Die Kieferninseln
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Marion Poschmann wurde in Essen geboren und lebt heute in Berlin. Für ihre Lyrik und Prosa wurde sie mit zahlreichen renommierten Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bremer Literaturpreis 2021 für ihren Lyrikband Nimbus und im selben Jahr mit dem WORTMELDUNGEN-Literaturpreis. Zuletzt erhielt sie 2023 den Joseph-Breitbach-Preis für ihr Gesamtwerk.
Beiträge
Humorvoller und unaufgeregter Roman, ich konnte allerdings aus der Geschichte keine Aussage ziehen.
Schöne Bilder
Interessante Mischung aus Poesie, Reiseführer, manischen Menschen und Männerwahn
Nein! Ein Buch für Intellektuelle zur Befriedigung ihres eignen Intellekts. Der Schreibstil ist nicht mein Fall. Ich konnte mich null in die Protagonisten und Story hineinfühlen. Dazu kommt stellenweise endloses intellektuelles Geschwurbel, das an eine Literaturkritik erinnert und immer wieder sehr analytisch und in trockener Berichtform erfolgt. Zwischendurch blitzt etwas Poesie auf und die erhoffte magische Reise durch Japan mit Reflektionen der Kultur und Natur kann beginnen. Ein paar Beobachtungen sind ganz interessant. Leider waren das für mich nur wenige kurze Lichtmomente, die von einer Flut aus Stilmitteln und hochtrabenden Formulierungen verschluckt werden. Stellenweise stinklangweilig. Das Buch konnte mir leider nur sehr wenig geben.
"Seine Annäherung an Matsushima war weniger Reisen, es war mehr ein Gleiten oder Schleichen, ein schneckenlahmes Vortasten, ein wolkenbehäbiges Heranrutschen, er reiste, so schien es ihm, wie eine just ausgestülpte, glänzende Puddingfigur, die langsam erkaltete, nachzitterte, die auf einer schrägen Fläche keinen Halt fand und die mit jeder amöbenhaften Bewegung mehr Form verlor". Wer das poetisch findet, darf gerne mehr als zwei Sterne geben. Mich konnte das Buch überhaupt nicht erreichen. Am Anfang mochte ich es noch - aber das hat leider schnell nachgelassen. Später konnte ich mich alleine wegen des Schreibstils kaum mehr auf das Buch konzentrieren. So wurden aus wohlwollenden 3 Sternen zum Ende hin sehr knappe 2. Wäre es nicht so kurz gewesen, hätte ich wohl aufgegeben!
Die Kieferninseln ist ein sehr poetisches Buch über eine ungewöhnliche Reise nach und durch Japan. Wie ein Gedicht so lässt auch dieser Roman vielfältige Deutungsmöglichkeiten zu, und jeder Leser wird seine ganz eigenen Interpretationen und Empfindungen beim Lesen verspüren. Es wundert mich daher nicht, dass die Meinung hier so stark auseinandergehen. Mich hat das Buch von der ersten Seite an gepackt. Obwohl ich Bücher selten zweimal lese, kann ich mir jetzt nach dem Ende gut vorstellen, dieses kleine Büchlein irgendwann nochmal zur Hand zu nehmen. Genauso wie ein Gedicht, das man immer wieder gerne liest. Gilbert ist ein im Vergleich zu seiner gefragten Ehefrau eher erfolgloser Dozent, der seine Fähigkeiten durch die Gesellschaft nicht wertgeschätzt sieht. Beziehungs- und Selbstreflexionsunfähig ist es auch, so dass er einen Traum, in dem ihn seine Frau betrügt, zum Anlass nimmt, so weit wie möglich sich von ihr zu entfernen und ihr dabei auch noch die Schuld an der Ehekrise zu geben. Obwohl er Teeländer nicht mag, wählt er als erstbesten Flug die Maschine nach Tokio. Er fühlt sich hin und hergerissen von diesem Land. Recht bald trifft er den jungen Yosa, der seinen Selbstmord plant. Es gelingt ihm, sich als die schützende Hand von Yosa, auf einer Pilgerreise durch Japan zu begeben, zunächst zu den beliebtesten Selbstmordplätzen des Landes, später auf den Spuren eines bekannten Haiku-Dichters, der 500 Jahre zuvor auch schon eine Reise in den Norden unternommen hatte. Im Grunde weiß man nie so recht, was Schein und was Sein ist in dem Buch. Obwohl Gilberts Ehefrau äußerst abweisend auf dessen Flucht reagiert, werden seine liebevollen detaillierten Reiseberichterstattungen in Briefform immer wieder den Erzählfluss aus der Ebene einer dritten Person unterbrechen. Außerdem nehmen die Träume Gilberts immer groteskere Formen an und so wird die eh schon skurrile Geschichte fast schon makaber, witzig, absurd, auf jeden Fall äußerst humorvoll und unterhaltsam. Ich mochte vor allem die Art, wie Frau Poschmann die kleinen Besonderheiten des Lebens beobachtet, und sie dann sehr lakonisch in wunderbare Worte packt. Ich kam oft aus dem Dauergrinsen nicht mehr heraus. Ob das die Ausführungen über den Bartwuchs in der Religionsgeschichte, die Form des Tanzes in der japanischen und europäischen Kultur oder die vielen uns fremden Sitten und Riten im japanischen Alltag waren. Ständig erkannte ich wieder neue Parallelen bei den dargestellten Figuren zwischen Gilbert, Yosa und auch dem Haiku-Dichter Basho. Das Buch war einfach eine Wohltat. Es ist ein schönes Beispiel, dass zeitgenössische anspruchsvolle Literatur auch mal leicht und verspielt und nicht inhaltsschwer daherkommen muss. Sehr empfehlenswert.
Macht Lust auf eine Reise quer durch Japan
Die Beschreibungen der japanischen Landschaft und Natur sind das was mich wirklich an diesem Buch begeistert hat. Der Schreibstil war ganz anders als ich es gewohnt bin und mir ist erst jetzt beim 2. Lesen aufgefallen, dass es komplett nur mit indirekter Rede gearbeitet wurde. Der Protagonist passt sehr gut zu der Vorstellung von *Alter weißer Mann* die ich immer hatte. Vielleicht nicht ganz so schlimm wie es sich jetzt manche vorstellen aber er ist halt ein (mittel-) alter, weißer Mann und zudem noch Professor… das einzige was ihn etwas sympathischer gemacht hat war wie er sich um Yosa gekümmert hat und ihm aus seiner Aussichtslosigkeit heraus helfen wollte. ~ Spoiler ahead ~ Leider hat mir am Ende etwas gefehlt. Ich war sehr frustriert als Yosa und Gilbert sich verloren und dann nicht wiedergefunden haben. Auch das offene Ende hat mich sehr unzifrieden zurückgelassen… dies ist der Grund für die 3.5 Sterne statt 4
Ein sprachlich schön geschriebens Buch mit einem interpretationsreichen Ende. Aber: Ganz problematisch fand ich den Umgang mit dem Thema Suizid(absicht). Außerdem fand ich den Protagonisten nervig und die Geschichte konnte mich nicht packen.
Deutschland in der Gegenwart. Bartforscher (!) Gilbert Silvester träumt, dass seine Frau ihn betrügt. Auch nach dem Erwachen ist er – fassungslos – überzeugt, dass der Traum wahr ist. Also tut er das Naheliegendste: Er fährt sofort zum Flughafen und setzt sich in ein Flugzeug nach Japan. In Japan angekommen, beschließt, auf den Spuren des Dichters Matsuo Basho (der „große Erneuerer des Haikus“) durch Japan zu reisen. An der U-Bahn-Station liest er einen jungen Japaner namens Yosa Tamagotchi (!) auf, der sich eigentlich auf die Gleise werfen und das Leben nehmen wollte. Gilbert kann ihn überzeugen, dass dies kein rechter Ort für einen Selbstmord sei, und bewegt ihn schließlich dazu, mit ihm zu kommen, denn auf seiner Reiseroute befinden sich auch einige der Orte, die in Yosas Ratgeber als gute Orte genannt werden, um sich das Leben zu nehmen. Zuletzt soll es zu den Kieferninseln gehen, einem der schönsten Orte in Japan. Marion Poschmann beweist mit diesem Roman, dass man lyrische Prosa schreiben kann, ohne dass der Leser bei der Lektüre unentwegt Fragezeichen in den Augen hat. Ihre Sprache ist wunderbar, Metaphern sind gelungen, es ist eine Freude, die Geschichte zu lesen. Und dann der Humor! Wer mich kennt, weiß: Damit bin ich immer zu gewinnen. Allein schon die Absurdität von Gilberts Verhalten, die er selbst in keiner Weise erkennt, ja, er ist sogar der Ansicht, dass die anderen (vornehmlich seine Frau) sich absurd verhalten! Zugegebenermaßen, die Walter Ulbricht-Anspielung von Seite 27 hat einen gewissen Stöhnfaktor. Doch im weiteren Verlauf liebte ich den Humor, Poschmann arbeitet mit Übertreibungen und Demaskierungen – herrlich. Das soll jetzt nicht dein Eindruck erwecken, es handele sich um eine Komödie. Aber Humor ist mir eben wichtig, und wenn dieser Humor albern ist, bin ich halt auch albern ;-) Der Protagonist verhält sich wie bereits erwähnt absolut absurd, dennoch kann man irgendwie nicht anders, als eine gewisse Sympathie für ihn zu empfinden. Er leidet offensichtlich an einem Minderwertigkeitskomplex, empfindet sich selbst eher als Pseudointellektuellen. In Yosa Tamagotchi spiegelt sich seine Persönlichkeit, was in folgender Passage sehr deutlich wird: „Sein Gesicht spiegelte sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit, und er sah genauer hin. Es war nicht sein Gesicht, es war Yosas Gesicht. Er erkannte genau dessen Züge, die dunkleren Haare, die flachere Nase, die Form der Wangenknochen. Er schob die Schale hin und her, bis er auch Yosas Kinn mit dem Ziegenbart klar ins Bild bekam.“ (Seite 137) Während der Reise geht Yosa ihm eine Zeit lang verloren, und auch gibt Gilberts Zustand wieder, er ist selbst irgendwie verloren. Auf der Rückseite des Buches ist zu lesen „Ist das Leben am Ende ein Traum“? Und so stellt sich am Ende auch die Frage, ob Gilberts ganze Reise vielleicht ein Traum ist, ob er vielleicht noch gar nicht erwacht ist und sein Unterbewusstsein ihn auf die Suche geschickt hat. Ein wunderbarer kurzer Roman, der mich überzeugt hat, dass ich mir auch einmal Poschmanns Lyrik ansehen sollte.
Gilbert Silvester geht jegliche Fähigkeit zur Selbstreflexion vollständig ab. Seine Wahrnehmung ist seine Wirklichkeit ist die absolute, unumstößliche Wahrheit: er träumt, seine Frau habe ihn betrogen, also hat sie ihn betrogen, also lügt sie, wenn sie es abstreitet. Traum und Wirklichkeit sind fließende Konstrukte, deren Grenzen von Gilbert in keinster Weise hinterfragt werden. Und so fliegt er nach Japan – obwohl er Ländern, in denen mehr Tee als Kaffee getrunken wird, grundlegend misstraut! –, beschließt, auf den Spuren des verehrten Dichters Matsuo Bash_ zu wandeln, rettet den Studenten Yosa Tamagotchi vor dem Suizid und nimmt ihn kurzerhand mit auf seine merkwürdige Pilgerreise. Kulturschock? Ja und nein. Unbeirrt belehrt Gilbert seinen jungen Begleiter über die Kultur seines eigenen Landes, was der sich fast schon unterwürfig gefallen lässt, erweist sich jedoch selber als nahezu unbelehrbar. Fest entschlossen, auf seiner Pilgerreise Erleuchtung zu erleben, lässt er diese über weite Strecken des Buches dennoch nicht zu. Er will beeindruckt werden, ist aber unempfänglich: sowohl für die Schönheit imaginärer Kirschblüten (da die Jahreszeit die falsche ist für echte Blüten) als auch für das albtraumhafte Szenario des Selbstmordwaldes von Aokigahara, wo Yosa den idealen Ort für seinen Freitod sucht. Erst im Kabuki-Theater ist Gilbert gegen seinen Willen dann doch fasziniert, obwohl oder gerade weil ihm das Konzept vollkommen fremd ist. Die Autorin spielt mit dem klassischen Doppelgängermotiv: Gilbert spiegelt sich wider in Yosa, projiziert seine eigenen Schwächen, Ängste und Sehnsüchte auf den jungen Mann und würdigt ihn für genau diese herab. So sagt er, ohne sich der Ironie bewusst zu sein, er setze "keinerlei Vertrauen mehr in Yosas Vorschläge, die bisher samt und sonders davon zeugen, wie ein undisziplinierter Geist sich von verworrenen Gefühlen übermannen und sich zu irrationalen und sinnlosen Handlungen treiben lässt". So deutlich ist Yosa ein Spiegelbild von Gilbert, dass man sich als Leser fragen muss: gibt es diesen Studenten mit dem unwahrscheinlichen Nachnamen 'Tamagotchi' überhaupt? Befindet sich Gilbert wirklich auf einer Reise nach Matsushima oder ist das alles nur ein Traum? Die Autorin verzichtet auf einfache Erklärungen, so dass jeder Leser seine eigene Wahrheit finden muss. "Die Kieferninseln" ist eine sprachlich wunderschöne, inhaltlich außergewöhnliche Gratwanderung zwischen Schein und Sein. Dabei ist das Buch nicht nur durch seine lyrische Wortmalerei ansprechend, sondern auch durch sein feines Psychogramm eines unverbesserlichen Pedanten, mit dem man dennoch mitfühlen muss, da er, ob ihm das nun bewusst ist oder nicht, auf der Suche ist nach mehr als seiner beengten Existenz. Es ist kein Buch zum Verstand abschalten und berieseln lassen, dafür aber eines, das zeigt, dass anspruchsvolle Literatur nicht trocken und langweilig sein muss: die Geschichte ist unterhaltsam, sie ist spannend, sie ist manchmal von einer Art tragisch angehauchter Komik. Gilbert und Yosa sind eine sonderbare Reisegemeinschaft, innerhalb derer vieles ungesagt bleibt – aber es ist ein beredtes Schweigen, in das der Leser viel hinein interpretieren kann, so wie das japanische Haiku erst vollendet wird durch die Interpretation des Lesers. Matsuo Bash_s Leben spielt nur im Hintergrund eine Rolle, aber seine Lyrik schwingt mit in den Beschreibungen der Landschaften, den von Marion Poschmann gewählten Bildern und nicht zuletzt den von Gilbert und Yosa verfassten Haiku, so laienhaft diese auch sein mögen. Fazit: Ein Traum veranlasst den Bartforscher Gilbert Silvester dazu, seine Frau zu verlassen und ins erstbeste Flugzeug zu steigen. Dieses fliegt nach Japan, wo Gilbert den Dichter Matsuo Bash_ für sich entdeckt, den Studenten Yosa Tamagotchi (!!) vor dem Selbstmord bewahrt und eine Pilgerreise zu den Kieferninseln antritt. Die Geschichte hat etwas Schwebendes, Schwereloses: Man weiß nie genau, wo die Grenzen zwischen Schein und Sein verlaufen – was erlebt Gilbert wirklich, was ist vielleicht nur ein Traum? Man kann vieles zwischen den Zeilen entdecken, hinterfragen, interpretieren, oder auch einfach die Schönheit der Sprache auf sich wirken lassen. Für mich ist dieses Buch ganz klar ein verdienter Anwärter auf den Deutschen Buchpreis!
Eine mysteriöse Geschichte in leisen Tönen, wunderschön und bildhaft erzählt. Viele Anekdoten, poetische Beschreibungen und ein analytischer Blick auf Japans Kultur machen dieses Buch zu einer wundervollen Abwechslung für zwischendurch. Dennoch konnte die magische Sprache nicht über die ein wenig blasse Geschichte hinwegtrösten. Vielleicht habe ich manche Symboliken auch nicht ganz verstanden, die Motive der Charaktere waren jedoch teils etwas schwer nachzuvollziehen. Dennoch eine Sehnsucht schaffende, angenehm und schnell zu lesende Geschichte. Ausführliche Rezension: thebluesirenblog.wordpress.com/2017/12/10/rezension-die-kieferninseln-von-marion-poschmann/
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Marion Poschmann wurde in Essen geboren und lebt heute in Berlin. Für ihre Lyrik und Prosa wurde sie mit zahlreichen renommierten Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bremer Literaturpreis 2021 für ihren Lyrikband Nimbus und im selben Jahr mit dem WORTMELDUNGEN-Literaturpreis. Zuletzt erhielt sie 2023 den Joseph-Breitbach-Preis für ihr Gesamtwerk.
Beiträge
Humorvoller und unaufgeregter Roman, ich konnte allerdings aus der Geschichte keine Aussage ziehen.
Schöne Bilder
Interessante Mischung aus Poesie, Reiseführer, manischen Menschen und Männerwahn
Nein! Ein Buch für Intellektuelle zur Befriedigung ihres eignen Intellekts. Der Schreibstil ist nicht mein Fall. Ich konnte mich null in die Protagonisten und Story hineinfühlen. Dazu kommt stellenweise endloses intellektuelles Geschwurbel, das an eine Literaturkritik erinnert und immer wieder sehr analytisch und in trockener Berichtform erfolgt. Zwischendurch blitzt etwas Poesie auf und die erhoffte magische Reise durch Japan mit Reflektionen der Kultur und Natur kann beginnen. Ein paar Beobachtungen sind ganz interessant. Leider waren das für mich nur wenige kurze Lichtmomente, die von einer Flut aus Stilmitteln und hochtrabenden Formulierungen verschluckt werden. Stellenweise stinklangweilig. Das Buch konnte mir leider nur sehr wenig geben.
"Seine Annäherung an Matsushima war weniger Reisen, es war mehr ein Gleiten oder Schleichen, ein schneckenlahmes Vortasten, ein wolkenbehäbiges Heranrutschen, er reiste, so schien es ihm, wie eine just ausgestülpte, glänzende Puddingfigur, die langsam erkaltete, nachzitterte, die auf einer schrägen Fläche keinen Halt fand und die mit jeder amöbenhaften Bewegung mehr Form verlor". Wer das poetisch findet, darf gerne mehr als zwei Sterne geben. Mich konnte das Buch überhaupt nicht erreichen. Am Anfang mochte ich es noch - aber das hat leider schnell nachgelassen. Später konnte ich mich alleine wegen des Schreibstils kaum mehr auf das Buch konzentrieren. So wurden aus wohlwollenden 3 Sternen zum Ende hin sehr knappe 2. Wäre es nicht so kurz gewesen, hätte ich wohl aufgegeben!
Die Kieferninseln ist ein sehr poetisches Buch über eine ungewöhnliche Reise nach und durch Japan. Wie ein Gedicht so lässt auch dieser Roman vielfältige Deutungsmöglichkeiten zu, und jeder Leser wird seine ganz eigenen Interpretationen und Empfindungen beim Lesen verspüren. Es wundert mich daher nicht, dass die Meinung hier so stark auseinandergehen. Mich hat das Buch von der ersten Seite an gepackt. Obwohl ich Bücher selten zweimal lese, kann ich mir jetzt nach dem Ende gut vorstellen, dieses kleine Büchlein irgendwann nochmal zur Hand zu nehmen. Genauso wie ein Gedicht, das man immer wieder gerne liest. Gilbert ist ein im Vergleich zu seiner gefragten Ehefrau eher erfolgloser Dozent, der seine Fähigkeiten durch die Gesellschaft nicht wertgeschätzt sieht. Beziehungs- und Selbstreflexionsunfähig ist es auch, so dass er einen Traum, in dem ihn seine Frau betrügt, zum Anlass nimmt, so weit wie möglich sich von ihr zu entfernen und ihr dabei auch noch die Schuld an der Ehekrise zu geben. Obwohl er Teeländer nicht mag, wählt er als erstbesten Flug die Maschine nach Tokio. Er fühlt sich hin und hergerissen von diesem Land. Recht bald trifft er den jungen Yosa, der seinen Selbstmord plant. Es gelingt ihm, sich als die schützende Hand von Yosa, auf einer Pilgerreise durch Japan zu begeben, zunächst zu den beliebtesten Selbstmordplätzen des Landes, später auf den Spuren eines bekannten Haiku-Dichters, der 500 Jahre zuvor auch schon eine Reise in den Norden unternommen hatte. Im Grunde weiß man nie so recht, was Schein und was Sein ist in dem Buch. Obwohl Gilberts Ehefrau äußerst abweisend auf dessen Flucht reagiert, werden seine liebevollen detaillierten Reiseberichterstattungen in Briefform immer wieder den Erzählfluss aus der Ebene einer dritten Person unterbrechen. Außerdem nehmen die Träume Gilberts immer groteskere Formen an und so wird die eh schon skurrile Geschichte fast schon makaber, witzig, absurd, auf jeden Fall äußerst humorvoll und unterhaltsam. Ich mochte vor allem die Art, wie Frau Poschmann die kleinen Besonderheiten des Lebens beobachtet, und sie dann sehr lakonisch in wunderbare Worte packt. Ich kam oft aus dem Dauergrinsen nicht mehr heraus. Ob das die Ausführungen über den Bartwuchs in der Religionsgeschichte, die Form des Tanzes in der japanischen und europäischen Kultur oder die vielen uns fremden Sitten und Riten im japanischen Alltag waren. Ständig erkannte ich wieder neue Parallelen bei den dargestellten Figuren zwischen Gilbert, Yosa und auch dem Haiku-Dichter Basho. Das Buch war einfach eine Wohltat. Es ist ein schönes Beispiel, dass zeitgenössische anspruchsvolle Literatur auch mal leicht und verspielt und nicht inhaltsschwer daherkommen muss. Sehr empfehlenswert.
Macht Lust auf eine Reise quer durch Japan
Die Beschreibungen der japanischen Landschaft und Natur sind das was mich wirklich an diesem Buch begeistert hat. Der Schreibstil war ganz anders als ich es gewohnt bin und mir ist erst jetzt beim 2. Lesen aufgefallen, dass es komplett nur mit indirekter Rede gearbeitet wurde. Der Protagonist passt sehr gut zu der Vorstellung von *Alter weißer Mann* die ich immer hatte. Vielleicht nicht ganz so schlimm wie es sich jetzt manche vorstellen aber er ist halt ein (mittel-) alter, weißer Mann und zudem noch Professor… das einzige was ihn etwas sympathischer gemacht hat war wie er sich um Yosa gekümmert hat und ihm aus seiner Aussichtslosigkeit heraus helfen wollte. ~ Spoiler ahead ~ Leider hat mir am Ende etwas gefehlt. Ich war sehr frustriert als Yosa und Gilbert sich verloren und dann nicht wiedergefunden haben. Auch das offene Ende hat mich sehr unzifrieden zurückgelassen… dies ist der Grund für die 3.5 Sterne statt 4
Ein sprachlich schön geschriebens Buch mit einem interpretationsreichen Ende. Aber: Ganz problematisch fand ich den Umgang mit dem Thema Suizid(absicht). Außerdem fand ich den Protagonisten nervig und die Geschichte konnte mich nicht packen.
Deutschland in der Gegenwart. Bartforscher (!) Gilbert Silvester träumt, dass seine Frau ihn betrügt. Auch nach dem Erwachen ist er – fassungslos – überzeugt, dass der Traum wahr ist. Also tut er das Naheliegendste: Er fährt sofort zum Flughafen und setzt sich in ein Flugzeug nach Japan. In Japan angekommen, beschließt, auf den Spuren des Dichters Matsuo Basho (der „große Erneuerer des Haikus“) durch Japan zu reisen. An der U-Bahn-Station liest er einen jungen Japaner namens Yosa Tamagotchi (!) auf, der sich eigentlich auf die Gleise werfen und das Leben nehmen wollte. Gilbert kann ihn überzeugen, dass dies kein rechter Ort für einen Selbstmord sei, und bewegt ihn schließlich dazu, mit ihm zu kommen, denn auf seiner Reiseroute befinden sich auch einige der Orte, die in Yosas Ratgeber als gute Orte genannt werden, um sich das Leben zu nehmen. Zuletzt soll es zu den Kieferninseln gehen, einem der schönsten Orte in Japan. Marion Poschmann beweist mit diesem Roman, dass man lyrische Prosa schreiben kann, ohne dass der Leser bei der Lektüre unentwegt Fragezeichen in den Augen hat. Ihre Sprache ist wunderbar, Metaphern sind gelungen, es ist eine Freude, die Geschichte zu lesen. Und dann der Humor! Wer mich kennt, weiß: Damit bin ich immer zu gewinnen. Allein schon die Absurdität von Gilberts Verhalten, die er selbst in keiner Weise erkennt, ja, er ist sogar der Ansicht, dass die anderen (vornehmlich seine Frau) sich absurd verhalten! Zugegebenermaßen, die Walter Ulbricht-Anspielung von Seite 27 hat einen gewissen Stöhnfaktor. Doch im weiteren Verlauf liebte ich den Humor, Poschmann arbeitet mit Übertreibungen und Demaskierungen – herrlich. Das soll jetzt nicht dein Eindruck erwecken, es handele sich um eine Komödie. Aber Humor ist mir eben wichtig, und wenn dieser Humor albern ist, bin ich halt auch albern ;-) Der Protagonist verhält sich wie bereits erwähnt absolut absurd, dennoch kann man irgendwie nicht anders, als eine gewisse Sympathie für ihn zu empfinden. Er leidet offensichtlich an einem Minderwertigkeitskomplex, empfindet sich selbst eher als Pseudointellektuellen. In Yosa Tamagotchi spiegelt sich seine Persönlichkeit, was in folgender Passage sehr deutlich wird: „Sein Gesicht spiegelte sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit, und er sah genauer hin. Es war nicht sein Gesicht, es war Yosas Gesicht. Er erkannte genau dessen Züge, die dunkleren Haare, die flachere Nase, die Form der Wangenknochen. Er schob die Schale hin und her, bis er auch Yosas Kinn mit dem Ziegenbart klar ins Bild bekam.“ (Seite 137) Während der Reise geht Yosa ihm eine Zeit lang verloren, und auch gibt Gilberts Zustand wieder, er ist selbst irgendwie verloren. Auf der Rückseite des Buches ist zu lesen „Ist das Leben am Ende ein Traum“? Und so stellt sich am Ende auch die Frage, ob Gilberts ganze Reise vielleicht ein Traum ist, ob er vielleicht noch gar nicht erwacht ist und sein Unterbewusstsein ihn auf die Suche geschickt hat. Ein wunderbarer kurzer Roman, der mich überzeugt hat, dass ich mir auch einmal Poschmanns Lyrik ansehen sollte.
Gilbert Silvester geht jegliche Fähigkeit zur Selbstreflexion vollständig ab. Seine Wahrnehmung ist seine Wirklichkeit ist die absolute, unumstößliche Wahrheit: er träumt, seine Frau habe ihn betrogen, also hat sie ihn betrogen, also lügt sie, wenn sie es abstreitet. Traum und Wirklichkeit sind fließende Konstrukte, deren Grenzen von Gilbert in keinster Weise hinterfragt werden. Und so fliegt er nach Japan – obwohl er Ländern, in denen mehr Tee als Kaffee getrunken wird, grundlegend misstraut! –, beschließt, auf den Spuren des verehrten Dichters Matsuo Bash_ zu wandeln, rettet den Studenten Yosa Tamagotchi vor dem Suizid und nimmt ihn kurzerhand mit auf seine merkwürdige Pilgerreise. Kulturschock? Ja und nein. Unbeirrt belehrt Gilbert seinen jungen Begleiter über die Kultur seines eigenen Landes, was der sich fast schon unterwürfig gefallen lässt, erweist sich jedoch selber als nahezu unbelehrbar. Fest entschlossen, auf seiner Pilgerreise Erleuchtung zu erleben, lässt er diese über weite Strecken des Buches dennoch nicht zu. Er will beeindruckt werden, ist aber unempfänglich: sowohl für die Schönheit imaginärer Kirschblüten (da die Jahreszeit die falsche ist für echte Blüten) als auch für das albtraumhafte Szenario des Selbstmordwaldes von Aokigahara, wo Yosa den idealen Ort für seinen Freitod sucht. Erst im Kabuki-Theater ist Gilbert gegen seinen Willen dann doch fasziniert, obwohl oder gerade weil ihm das Konzept vollkommen fremd ist. Die Autorin spielt mit dem klassischen Doppelgängermotiv: Gilbert spiegelt sich wider in Yosa, projiziert seine eigenen Schwächen, Ängste und Sehnsüchte auf den jungen Mann und würdigt ihn für genau diese herab. So sagt er, ohne sich der Ironie bewusst zu sein, er setze "keinerlei Vertrauen mehr in Yosas Vorschläge, die bisher samt und sonders davon zeugen, wie ein undisziplinierter Geist sich von verworrenen Gefühlen übermannen und sich zu irrationalen und sinnlosen Handlungen treiben lässt". So deutlich ist Yosa ein Spiegelbild von Gilbert, dass man sich als Leser fragen muss: gibt es diesen Studenten mit dem unwahrscheinlichen Nachnamen 'Tamagotchi' überhaupt? Befindet sich Gilbert wirklich auf einer Reise nach Matsushima oder ist das alles nur ein Traum? Die Autorin verzichtet auf einfache Erklärungen, so dass jeder Leser seine eigene Wahrheit finden muss. "Die Kieferninseln" ist eine sprachlich wunderschöne, inhaltlich außergewöhnliche Gratwanderung zwischen Schein und Sein. Dabei ist das Buch nicht nur durch seine lyrische Wortmalerei ansprechend, sondern auch durch sein feines Psychogramm eines unverbesserlichen Pedanten, mit dem man dennoch mitfühlen muss, da er, ob ihm das nun bewusst ist oder nicht, auf der Suche ist nach mehr als seiner beengten Existenz. Es ist kein Buch zum Verstand abschalten und berieseln lassen, dafür aber eines, das zeigt, dass anspruchsvolle Literatur nicht trocken und langweilig sein muss: die Geschichte ist unterhaltsam, sie ist spannend, sie ist manchmal von einer Art tragisch angehauchter Komik. Gilbert und Yosa sind eine sonderbare Reisegemeinschaft, innerhalb derer vieles ungesagt bleibt – aber es ist ein beredtes Schweigen, in das der Leser viel hinein interpretieren kann, so wie das japanische Haiku erst vollendet wird durch die Interpretation des Lesers. Matsuo Bash_s Leben spielt nur im Hintergrund eine Rolle, aber seine Lyrik schwingt mit in den Beschreibungen der Landschaften, den von Marion Poschmann gewählten Bildern und nicht zuletzt den von Gilbert und Yosa verfassten Haiku, so laienhaft diese auch sein mögen. Fazit: Ein Traum veranlasst den Bartforscher Gilbert Silvester dazu, seine Frau zu verlassen und ins erstbeste Flugzeug zu steigen. Dieses fliegt nach Japan, wo Gilbert den Dichter Matsuo Bash_ für sich entdeckt, den Studenten Yosa Tamagotchi (!!) vor dem Selbstmord bewahrt und eine Pilgerreise zu den Kieferninseln antritt. Die Geschichte hat etwas Schwebendes, Schwereloses: Man weiß nie genau, wo die Grenzen zwischen Schein und Sein verlaufen – was erlebt Gilbert wirklich, was ist vielleicht nur ein Traum? Man kann vieles zwischen den Zeilen entdecken, hinterfragen, interpretieren, oder auch einfach die Schönheit der Sprache auf sich wirken lassen. Für mich ist dieses Buch ganz klar ein verdienter Anwärter auf den Deutschen Buchpreis!
Eine mysteriöse Geschichte in leisen Tönen, wunderschön und bildhaft erzählt. Viele Anekdoten, poetische Beschreibungen und ein analytischer Blick auf Japans Kultur machen dieses Buch zu einer wundervollen Abwechslung für zwischendurch. Dennoch konnte die magische Sprache nicht über die ein wenig blasse Geschichte hinwegtrösten. Vielleicht habe ich manche Symboliken auch nicht ganz verstanden, die Motive der Charaktere waren jedoch teils etwas schwer nachzuvollziehen. Dennoch eine Sehnsucht schaffende, angenehm und schnell zu lesende Geschichte. Ausführliche Rezension: thebluesirenblog.wordpress.com/2017/12/10/rezension-die-kieferninseln-von-marion-poschmann/