Die Blumen des Bösen
Jetzt kaufen
Durch das Verwenden dieser Links unterstützt du READO. Wir erhalten eine Vermittlungsprovision, ohne dass dir zusätzliche Kosten entstehen.
Beschreibung
Beiträge
Es war sehr interessant die Gedichte sind teilweise sehr düster aber schön sind sie eigentlich alle
Lyrik von unbändiger Kraft
Schon einigen Zeitgenossen kam die Grausamkeit, der Ekel, das Böse bei Baudelaire abstoßend vor, doch steht es in einer Tradition, quasi einer literarischen Evolution, bei der sich die Bildersprache ständig erneuern und mit Leben füllen muss, um die gleiche Wirkung zu erzielen. So wie ein alltäglicher Anblick sich abschleift und man ihn nur noch dumpf wahrnimmt, geht es mit literarischen Bildern genau so. Uns etwas bewusst wahrnehmen zu lassen, statt es nur wiederzuerkennen ist die eigentliche Meisterschaft dabei. Wer Baudelaire nur auf den vordergründigen Madenreichtum reduziert verkennt das völlig. Ein Beispiel: Man nehme ein Sonett von Petrarca Amor und ich, wir sehn mit süßem Grauen Nach ihr, als solche, die ein Wunder sehen; Sie lächelt, ihre Silberlaute wehen, Und sich nur gleicht sie, und nicht andern Frauen. Aus schöner Ruh der stillen Augenbrauen Quillt Licht und Gluth, wie aus des Himmels Höhen, Und wer sich will zu reiner Lieb’ erhöhen, Wünscht dieß nur und kein andres Licht zu schauen. Wie herrlich ist’s, wenn sie gleich einer Blume Im Grase sitzt — wenn sie in grünen Matten Des weißen Busens warme Lilien kühlet? Wie lieblich, wenn in Lenzes Heiligthume Sie einsam sinnend wallt in holden Schatten, Und kräuselnd mit dem Gold der Locken spielet? diese Metaphorik, teils dem Minnesang entnommen, war später so oft kopiert worden, dass sie zu Klischee und Parodie wurde, wie zB bei Shakespeare: My mistress' eyes are nothing like the sun; Coral is far more red than her lips' red; If snow be white, why then her breasts are dun; If hairs be wires, black wires grow on her head. I have seen roses damask'd, red and white, But no such roses see I in her cheeks; And in some perfumes is there more delight Than in the breath that from my mistress reeks. I love to hear her speak, yet well I know That music hath a far more pleasing sound; I grant I never saw a goddess go; My mistress, when she walks, treads on the ground: And yet, by heaven, I think my love as rare As any she belied with false compare. So musste Erneuerung her, was dann auch geschah, als Barocklyrik die Metaphorik nutzte, um ganz unterschwellig dem Moment, dem Augenblick, der Leidenschaft zu frönen, solange man noch jung und im Saft ist, wie hier bei Hoffmannswaldau: Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen; Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand Der Augen süsser Blitz, die Kräffte deiner Hand Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen Das haar, das itzund kan des Goldes Glantz erreichen Tilget endlich tag und jahr als ein gemeines band. Der wohlgesetzte Fuss, die lieblichen Gebärden Die werden theils zu Staub, theils nichts und nichtig werden Denn opfert keiner mehr der Gottheit deiner pracht. Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen Dein Hertze kan allein zu aller Zeit bestehen Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht. Auf die Spitze getrieben hat das dann Baudelaire, dessen martialische, grausige Lyrik sich ohne diese Tradition der Erneuerung der Bilder nicht erklären ließe: Ein Aas Denkst du daran, mein Lieb, was jenen Sommermorgen Wir sahn im Sonnenschein? Es war ein schändlich Aas, am Wegrand kaum geborgen Auf Sand und Kieselstein. Die Beine hochgestreckt nach Art lüsterner Frauen, Von heissen Giften voll Liess es ganz ohne Scham und frech den Leib uns schauen, Dem ekler Dunst entquoll. Die Sonne brannte so auf dies verfaulte Leben, Als koche sie es gar Und wolle der Natur in hundert Teilen geben, Was sie als eins gebar. Der Himmel blickte still auf dies Gefaule nieder, Wie er auf Blumen schaut. So furchtbar war der Dunst, dir schauderten die Glieder Von Ekel wild durchgraut. Die Fliegen hörten wir summend das Aas umstreichen Und sahn das schwarze Heer Der Larven dichtgedrängt den faulen Leib beschleichen, Wie ein dickflüssig Meer. Und alles stieg und fiel aufsprudelnd, vorwärtsquellend Nach Meereswogen Art, Fast schien's, als ob dem Leib, von fremdem Leben schwellend, Tausendfach Leben ward. Und seltsame Musik drang uns von da entgegen, Wie Wind und Wasser singt, Wie Korn, das in dem Sieb mit rhythmischem Bewegen Die Hand des Landmanns schwingt. Die Formen ausgelöscht wie Träume und Legenden, Entwürfe stümperhaft, Die halbverwischt die Hand des Künstlers muss vollenden Aus der Erinnrung Kraft. Und eine Hündin lief unruhig dort hinterm Steine, Uns traf ihr böser Blick, Erspähend den Moment, zu reissen vom Gebeine Das aufgegebne Stück. – Und doch wirst einstmals du dem grausen Schmutz hier gleichen, Dem Kehricht ekelhaft, Du meiner Augen Licht, du Sonne ohnegleichen, Stern meiner Leidenschaft. Ja, so wirst du dereinst, o Königin der Güte, Nach letzter Ölung sein, Wenn du verwesend liegst tief unter Gras und Blüte Bei schimmelndem Gebein. Dann, Schönheit, sag' dem Wurm, der dich zerfleischt mit Küssen, Wie treu ich sie gewahrt Die Göttlichkeit des Wesens, das zersetzt, zerrissen Von meiner Liebe ward. In Auszügen findet sich diese Metaphorik auch in der Gegenwart, zB bei Hozier, In a Week(2014): I have never known peace Like the damp grass that yields to me I have never known hunger Like these insects that feast on me A thousand teeth And yours among them, I know Our hungers appeased Our heartbeats becoming slow We lay here for years or for hours Thrown here or found To freeze or to thaw So long, we'd become the flowers Two corpses we were Two corpses I saw And they'd find us in a week When the weather gets hot After the insects have made their claim I'd be home with you I'd be home with you
Unfassbar düster, melancholisch und sehr schön! Ein bisschen weniger ✨️poetischen Spice✨️ aka misogyne Beschreibungen nackter Frauen und ich hätte es etwas besser gefunden.
Leider bin ich nicht der Lyrik Experte
Daher kann ich das Buch nicht adäquat bewerten. Die Gedichte hier sind sehr düster und einige haben mir aufgrund ihres Aufbaus schon gut gefallen! Aber ich bin eben nicht eine Gedicht Leserin…
Tod der Armen Es ist der Tod, der Trost und Leben schenkt; Er ist das Ziel, das einzig Hoffnung macht, Ein Elixier, das uns berauschend tränkt, Und Mut gibt, durchzuhalten bis zur Nacht, Durch Sturm und Schnee ist er das schwache Licht, Für uns am dunklen Horizont entzündet; Ist jene Bleibe, die das Buch verspricht, wo man zur Rast ein Mahl und Schlummer findet, Ein Engel, dessen Finger lockend zeigen Den Schlaf und Träume, die uns übersteigen; Armen und Nackten er ein Bett bereitet; Der Götter Ruhm, der Speicher, der nie leer, Der Armen Beutel, Heimat von jeher, Das Tor, das uns zu fremden Himmeln leitet! ________________________________________ La Mort des Pauvres C'est la Mort qui console, hélas! et qui fait vivre; C'est le but de la vie - et c'est le seul espoir Qui, comme un élixir, nous monte et nous enivre, Et nous donne le coeur de marcher jusqu'au soir; A travers la tempête, et la neige, et le givre, C'est la clarté vibrante à notre horizon noir C'est l'auberge fameuse inscrite sur le livre, Où l'on pourra manger, et dormir, et s'asseoir; C'est un Ange qui tient dans ses doigts magnétiques Le sommeil et le don des rêves extatiques, Et qui refait le lit des gens pauvres et nus; C'est la gloire des Dieux, c'est le grenier mystique, C'est la bourse du pauvre et sa patrie antique, C'est le portique ouvert sur les Cieux inconnus!
Mehr aus dieser Reihe
AlleBeschreibung
Beiträge
Es war sehr interessant die Gedichte sind teilweise sehr düster aber schön sind sie eigentlich alle
Lyrik von unbändiger Kraft
Schon einigen Zeitgenossen kam die Grausamkeit, der Ekel, das Böse bei Baudelaire abstoßend vor, doch steht es in einer Tradition, quasi einer literarischen Evolution, bei der sich die Bildersprache ständig erneuern und mit Leben füllen muss, um die gleiche Wirkung zu erzielen. So wie ein alltäglicher Anblick sich abschleift und man ihn nur noch dumpf wahrnimmt, geht es mit literarischen Bildern genau so. Uns etwas bewusst wahrnehmen zu lassen, statt es nur wiederzuerkennen ist die eigentliche Meisterschaft dabei. Wer Baudelaire nur auf den vordergründigen Madenreichtum reduziert verkennt das völlig. Ein Beispiel: Man nehme ein Sonett von Petrarca Amor und ich, wir sehn mit süßem Grauen Nach ihr, als solche, die ein Wunder sehen; Sie lächelt, ihre Silberlaute wehen, Und sich nur gleicht sie, und nicht andern Frauen. Aus schöner Ruh der stillen Augenbrauen Quillt Licht und Gluth, wie aus des Himmels Höhen, Und wer sich will zu reiner Lieb’ erhöhen, Wünscht dieß nur und kein andres Licht zu schauen. Wie herrlich ist’s, wenn sie gleich einer Blume Im Grase sitzt — wenn sie in grünen Matten Des weißen Busens warme Lilien kühlet? Wie lieblich, wenn in Lenzes Heiligthume Sie einsam sinnend wallt in holden Schatten, Und kräuselnd mit dem Gold der Locken spielet? diese Metaphorik, teils dem Minnesang entnommen, war später so oft kopiert worden, dass sie zu Klischee und Parodie wurde, wie zB bei Shakespeare: My mistress' eyes are nothing like the sun; Coral is far more red than her lips' red; If snow be white, why then her breasts are dun; If hairs be wires, black wires grow on her head. I have seen roses damask'd, red and white, But no such roses see I in her cheeks; And in some perfumes is there more delight Than in the breath that from my mistress reeks. I love to hear her speak, yet well I know That music hath a far more pleasing sound; I grant I never saw a goddess go; My mistress, when she walks, treads on the ground: And yet, by heaven, I think my love as rare As any she belied with false compare. So musste Erneuerung her, was dann auch geschah, als Barocklyrik die Metaphorik nutzte, um ganz unterschwellig dem Moment, dem Augenblick, der Leidenschaft zu frönen, solange man noch jung und im Saft ist, wie hier bei Hoffmannswaldau: Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen; Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand Der Augen süsser Blitz, die Kräffte deiner Hand Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen Das haar, das itzund kan des Goldes Glantz erreichen Tilget endlich tag und jahr als ein gemeines band. Der wohlgesetzte Fuss, die lieblichen Gebärden Die werden theils zu Staub, theils nichts und nichtig werden Denn opfert keiner mehr der Gottheit deiner pracht. Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen Dein Hertze kan allein zu aller Zeit bestehen Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht. Auf die Spitze getrieben hat das dann Baudelaire, dessen martialische, grausige Lyrik sich ohne diese Tradition der Erneuerung der Bilder nicht erklären ließe: Ein Aas Denkst du daran, mein Lieb, was jenen Sommermorgen Wir sahn im Sonnenschein? Es war ein schändlich Aas, am Wegrand kaum geborgen Auf Sand und Kieselstein. Die Beine hochgestreckt nach Art lüsterner Frauen, Von heissen Giften voll Liess es ganz ohne Scham und frech den Leib uns schauen, Dem ekler Dunst entquoll. Die Sonne brannte so auf dies verfaulte Leben, Als koche sie es gar Und wolle der Natur in hundert Teilen geben, Was sie als eins gebar. Der Himmel blickte still auf dies Gefaule nieder, Wie er auf Blumen schaut. So furchtbar war der Dunst, dir schauderten die Glieder Von Ekel wild durchgraut. Die Fliegen hörten wir summend das Aas umstreichen Und sahn das schwarze Heer Der Larven dichtgedrängt den faulen Leib beschleichen, Wie ein dickflüssig Meer. Und alles stieg und fiel aufsprudelnd, vorwärtsquellend Nach Meereswogen Art, Fast schien's, als ob dem Leib, von fremdem Leben schwellend, Tausendfach Leben ward. Und seltsame Musik drang uns von da entgegen, Wie Wind und Wasser singt, Wie Korn, das in dem Sieb mit rhythmischem Bewegen Die Hand des Landmanns schwingt. Die Formen ausgelöscht wie Träume und Legenden, Entwürfe stümperhaft, Die halbverwischt die Hand des Künstlers muss vollenden Aus der Erinnrung Kraft. Und eine Hündin lief unruhig dort hinterm Steine, Uns traf ihr böser Blick, Erspähend den Moment, zu reissen vom Gebeine Das aufgegebne Stück. – Und doch wirst einstmals du dem grausen Schmutz hier gleichen, Dem Kehricht ekelhaft, Du meiner Augen Licht, du Sonne ohnegleichen, Stern meiner Leidenschaft. Ja, so wirst du dereinst, o Königin der Güte, Nach letzter Ölung sein, Wenn du verwesend liegst tief unter Gras und Blüte Bei schimmelndem Gebein. Dann, Schönheit, sag' dem Wurm, der dich zerfleischt mit Küssen, Wie treu ich sie gewahrt Die Göttlichkeit des Wesens, das zersetzt, zerrissen Von meiner Liebe ward. In Auszügen findet sich diese Metaphorik auch in der Gegenwart, zB bei Hozier, In a Week(2014): I have never known peace Like the damp grass that yields to me I have never known hunger Like these insects that feast on me A thousand teeth And yours among them, I know Our hungers appeased Our heartbeats becoming slow We lay here for years or for hours Thrown here or found To freeze or to thaw So long, we'd become the flowers Two corpses we were Two corpses I saw And they'd find us in a week When the weather gets hot After the insects have made their claim I'd be home with you I'd be home with you
Unfassbar düster, melancholisch und sehr schön! Ein bisschen weniger ✨️poetischen Spice✨️ aka misogyne Beschreibungen nackter Frauen und ich hätte es etwas besser gefunden.
Leider bin ich nicht der Lyrik Experte
Daher kann ich das Buch nicht adäquat bewerten. Die Gedichte hier sind sehr düster und einige haben mir aufgrund ihres Aufbaus schon gut gefallen! Aber ich bin eben nicht eine Gedicht Leserin…
Tod der Armen Es ist der Tod, der Trost und Leben schenkt; Er ist das Ziel, das einzig Hoffnung macht, Ein Elixier, das uns berauschend tränkt, Und Mut gibt, durchzuhalten bis zur Nacht, Durch Sturm und Schnee ist er das schwache Licht, Für uns am dunklen Horizont entzündet; Ist jene Bleibe, die das Buch verspricht, wo man zur Rast ein Mahl und Schlummer findet, Ein Engel, dessen Finger lockend zeigen Den Schlaf und Träume, die uns übersteigen; Armen und Nackten er ein Bett bereitet; Der Götter Ruhm, der Speicher, der nie leer, Der Armen Beutel, Heimat von jeher, Das Tor, das uns zu fremden Himmeln leitet! ________________________________________ La Mort des Pauvres C'est la Mort qui console, hélas! et qui fait vivre; C'est le but de la vie - et c'est le seul espoir Qui, comme un élixir, nous monte et nous enivre, Et nous donne le coeur de marcher jusqu'au soir; A travers la tempête, et la neige, et le givre, C'est la clarté vibrante à notre horizon noir C'est l'auberge fameuse inscrite sur le livre, Où l'on pourra manger, et dormir, et s'asseoir; C'est un Ange qui tient dans ses doigts magnétiques Le sommeil et le don des rêves extatiques, Et qui refait le lit des gens pauvres et nus; C'est la gloire des Dieux, c'est le grenier mystique, C'est la bourse du pauvre et sa patrie antique, C'est le portique ouvert sur les Cieux inconnus!