Brief an die Mutter
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Beschreibung
Beiträge
Eine Überlebende der Shoa schreibt ihre Erinnerungen an ihre ermordete Mutter. Berührend, liebevoll. Ausgesprochene Leseempfehlung 👌
Heftig, aber wichtig
Das ist heftig! Obwohl ich schon ausreichend Lektüre über den Holocaust gelesen habe, ist die Perspektive in diesem Buch noch mal besonders hart. Ein Kind, zwei Jahre alt, das nicht alles erinnert (und deswegen btw keine Entschädigung erhält) schildert, als erwachsene Frau seine Erfahrungen im Konzentrationslager Theresienstadt und dessen Folgen. Bela Winkens 1941 geboren, ist ein Kind jüdischer Eltern, die im Konzentrationslager Ausschwitz ermordet wurden. Sie gerät nach Theresienstadt und überlebt erstaunlicherweise. Damit ist sie 1 von 100 Kindern-15.900 hielten sich insgesamt im Lager auf. Das Trauma, das daraus hervorgeht, schleppt sie ihr Leben lang mit sich rum. Sie schildert ihre nebeligen Erinnerungen und die Gefühle, die sie damit verknüpft in Form eines Briefes an ihre Mutter, an die sie sich erinnern kann, und verknüpft. Diese mit Fakten und Informationen, die öffentlich gemacht wurden. Lücken füllt sie mit 8 Träumen, bei denen wir als Leser*innen nicht genau wissen, wie viel wirklich Erlebtes doch in ihnen steckt. Das Grauen der Konzentrationslager aus den Erinnerungen eines Kindes zu erfahren, hat noch mal eine ganz besondere Härte. Die Einsamkeit, die so ein kleines Wesen spürt, ist wahrscheinlich genauso groß wie der Überlebenswille. Ich hatte Tränen in den Augen, als Winkens schildert, wie mit Kindern umgegangen wurde, welcher Brutalität sie ausgesetzt waren und ich frag mich einmal mehr, wie Menschen so gefühllos sein können - als kämen sie direkt aus der Hölle Auch nach der Befreiung wird das Leben nie leicht sein für Bela. Als sie von ihrem Pflegeeltern adoptiert wird, war ich sehr erleichtert, dass sie von einem liebevollen Ehepaar gefunden wurde. Nichts, desto trotz ist es so traurig zu lesen was sie schreibt, als sie ihrer Mutter etwas über ihre Pflegeeltern erzählt. „Du kannst beruhigt sein. Mami und Papi – ja, ich nenne sie so, nenne sie auch vor dir so – waren die besten Eltern, die man sich nur wünschen konnte. Nicht traurig sein, Mutter! Vater und du wärt bestimmt auch wunderbare Eltern gewesen. Aber es sollte nicht sein.“ Gleichzeitig ist man froh, dass das Kind nun Sicherheit und Liebe erfahren darf, und doch berührt davon, dass ihre leiblichen Eltern, ihr Kind nicht aufwachsen sehen konnten. Durchbrochen wird der Text von lyrischen Stücken der Autorin, die mit ihrer Einfachheit Emotionen stark transportieren. Im Anhang findet sich noch eine kleine Biografie von Bela Winkens, die noch immer in Düsseldorf lebt. Ein Memoir, dass mich sehr mitgenommen hat, welches aber nicht nur wegen seines Inhaltes, sondern des stilistischen Aufbaus einen großen Sog entwickelt. Wenn ihr das inhaltlich aushalten könnt, greift zu diesem Buch. Ich empfehle es sehr
"Wir waren 15.000. 100 haben überlebt. Eins von diesen Kindern bin ich ..." (S.75) 1941 kommt Bela Winkens in Berlin zur Welt. Geboren in eine Welt, die sich gegen sie wendet, bevor sie überhaupt beginnt zu leben. Ihre Eltern geben sie, in der Hoffnung, sie so in Sicherheit zu bringen, bereits als Zweijährige weg. Eine Entscheidung unter größter Verzweiflung. Doch während die Eltern und Großeltern deportiert und schließlich ermordet werden, kommt auch das Kind in ein Konzentrationslager. Ein kleines Mädchen – gerade mal drei Jahre alt – kommt 1944 nach Theresienstadt. Was sie rund fünfzig Jahre später als "Brief an die Mutter" in Worte fasst und zu Papier bringt, ist mehr als nur ein Zeitzeugnis. Die Schrecken des Holocaust durch die Augen eines Kindes zu sehen, steigert das Grauen ins Unermessliche. Ein Kleinkind in der Hölle – mutterseelenallein, unter hungernden, erschöpften, halbtoten Menschen und ihren Mördern. Eine Kinderseele, die nicht Kind sein durfte, deren früheste Erinnerungen einem Konzentrationslager gehören. Ihre Erinnerungen an Theresienstadt entsteigen Träumen – Schattenbilder, die Nacht für Nacht wiederkehren und das im Unterbewusstsein Gespeicherte freigeben. Unvorstellbar und kaum zu ertragen. Aber wer sind wir, die grausame Realität der Opfer nicht einmal geschrieben auszuhalten. Gegen das Vergessen, müssen sie ihre Qualen wieder und wieder erzählen und durchleben. Es ist unsere Pflicht, ihnen zuzuhören - das Mindeste, was wir tun können. Bela Winkens war viereinhalb, als Theresienstadt befreit wurde. Frei war sie, aber keineswegs befreit! Auf ihr lastet das Überleben. "Ich hatte gelernt, zu überleben. Jetzt musste ich noch lernen, zu leben." (S. 109) Nach einer Odyssee kommt sie zu Pflegeeltern, die sie später adoptieren und ihr ein warmes, herzliches Zuhause geben. Doch das Trauma lebt weiter und lässt sie auch im Alltäglichen nicht los. Ein harmloses Durchzählen im Sportunterricht genügt, um Panik auszulösen. Ihre Tasse hält sie stets fest umklammert – aus Angst, sie könnte ihr genommen werden. Die Nacht bleibt ein Feind. Und manchmal genügt schon der Blick eines Mannes, um die Vorstellung wachzurufen: Das könnte ein Mörder sein. Immer wieder schwimmen meine Augen beim Lesen. Bela Winkens "Brief an die Mutter" ist ein poetisches Andenken, das sich langsam und eindringlich tief in meine Seele gräbt. Wenn die Zeitzeugen nicht mehr sind, drohen die erlebten und überlebten Erinnerungen zu verwässern. Wir sind es ihnen schuldig, das zu werden, was Margot Friedländer immer als die "Zweitzeugen" benannt hat.
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Beiträge
Eine Überlebende der Shoa schreibt ihre Erinnerungen an ihre ermordete Mutter. Berührend, liebevoll. Ausgesprochene Leseempfehlung 👌
Heftig, aber wichtig
Das ist heftig! Obwohl ich schon ausreichend Lektüre über den Holocaust gelesen habe, ist die Perspektive in diesem Buch noch mal besonders hart. Ein Kind, zwei Jahre alt, das nicht alles erinnert (und deswegen btw keine Entschädigung erhält) schildert, als erwachsene Frau seine Erfahrungen im Konzentrationslager Theresienstadt und dessen Folgen. Bela Winkens 1941 geboren, ist ein Kind jüdischer Eltern, die im Konzentrationslager Ausschwitz ermordet wurden. Sie gerät nach Theresienstadt und überlebt erstaunlicherweise. Damit ist sie 1 von 100 Kindern-15.900 hielten sich insgesamt im Lager auf. Das Trauma, das daraus hervorgeht, schleppt sie ihr Leben lang mit sich rum. Sie schildert ihre nebeligen Erinnerungen und die Gefühle, die sie damit verknüpft in Form eines Briefes an ihre Mutter, an die sie sich erinnern kann, und verknüpft. Diese mit Fakten und Informationen, die öffentlich gemacht wurden. Lücken füllt sie mit 8 Träumen, bei denen wir als Leser*innen nicht genau wissen, wie viel wirklich Erlebtes doch in ihnen steckt. Das Grauen der Konzentrationslager aus den Erinnerungen eines Kindes zu erfahren, hat noch mal eine ganz besondere Härte. Die Einsamkeit, die so ein kleines Wesen spürt, ist wahrscheinlich genauso groß wie der Überlebenswille. Ich hatte Tränen in den Augen, als Winkens schildert, wie mit Kindern umgegangen wurde, welcher Brutalität sie ausgesetzt waren und ich frag mich einmal mehr, wie Menschen so gefühllos sein können - als kämen sie direkt aus der Hölle Auch nach der Befreiung wird das Leben nie leicht sein für Bela. Als sie von ihrem Pflegeeltern adoptiert wird, war ich sehr erleichtert, dass sie von einem liebevollen Ehepaar gefunden wurde. Nichts, desto trotz ist es so traurig zu lesen was sie schreibt, als sie ihrer Mutter etwas über ihre Pflegeeltern erzählt. „Du kannst beruhigt sein. Mami und Papi – ja, ich nenne sie so, nenne sie auch vor dir so – waren die besten Eltern, die man sich nur wünschen konnte. Nicht traurig sein, Mutter! Vater und du wärt bestimmt auch wunderbare Eltern gewesen. Aber es sollte nicht sein.“ Gleichzeitig ist man froh, dass das Kind nun Sicherheit und Liebe erfahren darf, und doch berührt davon, dass ihre leiblichen Eltern, ihr Kind nicht aufwachsen sehen konnten. Durchbrochen wird der Text von lyrischen Stücken der Autorin, die mit ihrer Einfachheit Emotionen stark transportieren. Im Anhang findet sich noch eine kleine Biografie von Bela Winkens, die noch immer in Düsseldorf lebt. Ein Memoir, dass mich sehr mitgenommen hat, welches aber nicht nur wegen seines Inhaltes, sondern des stilistischen Aufbaus einen großen Sog entwickelt. Wenn ihr das inhaltlich aushalten könnt, greift zu diesem Buch. Ich empfehle es sehr
"Wir waren 15.000. 100 haben überlebt. Eins von diesen Kindern bin ich ..." (S.75) 1941 kommt Bela Winkens in Berlin zur Welt. Geboren in eine Welt, die sich gegen sie wendet, bevor sie überhaupt beginnt zu leben. Ihre Eltern geben sie, in der Hoffnung, sie so in Sicherheit zu bringen, bereits als Zweijährige weg. Eine Entscheidung unter größter Verzweiflung. Doch während die Eltern und Großeltern deportiert und schließlich ermordet werden, kommt auch das Kind in ein Konzentrationslager. Ein kleines Mädchen – gerade mal drei Jahre alt – kommt 1944 nach Theresienstadt. Was sie rund fünfzig Jahre später als "Brief an die Mutter" in Worte fasst und zu Papier bringt, ist mehr als nur ein Zeitzeugnis. Die Schrecken des Holocaust durch die Augen eines Kindes zu sehen, steigert das Grauen ins Unermessliche. Ein Kleinkind in der Hölle – mutterseelenallein, unter hungernden, erschöpften, halbtoten Menschen und ihren Mördern. Eine Kinderseele, die nicht Kind sein durfte, deren früheste Erinnerungen einem Konzentrationslager gehören. Ihre Erinnerungen an Theresienstadt entsteigen Träumen – Schattenbilder, die Nacht für Nacht wiederkehren und das im Unterbewusstsein Gespeicherte freigeben. Unvorstellbar und kaum zu ertragen. Aber wer sind wir, die grausame Realität der Opfer nicht einmal geschrieben auszuhalten. Gegen das Vergessen, müssen sie ihre Qualen wieder und wieder erzählen und durchleben. Es ist unsere Pflicht, ihnen zuzuhören - das Mindeste, was wir tun können. Bela Winkens war viereinhalb, als Theresienstadt befreit wurde. Frei war sie, aber keineswegs befreit! Auf ihr lastet das Überleben. "Ich hatte gelernt, zu überleben. Jetzt musste ich noch lernen, zu leben." (S. 109) Nach einer Odyssee kommt sie zu Pflegeeltern, die sie später adoptieren und ihr ein warmes, herzliches Zuhause geben. Doch das Trauma lebt weiter und lässt sie auch im Alltäglichen nicht los. Ein harmloses Durchzählen im Sportunterricht genügt, um Panik auszulösen. Ihre Tasse hält sie stets fest umklammert – aus Angst, sie könnte ihr genommen werden. Die Nacht bleibt ein Feind. Und manchmal genügt schon der Blick eines Mannes, um die Vorstellung wachzurufen: Das könnte ein Mörder sein. Immer wieder schwimmen meine Augen beim Lesen. Bela Winkens "Brief an die Mutter" ist ein poetisches Andenken, das sich langsam und eindringlich tief in meine Seele gräbt. Wenn die Zeitzeugen nicht mehr sind, drohen die erlebten und überlebten Erinnerungen zu verwässern. Wir sind es ihnen schuldig, das zu werden, was Margot Friedländer immer als die "Zweitzeugen" benannt hat.