Aus unseren Feuern
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Beschreibung
Autorenbeschreibung
Domenico Müllensiefen wurde 1987 in Magdeburg geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er auf einem Bauernhof in der Altmark. Mit 16 lernte er bei der Deutschen Telekom. Danach Anstellung als Techniker in Leipzig. Ab 2011 Studium und Master am Deutschen Literaturinstitut. Domenico Müllensiefen arbeitete viele Jahre als Bauleiter und ist seit kurzem freiberuflicher Schriftsteller. Er lebt in Leipzig. Für seinen Debütroman »Aus unseren Feuern« wurde er 2023 für den Fontane-Literaturpreis nominiert und mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis sowie dem Klopstock-Förderpreis ausgezeichnet.
Beiträge
Coming-of-age Roman mit Tiefgang
Der Plot Heiko arbeitet als Bestatter in Leipzig und erzählt uns über seine Jugend und die jetzt-Zeit (2014). Als er schließlich zu einem Unfallort gerufen wird und feststellen muss, dass das Opfer ein lange nicht mehr gesehener Freund aus der Jugend ist, beginnt er sein Leben zu reflektieren. Meine Meinung Das Buch hat mich von der ersten Seite an gehabt. Heiko, Typ Verlierer, genannt Heike, nimmt uns mit in sein Leben in Leipzig. Viel geht nicht. Arbeit und Zigaretten, mit den Frauen läuft es nicht. Freunde hat Heiko auch nicht, nur Kollegen. Eigentlich ein Setting das erstmal keine spannende Geschichte verkündet und so geht das Buch (bewusst) auch erstmal auf die halbwegs unbeschwerte Jugend ein. Die Sprache derb, für mich häufig recht witzig und kurzweilig geschrieben. Ich kann mir vorstellen, dass das Derbe nicht alle Leser*innen anspricht. Ich fand es gut. Mit dem Fortschreiten der Handlung gewinnt das Buch immer mehr an Tiefe und wir blicken tief in die ostdeutsche Seele, die Geschichte eines Lebens und die Geschichte einer Freundschaft dreier Jungen. Es geht um den Kampf gegen das Leben, das Verlieren und das abgehängt werden. Die Entwicklung der drei mitzuerleben ist spannend erzählt und für mich absolut glaubwürdig in ihrer Entwicklung. Am Ende hat noch das Buch wirklich berührt. Ein trauriges Schicksal, das hier ausgeleuchtet wird. Absoluter Tipp!
Ein tragisches Buch über frühe Freundschaft und deren Beständigkeit
Drei junge Männer aus dem Osten verbringen ihre Kindheit und Jugend in Leipzig. Alle drei nehmen unterschiedliche Wege, die trost- und auswegslos sind. Sie verlieren sich aus den Augen und werden erst durch tragische Ereignisse wieder zusammen geführt. Karsten zieht es nach Amerika, Thomas fährt sich Jahre später tot und Heiko muss sich als Bestatter um die Beisetzung kümmern. Dabei blickt er immer wieder zurück und erinnert sich an die Jugend und gemeinsame Träume. Diese werden sich durch gesellschaftliche Umbrüche im Osten nicht erfüllen. Man wird Zeug*in, wie junge Menschen unreflektiert auf politische Abwege kommen. Müllensiefen beschreibt die Rückblende n sehr geschickt. Es ist nicht immer gleich klar, in welcher Zeit man sich befindet. Verstörend fand ich die Beschreibungen zur Schlachtung eines Schweins und die Präparierung von Leichen vor einer Bestattung. Die Sprache ist nicht ganz so drastisch, wie bei Clemens Meyer. Es ist gut zu lesen.

Milieustudie, Freundschaftsgeschichte, Nachwenderoman. Unterhaltsam und reflexionsanregend. Sehr gelungenes Debüt!
Heiko alias Heike kommt aus Leipzig Grünau, laut Internet ist das die größte Plattensiedlung in Sachsen. Nazis, Armut, Drogen, Gewalt - das sind die Klischees, die sich aufdrängen und mit denen auch Müllensiefen in seinem vom Protagonisten erzählten Debütroman spielt, die er im Hintergrund anklingen lässt oder - nicht selten mit einem Augenzwinkern oder zuweilen auch einem Ellbogenstoß - ganz direkt thematisiert. Heike, der sich erst noch gegen diesen Spitznamen zu wehren versucht ("Ich heiße Heiko!"), sich dann aber in sein Schicksal fügt, arbeitet als Bestatter. Kurzzeitiges Aufbegehren gegen die Stellung, die ihm gesellschaftlich zugewiesen wird, zieht sich durch sein Leben, letztlich verlöscht sein Feuer aber immer wieder und so taumelt er von einer Zigarette zur nächsten, karrt schlaflos quer durch Deutschland, als sein Chef expandiert, und unternimmt auch nichts gegen die häusliche Gewalt im Stockwerk unter sich. Als er an einen Unfallort kommt, wo er eine ganz bestimmte Leiche vorfindet, geraten die Zeiten durcheinander. Immer wieder verschwimmen das Jetzt und ein Damals ineinander. Wie das hier erzählerisch umgesetzt ist, empfand ich als sehr geschickt, z.B. passen manche Sätze zu beiden Zeiten und bilden den fließenden Übergang. Der Text ist - nicht zuletzt wegen des Dialogreichtums - leicht zu lesen, jedoch nicht immer angenehm. Die Sprache ist teils derb, denn die Figuren reden unreflektiert und milieuverhaftet. Political Correctness spielt in ihrer Welt keine Rolle. Das ist krass, oft genug laden der raue Umgangston und die Situationskomik aber auch zum (beschämten) Schmunzeln ein. Ungeniert und detailreich wird über Tod und Vergänglichkeit in verschiedenen Facetten berichtet, wer sich z.B. schon mal gefragt hat, wie Leichen präpariert werden, wird hier fündig. Durch so manche Leipziger Insider können Menschen, die sich dort auskennen, sicher noch mehr mit "Aus unseren Feuern" anfangen. Ich gehöre nicht dazu und habe mich dennoch gern im Roman verloren. Mehr noch: Als ich das Buch zuklappte, habe ich bedauert, nicht noch ein bisschen mehr Zeit mit den Jungs verbringen zu können. So echt fühlte sich das alles an. Fazit: Ein sehr gelungenes Debüt, das Milieustudie und Freundschaftsgeschichte ist, das Stimmen Gehör verschafft, die allzu selten ernst genommen werden, das unterhaltsam und gleichzeitig reflexionsanregend ist, Ost-West-Klassismus thematisiert und (trotz oder wegen) des Aufgreifen von Ossi-Klischees äußerst authentisch wirkt.
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Domenico Müllensiefen wurde 1987 in Magdeburg geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er auf einem Bauernhof in der Altmark. Mit 16 lernte er bei der Deutschen Telekom. Danach Anstellung als Techniker in Leipzig. Ab 2011 Studium und Master am Deutschen Literaturinstitut. Domenico Müllensiefen arbeitete viele Jahre als Bauleiter und ist seit kurzem freiberuflicher Schriftsteller. Er lebt in Leipzig. Für seinen Debütroman »Aus unseren Feuern« wurde er 2023 für den Fontane-Literaturpreis nominiert und mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis sowie dem Klopstock-Förderpreis ausgezeichnet.
Beiträge
Coming-of-age Roman mit Tiefgang
Der Plot Heiko arbeitet als Bestatter in Leipzig und erzählt uns über seine Jugend und die jetzt-Zeit (2014). Als er schließlich zu einem Unfallort gerufen wird und feststellen muss, dass das Opfer ein lange nicht mehr gesehener Freund aus der Jugend ist, beginnt er sein Leben zu reflektieren. Meine Meinung Das Buch hat mich von der ersten Seite an gehabt. Heiko, Typ Verlierer, genannt Heike, nimmt uns mit in sein Leben in Leipzig. Viel geht nicht. Arbeit und Zigaretten, mit den Frauen läuft es nicht. Freunde hat Heiko auch nicht, nur Kollegen. Eigentlich ein Setting das erstmal keine spannende Geschichte verkündet und so geht das Buch (bewusst) auch erstmal auf die halbwegs unbeschwerte Jugend ein. Die Sprache derb, für mich häufig recht witzig und kurzweilig geschrieben. Ich kann mir vorstellen, dass das Derbe nicht alle Leser*innen anspricht. Ich fand es gut. Mit dem Fortschreiten der Handlung gewinnt das Buch immer mehr an Tiefe und wir blicken tief in die ostdeutsche Seele, die Geschichte eines Lebens und die Geschichte einer Freundschaft dreier Jungen. Es geht um den Kampf gegen das Leben, das Verlieren und das abgehängt werden. Die Entwicklung der drei mitzuerleben ist spannend erzählt und für mich absolut glaubwürdig in ihrer Entwicklung. Am Ende hat noch das Buch wirklich berührt. Ein trauriges Schicksal, das hier ausgeleuchtet wird. Absoluter Tipp!
Ein tragisches Buch über frühe Freundschaft und deren Beständigkeit
Drei junge Männer aus dem Osten verbringen ihre Kindheit und Jugend in Leipzig. Alle drei nehmen unterschiedliche Wege, die trost- und auswegslos sind. Sie verlieren sich aus den Augen und werden erst durch tragische Ereignisse wieder zusammen geführt. Karsten zieht es nach Amerika, Thomas fährt sich Jahre später tot und Heiko muss sich als Bestatter um die Beisetzung kümmern. Dabei blickt er immer wieder zurück und erinnert sich an die Jugend und gemeinsame Träume. Diese werden sich durch gesellschaftliche Umbrüche im Osten nicht erfüllen. Man wird Zeug*in, wie junge Menschen unreflektiert auf politische Abwege kommen. Müllensiefen beschreibt die Rückblende n sehr geschickt. Es ist nicht immer gleich klar, in welcher Zeit man sich befindet. Verstörend fand ich die Beschreibungen zur Schlachtung eines Schweins und die Präparierung von Leichen vor einer Bestattung. Die Sprache ist nicht ganz so drastisch, wie bei Clemens Meyer. Es ist gut zu lesen.

Milieustudie, Freundschaftsgeschichte, Nachwenderoman. Unterhaltsam und reflexionsanregend. Sehr gelungenes Debüt!
Heiko alias Heike kommt aus Leipzig Grünau, laut Internet ist das die größte Plattensiedlung in Sachsen. Nazis, Armut, Drogen, Gewalt - das sind die Klischees, die sich aufdrängen und mit denen auch Müllensiefen in seinem vom Protagonisten erzählten Debütroman spielt, die er im Hintergrund anklingen lässt oder - nicht selten mit einem Augenzwinkern oder zuweilen auch einem Ellbogenstoß - ganz direkt thematisiert. Heike, der sich erst noch gegen diesen Spitznamen zu wehren versucht ("Ich heiße Heiko!"), sich dann aber in sein Schicksal fügt, arbeitet als Bestatter. Kurzzeitiges Aufbegehren gegen die Stellung, die ihm gesellschaftlich zugewiesen wird, zieht sich durch sein Leben, letztlich verlöscht sein Feuer aber immer wieder und so taumelt er von einer Zigarette zur nächsten, karrt schlaflos quer durch Deutschland, als sein Chef expandiert, und unternimmt auch nichts gegen die häusliche Gewalt im Stockwerk unter sich. Als er an einen Unfallort kommt, wo er eine ganz bestimmte Leiche vorfindet, geraten die Zeiten durcheinander. Immer wieder verschwimmen das Jetzt und ein Damals ineinander. Wie das hier erzählerisch umgesetzt ist, empfand ich als sehr geschickt, z.B. passen manche Sätze zu beiden Zeiten und bilden den fließenden Übergang. Der Text ist - nicht zuletzt wegen des Dialogreichtums - leicht zu lesen, jedoch nicht immer angenehm. Die Sprache ist teils derb, denn die Figuren reden unreflektiert und milieuverhaftet. Political Correctness spielt in ihrer Welt keine Rolle. Das ist krass, oft genug laden der raue Umgangston und die Situationskomik aber auch zum (beschämten) Schmunzeln ein. Ungeniert und detailreich wird über Tod und Vergänglichkeit in verschiedenen Facetten berichtet, wer sich z.B. schon mal gefragt hat, wie Leichen präpariert werden, wird hier fündig. Durch so manche Leipziger Insider können Menschen, die sich dort auskennen, sicher noch mehr mit "Aus unseren Feuern" anfangen. Ich gehöre nicht dazu und habe mich dennoch gern im Roman verloren. Mehr noch: Als ich das Buch zuklappte, habe ich bedauert, nicht noch ein bisschen mehr Zeit mit den Jungs verbringen zu können. So echt fühlte sich das alles an. Fazit: Ein sehr gelungenes Debüt, das Milieustudie und Freundschaftsgeschichte ist, das Stimmen Gehör verschafft, die allzu selten ernst genommen werden, das unterhaltsam und gleichzeitig reflexionsanregend ist, Ost-West-Klassismus thematisiert und (trotz oder wegen) des Aufgreifen von Ossi-Klischees äußerst authentisch wirkt.