Der große Augenblick
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Clarice Lispector, geboren 1920 in der Ukraine, gelangte mit ihrer Familie auf der Flucht vor Pogromen in den ländlichen Norden Brasiliens und lebte später in Rio de Janeiro. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, studierte sie Jura und begann eine Karriere als Journalistin. Im Alter von dreiundzwanzig Jahren wurde sie Schriftstellerin. Sie schrieb Romane, Erzählungen, Kinderbücher sowie literarische Kolumnen und wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet.
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Südamerikanische Literatur ist nicht wirklich mein Thema, es sei denn, es geht um Archäologie. Aber meine Lesegruppe wählte sich das Thema für den Februar und da das Buch kurz ist, habe ich mitgelesen. Leider war mir schon nach wenigen Seiten klar, dass das kein Buch für mich ist. Es gibt einen fiktiven Schriftsteller als Erzähler, der aber erst einmal ausgiebig herumphilosophiert und die traurige Geschichte um die Protagonistin Macabéa, eine in Armut lebende Schreibkraft in Rio de Janeiro, eher nebenbei erzählt. Beispiel: „Wer lebt, der weiß, auch ohne zu wissen, dass er weiß.“ (Seite 11) Äh, häh? Ist der Typ ein Anti-Sokrates? Vielleicht ist der Satz ja doch superklug, aber bei sowas rolle ich eher mit den Augen. Das soll jetzt kein Verriss werden. Es gab auch ein paar (wenige) Stellen, die mir gefallen haben, etwa folgender Absatz: „Ich schreibe, weil ich sonst nichts zu tun habe: Ich bin übrig geblieben, und für mich ist kein Platz auf der Erde der Menschen. Ich schreibe, weil ich verzweifelt und müde bin, ich ertrage es nicht mehr, ständig ich zu sein, und gäbe es nicht den immerwährenden Reiz des Neuen, der das Schreiben ist, ich stürbe täglich einen symbolischen Tod.“ (Seite 23) Das lässt erkennen, dass Lispector diesen Roman am Ende ihres Lebens verfasst hat, es ist ein Spätwerk, geschrieben wahrscheinlich unter dem Eindruck ihrer Krebserkrankung. So erklärt sich auch der andere Grund, warum ich das Buch überhaupt nicht mochte: die uneingeschränkte Trübseligkeit. Den Leser*innen bleibt es, zu erkennen, wie schrecklich Macabéas Leben ist, eine Erkenntnis, die ihr selbst (glücklicherweise) verwehrt bleibt. Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass es sich hier um Torture Porn handelt, da gibt es ganz andere Kaliber (hust, „Ein wenig Leben“), aber die Geschichte ist so durchgängig deprimierend und sinnlos, dass ich ihr keine Bereicherung entnehmen konnte, sondern sie sich auf mein Gemüt schlug. Eher kam der Gedanke auf, „ist dein eigenes Leben vielleicht genauso scheiße?“. Clarice Lispector scheint gegen Ende ihres Lebens leider viel Bitterkeit in sich getragen zu haben, vielleicht versuche ich es noch mal mit einem früheren Werk von ihr.
Eine Bericht über eine Frau aus dem Nordosten Brasiliens, die aufgrund ihres Aussehens und ihres Intellektes ausgrenzt wird vom gesellschaftlichen Leben. Viel interessanter als der Inhalt der Erzählung ist die Erzählform, denn das Buch ist aus Sicht eines Schriftstellers geschrieben, der sich immer wieder direkt an seine Leserschaft wendet. Die Figur der Macabea bleibt einem durch die indirekte Erzählweise immer auf Distanz. Man begleitet quasi die Versuche des Schriftstellers die Armut und die Leere im Leben der Hauptfigur in Worte zu fassen. Über lange Strecken ist dies verständlich und auch leicht faszinierend. Gegen Ende verfällt das Buch in die typische südamerikanische, metaphysische Erzählweise. Mein Interesse war schon fast verschwunden, doch dann war das kleine Buch auch schon beendet.
Eine Bericht über eine Frau aus dem Nordosten Brasiliens, die aufgrund ihres Aussehens und ihres Intellektes ausgrenzt wird vom gesellschaftlichen Leben. Viel interessanter als der Inhalt der Erzählung ist die Erzählform, denn das Buch ist aus Sicht eines Schriftstellers geschrieben, der sich immer wieder direkt an seine Leserschaft wendet. Die Figur der Macabea bleibt einem durch die indirekte Erzählweise immer auf Distanz. Man begleitet quasi die Versuche des Schriftstellers die Armut und die Leere im Leben der Hauptfigur in Worte zu fassen. Über lange Strecken ist dies verständlich und auch leicht faszinierend. Gegen Ende verfällt das Buch in die typische südamerikanische, metaphysische Erzählweise. Mein Interesse war schon fast verschwunden, doch dann war das kleine Buch auch schon beendet.
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Clarice Lispector, geboren 1920 in der Ukraine, gelangte mit ihrer Familie auf der Flucht vor Pogromen in den ländlichen Norden Brasiliens und lebte später in Rio de Janeiro. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, studierte sie Jura und begann eine Karriere als Journalistin. Im Alter von dreiundzwanzig Jahren wurde sie Schriftstellerin. Sie schrieb Romane, Erzählungen, Kinderbücher sowie literarische Kolumnen und wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet.
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Südamerikanische Literatur ist nicht wirklich mein Thema, es sei denn, es geht um Archäologie. Aber meine Lesegruppe wählte sich das Thema für den Februar und da das Buch kurz ist, habe ich mitgelesen. Leider war mir schon nach wenigen Seiten klar, dass das kein Buch für mich ist. Es gibt einen fiktiven Schriftsteller als Erzähler, der aber erst einmal ausgiebig herumphilosophiert und die traurige Geschichte um die Protagonistin Macabéa, eine in Armut lebende Schreibkraft in Rio de Janeiro, eher nebenbei erzählt. Beispiel: „Wer lebt, der weiß, auch ohne zu wissen, dass er weiß.“ (Seite 11) Äh, häh? Ist der Typ ein Anti-Sokrates? Vielleicht ist der Satz ja doch superklug, aber bei sowas rolle ich eher mit den Augen. Das soll jetzt kein Verriss werden. Es gab auch ein paar (wenige) Stellen, die mir gefallen haben, etwa folgender Absatz: „Ich schreibe, weil ich sonst nichts zu tun habe: Ich bin übrig geblieben, und für mich ist kein Platz auf der Erde der Menschen. Ich schreibe, weil ich verzweifelt und müde bin, ich ertrage es nicht mehr, ständig ich zu sein, und gäbe es nicht den immerwährenden Reiz des Neuen, der das Schreiben ist, ich stürbe täglich einen symbolischen Tod.“ (Seite 23) Das lässt erkennen, dass Lispector diesen Roman am Ende ihres Lebens verfasst hat, es ist ein Spätwerk, geschrieben wahrscheinlich unter dem Eindruck ihrer Krebserkrankung. So erklärt sich auch der andere Grund, warum ich das Buch überhaupt nicht mochte: die uneingeschränkte Trübseligkeit. Den Leser*innen bleibt es, zu erkennen, wie schrecklich Macabéas Leben ist, eine Erkenntnis, die ihr selbst (glücklicherweise) verwehrt bleibt. Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass es sich hier um Torture Porn handelt, da gibt es ganz andere Kaliber (hust, „Ein wenig Leben“), aber die Geschichte ist so durchgängig deprimierend und sinnlos, dass ich ihr keine Bereicherung entnehmen konnte, sondern sie sich auf mein Gemüt schlug. Eher kam der Gedanke auf, „ist dein eigenes Leben vielleicht genauso scheiße?“. Clarice Lispector scheint gegen Ende ihres Lebens leider viel Bitterkeit in sich getragen zu haben, vielleicht versuche ich es noch mal mit einem früheren Werk von ihr.
Eine Bericht über eine Frau aus dem Nordosten Brasiliens, die aufgrund ihres Aussehens und ihres Intellektes ausgrenzt wird vom gesellschaftlichen Leben. Viel interessanter als der Inhalt der Erzählung ist die Erzählform, denn das Buch ist aus Sicht eines Schriftstellers geschrieben, der sich immer wieder direkt an seine Leserschaft wendet. Die Figur der Macabea bleibt einem durch die indirekte Erzählweise immer auf Distanz. Man begleitet quasi die Versuche des Schriftstellers die Armut und die Leere im Leben der Hauptfigur in Worte zu fassen. Über lange Strecken ist dies verständlich und auch leicht faszinierend. Gegen Ende verfällt das Buch in die typische südamerikanische, metaphysische Erzählweise. Mein Interesse war schon fast verschwunden, doch dann war das kleine Buch auch schon beendet.
Eine Bericht über eine Frau aus dem Nordosten Brasiliens, die aufgrund ihres Aussehens und ihres Intellektes ausgrenzt wird vom gesellschaftlichen Leben. Viel interessanter als der Inhalt der Erzählung ist die Erzählform, denn das Buch ist aus Sicht eines Schriftstellers geschrieben, der sich immer wieder direkt an seine Leserschaft wendet. Die Figur der Macabea bleibt einem durch die indirekte Erzählweise immer auf Distanz. Man begleitet quasi die Versuche des Schriftstellers die Armut und die Leere im Leben der Hauptfigur in Worte zu fassen. Über lange Strecken ist dies verständlich und auch leicht faszinierend. Gegen Ende verfällt das Buch in die typische südamerikanische, metaphysische Erzählweise. Mein Interesse war schon fast verschwunden, doch dann war das kleine Buch auch schon beendet.