Die Beichte einer Nacht
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Marianne Philips, geboren 1886 in Amsterdam, war Politikerin, Schriftstellerin und Mutter von drei Kindern. Für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei wurde sie 1919 als eine der ersten Frauen zum Ratsmitglied der Niederlande gewählt. Sie schrieb fünf Romane und einige Novellen. Ab 1940 war ihr das Publizieren als Jüdin untersagt. Sie überlebte den Krieg, war aber krankheitshalber bis zu ihrem Lebensende (1951) ans Bett gefesselt.
Beiträge
Ziemliche Überraschung- weil wirklich gut geschrieben und sehr interessant. Und das, obwohl es nur von einer Person - im Rückblick- erzählt wird.Aber an einem wirklich skurrilen Ort- einer Nervenheilanstalt in den dreißiger Jahren. Ob Heelen wirklich verrückt war- darüber soll sich jeder Leser selbst eine Meinung bilden. Ich habe mit den Ereignissen der letzten Seiten nicht wirklich gerechnet . Bis dahin fühlte ich mich gut unterhalten. Es liest sich schnell und hat dabei oft etwas intimes/ privates an sich, was dazu führt, dass man das Gefühl hat , Heelen erzählt es mir ( dem jetzt lesenden).
Die Geschichte braucht ein bisschen, um Fahrt aufzunehmen, aber dann lässt sie einen nicht mehr los. So schön, so hässlich, so wahnsinnig und so ergreifend. Wow!
Tragisch
Helfen wächst in ärmlichen Verhältnisse erarbeitet sich langsam das Leben ihrer Träume. Doch durch ihr rücksichtslose Vorgehen verliert sie den Bezug zur Realität und lebt in Oberflächlichkeit. Tragisch und doch jeder Satz nachvollziehbar. Ein wunderbares Buch.
Heleen ist in einer psychiatrischen Klinik bzw. damals nannte man es noch Nervenheilanstalt. In einer Nacht beginnt sie einer Nachtschwester ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Sie beginnt mit ihrer schweren Kindheit in einer kinderreichen Familie als ältestes von zehn Kindern und endet mit dem Grund, der sie in die Klinik brachte. Es ist ein ungewöhnliches Buch. Ungewöhnlich allein schon deshalb, weil es schon 1930 von Marianne Philips geschrieben wurde und – wie man im Nachwort, das ihre Enkelin geschrieben hat – auch autobiografische Elemente enthält und eine Art Therapie für die Autorin war. Ungewöhnlich ist es auch, weil es in einem Monolog geschrieben wurde. Die Hauptperson erzählt einer nicht näher beschriebenen Nachtschwester innerhalb von zwei Nächten ihre komplette Lebensgeschichte. Diese Lebensgeschichte ist beklemmend, denn Heleen ist schon als Kind alles andere als glücklich, schafft es aber sich hochzuarbeiten und sich ein für sie schönes Leben zu erarbeiten und nimmt dafür einiges in Kauf. Sie ist eine starke Frau, die unabhängig lebt, was zur damaligen Zeit nicht unbedingt so selbstverständlich war. Das, was sie sich vornimmt, erreicht sie und sie passt sich nicht an. Als sie ihre Schwester Lientje zu sich nimmt und sie ihre große Liebe kennenlernt, ist sie für eine Zeit lang glücklich, aber es kommt, wie es kommen muss, sie wird wieder unglücklich und ist unglaublich eifersüchtig auf so vieles. Dies wird so eindringlich geschildert, diese inneren Qualen dieser Frau werden greifbar. Sie leidet und steigert sich immer mehr in diese Gefühle hinein, bis es zu einer Art Wahn wird. Es ist beklemmend und als Leserin spürt man als dies und die Kämpfe, die Heleen austrägt. Sie übernimmt die volle Verantwortung, für das, was in ihrem Leben passiert ist. Es ist ein ganz intensives Buch mit ganz vielen Gefühlen, die über die Leserin hereinbrechen. Ich habe anhand der Buchbeschreibung nicht mit solch intensiven Gefühlen gerechnet. Es lässt die Traurigkeit spüren und es hat mich traurig gemacht, dass sie nicht früher eine Behandlung bekommen hat, denn das hätte ihr vermutlich heute einiges erspart. Ein Buch, dass ich gerne empfehle, da es nicht nur 1930, als es das erste Mal erschien, ungewöhnlich war, sondern es immer noch ist und sehr stark geschrieben wurde von Marianne Philips, die auch eine sehr ungewöhnliche Frau war.
Handlung Erzählerin Heleen ist Patientin in einer Nervenklinik und legt in den stillen Stunden ihre Lebensbeichte ab, gegenüber einer schweigenden jungen Nachtschwester. Mal sagt Heleen selber, sie sei verrückt, mal streitet sie das vehement ab. Auf mich wirkt sie keineswegs verrückt – nach einer Kindheit und Jugend, in der sie ausgenutzt und über die Erschöpfung hinaus überarbeitet wurde, fing sie an, sich als junge Frau in verzweifeltem Egoismus alles zu nehmen, was sie bekommen konnte. Ihre Schönheit ermöglichte ihr einen gewissen gesellschaftlichen Aufstieg und das aufblühende Glück schien sich in der Beziehung zu ihrer großen Liebe Hannes zu vervollständigen… Und doch enthielt diese schon den Stachel des Unglücks. In Heleens Erinnerungen zeichnet sich ein tragisches Bild dessen, was sie in diese Klinik gebracht hat. Wir folgen ihrem Lebensweg bis zum Wendepunkt: unfähig, mit ihrem vermeintlich offensichtlichen Altern und dem somit drohenden Verlust ihrer Schönheit umzugehen, steigerte sie sich in Selbsthass und eifersüchtigen Wahn, mit schrecklichen Folgen. Der behandelnde Arzt beginnt schon nach dem ersten Gespräch, sie zu behandeln wie einen lästigen Gegenstand. Viele ihrer Mitpatientinnen in dieser Nervenklinik sind sicher ebenfalls nicht “verrückt” – die alten Menschen dort wirken in Heleens Schilderungen einfach dement, die jüngeren wie sie selbst überfordert von ihren Leben. Niemandem wird wirklich geholfen, die Patientinnen sollen den ganzen Tag im Bett bleiben und erhalten keine nennenswerte Therapie. Es scheint vor allem darum zu gehen, sie ruhig zu stellen. Die junge Nachtschwester gibt niemals Antwort, spricht im ganzen Roman kein einziges Wort. Aber du spürst ihre Neugier in den kleinen Signalen, die sie Heleen unwillkürlich gibt und die diese nicht unkommentiert lässt. Wahrscheinlich wurde der Schwester beigebracht, nicht mit den Patientinnen zu sprechen, sie nicht zum Reden zu ermutigen. Stille Patientinnen sind pflegeleichter – und wenn sie erstmal angefangen haben, zu reden, fangen sie vielleicht auch an, zu weinen oder sogar zu schreien. Das Buch wurde in den 30ern geschrieben, da war es vielerorts in den Nervenheilanstalten wahrscheinlich wirklich so. Die Autorin schildert das sehr authentisch, glaubhaft und sensibel, gleichzeitig lesen sich ihre Worte erstaunlich modern. In vielerlei Hinsicht ist Heleen eine Protagonistin, die nicht ins weibliche Idealbild der Zeit passt, und entsprechend wirkt auch die Sprache keineswegs antiquiert. Anfangs war ich sehr beeindruckt davon, mit welchen Mut sie schon als junges Mädchen unverhoffte Chancen ergreift. Ein halbes Kind… Und sich dennoch ihrer weiblichen Reize deutlich bewusst. Furchtbar, dass diese Reize ihr Ticket in ein besseres Leben sein mussten, denn als jungem Mann hätten ihr bei ihrer Intelligenz und ihrem Charisma die Welt offen gestanden. Dennoch kam ich nicht umhin, ihr Beifall zu zollen dafür, wie sie ihre Möglichkeiten nutzt, um als Frau erfolgreich zu sein. Mein Bild von ihr wandelte sich indes im Laufe der Erzählung immer wieder. Einerseits ist Heleen sehr oberflächlich, sie kann unglaublich manipulativ und berechnend sein – sie hat anscheinend kaum Bewusstsein für richtig und falsch, nur für schön und hässlich. Andererseits ist diese Persönlichkeit ein direktes Resultat ihres Lebens, daher fühlte ich trotz allem mit ihr. Sie spricht von sich, als sei ihre Schönheit ihr ganzer Wert, als könnten andere Menschen sie nur dafür lieben – wo es doch offensichtlich ist, dass SIE diejenige ist, die sich nur über diese Schönheit definiert und sich selber nicht lieben kann. Sie verrennt sich in diesen Schönheitswahn. Die Entwicklung ihrer Persönlichkeit, der Verlauf ihres Lebens – das fand ich alles stimmig und hochspannend. Ein Teil des Endes war für mich eine Überraschung, einen anderen Teil hatte ich im Grunde so erwartet. Dass die Protagonistin in einer Nervenheilanstalt sitzt, ist die logische Konsequenz ihres Lebens und ihrer Persönlichkeit. Die wiederum sind die logische Konsequenz ihrer harten, schwierigen Kindheit und Jugend. Mir tat Heleen bis zum Schluss immer noch leid, auch wenn sie sich im Laufe des Romans zunehmend als selbstsüchtig und wahnhaft herausstellte. Ich konnte und wollte einfach nicht vergessen, wie sich diese hässlichen Charakterzüge entwickelt hatten. Wenn du als Kind und Jugendliche nie mal nur an dich denken kannst, wenn du immer nur für andere schuften musst, dann ist die Versuchung sicher groß, nur noch an dich zu denken, sobald du es kannst. Wenn deine Schönheit immer dein einziges Kapital war, dann wirst du es so gut wahren und behüten, wie es geht, dann ist Schönheit deine Währung. Fazit Heleen, Patientin einer Nervenklinik, erzählt der Nachtschwester die Geschichte ihres Lebens. Als Tochter einer armen, kinderreichen Familie wuchs sie mit knochenharter Arbeit auf, ergriff früh die Chance zur Flucht, baute sich mit ihrem Sinn für Schönheit und Stil eine Karriere auf – ein beeindruckender gesellschaftlicher Aufstieg. Doch eine große Liebe löste einen fatalen Zyklus von Eifersucht, Selbsthass und Schönheitswahn aus. Die Originalausgabe des Buches erschien bereits 1930, beim Lesen war ich immer wieder erstaunt, wie modern sich sowohl Stil als auch Protagonistin lasen. Der Roman packte mich schnell und ließ mich dann bis zur letzten Seite nicht mehr los – ein intelligent geschriebener Pageturner mit ungemein feiner Charakterisierung einer außergewöhnlichen Protagonistin. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-marianne-philips-die-beichte-einer-nacht/
Beichte einer Nacht ist ein reiner Monolog. Für ein Buch eher ungewöhnlich und auch etwas gewöhnungsbedürftig. Auf jeden Fall recht anspruchsvoll zu lesen. Heleen, die Erzählerin, ist in der Nervenheilanstalt, weil sie ihre jüngste Schwester umgebracht hat. Und nun lesen wir ihre Beichte, lesen, wie sie der Nachtschwester ihr Leben erzählt. Dieses Buch wurde bereits 1930 geschrieben und dies sollte uns Lesern auch bewusst sein, um Heleens Lebensituation verstehen zu können. Die Rolle der Frau war damals einfach noch eine andere. Mir hat das Buch gut gefallen, auch wenn ich in meinem Empfinden für Heleen immer wieder geschwankt bin. Aber es war auf jeden Fall eine interessante Leseerfahrung.
Heleen ist in einer psychiatrischen Klinik bzw. damals nannte man es noch Nervenheilanstalt. In einer Nacht beginnt sie einer Nachtschwester ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Sie beginnt mit ihrer schweren Kindheit in einer kinderreichen Familie als ältestes von zehn Kindern und endet mit dem Grund, der sie in die Klinik brachte. Es ist ein ungewöhnliches Buch. Ungewöhnlich allein schon deshalb, weil es schon 1930 von Marianne Philips geschrieben wurde und – wie man im Nachwort, das ihre Enkelin geschrieben hat – auch autobiografische Elemente enthält und eine Art Therapie für die Autorin war. Ungewöhnlich ist es auch, weil es in einem Monolog geschrieben wurde. Die Hauptperson erzählt einer nicht näher beschriebenen Nachtschwester innerhalb von zwei Nächten ihre komplette Lebensgeschichte. Diese Lebensgeschichte ist beklemmend, denn Heleen ist schon als Kind alles andere als glücklich, schafft es aber sich hochzuarbeiten und sich ein für sie schönes Leben zu erarbeiten und nimmt dafür einiges in Kauf. Sie ist eine starke Frau, die unabhängig lebt, was zur damaligen Zeit nicht unbedingt so selbstverständlich war. Das, was sie sich vornimmt, erreicht sie und sie passt sich nicht an. Als sie ihre Schwester Lientje zu sich nimmt und sie ihre große Liebe kennenlernt, ist sie für eine Zeit lang glücklich, aber es kommt, wie es kommen muss, sie wird wieder unglücklich und ist unglaublich eifersüchtig auf so vieles. Dies wird so eindringlich geschildert, diese inneren Qualen dieser Frau werden greifbar. Sie leidet und steigert sich immer mehr in diese Gefühle hinein, bis es zu einer Art Wahn wird. Es ist beklemmend und als Leserin spürt man als dies und die Kämpfe, die Heleen austrägt. Sie übernimmt die volle Verantwortung, für das, was in ihrem Leben passiert ist. Es ist ein ganz intensives Buch mit ganz vielen Gefühlen, die über die Leserin hereinbrechen. Ich habe anhand der Buchbeschreibung nicht mit solch intensiven Gefühlen gerechnet. Es lässt die Traurigkeit spüren und es hat mich traurig gemacht, dass sie nicht früher eine Behandlung bekommen hat, denn das hätte ihr vermutlich heute einiges erspart. Ein Buch, dass ich gerne empfehle, da es nicht nur 1930, als es das erste Mal erschien, ungewöhnlich war, sondern es immer noch ist und sehr stark geschrieben wurde von Marianne Philips, die auch eine sehr ungewöhnliche Frau war.
Marianne Philips Roman ist durch seinen monologischen Stil sehr besonders. Über die gesamte Strecke des Textes kommt nur Heleen zu Wort, die einer Nachtschwester gegenüber ihre Lebensbeichte ablegt, und dabei völlig unbewusst der eigenen psychischen Störung und der eigenen Schuld auf die Spur kommt. Die Ausgangssituation ist denkbar einfach, denn es gibt eigentlich nur zwei Personen in diesem Kammerspiel der Rahmenhandlung: Heleen und die Nachtschwester. Letztere besitzt jedoch keinen Redeanteil und ihre Reaktion ist ausschließlich aus den spärlichen Kommentaren seitens Heleens ablesbar, wenn diese z.B. versucht, ihr Gegenüber zum weiteren Zuhören zu animieren. Diese kurzen Momente der Gegenwart unterbrechen wohltuend und ordnend immer wieder Heleens Reminiszenzen, sind für meinen Geschmack jedoch etwas zu selten, da gerade diese Passagen den besonderen monologischen Charakter des Textes unterstreichen. Die Lebensbeichte selbst befasst sich neben der ärmlichen Kindheit Heleens und ihrem sozialen Aufstieg durch eine vorteilhafte Heirat mit ihrer obsessiven Liebe zu Hannes, die Dreh- und Angelpunkt ihres Handelns, ihrer Schuld und ihrer psychischen Erkrankung ist. Dem Roman gelingt es dabei vorzüglich darzustellen, wie ein Lebensweg mit späterem Handeln verknüpft wird und welche Auswirkungen frühere Lebensentscheidungen auf späteres Sein haben können. Der besondere Reiz des Textes liegt allerdings im Ausloten des einsetzenden Wahnsinns, ein Prozess der von der Protagonistin höchst selbstreflektierend im Rahmen ihres Geständnisses analysiert wird. Parallel gelingt aber auch die Sympahtielenkung des Romans einwandfrei, sodass man als Leser Heleen trotz ihrer Schuld, ihres Verhaltens und all ihrer Verfehlungen empathisch gegenübersteht. Dies ist sowohl das Verdienst der schonungslosen Offenheit des Monologs als auch der anscheinenden Unmittelbarkeit der erzählerischen Vermittlung, die wesentlich dazu beiträgt, dass Heleen als Figur vollkommen überzeugen kann. Insgesamt handelt es sich bei diesem Roman um einen sehr lesenswerten, ungewöhnlichen Text, der durch sein intimes, direktes und schonungsloses Psychogramm eines gestörten Geistes überzeugt. Sein herausragendes Merkmal ist dabei sicherlich, dass es ihm gelingt, die psychische Störung glaubhaft zu vermitteln und nachvollziehbar zu machen.
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Autorenbeschreibung
Marianne Philips, geboren 1886 in Amsterdam, war Politikerin, Schriftstellerin und Mutter von drei Kindern. Für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei wurde sie 1919 als eine der ersten Frauen zum Ratsmitglied der Niederlande gewählt. Sie schrieb fünf Romane und einige Novellen. Ab 1940 war ihr das Publizieren als Jüdin untersagt. Sie überlebte den Krieg, war aber krankheitshalber bis zu ihrem Lebensende (1951) ans Bett gefesselt.
Beiträge
Ziemliche Überraschung- weil wirklich gut geschrieben und sehr interessant. Und das, obwohl es nur von einer Person - im Rückblick- erzählt wird.Aber an einem wirklich skurrilen Ort- einer Nervenheilanstalt in den dreißiger Jahren. Ob Heelen wirklich verrückt war- darüber soll sich jeder Leser selbst eine Meinung bilden. Ich habe mit den Ereignissen der letzten Seiten nicht wirklich gerechnet . Bis dahin fühlte ich mich gut unterhalten. Es liest sich schnell und hat dabei oft etwas intimes/ privates an sich, was dazu führt, dass man das Gefühl hat , Heelen erzählt es mir ( dem jetzt lesenden).
Die Geschichte braucht ein bisschen, um Fahrt aufzunehmen, aber dann lässt sie einen nicht mehr los. So schön, so hässlich, so wahnsinnig und so ergreifend. Wow!
Tragisch
Helfen wächst in ärmlichen Verhältnisse erarbeitet sich langsam das Leben ihrer Träume. Doch durch ihr rücksichtslose Vorgehen verliert sie den Bezug zur Realität und lebt in Oberflächlichkeit. Tragisch und doch jeder Satz nachvollziehbar. Ein wunderbares Buch.
Heleen ist in einer psychiatrischen Klinik bzw. damals nannte man es noch Nervenheilanstalt. In einer Nacht beginnt sie einer Nachtschwester ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Sie beginnt mit ihrer schweren Kindheit in einer kinderreichen Familie als ältestes von zehn Kindern und endet mit dem Grund, der sie in die Klinik brachte. Es ist ein ungewöhnliches Buch. Ungewöhnlich allein schon deshalb, weil es schon 1930 von Marianne Philips geschrieben wurde und – wie man im Nachwort, das ihre Enkelin geschrieben hat – auch autobiografische Elemente enthält und eine Art Therapie für die Autorin war. Ungewöhnlich ist es auch, weil es in einem Monolog geschrieben wurde. Die Hauptperson erzählt einer nicht näher beschriebenen Nachtschwester innerhalb von zwei Nächten ihre komplette Lebensgeschichte. Diese Lebensgeschichte ist beklemmend, denn Heleen ist schon als Kind alles andere als glücklich, schafft es aber sich hochzuarbeiten und sich ein für sie schönes Leben zu erarbeiten und nimmt dafür einiges in Kauf. Sie ist eine starke Frau, die unabhängig lebt, was zur damaligen Zeit nicht unbedingt so selbstverständlich war. Das, was sie sich vornimmt, erreicht sie und sie passt sich nicht an. Als sie ihre Schwester Lientje zu sich nimmt und sie ihre große Liebe kennenlernt, ist sie für eine Zeit lang glücklich, aber es kommt, wie es kommen muss, sie wird wieder unglücklich und ist unglaublich eifersüchtig auf so vieles. Dies wird so eindringlich geschildert, diese inneren Qualen dieser Frau werden greifbar. Sie leidet und steigert sich immer mehr in diese Gefühle hinein, bis es zu einer Art Wahn wird. Es ist beklemmend und als Leserin spürt man als dies und die Kämpfe, die Heleen austrägt. Sie übernimmt die volle Verantwortung, für das, was in ihrem Leben passiert ist. Es ist ein ganz intensives Buch mit ganz vielen Gefühlen, die über die Leserin hereinbrechen. Ich habe anhand der Buchbeschreibung nicht mit solch intensiven Gefühlen gerechnet. Es lässt die Traurigkeit spüren und es hat mich traurig gemacht, dass sie nicht früher eine Behandlung bekommen hat, denn das hätte ihr vermutlich heute einiges erspart. Ein Buch, dass ich gerne empfehle, da es nicht nur 1930, als es das erste Mal erschien, ungewöhnlich war, sondern es immer noch ist und sehr stark geschrieben wurde von Marianne Philips, die auch eine sehr ungewöhnliche Frau war.
Handlung Erzählerin Heleen ist Patientin in einer Nervenklinik und legt in den stillen Stunden ihre Lebensbeichte ab, gegenüber einer schweigenden jungen Nachtschwester. Mal sagt Heleen selber, sie sei verrückt, mal streitet sie das vehement ab. Auf mich wirkt sie keineswegs verrückt – nach einer Kindheit und Jugend, in der sie ausgenutzt und über die Erschöpfung hinaus überarbeitet wurde, fing sie an, sich als junge Frau in verzweifeltem Egoismus alles zu nehmen, was sie bekommen konnte. Ihre Schönheit ermöglichte ihr einen gewissen gesellschaftlichen Aufstieg und das aufblühende Glück schien sich in der Beziehung zu ihrer großen Liebe Hannes zu vervollständigen… Und doch enthielt diese schon den Stachel des Unglücks. In Heleens Erinnerungen zeichnet sich ein tragisches Bild dessen, was sie in diese Klinik gebracht hat. Wir folgen ihrem Lebensweg bis zum Wendepunkt: unfähig, mit ihrem vermeintlich offensichtlichen Altern und dem somit drohenden Verlust ihrer Schönheit umzugehen, steigerte sie sich in Selbsthass und eifersüchtigen Wahn, mit schrecklichen Folgen. Der behandelnde Arzt beginnt schon nach dem ersten Gespräch, sie zu behandeln wie einen lästigen Gegenstand. Viele ihrer Mitpatientinnen in dieser Nervenklinik sind sicher ebenfalls nicht “verrückt” – die alten Menschen dort wirken in Heleens Schilderungen einfach dement, die jüngeren wie sie selbst überfordert von ihren Leben. Niemandem wird wirklich geholfen, die Patientinnen sollen den ganzen Tag im Bett bleiben und erhalten keine nennenswerte Therapie. Es scheint vor allem darum zu gehen, sie ruhig zu stellen. Die junge Nachtschwester gibt niemals Antwort, spricht im ganzen Roman kein einziges Wort. Aber du spürst ihre Neugier in den kleinen Signalen, die sie Heleen unwillkürlich gibt und die diese nicht unkommentiert lässt. Wahrscheinlich wurde der Schwester beigebracht, nicht mit den Patientinnen zu sprechen, sie nicht zum Reden zu ermutigen. Stille Patientinnen sind pflegeleichter – und wenn sie erstmal angefangen haben, zu reden, fangen sie vielleicht auch an, zu weinen oder sogar zu schreien. Das Buch wurde in den 30ern geschrieben, da war es vielerorts in den Nervenheilanstalten wahrscheinlich wirklich so. Die Autorin schildert das sehr authentisch, glaubhaft und sensibel, gleichzeitig lesen sich ihre Worte erstaunlich modern. In vielerlei Hinsicht ist Heleen eine Protagonistin, die nicht ins weibliche Idealbild der Zeit passt, und entsprechend wirkt auch die Sprache keineswegs antiquiert. Anfangs war ich sehr beeindruckt davon, mit welchen Mut sie schon als junges Mädchen unverhoffte Chancen ergreift. Ein halbes Kind… Und sich dennoch ihrer weiblichen Reize deutlich bewusst. Furchtbar, dass diese Reize ihr Ticket in ein besseres Leben sein mussten, denn als jungem Mann hätten ihr bei ihrer Intelligenz und ihrem Charisma die Welt offen gestanden. Dennoch kam ich nicht umhin, ihr Beifall zu zollen dafür, wie sie ihre Möglichkeiten nutzt, um als Frau erfolgreich zu sein. Mein Bild von ihr wandelte sich indes im Laufe der Erzählung immer wieder. Einerseits ist Heleen sehr oberflächlich, sie kann unglaublich manipulativ und berechnend sein – sie hat anscheinend kaum Bewusstsein für richtig und falsch, nur für schön und hässlich. Andererseits ist diese Persönlichkeit ein direktes Resultat ihres Lebens, daher fühlte ich trotz allem mit ihr. Sie spricht von sich, als sei ihre Schönheit ihr ganzer Wert, als könnten andere Menschen sie nur dafür lieben – wo es doch offensichtlich ist, dass SIE diejenige ist, die sich nur über diese Schönheit definiert und sich selber nicht lieben kann. Sie verrennt sich in diesen Schönheitswahn. Die Entwicklung ihrer Persönlichkeit, der Verlauf ihres Lebens – das fand ich alles stimmig und hochspannend. Ein Teil des Endes war für mich eine Überraschung, einen anderen Teil hatte ich im Grunde so erwartet. Dass die Protagonistin in einer Nervenheilanstalt sitzt, ist die logische Konsequenz ihres Lebens und ihrer Persönlichkeit. Die wiederum sind die logische Konsequenz ihrer harten, schwierigen Kindheit und Jugend. Mir tat Heleen bis zum Schluss immer noch leid, auch wenn sie sich im Laufe des Romans zunehmend als selbstsüchtig und wahnhaft herausstellte. Ich konnte und wollte einfach nicht vergessen, wie sich diese hässlichen Charakterzüge entwickelt hatten. Wenn du als Kind und Jugendliche nie mal nur an dich denken kannst, wenn du immer nur für andere schuften musst, dann ist die Versuchung sicher groß, nur noch an dich zu denken, sobald du es kannst. Wenn deine Schönheit immer dein einziges Kapital war, dann wirst du es so gut wahren und behüten, wie es geht, dann ist Schönheit deine Währung. Fazit Heleen, Patientin einer Nervenklinik, erzählt der Nachtschwester die Geschichte ihres Lebens. Als Tochter einer armen, kinderreichen Familie wuchs sie mit knochenharter Arbeit auf, ergriff früh die Chance zur Flucht, baute sich mit ihrem Sinn für Schönheit und Stil eine Karriere auf – ein beeindruckender gesellschaftlicher Aufstieg. Doch eine große Liebe löste einen fatalen Zyklus von Eifersucht, Selbsthass und Schönheitswahn aus. Die Originalausgabe des Buches erschien bereits 1930, beim Lesen war ich immer wieder erstaunt, wie modern sich sowohl Stil als auch Protagonistin lasen. Der Roman packte mich schnell und ließ mich dann bis zur letzten Seite nicht mehr los – ein intelligent geschriebener Pageturner mit ungemein feiner Charakterisierung einer außergewöhnlichen Protagonistin. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-marianne-philips-die-beichte-einer-nacht/
Beichte einer Nacht ist ein reiner Monolog. Für ein Buch eher ungewöhnlich und auch etwas gewöhnungsbedürftig. Auf jeden Fall recht anspruchsvoll zu lesen. Heleen, die Erzählerin, ist in der Nervenheilanstalt, weil sie ihre jüngste Schwester umgebracht hat. Und nun lesen wir ihre Beichte, lesen, wie sie der Nachtschwester ihr Leben erzählt. Dieses Buch wurde bereits 1930 geschrieben und dies sollte uns Lesern auch bewusst sein, um Heleens Lebensituation verstehen zu können. Die Rolle der Frau war damals einfach noch eine andere. Mir hat das Buch gut gefallen, auch wenn ich in meinem Empfinden für Heleen immer wieder geschwankt bin. Aber es war auf jeden Fall eine interessante Leseerfahrung.
Heleen ist in einer psychiatrischen Klinik bzw. damals nannte man es noch Nervenheilanstalt. In einer Nacht beginnt sie einer Nachtschwester ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Sie beginnt mit ihrer schweren Kindheit in einer kinderreichen Familie als ältestes von zehn Kindern und endet mit dem Grund, der sie in die Klinik brachte. Es ist ein ungewöhnliches Buch. Ungewöhnlich allein schon deshalb, weil es schon 1930 von Marianne Philips geschrieben wurde und – wie man im Nachwort, das ihre Enkelin geschrieben hat – auch autobiografische Elemente enthält und eine Art Therapie für die Autorin war. Ungewöhnlich ist es auch, weil es in einem Monolog geschrieben wurde. Die Hauptperson erzählt einer nicht näher beschriebenen Nachtschwester innerhalb von zwei Nächten ihre komplette Lebensgeschichte. Diese Lebensgeschichte ist beklemmend, denn Heleen ist schon als Kind alles andere als glücklich, schafft es aber sich hochzuarbeiten und sich ein für sie schönes Leben zu erarbeiten und nimmt dafür einiges in Kauf. Sie ist eine starke Frau, die unabhängig lebt, was zur damaligen Zeit nicht unbedingt so selbstverständlich war. Das, was sie sich vornimmt, erreicht sie und sie passt sich nicht an. Als sie ihre Schwester Lientje zu sich nimmt und sie ihre große Liebe kennenlernt, ist sie für eine Zeit lang glücklich, aber es kommt, wie es kommen muss, sie wird wieder unglücklich und ist unglaublich eifersüchtig auf so vieles. Dies wird so eindringlich geschildert, diese inneren Qualen dieser Frau werden greifbar. Sie leidet und steigert sich immer mehr in diese Gefühle hinein, bis es zu einer Art Wahn wird. Es ist beklemmend und als Leserin spürt man als dies und die Kämpfe, die Heleen austrägt. Sie übernimmt die volle Verantwortung, für das, was in ihrem Leben passiert ist. Es ist ein ganz intensives Buch mit ganz vielen Gefühlen, die über die Leserin hereinbrechen. Ich habe anhand der Buchbeschreibung nicht mit solch intensiven Gefühlen gerechnet. Es lässt die Traurigkeit spüren und es hat mich traurig gemacht, dass sie nicht früher eine Behandlung bekommen hat, denn das hätte ihr vermutlich heute einiges erspart. Ein Buch, dass ich gerne empfehle, da es nicht nur 1930, als es das erste Mal erschien, ungewöhnlich war, sondern es immer noch ist und sehr stark geschrieben wurde von Marianne Philips, die auch eine sehr ungewöhnliche Frau war.
Marianne Philips Roman ist durch seinen monologischen Stil sehr besonders. Über die gesamte Strecke des Textes kommt nur Heleen zu Wort, die einer Nachtschwester gegenüber ihre Lebensbeichte ablegt, und dabei völlig unbewusst der eigenen psychischen Störung und der eigenen Schuld auf die Spur kommt. Die Ausgangssituation ist denkbar einfach, denn es gibt eigentlich nur zwei Personen in diesem Kammerspiel der Rahmenhandlung: Heleen und die Nachtschwester. Letztere besitzt jedoch keinen Redeanteil und ihre Reaktion ist ausschließlich aus den spärlichen Kommentaren seitens Heleens ablesbar, wenn diese z.B. versucht, ihr Gegenüber zum weiteren Zuhören zu animieren. Diese kurzen Momente der Gegenwart unterbrechen wohltuend und ordnend immer wieder Heleens Reminiszenzen, sind für meinen Geschmack jedoch etwas zu selten, da gerade diese Passagen den besonderen monologischen Charakter des Textes unterstreichen. Die Lebensbeichte selbst befasst sich neben der ärmlichen Kindheit Heleens und ihrem sozialen Aufstieg durch eine vorteilhafte Heirat mit ihrer obsessiven Liebe zu Hannes, die Dreh- und Angelpunkt ihres Handelns, ihrer Schuld und ihrer psychischen Erkrankung ist. Dem Roman gelingt es dabei vorzüglich darzustellen, wie ein Lebensweg mit späterem Handeln verknüpft wird und welche Auswirkungen frühere Lebensentscheidungen auf späteres Sein haben können. Der besondere Reiz des Textes liegt allerdings im Ausloten des einsetzenden Wahnsinns, ein Prozess der von der Protagonistin höchst selbstreflektierend im Rahmen ihres Geständnisses analysiert wird. Parallel gelingt aber auch die Sympahtielenkung des Romans einwandfrei, sodass man als Leser Heleen trotz ihrer Schuld, ihres Verhaltens und all ihrer Verfehlungen empathisch gegenübersteht. Dies ist sowohl das Verdienst der schonungslosen Offenheit des Monologs als auch der anscheinenden Unmittelbarkeit der erzählerischen Vermittlung, die wesentlich dazu beiträgt, dass Heleen als Figur vollkommen überzeugen kann. Insgesamt handelt es sich bei diesem Roman um einen sehr lesenswerten, ungewöhnlichen Text, der durch sein intimes, direktes und schonungsloses Psychogramm eines gestörten Geistes überzeugt. Sein herausragendes Merkmal ist dabei sicherlich, dass es ihm gelingt, die psychische Störung glaubhaft zu vermitteln und nachvollziehbar zu machen.