Die Negation der praktischen Vernunft als Negation der kritischenTheorie

Die Negation der praktischen Vernunft als Negation der kritischenTheorie

Paperback

Durch das Verwenden dieser Links unterstützt du READO. Wir erhalten eine Vermittlungsprovision, ohne dass dir zusätzliche Kosten entstehen.

Beschreibung

Ohne Zweifel hat Adorno das geistige Klima von der frühen Bundesrepublik bis heute durch seine Gesellschaftskritik geprägt. Während die einen seine Kritische Theorie als „unverantwortlich“, weil nicht staatstragend, verteufelten, wurde er von anderen unkritisch affirmiert. Was aber viele Interpreten vereint, ist seine Aversion gegen Ethik und Moral. Diese wird in ihrer kantischen Gestalt mit Herrschaft gleichgesetzt. Adorno unterscheidet aber nicht zwischen Moral als ideelle Existenzbedingung der herrschenden Klasse und der Vernunftmoral, die allgemein gilt und deshalb kritisch zur Herrschaft, die immer partikular ist, steht. Deshalb folgt aus der Vernunftmoral die Pflicht, die Kapitalökonomie abzuschaffen. Moral hat einen schlechten Ruf, auch unter denen, die es besser wissen könnten. Da sie in der Gesellschaft als Vernunftmoral nicht durchgängig gelebt werden kann, auch als Ideologie missbraucht wird, negieren sie kritischen Intellektuelle. Sie können sich dabei auf Adorno berufen. Doch durch die historische Entwicklung der Philosophie wird diese autonom gegenüber den bestehenden Verhältnissen, kann sich dadurch auch kritisch gegen diese stellen. Adorno schleift diese Autonomie – gegen seine kritische Intention –, indem er Philosopheme naturalisiert und soziologisiert. Deshalb geht ihm das normative Fundament seiner Theorie verloren. In dem Kant-Modell aus seinem Hauptwerk „Negative Dialektik“ dekonstruiert Adorno die praktische Vernunft und negiert jede begründete Moral. Stattdessen bindet er das Handeln an einen naturalistischen Impuls oder an das Gefühl des Mitleids. Das aber sind von Kant abgelehnte Gründe des Handelns, weil sie nicht allgemein gelten können, auch wenn bei ihm – entgegen einer interessegeleiteten Fehldeutung – moralische Gefühle als reflektierte nicht verworfen werden. Der Autor dieses Kommentars ist der Auffassung, dass auch die theoretischen Grundlagen des ethischen Nihilismus von Adorno reflektiert und kritisiert werden müssen, um eine gründliche Erörterung dieser Position zu ermöglichen. Dabei werden Begriffe wie „Versöhnung“, „Nichtidentisches“, „Konstellation“ und die Rolle des „Tauschprinzips“ am avancierten Stand der Vernunft überprüft, ohne seine Leistung als Kritiker zu schmälern. Adornos Tendenz, rationales Denken über den Begriff Identifikation mit Herrschaft zu konfundieren, ist nicht akzeptabel, auch wenn Adorno die Vernunft, relativistisch gebunden an die historische Epoche, nicht völlig ablehnt.
Haupt-Genre
Fachbücher
Sub-Genre
Gesellschaft & Sozialwissenschaften
Format
Paperback
Seitenzahl
280
Preis
18.50 €

Autorenbeschreibung

Bodo Gaßmann, Jg. 1947, ist Herausgeber der „Erinnyen. Zeitschrift für materialistische Ethik“ und Vorsitzender des „Vereins zur Förderung des dialektischen Denkens“. Er ist in der DDR zur Schule gegangen und hat nach seiner Übersiedlung in die BRD in den 70er Jahren in Hannover bei Peter Bulthaup und Günther Mensching Philosophie studiert. Er war jahrelang Philosophielehrer und ist jetzt Privatgelehrter. Gaßmann konzentriert seine philosophische Tätigkeit auf Moralphilosophie und Gesellschaftstheorie, insbesondere auf die Kritik des monopolbürokratischen Kollektivismus sowie auf Studien zum emanzipatorischen Sozialismus. Bisherige Veröffentlichungen sind u. a.: „Logik. Kleines Lehrbuch des menschlichen Denkens“; „Die metaphysischen und ontologischen Grundlagen des menschlichen Denkens. Resultate der kritischen Philosophie“; „Kritik der Wertphilosophie“; „Ethik als praktische Philosophie der Veränderung“; „Zur Geschichte der bürgerlichen Moralphilosophie“ (2. Teil der Ethik); „Autonomie und Heteronomie“; „Über den Ethischen Sozialismus“; „Kritische Anmerkungen zu Hannah Arendt“ und „Die Entdeckung des freien Willens als eigenständiges Vermögen durch Augustin“.