Die Erfindung Gottes

Die Erfindung Gottes

E-Book
5.01
Altes TestamentMonotheismusAltes Israel

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Beschreibung

Wie konnte ein Gott unter vielen zu "dem Gott" werden? Das ist die Grundfrage, die Thomas Römer in seiner Untersuchung zu den Ursprüngen des Monotheismus beantwortet. Woher stammt dieser Gott? Was waren seine Attribute und wie lautete sein Name, bevor dieser zum unaussprechlichen Tabu wurde? In welchen Erscheinungsformen wurde er verehrt? Wie kam es, dass die anderen Gottheiten ihm gegenüber an Macht verloren? Im Lichte der historisch-kritischen Philologie und Exegese sowie unter Berücksichtigung der neusten archäologischen und epigraphischen Erkenntnisse zeichnet das Buch die Etappen der Er-Findung des einen Gottes über ein ganzes Jahrtausend nach - auf den Spuren eines Wetter- und Kriegsgottes, der nach dem "Sieg" über seine Rivalen zum einzigen, universellen und transzendenten Gott wurde. Die deutschsprachige Ausgabe wurde vom Autor vollständig überarbeitet und aktualisiert.
Haupt-Genre
Fachbücher
Sub-Genre
Religion & Glaube
Format
E-Book
Seitenzahl
272
Preis
44.99 €

Autorenbeschreibung

Thomas Römer ist Professor im Bereich der biblischen Theologie am renommierten »Collège de France« sowie an der Fakultät für Theologie und Religionswissenschaft der Universität Lausanne. Er gilt weltweit als anerkannter Spezialist auf dem Gebiet der Forschung zum Alten Testament.

Beiträge

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Alle
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Ein wirklich tolles Sachbuch - so sollten alle sein! Das fängt damit an, dass die Fußnoten auf jeder Seite zu finden sind, und dennoch die Wissenschaftsprosa so formuliert ist, dass jede Person sie verstehen kann und es somit kein zu akademisches Buch ist. Auch in der Kompliziertheit der Darstellung werden keine populistischen Abstriche gemacht, und dennoch braucht Römer nur 280 Seiten, um quasi die gesamte Entstehung der Hebräischen Bibel inklusive der rekonstruierten Religions- und Politikgeschichte dahinter abzuhandeln. Beeindruckend. Anders als in anderen theologischen akademischen oder halbakademischen Texten wird außerdem nicht der Fehler gemacht, Bibelstellen nur anzugeben, sodass man sie immer quasi dabei haben muss (nur sehr wenige Menschen schlagen sowas nach, kaum jemand hat Lust darauf, dann quasi 2 Bücher zu lesen), sondern eben nur das Wichtigste zu zitieren. Nun zum Inhalt selbst: Wo gab es auf der Welt den ersten Monotheismus? Auch bei wenigen anderen Möglichkeiten wird das wohl innerhalb der hebräischen Bibel sein. Doch die dort erzählte Zeit und der eigentliche religionsgeschichtliche Moment, in dem Monotheismus entstand, liegt auseinander, was man erkennen kann, wenn man sich die Redaktionsschichten des biblischen Textes anschaut. Da wird man nämlich allerhand Inkohärenzen finden, die darauf hindeuten, dass die Hebräische Bibel ein über Jahrhunderte zusammengeschusterter Text ist, der aus politischen oder theologischen Gründen immer mal wieder geändert wurde. Die auffälligste Inkohärenz: die Schöpfung wird zweimal erzählt. Auch alles mögliche andere kommt zweimal vor (z.B. Moses Berufung). Das liegt daran, dass anscheinend zwei Quellen zusammengebaut wurden. Die eine nennt man "Priesterschrift" (weil in den ihr zuweisbaren Stellen "priesterliche" Themen, z.B. die Sabbatruhe, besonders wichtig sind.) Die andere nennt man "deuteronomistisch". Dies liegt daran, dass das fünfte Buch Mose Deuteronomium ein zweites (deutero=zwei) Mal Mose ein Gesetz geben lässt. Ein paar Formulierungen, die Mose dabei benutzt, kommen immer mal wieder in den folgenden biblischen Büchern, die (teilweise fiktiv) von der Geschichte Israels erzählen, wieder vor. Weil diese ganze Geschichte eine Linie verfolgt (zu beweisen, dass Israel selbst schuld an dem Untergang durch die Assyrer und dann Babylonier ist, weil sie nicht richtig an ihren Gott geglaubt haben), nennt man diese zweite wichtige Quelle "deuteronomistisches Geschichtswerk". Sowohl in der Moseerzählung als auch im Deuteronomium werden die zehn Gebote aufgezählt. Deren wichtigster Inhalt ist das erste Gebot - dass man nur Jhwh verehren soll, nicht auch andere Götter. Aufmerksamen Forscher_innen fiel auf: So richtig monotheistisch ist das Gesetz ja nicht. Hier wird ja nicht gesagt, dass es keine Götter gibt, sondern nur, dass man die nicht verehren soll. Der religionsgeschichtliche Vergleich zeigte, dass es zur altorientalischen/antiken Zeit das Phänomen eines Henotheismus (ein Gott an oberster Stelle) und einer Monolatrie gab (nur ein Gott soll verehrt werden. Besonders oft in Staatskulten wurde der Glaube aus politischen Gründen zentalisiert: Der Gott, der uns unterstützt, ist dieser oder jener (z.B. Marduk in Babylonien), aber natürlich glauben Menschen an anderen Orten an andere. Ist das vielleicht bei den zehn Geboten auch so. auch das Bilderverbot fiel auf: Warum darf man sich eigentlich keine Bilder von Gott machen? Das lässt sich natürlich theologisch beantworten, doch zunächst setzt das voraus, dass es mal Bilder von Jhwh, dem Gott der Hebräischen Bibel gab. Wie sahen die dann aus? Und würde das nicht auch bedeuten, dass Jhwh mal ein "normalerer" Gott war, der sich mit Figuren lokalisieren ließ, und somit auch eben nicht der eine und einzige Gott war (den man deswegen auch nicht mehr abbilden kann)? Beschreiben die 10 Gebote nicht ein Änderung. Im Deuteronomium, also zweiten Gesetz, fällt auf, dass der Kontext der 10 Gebote anders ist. Hier hält Mose eine ewig lange Rede. Direkt nach den zehn Geboten wird das "jüdische Glaubensbekenntnis" genannt: Du sollst Gott lieben von ganzen Herzen, denn er ist einer." Auch hier kann man genau darauf schauen: Das klingt auch nicht so wirklich nach Monotheismus. Auch hier zeigt sich, dass man erst verstehen muss, wogegen sich diese Formel richtet: nämlich, dass an verschiedenen Orten verschiedene Jhwhs verehrt wurden, also lokale Manifestationen: Der Jhwh von Samaria z.B. Ein paar Kapitel später heißt es dann: Ihr dürft ihn nur an einem Ort verehren (nämlich den Tempel in Jerusalem). Auch das setzt voraus, dass es vorher anders war. Im Exodusbuch, wo die zehn Gebote auch stehen, gibt es aber ein "Altargesetz", das beschreibt, wie man an verschiedenen Orten Jhwh verehren soll. Das heißt also, dass man innerhalb der Hebräischen Bibel eine Entwicklung zum Monotheismus über die Verbote der Verbildlichung, die Kultzentralisation und Vereinheitlichung und Alleinverehrung beobachten kann. Explizit monotheistisch formuliert sind nur wenige Stellen, v.a. im Jesajabuch: Es gibt nur einen Gott und keine anderen Götter! Rekonstruiert bedeutet das: Es gibt Stellen in der Bibel, die darauf verweisen, dass neben Jhwh auch noch seine "Frau" Aschera verehrt wurde oder eine Sonnengottheit. Andere Stellen verweisen auf eine Verbildlichung als Stier (die Geschichte vom goldenen Kalb) oder als anthropomorphe Statue (die über den "Cherubim", also Fabelwesen, thront). Wiederum andere verweisen darauf, dass Jhwh als Wetter- und Kriegsgott verehrt worden ist und dann erst zum Hauptgott wurde. Das deuteronomistische Geschichtswerk ist wahrscheinlich nach der Zerstörung Judas und Jerusalems im Exil im 6. Jahrhundert v.Chr. entstanden. Hier findet man noch keinen Monotheismus, aber bereits die Idee einer Alleinverehrung (mit deutlicher Abwertung der Fremdgötter, die als schwächer und nicht für Israel bestimmt dargestellt werden). Die Priesterschrift klingt da schon monotheistischer: Die Völker rund um Israel würden von dem einen Schöpfergott abstammen und wären auch alle irgendwie mit Abraham und Adam verwandt. Sie könnte aus dem 5. Jahrhundert, also der nachexilischen, persoischen Zeit stammen. Der "echte" Monotheismus wäre dann zum Ende der persischen Zeit entstanden - Gott richtet alle Völker der gesamten Erde (und nicht nur die Nachbarvölker).

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