einem Zeitungsartikel. Ein offenes Ende nach langem Spannungsbogen. Für mich persönlich eher unzufriedenstellend. Leider ist "Dieses ganze Leben" von Raffaela Romagnolo bis jetzt der größte Reinfall meines Lesejahres 2024.
Hab es so eingeatmet, eine simple aber schöne Geschichte in einer tollen modernen Sprache einer 16 Jährigen
Handlung_ _ Die 15-jährige Paola passt nirgendwo so recht dazu, findet nirgendwo Halt, wird nirgendwo verstanden – nur ihr Bruder Richie, der im Rollstuhl sitzt, ist ihr Verbündeter in einer Familie, die ihnen keine Wärme gibt. Einmal am Tag soll Paola mit ihm spazieren gehen, stattdessen sitzen sie die Zeit in einem Viertel ab, das ihre Mutter aus unerfindlichen Gründen hasst. Doch irgendwann bricht das echte Leben über sie herein, im Guten wie im Schlechten, und das lässt sich nicht mehr aufhalten…_ _ Die Beziehung der Geschwister:_ _ Die Geschwister sind ein eingeschweißtes Team, obwohl Paola damit aufgewachsen ist, dass Richies Existenz die Familiendynamik und damit auch ihr Leben grundlegend verändert hat. Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme spielt sie zwangsläufig immer die zweite Geige, aber man spürt: sie liebt ihn trotzdem. Ganz normale geschwisterliche Konflikte bleiben nicht aus, werden manchmal von ihrer besonderen Situation auf die Spitze getrieben, aber wenn es darauf ankommt, halten sie bedingungslos zusammen._ _ Die Autorin beschreibt das erfreulicherweise ganz ohne Kitsch – Rührseligkeit hätte diese Geschichte meines Erachtens ruiniert! So hat sie einen ungemein authentischen Klang und bietet eine starke Geschichte, die erzwungene Gefühlsduselei gar nicht nötig hat, um zu bewegen._ _ Trotz aller Liebe ist die Dynamik zwischen den Geschwistern nicht unproblematisch._ Sie frönen gemeinsam ungesundem Verhalten, so schlingen sie zum Beispiel täglich große Mengen an Junkfood herunter, während sie eigentlich eine Stunde spazierengehen sollten. Dass das niemandem auffällt, sagt eigentlich schon alles… Diese Kinder vereinsamen vor aller Augen._ _ Beiden fehlt eine sichere familiäre Basis – eine liebevolle Struktur, die mehr bietet als nur das Weiterreichen an die besten Experten und Ärzte. Denn wenn eines beim Lesen ins Auge springt, dann das Fehlen positiver erwachsener Bezugspersonen._ _ Andere Charaktere:_ _ Als die Geschwister Antonio kennenlernen, der dem vermeintlichen Standesdünkel der Eltern bei weitem nicht genügt und auch noch in einem von der Mutter verhassten Viertel lebt, wird er im besten Sinne zum Stein des Anstoßes – alles gerät in Bewegung, was bei Paola und Richie eine großartige Charakterentwicklung auslöst. Antonio selber ist ein wunderbarer Charakter, den ich sehr schnell ins Herz geschlossen habe!_ _ Die Charaktere lesen sich alle sehr lebendig und überzeugend ausgearbeitet – auch die Nebencharaktere, wie die rumänische Haushaltshilfe Nina, die quasi zur Ersatzmutter für Paola und Richie wird. Dann gibt es da zum Beispiel noch Marta, die ständig versucht, sich mit Paola anzufreunden, dabei aber unsäglich affektiert und überheblich rüberkommt. Dass dahinter eine große Verzweiflung steckt, kann man anfangs nur erahnen, aber auch Marta ist ein wesentlich komplexerer Charakter, als es zunächst den Anschein hat._ _ Ganz nebenher kommt die tragische erste Liebe der Großmutter ans Licht – ein nettes Schmankerl am Rande._ _ Die Eltern:_ _ Mein erster Eindruck war, dass die Eltern bis zu einem gewissen Punkt aufgegeben und sich ausgeklinkt haben. Sie sind wohlhabend, so dass es ihren Kindern an allem mangelt außer Geld. Der Vater ist wenig mehr als eine Leerstelle im Familiengefüge._ _ Auch das distanziert gefühlskalte Verhalten der Mutter stellte mich von der ersten Seite an vor Rätsel. Es wirkte auf mich so, als würde sie ihre Kinder von einem Experten zum nächsten schicken, um sich bloß nicht selbst mit ihnen auseinander setzen zu müssen – aber warum? Ich fragte mich: weiß sie sich einfach nicht zu helfen ob zweier Kinder, deren Anforderungen und Probleme sie sich für ihr Bilderbuchleben nicht vorgestellt hat? Gibt sie sich insgeheim die Schuld? So oder so versagt sie kläglich darin, für ihre Kinder da zu sein – auf verschiedene Weisen._ _ Der stete Tropfen höhlt den Stein, das sind viele sicher kleine, dafür aber ständige Verletzungen der Kinderseele. Sie beruhigt ihr schlechtes Gewissen mit seltenen Ausflügen, an denen Paola und ihr Bruder nicht mal Spaß haben._ _ Richie wird von ihr behandelt wie ein Kleinkind, dabei ist er weder dumm noch völlig unfähig, manche Dinge auch alleine zu machen. Sie packt ihn in Watte, bis er daran erstickt. Und Paola gibt sie zwar das Gefühl, ihr Essverhalten zu missbilligen, hilft ihrer Tochter aber auch nicht dabei, ein gesünderes zu entwickeln. Dazu müsste man sich ja auch mit den Ursachen auseinander setzen, und in dieser Familie wird alles unter den Teppich gekehrt… Tatsächlich erfährt man im Laufe der Geschichte, dass sich dahinter ein großes Geheimnis verbirgt, was sich im letzten Teil des Buches fast schon liest wie ein Thriller._ _ Paolas Entwicklung:_ _ Paola hat es nicht leicht – in der Schule wird sie gemobbt, zuhause nicht wirklich wahrgenommen. Sie hat keine Freundinnen, fühlt sich nur in ihrem Büchern zuhause. Dass sie sich die Pfunde nur so anfuttert, ist ein echter Hilfeschrei! Da kann ich ihr das gelegentliche “Ich hasse ALLES” auch nicht übelnehmen – sie hat viel Grund dazu und sie ist eben auch ein Teenager. Allerdings hat sie eine deutlich verzerrte Wahrnehmung und sieht sich selber als viel fettleibiger, als sie es tatsächlich ist. Irgendwann wird ihr BMI erwähnt und sie ist zwar übergewichtig, aber bei weitem nicht der Wal, als den sie sich darstellt… Aber sie ist auf dem selbstzerstörerischen Weg dahin!_ _ “Es gibt Momente der Leere, die nur streichfähige Schokolade füllen kann”_ _ Paola kann manchmal sehr blind sein, obwohl sie in anderen Dingen für ihr Alter schon sehr klug und einsichtig ist. Durch Antonio beginnt sie damit, sich in weniger negativem Licht wahrzunehmen und die Schuld nicht immer bei sich selbst zu suchen. Das führt nach und nach dazu, dass sie erst zaghaft und dann zunehmend selbstbewusster die Wahrheit einfordert und ihre Mutter mit deren Verhalten konfrontiert._ _ Dieser Prozess wird von der Autorin sehr klar und nachvollziehbar geschildert – und das geht manchmal an die emotionale Substanz, manchmal aber auch an die Lachmuskeln. Ich fand es großartig geschrieben!_ _ Der Schreibstil:_ _ Schon nach kurzem Reinlesen habe ich mich mehr und mehr in den Schreibstil verliebt, der Paolas Persönlichkeit wunderbar widerspiegelt. Sie ist sehr intelligent und hat einen wachen Blick darauf, was um sie herum geschieht, dementsprechend ist auch die Sprache klar und deutlich, hat aber genug Ecken und Kanten, um die Gedanken eines Teenagers mit großen Problemen glaubhaft darzustellen. Und ihr Sinn für Humor ist kostbar!_ _ Eine kurze Notiz:_ _ Am Schluss der Geschichte passieren ein paar Dinge, die ich nicht hundertprozentig glaubhaft fand, die für die Entwicklung von Richies Charakter aber sehr wichtig sind. Für mich daher nur ein kleiner Abstrich._ _ Fazit_ _ Paola wird in der Schule gemobbt und ist stark übergewichtig. Ihre Mutter ist emotional eher unnahbar und kalt, der Vater glänzt durch ständige Abwesenheit… Nur ihr Bruder, der im Rollstuhl sitzt, ist für sie da und umgekehrt geht es ihm genauso. Doch im Verlaufe der Geschichte bricht das Leben über sie herein: Paola verliebt sich und entdeckt eine unerwartete Freundschaft, Richie spielt Schach und läuft einen Berg hoch, und die Geschwister decken gemeinsam das große Geheimnis ihrer Familie auf._ _ Raffaella Romagnolo schreibt wunderbare Charaktere – ganz ohne Kitsch, dafür authentisch und mit viel Humor; der Tiefgang geht dabei auch nicht verloren!_ _ Der Schreibstil liest sich prägnant und unterhaltsam, die junge Protagonistin ist ungemein sympathisch, die Handlung ist schlüssig und geschickt durchkonstruiert… Für mich ist “Dieses ganze Leben” ein Roman vom Allerfeinsten. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-raffaella-romagnolo-dieses-ganze-leben/
Raffaella Romagnolo zeichnet in ihrem zweiten Roman eine vielschichtige Coming-Of-Age-Geschichte. Paola, 16, hat von außen betrachtet alles. Sie lebt in einer imposanten Villa, ist ausgestattet mit den neusten Dingen und ist umgeben von einflussreichen Personen. Doch in ihrem Inneren sieht es ganz anders aus. Paola sehnt sich nach echten Kontakten, echter Freundschaft. Doch die aufgezwungene Gesellschaft und das Schweigen, welches in ihrer Familie herrscht, können diesen Wunsch nicht erfüllen. Auch in der Schule bleibt sie eher für sich, findet keine Freunde. Die Unsicherheit, die sie in Bezug auf ihren Körper fühlt, wird schamlos ausgenutzt - ausgegrenzt in der Schule und im Netz, drangsaliert von ihrer Mutter. Momente des Glücks sind die langen Spaziergänge mit ihrem im Rollstuhl sitzenden Bruder Richi, dem gesellschaftliche Konventionen egal sind. Auf diesen Streifzügen, die sie eigentlich Richtung Golfplatz verbringen sollten, erkunden die beiden eine ihnen fremde Welt - die Sozialbausiedlung, welche ihre Familie bauen ließ und später einige dunkle Geheimnisse aufdecken wird. Dort treffen sie auf Antonio, der ihre Welt bereichert! Ich habe #diesesganzeleben unglaublich gerne gelesen. Eindrucksvoll und dennoch spielerisch deckt die Autorin die Schattenseiten der Gesellschaft auf. Hell und Dunkel scheinen sich konträr gegenüberzustehen. Die Schatten langsam auf Paola zuzuwandern, doch mithilfe von Antonio kann sie sich zunehmend in der Welt zurechtfinden. Den Tanz zwischen ‚ihrer‘ und der ‚anderen‘ Welt meistern, um herauszufinden, was sie möchte. Besonders gefallen hat mir die sprachliche Gestaltung. Ernste Themen werden anschaulich durch die Sprache der sechzehnjährigen dargestellt. Dabei schweift sie häufig ab, der Lesende kann den Gedankensprüngen lebhaft folgen. Diese sind keinesfalls trotz der zahlreichen Verweise auf prägende Filme, Bücher und Musik trivial, sondern reflektieren das eigene Handeln sowie das Verhältnis zur Außenwelt und Familie. Ein Coming-of-Age-Roman der spielerisch ernste Themen und das Wandeln zwischen den Welten darstellt. Ich habe ihn das Lesen sehr genossen!